Landgericht Regensburg Beschluss, 26. Aug. 2015 - SR StVK 670/06

published on 26/08/2015 00:00
Landgericht Regensburg Beschluss, 26. Aug. 2015 - SR StVK 670/06
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Gründe

Landgericht Regensburg

- auswärtige Strafvollstreckungskammer bei dem Amtsgericht Straubing

Az.: SR StVK 670/06

(32 VRs 27456/03 Staatsanwaltschaft München I)

In dem Strafvollstreckungsverfahren

gegen

...

Verteidiger: Rechtsanwalt ...

wegen versuchten Totschlags u. a.

erlässt das Landgericht Regensburg - auswärtige kleine Strafvollstreckungskammer bei dem Amtsgericht Straubing -

am 26.08.2015 folgenden

Beschluss

1. Die mit Ergänzungsbeschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 04.01.2012 auferlegten Weisungen 4 h), i) und j) zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 27.07.2011 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing gegen ... die Führungsaufsicht angeordnet und diverse Weisungen erteilt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 04.01.2012 wurde zudem gegen den Verurteilten unter den Ziffern 4 h) und i) angeordnet, sich die für eine elektronische Aufenthaltsüberwachung seines Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel anlegen zu lassen, diese ständig in betriebsbereiten Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen sowie die Home Unit in seiner Wohnung aufstellen zu lassen und einer Beseitigung von Störungen durch den Vor-Ort-Service der Firma ... mitzuwirken. Des Weiteren wurde er unter Ziff. 4 k) angewiesen, sich in monatlichen Abständen bei dem zuständigen Headsbeamten persönlich zu melden.

Seit 03.01.2014 ist ein Zeitraum von zwei Jahren seit Anordnung der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung und zwischenzeitlich auch ein Zeitraum von 2 Jahren seit Anlegen der elektronischen „Fußfessel“ abgelaufen.

Die Staatsanwaltschaft München II hat mit Schreiben vom 04.10.2013 beantragt, die Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufrecht zu halten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Antragsschreiben Bezug genommen.

Dem Verurteilten, der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtsstelle wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Verurteilte hatte hierauf jedoch nicht reagiert. Stellungnahmen der übrigen bezeichneten Stellen lagen dem Gericht vor.

Mit Beschluss vom 18.11.2013 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing beschlossen, dass die auferlegten Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufrecht erhalten und nicht aufgehoben werden sowie eine Sperrfrist von 2 Jahren festgesetzt, binnen derer Anträge zur Aufhebung der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung unzulässig sind.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 08.05.2014 wurde der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 08.11.2013 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hierher zurückverwiesen. Hierbei wird durch das Oberlandesgericht insbesondere gerügt, dass die von dem Verurteilten derzeit noch ausgehende Gefahr nicht in hinreichendem Maße dargestellt worden sei.

Nach Eingang der Akten beim hiesigen Gericht wurden umgehend erneut aktuelle Stellungnahmen der mit dem Vollzug der Führungsaufsicht des Probanden befassten Stellen erholt. So ging mit Schreiben vom 03.06.2014 eine Stellungnahme der Führungsaufsichtsstelle, mit Schreiben vom 03.06.2014 eine Stellungnahme der Bewährungshelferin und mit Schreiben vom 10.06.2014 eine Stellungnahme der zuständigen Headsstelle ein.

Mit Verfügung vom 03.07.2014 ging eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft München II ein, wonach angeregt wurde, vor einer erneuten Entscheidung ein Prognosegutachten zu erholen.

Schließlich erhielt die Verteidigung eine Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme, welche mit Schriftsatz vom 31.07.2014 abgegeben wurde.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf sämtliche vorgenannten Schriftstücke Bezug genommen.

II.

Die erteilten Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung waren wie im Tenor benannt aufzuheben, da es ihrer im Hinblick auf das vom Verurteilten noch ausgehende Rückfallrisiko sowie unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit der Weisungen auch unter Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht mehr bedarf.

Im Hinblick auf das noch von dem Verurteilten ausgehende Risiko erscheint es dem Gericht verantwortbar, nach Ablauf der Frist des § 68 d Abs. 2 StGB die vorgenannten Weisungen entsprechend aufzuheben.

Gemäß § 68 d Abs. 2 StGB hat demnach das Gericht spätestens vor Ablauf von 2 Jahren seit Anlegen der elektronischen Fußfessel zu prüfen, ob die Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufzuheben sind oder ob es noch ihrer Fortsetzung bedarf. Die Aufrechterhaltung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist in diesem Fall nur dann noch rechtmäßig, wenn neben den formellen Voraussetzungen (§ 68 b Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 StGB) auch nach der zweijährigen Tragezeit der elektronischen Fußfessel noch die Gefahr besteht, dass der Verurteilte weiterhin Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art begehen wird (§ 68 b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StGB), die Weisung (weiterhin) erforderlich erscheint, um den Verurteilten durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a Abs. 4 Satz 2 StPO, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten, der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art abzuhalten (§ 68 b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 StGB) und der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Darüber ist die Gefährlichkeitsprognose, nach der eine begründete Wahrscheinlichkeit für die Begehung weiterer erheblicher Straftaten gegeben sein muss, bereits integrativ unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeitanforderungen durchzuführen. Demgemäß gilt zu berücksichtigen, dass je länger die Anordnung der Weisungen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung vollzogen werden, die Anforderungen an deren Fortdauer strenger werden und sich an die Gefährlichkeitsprognose erhöhte Anforderungen stellen.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist das Gericht der Ansicht, dass die Weisungen, dem Tenor entsprechend aufzuheben waren. So bleibt zunächst festzuhalten, dass hinsichtlich der weiterhin vorliegenden formellen Gründe sowie der Erforderlichkeit der Weisungen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zunächst auf den ergänzenden Führungsaufsichtsbeschluss der Kammer vom 04.01.2012 Bezug genommen wird. Demnach bestand zumindest zum Zeitpunkt der Anordnung der relevanten Führungsaufsichtsweisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung eine durchaus hohe Gefahr der Begehung neuerlicher vergleichbarer Anlassdelikte im Rahmen erheblicher Gewalthandlungen. Aus den durch das Gericht erholten Stellungnahmen, insbesondere seitens der Bewährungshilfe sowie der zuständigen Headsbeamten ergibt sich jedoch, dass zwischenzeitlich deutlich positive Entwicklungen aufgetreten sind, wonach dem Verurteilten eine deutliche Verbesserung der ursprünglich sehr negativen Legalprognose attestiert werden kann. Unter Berücksichtigung eines externen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen ... vom 31.03.2011, welches auch zum Zeitpunkt der Anordnung der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung noch Gültigkeit entfaltete war festgehalten, dass das Risikopotential für Straftaten als hoch eingeschätzt werde. Dies wurde durch den Sachverständigen insbesondere damit begründet, dass der Verurteilte nur über wenige bis keine soziale Kontakte festigender Art verfügte, ein gesicherter sozialer Empfangsraum nicht vorhanden sei sowie eine unbehandelte Alkoholabhängigkeit vorliege, die das Risikopotential zusätzlich und erheblich beeinflusse. Insbesondere stelle die Kombination aus unrealistischen Zukunftsplänen, den sozial-psychopatischen Persönlichkeitsanteilen und einem sehr wahrscheinlichen Alkoholkonsum ein Risikopotential dar, dass am wahrscheinlichsten zur erneuten Gewaltdelinquenz disponieren dürfte.

Im Hinblick auf die aktuelle Risikoeinschätzung ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass der Verurteilte bereits kurz nach der Haftentlassung eine erneute Beziehung eingegangen ist und bis dato in dieser Beziehung und insbesondere in einer gemeinsamen Wohnung lebt sowie mittlerweile ein Verlöbnis mit seiner Partnerin eingegangen ist. Diesbezüglich bleibt insoweit festzuhalten, dass sich eine feste soziale Beziehung sowie ein sicherer sozialer Empfangsraum ausgebildet hat, der deutlich positiv zu berücksichtigen ist. Des Weiteren geht der Verurteilte bereits mehrjährig einer beruflichen Tätigkeit als ... und an den Wochenenden einer zusätzlichen Tätigkeit ... nach. Demgemäß bleibt festzuhalten, dass der Verurteilte auch seine weitere Lebensplanung realistisch gestaltet hat, was zunächst die vergangenen gut zweieinhalb Jahre gezeigt haben. Weiterhin ist auch in erheblichem Maße zu berücksichtigen, dass der Verurteilte ausweislich der negativen Alkohol- und Drogentests bis dato es geschafft hat offensichtlich abstinent zu leben und er auch regelmäßig der ambulanten Drogenberatung in der Einrichtung ... nachgeht. Insoweit hat sich gezeigt, dass der von dem Verurteilten eingeschlagene positive Lebenswandel auch zu einer Festigung im Bereich der Alkoholabstinenz geführt hat. Zusätzlich ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Verurteilte auch durch seinen Beruf als ... dringend gehalten ist, sich weiterhin alkoholabstinent zu verhalten, andernfalls er seine Fahrerlaubnis und damit verbunden seine berufliche Existenz gefährden würde. Soweit der Sachverständige ... in seinem Gutachten aus dem Jahr 2011 noch unrealistische Zukunftspläne, geringe soziale Kontakte, ein nicht strukturiertes soziales Umfeld und einen nicht strukturierten sozialen Empfangsraum sowie einen wahrscheinlichen Alkoholkonsum als wesentliche Risikofaktoren genannt hat, so hat die bisherige ca. 2 1/2 jährige Zeit der Freiheit gezeigt, dass der Verurteilte sich bei nachgewiesener Alkoholabstinenz ein tragfähiges soziales Umfeld aufgebaut sowie einer kontinuierlichen und realistischen Berufstätigkeit nachgegangen ist und durch die eingegangene partnerschaftliche Beziehung eine solide protektive Lebensbasis geschaffen hat.

Ausgehend von den vorgenannten Erwägungen und Feststellungen kommt das Gericht nachvollziehbar zu dem Schluss, dass die ursprünglich zum Zeitpunkt der Anordnung der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung bestehende hohe Rückfallwahrscheinlichkeit in nicht unerheblichem Maße eine Besserung dahingehend erfahren hat, dass zumindest die Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufgehoben werden können. Das Gericht verkennt jedoch nicht, dass mit Blick auf die strafrechtliche Vergangenheit des Verurteilten auch dort längere Phasen ohne erneute Deliktbegehung zu verzeichnen waren, an die sich dann wieder die erneute Begehung erheblicher Gewalt- oder auch Sexualstraftaten angeschlossen haben. Insoweit geht das Gericht auch nicht davon aus, dass bereits von einer nur noch lediglich geringen Rückfallgefahr auszugehen ist. Diesbezüglich ist die bisher andauernde positive Lebensphase des Verurteilten schlichtweg zu kurz. Jedoch führt das verbleibende Rückfallrisiko auch im Rahmen einer integrativen Betrachtung in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anordnung dazu, dass den stärker werdenden Individualrechten des Verurteilten im Hinblick auf das noch bestehende Rückfallrisiko, das jedenfalls zumindest noch dem mittleren Bereich zuzuordnen ist, eine höhere Bedeutung beigemessen wird.

Im Rahmen der entsprechenden Erforderlichkeitserwägungen der weiteren Fortdauer der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte sich an sämtliche auferlegten Weisungen insgesamt beanstandungsfrei und vollumfänglich gehalten hat. So hält der Verurteilte regelmäßigen Kontakt zu den zuständigen Headsbeamten sowie zur Bewährungshelferin, nimmt die ambulanten Beratungsgespräche in der Suchteinrichtung ... wahr und gibt regelmäßig und ohne Befund entsprechende Nachweise zur Abstinenz ab. Auch hat er sich ausweislich der Stellungnahme der zuständigen Headsbeamten auch bezüglich der nicht immer einfachen und problemfreien Handhabung der elektronischen Fußfessel als pflichtbewusst und zuverlässig erwiesen und hat auch dort sämtliche Termine zur Gefährderansprache pünktlich wahrgenommen. Demgemäß gehen auch die zuständigen Headsbeamten von einer positiven Entwicklung aus, die keine Gründe dafür gibt, dass eine Verlängerung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung erforderlich sei. Insoweit ist es auch aus Sicht des Gerichtes angemessen, die Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufzuheben, ist doch eine engmaschige Führung des Verurteilten durch die übrigen Weisungen, insbesondere die Weisungen zur Abstinenz, der Abgabe von Suchtkontrollen sowie der Vorstellung bei der Bewährungshelferin und den Headsbeamten ausreichend, um eine engmaschige Führung des Verurteilten sicherzustellen und effektiv der Begehung weiterer erheblicher Straftaten entgegenzuwirken.

Der Erholung eines Sachverständigengutachtens zur Einschätzung der vom Verurteilten derzeit noch ausgehenden Gefährlichkeit, wie durch die Staatsanwaltschaft sowie die Führungsaufsichtsstelle angeregt, bedurfte es vorliegend nicht, da sich das Gericht aufgrund der vorliegenden Berichte und Unterlagen eine ausreichende Tatsachenbasis zur eigenen Beurteilung der Gefährlichkeit verschaffen konnte und die Aufhebung der Weisungen überdies neben der Feststellung der verringerten Gefährlichkeit auch im Rahmen einer integrativen Prüfung letztlich im Wege der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfolgte.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers waren wegen des letztendlichen Erfolgs in der Sache der Staatskasse aufzuerlegen.

Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass im Fall neu eintretender Tatsachen oder prognoserelevanter Entwicklungen im Rahmen der Führungsaufsicht jederzeit eine Änderung der Weisungen, insbesondere auch eine erneute Anordnung der Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung erfolgen kann und der Verurteilte insoweit weiterhin gehalten ist, sich gewissenhaft und verantwortungsvoll an die ihm auferlegten Weisungen zu halten.

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.