Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 03. Mai 2019 - 31 Wx 216/19

03.05.2019

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Nach eingehender Vorprüfung durch den Senat werden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Beschwerde der Antragstellerin voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

1. Der als Hauptantrag gestellte Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1, 3 AktG dürfte bereits deswegen rechtsmissbräuchlich sein, weil die nächste ordentliche Hauptversammlung schon für den 07.06.2019 angesetzt und mit einer abschließenden Entscheidung des Senats vor diesem Termin nicht zu rechnen ist. Die begehrte außerordentliche Hauptversammlung würde - bei unterstelltem Obsiegen der Antragstellerin - erst nach diesem Termin stattfinden. Die Antragstellerin ist daher ohne weiteres auf die ordentliche Hauptversammlung zu verweisen, zumal die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung mit einem nicht unerheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist und in der Öffentlichkeit eine besondere - in der Regel eher negative - Aufmerksamkeit hervorruft (OLG München, Beschluss vom 09.11.2009 - 31 Wx 134/09 m.w.N.; Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, 4. Aufl. <2019> § 122 Rn. 25).

Dass die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gegenüber der Antragsgegnerin bereits am 13.12.2018 verlangt wurde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Entscheidend kommt es allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts als letzte Tatsacheninstanz an (OLG München, aaO; Spindler/Stilz/Rieckers, aaO Rn. 54b).

Ob das Einberufungsverlangen darüber hinaus auch aus weiteren Gründen rechtsmissbräuchlich sein könnte, muss daher an dieser Stelle nicht entschieden werden.

2. Soweit aufgrund des Zeitablaufs nunmehr nach § 122 Abs. 2, 3 AktG als Hilfsantrag weiter beantragt wird, die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Hauptversammlung um die begehrten Punkte zu erweitern, erscheint bereits fraglich, ob eine solche Antragserweiterung im FamFG-Verfahren in der Beschwerdeinstanz möglich ist oder ob der Antrag bereits in der ersten Instanz hätte gestellt werden müssen. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insofern jedoch nicht, da dem Antrag jedenfalls das nach § 122 Abs. 2 AktG vorgeschaltete an den Vorstand gerichtete Verlangen (und deren Ablehnung) fehlt.

Das als Anl. ASt 1 vorgelegte Schreiben vom 13.12.2018 beinhaltet ausdrücklich lediglich das Verlangen der Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Es wird dort ausgeführt, dass ein Zuwarten bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung nicht zuzumuten sei, weswegen nicht angenommen werden kann, dass in dem Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung als Minus das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung enthalten sein könnte. Letzteres wurde seitens der Antragstellerin schließlich gerade als nicht ausreichend erachtet, worauf sie auch mit Schriftsatz vom 12.02.2019 (S. 26) nochmals ausdrücklich hingewiesen hat. Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, dass es sich im Vergleich von § 122 Abs. 2 AktG zu § 122 Abs. 1 AktG um ein Weniger handele, (so z.B. KK/Noak/Zetsche, AktG, 3. Aufl. <2011> § 122 Rn. 98; a.A. MüKo/Kubis, AktG, 4. Aufl. <2018> § 122 Rn. 56; Spindler/Stilz/Rieckers, aaO, Rn. 54b; in diese Richtung auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.12.1996 - 3 W 171/96), teilt der Senat diese Auffassung nicht, zumal dies lediglich den Antrag auf gerichtliche Ermächtigung und die Frage, ob es einer ausdrücklichen Antragsänderung bedarf oder ob das Gericht auch ohne geänderten Antrag hierüber entscheiden darf, nicht jedoch das vorgeschaltete an die Gesellschaft gerichtete Verlangen betrifft. Letzteres ebenfalls als obsolet anzusehen, wäre angesichts des mit dem durch die gerichtliche Entscheidung verbundenen Eingriffs in originäre Rechte der Gesellschaft nicht sachgerecht. Es obliegt zunächst der Gesellschaft (dem Vorstand) über die Einberufung einer Hauptversammlung und deren Modalitäten zu entscheiden (Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. <2016> § 121 Rn. 1). Auch der mit der Vorschrift des § 122 AktG bezweckte Minderheitenschutz (vgl. hierzu nur Spindler/Stilz/Rieckers, aaO, Rn. 1) steht dieser Auffassung nicht entgegen, da es dem Minderheitsaktionär grundsätzlich zuzumuten ist, ein formell ordnungsgemäßes und rechtzeitiges Ergänzungsverlangen, welches im Übrigen keinen Selbstzweck verfolgt, sondern die ausreichende und rechtzeitige Information der Gesellschafter gewährleisten soll, zu stellen.

Auch im konkreten Fall wäre es der Antragstellerin ohne weiteres möglich gewesen, zu gegebener Zeit ein den formellen Voraussetzungen des § 122 Abs. 2 AktG entsprechendes Verlangen an den Vorstand zu stellen. Dies ist soweit ersichtlich bisher jedoch nicht geschehen. Auch in ihrem letzten Schriftsatz vom 30.04.2019 weist die Antragstellerin lediglich darauf hin, dass die hilfsweise (in der Beschwerdeinstanz gegenüber dem Beschwerdegericht) beantragten Tagesordnungspunkte in der am 26.04.2019 im Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung nicht enthalten seien, nicht aber, dass vorab ein entsprechendes Verlangen an den Vorstand gestellt (und abgelehnt) wurde. Aus den oben genannten Gründen konnte und musste dieser nicht davon ausgehen, dass in dem Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung hilfsweise das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung enthalten sein könnte. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin bis zuletzt jedenfalls auch damit argumentiert, dass der Antragstellerin ein Zuwarten bis zur ordentlichen Hauptversammlung zumutbar gewesen sei (vgl. Schriftsatz v. 25.02.2019 S. 7).

Der Hilfsantrag ist daher bereits aus formellen Gründen abzulehnen. Auf weitere Fragen bezüglich des Rechtsmissbrauchs kommt es auch hier nicht an.

3. Den Beteiligten wird eine Stellungnahmefrist auf diesen Hinweisbeschluss bis zum 31.05.2019 gewährt. Innerhalb dieser Frist kann die Antragsgegnerin auch zur Beschwerdebegründung der Antragstellerin vom 03.04.2019 sowie zum weiteren Schriftsatz vom 30.04.2019 Stellung nehmen.

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Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 03. Mai 2019 - 31 Wx 216/19 zitiert 3 §§.

Aktiengesetz - AktG | § 122 Einberufung auf Verlangen einer Minderheit


(1) Die Hauptversammlung ist einzuberufen, wenn Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals erreichen, die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen; das Verlangen ist an den Vorstand zu ric

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(1) Die Hauptversammlung ist einzuberufen, wenn Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals erreichen, die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen; das Verlangen ist an den Vorstand zu richten. Die Satzung kann das Recht, die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen, an eine andere Form und an den Besitz eines geringeren Anteils am Grundkapital knüpfen. Die Antragsteller haben nachzuweisen, dass sie seit mindestens 90 Tagen vor dem Tag des Zugangs des Verlangens Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung des Vorstands über den Antrag halten. § 121 Absatz 7 ist entsprechend anzuwenden.

(2) In gleicher Weise können Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500 000 Euro erreichen, verlangen, daß Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt und bekanntgemacht werden. Jedem neuen Gegenstand muss eine Begründung oder eine Beschlussvorlage beiliegen. Das Verlangen im Sinne des Satzes 1 muss der Gesellschaft mindestens 24 Tage, bei börsennotierten Gesellschaften mindestens 30 Tage vor der Versammlung zugehen; der Tag des Zugangs ist nicht mitzurechnen.

(3) Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Gericht die Aktionäre, die das Verlangen gestellt haben, ermächtigen, die Hauptversammlung einzuberufen oder den Gegenstand bekanntzumachen. Zugleich kann das Gericht den Vorsitzenden der Versammlung bestimmen. Auf die Ermächtigung muß bei der Einberufung oder Bekanntmachung hingewiesen werden. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig. Die Antragsteller haben nachzuweisen, dass sie die Aktien bis zur Entscheidung des Gerichts halten.

(4) Die Gesellschaft trägt die Kosten der Hauptversammlung und im Fall des Absatzes 3 auch die Gerichtskosten, wenn das Gericht dem Antrag stattgegeben hat.