Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 03. Juni 2016 - 25 U 1054/15

published on 03/06/2016 00:00
Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 03. Juni 2016 - 25 U 1054/15
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Landgericht München I, 23 O 15811/14, 26/02/2015
Subsequent court decisions
Oberlandesgericht München, 25 U 1054/15, 16/06/2016

Gericht

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.02.2015, Az. 23 O 15811/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Erstgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Risikoausschlusses gemäß § 3 Abs. 4 lit. b ARB-RU-2007 nicht erfüllt sind. Die Ausschlussklausel setzt einen ursächlichen Zusammenhang eines zwischen nichtehelichen Lebenspartner geführten Rechtsstreit, für den Deckungsschutz begehrt wird, mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraus.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind grundsätzlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auf seine Interessen an. Ausschlussklauseln sind im Übrigen eng auszulegen. Klauseln, die das Risiko aus der Gesamtheit der Deckung ausschließen oder es begrenzen, werden zunächst nach allgemeinen Grundsätzen ausgelegt. Das Verständnis und das Interesse des Versicherungsnehmers führt bei Risikoausschlussklausel allerdings in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln grundsätzlich eng auszulegen (vgl. Senat, Urt. vom 17.04.2015, 25 U 2925/14, VersR 2015, 1159).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vom Erstgericht im Rahmen der Hilfsbegründung (Ziff. 2 der Entscheidungsgründe) vorgenommene Auslegung der vorgenannten Klausel nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es erkannt, dass die Formulierung „... in ursächlichem Zusammenhang mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ...“ eine Begrenzung des Risikoausschlusses bezweckt, weshalb ein zeitlicher Zusammenhang jedenfalls nicht genügt. Der Rechtskonflikt der zu einem Rechtsstreit zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern führt, muss seine Ursache in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass Angelegenheiten zwischen nichtehelichen Lebenspartnern bzw. zwischen ehemaligen nichtehelichen Lebenspartnern besonders streitanfällige Rechtsverhältnisse darstellen, woraus die vorgenannte Klausel auch ihre Berechtigung abgeleitet. Würde indessen auch Rechtsgeschäfte zwischen Lebenspartner bzw. ehemaligen Lebenspartnern, wie sie typischerweise auch mit Dritten abgeschlossen werden - wie die im Ausgangsrechtsstreit streitgegenständlichen Darlehen - vollständig aus dem Deckungsschutz heraus genommen, würde der Versicherungsschutz weiter verkürzt, als es der erkennbare Zweck der Klausel gebietet. Ausgehend hiervon vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Ausgangsrechtsstreit im ursächlichen Zusammenhang mit der beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft steht.

Ob die vom Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung beabsichtigte Interessenwahrnehmung dem Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers unterfällt und ob sie von einem Leistungsausschluss für die Wahrnehmung bestimmter rechtlicher Interessen erfasst wird, ist vom Versicherungsfall her zu bestimmen. Deshalb ist es für die Bestimmung des Versicherungsfalls unerheblich, was der Anspruchsgegner des Versicherungsnehmers gegen dessen Begehren einwendet. Andernfalls hätte dieser es - als mit Blick auf den Rechtsschutzversicherungsvertrag Außenstehender - selbst bei Verfolgung grundsätzlich versicherter vertragliche Ansprüche in der Hand, allein schon durch die Wahl sei der Verteidigung dem Versicherungsnehmer den Rechtsschutz zu entziehen (vgl. BGH r+s 2015,193).

Daher ist allein auf dem Klagevortrag der Klägerin im Ausgangsrechtsstreit abzustellen. Danach waren die beiden Darlehen für den Gewerbebetrieb des im Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen ehemaligen Lebenspartners der Klägerin bestimmt. Mit dem Gewerbebetrieb bestand - naturgemäß - keine nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Darauf, dass der Beklagte im Rahmen seiner Hilfsaufrechnung mit Werklohn Forderungen hilfsweise argumentiert, es lägen jedenfalls auszugleichende gemeinschaftsbezogene Zuwendungen vor (vgl. Anlage K 6, S.4), kommt es nach den vorgenannten Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung gerade nicht an. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Ausgangsrechtsstreit lediglich eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Herausgabe der auf S. 2 der Klageschrift vom 14 März 2013 an das Landgericht Hildesheim (Anlage K 1) Bezeichneten persönlichen Gegenstände des dortigen Beklagten beantragt und erreicht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, der Rechtsstreit habe seine Ursache in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch wenn diese Gegenstände offensichtlich in der Zeit, dass die Lebensgemeinschaft noch bestand, in den Haushalt und in den (Mit)besitz der Klägerin gelangt sind. Die Klägerin hat nicht in Frage gestellt, dass diese Gegenstände grundsätzlich an dem dortigen Beklagten herauszugeben sind, Sie macht lediglich ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Auslöser des Rechtsstreits war allein die Weigerung des Beklagten, die gewährten Darlehen zurückzuerstatten.

Auf die Frage der Wirksamkeit der Klausel (vgl. Ziff. 1 der Urteilsbegründung) kommt es dann nicht mehr an.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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published on 17/04/2015 00:00

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 25 U 2925/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 17.04.2015 10 O 1009/14 Ver LG München II Die Urkundsbeamtin ... In dem Rechtsstreit ... - Kläger und Berufungskläge
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.