Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15

19.02.2016

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers vom 09.09.2015 wird das Endurteil des LG München II vom 04.08.2015 (Az. 12 O 313/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst: 10 u 3295/15 - Seite 2 Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich 3.257,23 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 € nebst jeweils Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.12.2013 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 30% und die Beklagten samtverbindlich 70%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 45%, die Beklagten samtverbindlich 55%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landgericht München II Endurteil, 04. Aug. 2015 - 12 O 313/14

bei uns veröffentlicht am 04.08.2015

Tenor 1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.551,06 € nebst Zinsen jeweils in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.214,40 € seit 16.08.2013 und aus 336,66 € seit
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht München Endurteil, 19. Feb. 2016 - 10 U 3295/15.

Oberlandesgericht München Endurteil, 01. Dez. 2017 - 10 U 3025/17

bei uns veröffentlicht am 01.12.2017

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers vom 31.08.2017, eingegangen am 06.09.2017, wird das Endurteil des LG München I vom 09.08.2017 wie folgt abgeändert: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 5.431,25 &#

Referenzen

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.551,06 € nebst Zinsen jeweils in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.214,40 € seit 16.08.2013 und aus 336,66 € seit 06.12.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 255,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit 06.12.2013 zu bezahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 70% und die Beklagten als Gesamtschuldner 30% zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten materielle Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

1. Der Kläger war Eigentümer, Halter und Fahrer des Pkw der Marke Mercedes Benz (E 270 T CDI) mit dem amtlichen Kennzeichen ...

Der Beklagte zu 1 war zum Unfallzeitpunkt Fahrer und Halter des Lkw der Marke Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ... Dieses Fahrzeug ist bei der Beklagten zu 2 gegen Haftpflicht versichert.

Am 21.06.2013 gegen 8.45 Uhr befuhr der Beklagte zu 1 mit seinem Lkw im Gemeindebereich Gilching (bei der Tankstelle Allguth) eine Zufahrt Straße aus St. Gilgen kommend. Die Einmündung dieser Straße in die L. Straße ist durch eine Lichtzeichenanlage geregelt. Der Kläger näherte sich auf derselben Zufahrt Straße der Lichtzeichenanlage, an der der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug bereits hielt. Die Fahrbahn vor der Lichtzeichenanlage ist nicht durch Markierungen in mehrere Fahrspuren unterteilt. Fahrtrichtungspfeile fehlen. Der Kläger stand mit seinem Fahrzeug rechts hinter/neben dem Lkw des Beklagten zu 1. Als die Lichtzeichenanlage auf Grünlicht überging, begann der Kläger nach rechts abzubiegen. Im Einmündungsbereich kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Das linke Heck und die linke Fahrzeugseite des Pkw des Klägers gerieten unter die rechten Vorderräder (zweite Achse von vorn) des Lkw des Beklagten zu 1.

Am Pkw des Klägers entstand hierdurch Totalschaden. Der Wiederbeschaffungswert brutto beträgt 5.200,00. Der Restwert brutto beträgt 1.130,00 €. Zum Zweck der Wiederherstellung der Straßenverkehrstauglichkeit hat der Kläger ein Rücklicht für 138,41 € erworben. Zur Feststellung des Schadens sind dem Kläger Sachverständigenkosten in Höhe von 466,78 € entstanden.

2. Der Kläger ist der Auffassung, dass es sich um eine zweispurige Fahrbahn vor der Lichtzeichenanlage handele. Insoweit gelte § 7 Abs. 1 S. 2 StVO, da genügend Platz vorhanden sei, den ein mehrspuriges Kraftfahrzeug zum ungehinderten Fahren brauche.

Er behauptet, dass der Beklagte zu 1 von der linken auf die rechte Fahrspur gefahren sei und deswegen einen Spurwechsel nach § 7 Abs. 5 StVO vorgenommen habe. Der Kläger meint, dass ihn selbst kein Verschulden treffe. Dagegen sei die hohe Betriebsgefahr des Lkw des Beklagten zu 1 besonders zu berücksichtigen.

Der Kläger meint, dass der Bruttorestwert von 1.130,00 € anzusetzen sei und nicht das Angebot der Beklagten. Er ist der Auffassung, dass eine Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 € zu ersetzen sei.

Der Kläger behauptet, dass ihm für 25 Tage Mietwagenkosten in Höhe von 446,25 € entstanden seien und legt hierzu eine Rechnung des Autohauses Heinrichs vom 25.10.2013 (Anlage K 7) vor. Der Kläger behauptet, dass er ein neues Kraftfahrzeug gekauft habe und legt hierzu eine Rechnung des Autohauses Heinrichs vom 16.10.2013 (Anlage K 7) vor.

3. Mit der ursprünglichen Klage vom 04.10.2013 hat der Kläger Ersatz seines Fahrzeugschadens (einschließlich der Pauschale) in Höhe von 4.100,00 € sowie Ersatz für Rücklicht und Sachverständigenkosten von 605,19 € (zuzüglich Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten) gefordert. Mit Schriftsatz vom 19.12.2013 hat der Kläger zusätzlich Zahlung von 446,25 € (nebst Zinsen) für Mietwagenkosten begehrt.

4. Der Kläger beantragte zuletzt,

  • 1.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.100,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2013 zu bezahlen.

  • 2.Die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 605,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 3.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  • 4.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 446,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in jeweiliger Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

6. Die Beklagten behaupten, dass der Beklagte zu 1 den rechten Fahrtrichtungsanzeiger schon während des Wartens an der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage betätigt und die Vorderreifen ganz rechts eingeschlagen hatte. Sie meinen, dass sich der Beklagte zu 1 wegen der Größe des Lkw und dessen Abbiegeradius nicht hätte rechts einordnen können. Außerdem meinen sie, dass die dortige Fahrbahn nur einspurig sei.

Sie behaupten, dass der Kläger noch versucht habe, rechts am Beklagten zu 1 vorbei vor diesem rechts abzubiegen. Der Pkw des Klägers habe sich im toten Winkel des rechten Außenspiegel des Lkw des Beklagten zu 1 befunden. Sie meinen, dass deswegen der Kläger allein hafte. Zudem habe der Kläger gegen § 5 Abs. 1 und Abs. 3 StVO verstoßen.

Die Beklagten meinen, dass das von der Beklagten zu 2 dem Kläger vorgelegte verbindliche Kaufangebot für den beschädigten Pkw des Klägers über 1.177,00 € (Anlage B 2) dem Restwert zugrunde zu legen sei.

Sie halten nur eine Pauschale in Höhe von 25,00 € für angemessen.

Mietwagenkosten könne der Kläger nicht geltend machen, da die Anmietung in einen Zeitraum falle, in dem der Kläger nach eigener Behauptung bereits ein Ersatzfahrzeug angekauft hatte.

7. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.05.2014 durch uneidliche Vernehmung des Zeugen W. M. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.05.2014 (Bl. 31/35 d. A.) sowie die vom Zeugen M. übergebenen Fotos von der Unfallsituation Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.05.2014 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung insoweit wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. H. vom 16.02.2015 (Bl. 51/89 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger und der Beklagte zu 1 sind im Rahmen der Güteverhandlung vom 20.05.2014 angehört worden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 20.05.2014 wird insoweit verwiesen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Starnberg vom 16.01.2014 hat sich dieses für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht München II verwiesen.

Durch Beschluss vom 15.05.2015 (Bl. 102/103 d. A.) ist angeordnet worden, dass im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, ist auf den 12.06.2015 festgesetzt worden. Beide Parteivertreter haben diesem Verfahren durch Schriftsätze vom 17.30.2015 und 11.05.2015 zugestimmt.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Die nachträgliche Klageerweiterung durch den Kläger ist gemäß §§ 263, 267 ZPO zulässig, da sich die Beklagten auf die geänderte Klage eingelassen haben.

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Dem Kläger stehen gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner nur Ansprüche auf Zahlung von materiellem Schadensersatz in Höhe von 1.551,06 € (nebst Rechtshängigkeitszinsen) sowie 255,85 € (nebst Rechtshängigkeitszinsen) an vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.

Der Beklagte zu 1 haftet dem Kläger aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG. Die Beklagte zu 2 haftet dem Kläger aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Beide Beklagte haften gemäß § 115 Abs. 1 S. 4 VVG als Gesamtschuldner.

Schadensgrund:

Den Kläger trifft eine Haftung von 70% und den Beklagten zu 1 eine Haftung von 30% für das Zustandekommen des Verkehrsunfalls.

1. Haftung des Beklagten zu 1:

Grundsätzlich haftet der Beklagte zu 1 aus § 7 Abs. 1 StVG, da er sich auch nicht nach § 7 Abs. 2 StVG entlasten kann. Zumindest fehlt es insoweit an einem Vortrag des Beklagten zu 1.

Den Beklagten zu 1 trifft auch ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls, da er beim Abbiegevorgang nach rechts nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen ist und er deswegen gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Dies steht fest aufgrund des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. H. Der Sachverständige stellte fest, dass sich der Pkw des Klägers im Sichtfeld des rechten Außenspiegels des Lkw des Beklagten zu 1 befand. Der Sachverständige durfte insofern auch von einem „Standard-Sichtfeld“ ausgehen, da die Beklagten insoweit gegen das Gutachten keine Einwendungen erhoben haben. Das Gutachten des Sachverständigen H. ist – nicht nur in diesem Punkt – in jeder Hinsicht überzeugend. Der Sachverständige hat seine Schlussfolgerungen aus den zutreffenden Anknüpfungstatsachen hergeleitet. Seine Schlussfolgerungen sind zwingend und schon deswegen überzeugend. Zudem ist der Sachverständige dem Gericht aus einer Vielzahl früherer Verfahren als besonders erfahrener und sachkundiger Gutachter bekannt. Auch haben beide Parteien gegen den Gutachten keine Einwendungen erhoben.

Durch diese Angaben des Sachverständigen ist auch die Angabe des Beklagten zu1 im Rahmen seiner Anhörung, er habe das Fahrzeug des Klägers im Rückspiegel nicht wahrgenommen, widerlegt. Hätte der Beklagte zu 1 die erforderliche Sorgfalt, zu der er nach § 1 Abs. 2 StVO verpflichtet war, walten lassen, so hätte er den Pkw des Klägers erkennen können und müssen und entweder einen weiteren Abbiegebogen ausfahren oder das Fahrzeug des Klägers zunächst rechts passieren lassen müssen.

2. Haftung des Klägers:

Aber auch der Kläger haftet für die Unfallfolgen aus § 7 Abs. 1 StVG, da der Unfall auch durch den Betrieb seines Pkw verursacht worden ist. Auch der Kläger kann sich nicht entlasten im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG, da es insoweit schon an einem schlüssigen Vortrag fehlt.

Auch den Kläger trifft ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls.

Auch der Kläger hat gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Das Gericht geht davon aus, dass die Vorderräder des Lkw des Beklagten zu 1 nach rechts eingeschlagen waren, da der Beklagte zu 1 nach rechts abbiegen wollte. Die nach rechts eingeschlagenen Räder des Lkw des Beklagten zu 1 ergeben sich aus der Feststellung des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (Seite 29, 5.5.1). Dies hätte der Kläger erkennen können und daraus den Schluss ziehen müssen, dass der Beklagte zu 1 – so wie er – nach rechts abbiegen wollte. Darauf hätte er seine Fahrweise einstellen und entweder besonders vorsichtig abbiegen oder von einem Abbiegevorgang so lange Abstand nehmen müssen, bis der Abbiegevorgang des Beklagten zu 1 beendet gewesen wäre. Dies auch schon deswegen, weil unstreitig der Kläger schon an der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenalage wrtete als der Kläger sich rechts hneben dem Lkw mit seinem Pkw stellte.

Zudem hat der Kläger gegen § 2 Abs. 1 StVO verstoßen. Aufgrund der vom Zeugen M. übergebenen Fotos von der Unfallstelle ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger nicht in einem engen rechten Bogen in die L. Straße eingebogen ist, sondern in einem sehr weiten. Er hat hierbei ganz offensichtlich gegen § 2 Abs. 2 StVO verstoßen und ist nicht möglichst weit rechts gefahren. Aus den Fotos ergibt sich eindeutig, dass ein deutlich engerer, weiter am rechten Fahrbahnrand angesiedelter Abbiegeweg durchaus und ohne Weiteres einzuhalten gewesen wäre.

Dieselbe Rechtslage ergibt sich auch unter Anwendung von § 7 Abs. 1 S. 1 StVO. Zutreffend führt die Klägerseite aus, dass unmittelbar vor der Lichtzeichenanlage zwei Fahrstreifen vorhanden sind (§ 7 Abs. 1 S. 2 StVO). Denn der Sachverständige hat festgestellt, dass der Fahrstreifen eine Breite von 7,0 – 7,7 m aufgewiesen hat. An der Haltelinie stellte er eine Breite von 7,5 m fest. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten (Seite 31, 5.5.2.3) auch festgestellt, dass bei entsprechender Vorsicht und Rücksichtnahme sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1 mit ihren Fahrzeugen nach rechts hätten abbiegen können, ohne dass es zu einer Kollision hätte kommen müssen. Damit entspricht die Fahrbahn § 7 Abs. 1 S. 2 StVO.

3. Kein unabwendbares Ereignis:

Weder der Kläger noch der Beklagte zu 1 können sich gemäß § 17 Abs. 3 StVG entlasten, da ganz offensichtlich für beide der Unfall kein unabwendbares Ereignis war. Denn der Idealfahrer, den diese Vorschrift voraussetzt, hätte ohne Weiteres die Kollision mit dem jeweils anderen Fahrzeug verhindern können. Dies ergibt sich schon aus dem Gutachten.

4. Abwägung der Haftungsquoten:

Da der Schaden am Pkw des Klägers durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wurde, hängt der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde (§ 17 Abs. 1 – Abs. 3 StVG). Das Gericht hält eine Haftungsquote von 30% : 70% zum Nachteil des Klägers für angemessen.

Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge sind zunächst die beiden Betriebsgefahren der Kraftfahrzeuge zu gewichten. Da es beim Abbiegevorgang im Wesentlichen um die räumliche Enge des Abbiegeraums geht, geht von einem Lkw der Größe des Lkws des Beklagten zu 1 eine erheblich größere Gefahr aus, als von einem Pkw.

Das Gericht wendet vorliegend die Grundsätze der Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (VI ZR 75/06) an. Dort hat der BGH für den Fall eines Abbiegens mit zwei Fahrstreifen und Richtungspfeilen auf der Fahrbahn entschieden, dass zwar grundsätzlich ein Vortrittsrecht des äußerst rechts eingeordneten Fahrzeugs gegenüber einem weiter links fahrenden Fahrzeug besteht. Dieser Umstand wird aus § 9 Abs. 1 S. 2 StVO hergeleitet. Allerdings kommt der BGH dann überzeugend zu dem Ergebnis, dass dem am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbieger dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden könne, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße geboten und erlaubt ist. Der Massenverkehr der heutigen Zeit erlaubt in einem solchen Fall das Fahren in mehreren Reihen nebeneinander, ohne zu überholen oder sich stets vor dem weiter rechts Fahrenden einordnen zu müssen. Dem entspricht auch § 7 Abs. 3 StVO. An die Stelle des Rechtsfahrgebots tritt die Pflicht zum Spurhalten. In dieser Entscheidung stellt der BGH auch fest, dass das Vorhandensein für mehrere Fahrstreifen, die zum Fahren eines mehrspurigen Fahrzeugs erforderliche Breite entscheidend ist, nicht jedoch das Vorhandensein von Fahrbahnmarkierungen.

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet diese Rechtsprechung, dass bei den beengten Abbiegeverhältnissen ohne Regelung einer Fahrbahnmarkierung auch vom Kläger eine besondere Vorsicht gefordert war. Zudem ist in diesem Rahmen nochmals zu berücksichtigen, dass der Kläger in einem deutlich zu großen Bogen nach rechts abgebogen ist und deswegen „unter die Räder“ des Lkw des Beklagten zu 1 geriet. Nach Auffassung des Gerichts überwiegt das Verschulden des Klägers gegenüber dem des Beklagten zu 1 deutlich, wenn auch nicht in einem Umfang, dass die Haftung des Beklagten zu 1 gänzlich hinter der des Klägers zurücktritt. Das Gericht erachtet eine Haftungsverteilung von 30% : 70% für angemessen.

Schadenshöhe:

Dem Kläger ist dem Grunde nach ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 4.653,19 € entstanden. Hiervon hält der Kläger 30%, also 1.551,06 € ersetzt.

1. Kraftfahrzeugschaden: 4.023,00 €

Der Wiederbeschaffungswert ist mit brutto 5.200,00 € unstreitig.

Zwar ist auch der Bruttorestwert mit 1.130,00 € unstreitig. Jedoch hat der Kläger gegen seine Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB dadurch verstoßen, dass er es unterlassen hat, das verbindliche Kaufangebot über 1.177,00 €, das die Beklagte zu 2 dem Kläger mit ihrem Schreiben vom 08.07.2013 übermittelte, angenommen zu haben. Es wäre für den Kläger ein Leichtes gewesen, mittels Kommunikationsaufnahme zu dem potentiellen Käufer dieses Angebot anzunehmen.

2. Kosten Rücklicht: 138,41 €

Die Ersatzfähigkeit ergibt sich aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Kläger durfte trotz Totalschadens die Verkehrstauglichkeit herstellen.

Die Höhe ist unstreitig.

3. Sachverständigenkosten: 466,78 €

Die Ersatzfähigkeit ergibt sich aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Höhe ist unstreitig.

4. Pauschale: 25,00 €

Nach wie vor hält das Gericht eine pauschale Schadenersatzleistung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für die Unkosten zur Bewältigung des Unfalls für angemessen.

Die Höhe ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen.

5. Mietwagenkosten: 0,00 €

Grundsätzlich sind Mietwagenkosten nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähig. Jedoch steht aufgrund der vom Kläger vorgelegten Rechnung des Autohauses Heinrichs vom 25.10.2013 (Anlage K 7) fest, dass das Leistungsdatum der 25.10.2013 ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger nach eigenem Vortrag bereits ein Ersatzfahrzeug erworben (vgl. vom Kläger vorgelegte Rechnung vom 16.10.2013, Anlage K 7).

6. Zinsen:

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus den zugesprochenen Schadenspositionen gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 2 BGB zu.

Der Kläger kann nur Rechtshängigkeitszinsen verlangen.

Entgegen der Auffassung des Klägers gerieten die Beklagten durch das Schreiben des Klägervertreters vom 08.08.2013 nicht in Verzug. Mit diesem Schreiben begehrte der Klägervertreter nur, dass die Beklagte zu 2 ihre Eintrittspflicht erkläre. Hierdurch gerät die Beklagte nicht mit einem Zahlungsanspruch in Verzug. Voraussetzung des Zahlungsverzugs ist, dass der Zahlungsanspruch insoweit beziffert wird. Schon daran fehlt es.

7. Vorgerichtliche Anwaltskosten: 255,85 €

Dem Kläger steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € (nebst Zinsen) aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu.

Unabhängig von den Voraussetzungen des Verzugs durfte der Kläger einen Rechtsanwalt beauftragen, damit dieser die Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend macht und durchsetzt. Die Beauftragung des Rechtsanwalts und die hierfür anfallenden Honoraransprüche stellen notwendige Kosten der Rechtsverfolgung dar.

Allerdings bestimmt sich die Höhe lediglich aus einem berechtigten Streitwert in Höhe von 1.551,06 €. Unter Berücksichtigung einer 1,3 Gebühr und einer Unkostenpauschale von 20,00 € sowie der Umsatzsteuer von 19% ergibt sich ein Betrag von 255,85 €.

Zinsen aus den vorgerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger seit Rechtshängigkeit gemäß § 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 2 ZPO.