Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Okt. 2018 - 31 Wx 305/18

published on 24.10.2018 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Okt. 2018 - 31 Wx 305/18
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Landgericht München I, 5HK O 13475/01, 30.07.2018

Gericht

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Tenor

1. a) Der Beschluss des Landgerichts München I vom 30.7.2018 wird insoweit mit der Maßgabe abgeändert, dass die Höhe des von der Antragsgegnerin zu erstattenden Betrags 6928,18 €

(in Worten: sechstausendneunhundertachtundzwanzig 18/100) beträgt.

b) Im Übrigen verbleibt es bei dem Ausspruch in dem Beschluss vom 30.7.2018.

2. Die Beteiligten zu 1-5 haben die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Für die von der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 - 5 erstrebte Festsetzung der geltend gemachten Erhöhungsgebühr im Sinne des hier anzuwendenden § 6 BRAGO (vgl. Hinweisbeschluss des Senats vom 18.09.2018) ist kein Raum. Diese ist nicht festsetzungsfähig.

1. Allein der Umstand, dass die Verfahrensbevollmächtigte mehrere Beteiligte (2,3, 4 und 34 = hier: Beteiligte zu 1-5) vertreten hat, führt nicht bereits zur Erhöhung der Gebühr im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO.

Dies ist nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erfüllt sind, also die Mehrfachvertretung dieselbe Angelegenheit und denselben Gegenstand betrifft. Betrifft hingegen die Vertretung mehrerer Personen nur eine Angelegenheit, aber verschiedene Gegenstände so fallen die Gebühren zwar nur einmal an (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO), aber nach dem zusammengerechneten Wert aller Gegenstände (§ 7 Abs. 2 BRAGO; vgl. dazu Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO <2002> § 6 Rn. 2). Eine Kombination der Vergütungssysteme sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO <2002> § 6 Rn. 2 sowie v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO 15. Auflage <2002> § 6 Rn. 1 und 25). Das von der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, 3 4 und 34 (= hier: Beteiligte zu 1-5) angebrachte Argument, dass grundsätzlich eine „subjektive Klagehäufung“ neben dem objektiv erhöhten Klagewert zu einer Erhöhungsgebühr führt, trägt daher nicht.

2. Maßgebend ist also allein, ob in dem hier durchgeführten Spruchverfahren die Vertretung durch die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2, 3, 4 und 34 (= hier Beteiligte zu 1-5) „verschiedene Gegenstände“ (dann § 7 Abs. 2 BRAGO) oder „denselben Gegenstand“ (dann § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO) betrifft.

a) Die Gegenstandsgleichheit fehlt, wenn sich die unterschiedlichen Rechtspositionen zwar sachlich nicht voneinander unterscheiden, sie aber inhaltlich unterschiedlich sind. Demgemäß liegt vorliegend eine Gleichartigkeit der mit den jeweiligen Anträgen verfolgten Anträgen, nicht aber eine Identität des Verfahrensgegenstandes betreffend die Beteiligten zu 2, 3 4 und 34 (= hier: Beteiligte zu 1-5) vor, da in den Antragsschriften jeweils die individuelle Rechtsposition der jeweiligen Antragsteller verfolgt wird, nicht aber eine gemeinschaftliche Rechtsposition (vgl. hierzu Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO <2002> § 6 Rn. 31/32; v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO 15. Auflage <2002> § 6 Rn. 25 sowie BGH NJW-RR 1991, 119; BayObLG Beschluss v. 22.5.2002 - 3 Z BR 74/02, 3 Z BR 75/02 Tz. 13). Insofern greifen die Einwände der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 - 5, dass es sich bei den Anträgen nicht um unterschiedliche Anträge und nicht um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, die Inhaberschaft betreffend die Aktien bei allen Antragstellern gleich ist und auch die materiell-rechtliche Prüfung für jeden Antragsteller die Gleiche ist, nicht durch. Denn der gleiche Antrag wie auch die gleiche materiell-rechtliche Prüfung, die im Verfahren vorgenommen wird, wie auch die gleiche Antragsberechtigung aufgrund der Inhaberschaft von Aktien stellt insofern lediglich eine Gleichartigkeit der jeweils verfolgten Ansprüche der einzelnen Antragsteller dar, nicht aber eine gemeinschaftliche Rechtsposition.

b) Demgemäß ist auch allgemein erkannt, dass in Spruchverfahren die Werte mehrerer Auftraggeber zusammenzurechnen sind (vgl. Drescher in: Spindler/Stilz Aktiengesetz 3. Auflage <2015> Rn. 28; im Ergebnis auch BayObLG Beschluss v. 22.5.2002 - 3 Z BR 74/02, 3 Z BR 75/02 Tz. 13 -juris). Werden die Werte aber zusammengerechnet (§ 7 Abs. 2 BRAGO), wird nach dem Gebührensystem der BRAGO die zusätzliche Arbeit des Rechtsanwalts infolge der Tätigkeit für mehrere Auftraggeber allein durch die sich aus dem höheren Gegenstandswert ergebenen erhöhte Vergütung abgegolten. Für den Ansatz der Gebühr im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO ist dann aber kein Raum.

c) Demgemäß errechnet sich ein festzusetzender Betrag wie folgt:

„Prozessgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 10/10 1.934,00 €

Verhandlungsgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 10/10 1.934,00 €

Beweisgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO 10/10 1.934,00 €

Auslagen: § 26 S. 1, 2 BRAGO 20,00 €

5.822,00 €

19% USt. Nr. 25 BRAGO 1.106,18 €

6928,18 €

d) Soweit die Berechnung in dem Hinweisbeschluss vom 18.9.2018 einen Betrag von 6948,18 € ergeben hat, ist dies darauf zurückzuführen, dass die Auslagenpauschale versehentlich nochmal zum Brutto-Betrag hinzugerechnet wurde. Insoweit liegt ein offensichtlicher Rechenfehler vor, auf den bereits der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in seinem Schriftsatz vom 27.9.2018 hingewiesen hat.“

II.

Die Beteiligten zu 1-5 haben entsprechend § 91 ZPO (iVm § 85 FamFG iVm § 17 Abs. 1 SpruchG) die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen (Keidel/Zimmermann 18. Auflage <2014> § 85 Rn 17). Eine Kostenentscheidung betreffend die Gerichtskosten ist nicht veranlasst, da die Beschwerde vollumfänglich erfolgreich war und insofern keine Gerichtskosten erwachsen.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 24.10.2018.  

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden. (2) Der Beschluss enthält

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung. (2) Für Verfahren, in dene

Die §§ 103 bis 107 der Zivilprozessordnung über die Festsetzung des zu erstattenden Betrags sind entsprechend anzuwenden.

Annotations

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.