Landgericht München I Endurteil, 13. Juni 2016 - 4 HK O 4748/15

bei uns veröffentlicht am13.06.2016

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Vertrieb von Papierrollen, die in die von ihr markenrechtlich gekennzeichneten Papierhandtuchspendersysteme passen.

Die Klägerin vertreibt als selbstständige Tochtergesellschaft in Deutschland und vor allem Produkte in den Geschäftsbereichen Tissue und Personal Care. Einer ihrer geschäftlichen Schwerpunkte ist der Vertrieb von System-Papierhandtuchspendern und dazu passender Nachfüllware in Form von Papierhandtüchern auf Rollen für den einmaligen Gebrauch. Diese werden unter der Marke „To.“ vertrieben; die mit der Marke To. versehenen Produkte richten sich an Kunden aus der Gastronomie, der Industrie oder dem Gesundheitswesen.

Die Klägerin ist ausweislich des als Anlage K 7 vorgelegten Registerauszugs Inhaberin der eingetragenen Gemeinschaftsmarke 06561211. Diese wird wie folgt auf den Papierhandtuchspendern angebracht:

Ausweislich des als Anlage K 9 vorgelegten Auszugs aus den Internetangeboten der Beklagten zu 1) vertreibt diese unter der Artikelnummer 40130 Handtuchrollen, bei denen im Beschreibungstext angegeben ist:

„Passend auch für To.-Spender“

Wie sich aus der als Anlage K 13 in Kopie vorgelegten E-Mail vom 11. September 2014 ergibt, fragte ein Interessent bei der Beklagten zu 1) nach Papierrollen zum Einfüllen in Papierhandtuchspender der Marke To. aus der Produktserie To.-matic an. Mit der als Anlage K 14 vorgelegten E-Mail des Verkaufsleiters der Beklagten zu 1) vom 12. September 2014 übersandte die Beklagte zu 1) ein Angebot, das er als Anlage an seine E-Mail anhängte.

Hierauf kam eine Lieferung von Papierrollen durch die Beklagte zu 1) zustande, bei der die gelieferte Ware aussieht wie folgt:

Wie sich aus dem als Anlage K 21 vorgelegten Ausdruck eines Screenshots der Webseite der Beklagten vom 07.08.2015 mit dem Titel „Suchergebnisse- „To.“ Z. Onlineshop für Hygieneartikel“ ergibt, wurde in der Vergangenheit bei Eingabe des Suchbegriffes „To.“ in der Artikelsuche auf der Website der Beklagten zu 1) eine Website generiert, die wie folgt aussah:

Wie sich aus der als Anlage B 24 vorgelegten Unterlassungserklärung vom 12.02.2016 ergibt, haben die Beklagten hinsichtlich der angegriffenen Suchwortfunktion eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, aufweiche Bezug genommen wird.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte stelle ihren Kunden durch Lieferung der Papierrollen samt Adapter Produkte zur Verfügung, die durch ihre Maße und ihre Funktionalität die Originalpapierrollen der Klägerin kopieren, um ein gezieltes Einfüllen in deren To.-spender zu ermöglichen. Mit Lieferung dieser Nachfüllware, unter Bereitstellung entsprechender Adapter, leistete die Beklagte zu 1) einen vorsätzlichen Tatbeitrag zur nachfolgenden Markenverletzung. Die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) ergebe sich aus dessen Stellung als unmittelbar handelnder Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

Nach der Rechtsprechung des BGH gelte als Verpackung der Ware auch ein Papierhandtuchspender hinsichtlich der in ihn eingelegten Handtücher. Die System-Spender der Klägerin würden von den angesprochenen Verkehrskreisen als Verpackung der darin eingefüllten Handtücher aufgefasst. Wie sich aus der Entscheidung des BGH „Handtuchspender“ ergebe, würden die beteiligten Verkehrskreise, nämlich die Benutzer von Papierhandtüchern in Waschräumen und Toiletten; in der auf dem Spender angebrachten Marke einen zeichenmäßigen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in die Spender eingefüllten Handtücher erblicken.

Darüber hinaus biete die Beklagte ihre eigene Ware auf ihrer Internetseite als „To.“ Ware an.

Dass die Beklagten die streitgegenständliche Marke „To.“ nicht auf ihren eigenen Produkten aufgebracht hätten, sondern stattdessen mit einem „Z.“-Aufkleber versehen würden, lasse eine Markenverletzung nicht entfallen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kaufentscheidung suggerierten die Beklagten nämlich sowohl durch Verwendung der Marke „To.“ in der Artikelsuchfunktion ihrer Website als auch durch die ausdrückliche Bestätigung ihres Verkaufsleiters, dass es sich bei der bestellten Ware um „To.“-matic Zellstoffrollen“ handle, dass der Käufer mithin Originalware der Marke „To.“ erhalte.

Die Ausführungen der Beklagten, die streitgegenständlichen Handtuchspender würden bereits seit zehn Jahren nicht mehr produziert und seien zwischenzeitlich komplett neu konzipiert worden mit der Folge, dass nur noch Papierhandtuchrollen mit einem ganz besonderen Kern in den Papierhandtuchspender passten, entbehrten jeder Grundlage und seien schlichtweg falsch. Auch die Ausführungen der Beklagten, dass Marken bei gewerblichen Zell Stoff Produkten aus dem sogenannten AFH (away from home) Bereich allenfalls eine marginale Rolle spielten, seien unzutreffend. Es gebe in dem AFH-Bereich auch Produkte, die mit Marken versehen seien. Um ein solches handle es sich hier.

Die Klägerin hat zuletzt folgende Anträge angekündigt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es gegenüber der Klägerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu 2 Jahren, im Fall der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union neutrale Papierhandtuchrollen, wie nachstehend wiedergegeben,

die nicht von der Klägerin stammten, als Nachfüllware zum Zwecke der Aufnahme und Abgabe durch mit der Marke

gekennzeichnete, öffentlich zugängliche System- Papierhandtuchspender an Besitzer solcher Spender zu liefern oder liefern zu lassen, sofern die markenmäßige Kennzeichnung der System-Papierhandtuchspender wie nachfolgend dargestellt erfolgt:

II. Die Beklagten werden verurteilt, es gegenüber der Klägerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu 2 Jahren, im Fall der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihren Geschäftsführer zu unterlassen

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union die Bezeichnung

T.

zur Kennzeichnung von nicht von der Klägerin stammenden, neutralen Papierhandtuchrollen, wie unter I. wiedergegeben zu benutzen, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht

III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Vertriebswege der nach Antrag I. zum Zwecke des Nachfüllens in vorgenannte Spender der Klägerin vertriebenen Waren, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren und unter Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über Preise, die für die betreffenden Waren bezahlt wurden.

IV. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der unter Antrag I. bezeichneten Handlungen zu erteilen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren nach Antrag I. erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren ergeben, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Antrag I. entstanden ist und künftig entstehen wird, hilfsweise die ungerechtfertigte Bereicherung, wie sie sich anhand der Auskunft und Rechnungslegung gemäß Anträgen III. und VI. ergibt, herauszugeben.

In der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2016 hat sie im Hinblick auf die von den Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung Klageantrag II. für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen und beantragt,

Klageabweisung.

Sie trägt vor, sowohl den Betriebsinhabern, die öffentliche oder nicht-öffentliche Waschräume mit Seifen- und Papierhandtuchspendern für ihre Mitarbeiter und/oder Kunden vorhalten als auch den Mitarbeitern und/oder Kunden als Nutzer dieser Seifen- und Handtuchspender sei selbstverständlich bewusst, dass die in den Spendern eingefüllten Verbrauchsmaterialien, d. h. die Seife und die Papierhandtücher, keinesfalls zwingend von dem Hersteller des Spenders stammen müssen, sondern es überwiegend wahrscheinlich sei, dass diese von einem Dritthersteller stammten. Die Betriebsinhaber wüssten dies bereits deshalb, weil sie selbst die Verbrauchsmaterialien bestellten und dabei nicht zuletzt aus kaufmännischen Erwägungen oftmals auf zahlreiche Dritthersteller von Verbrauchsmaterialien am Markt zurückgriffen.

Die von der Beklagten gelieferten Zellstoffrollen passten sowohl in die eigenen Systeme der Beklagten als auch in verschiedene andere am Markt erhältlichen Handtuchspender.

Die Behauptung der Klägerin, dass die Beklagten angeblich Kunden der Klägerin beliefert hätten, werde bestritten. Richtig sei vielmehr, dass die Beklagten die wenigen Kunden, die unbedingt Produkte der Klägerin nachgefragt hätten, an einen entsprechenden Vertragshändler der Klägerin weitervermittelt hätten. Der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende, von der Klägerin hartnäckig provozierte Testkauf vermöge daran nichts zu ändern. Ausweislich der Anlagen B 5 bis B 7 und B 16 verfügten die Beklagten über umfassende eigene Spenderlinien, die sie mit ihren eigenen Nachfüllmaterialien bestücke.

Es gebe auch keine Verkehrserwartung der Besucher von öffentlichen Waschräumen, wonach die auf dem Handtuchspender aufgebrachten Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Herkunftshinweis für das in den Spendern enthaltene Handtuchpapier verstanden würde.

Ausweislich des als Anlage B 17 vorgelegten Entscheidung der Europäischen Kommission habe sich die Klägerin im Übrigen gegensätzlich zu ihren Einlassungen im vorliegenden Verfahren im Jahr 2012 noch darauf berufen, dass Marken im gewerblichen AFH-Bereich eine gänzlich unbedeutende Rolle spielen würden.

Die auf Papierhandtuchspendern angebrachten Marken würden hinsichtlich der Produktqualität und der Unterscheidung von anderen Marken als vermeintlicher Herkunftshinweis vom Verkehr gänzlich außer Acht gelassen. Der von der Klägerin insoweit bemühte plakative Vergleich mit Eiscreme-Kühltruhen, Bierzapfanlagen und Kaffeeautomaten stelle demgegenüber einen Vergleich von „Äpfel mit Birnen“ dar, der den streitgegenständlichen Papierhandtüchern zum Händetrocknen in öffentlichen Waschräumen in keiner Weise gerecht werde.

Marken von Lebensmitteln würden von den angesprochenen Verkehrskreisen gänzlich anders wahrgenommen als Marken von Verbrauchsmaterialien in öffentlichen Waschräumen, mit denen der Besucher nur für einen kurzen Moment während seines Besuchs des Waschraums in Kontakt komme.

Im Übrigen vertreibe auch die Klägerin neutrale Papierhandtuchrollen, mit denen ohne weiteres die eigenen Papierhandtuch-Spendersysteme der Beklagten nachgefüllt werden könnten.

Eine Markenverletzung scheide schon deshalb aus, weil der Markeninhaber nicht nur Fremdbefüllungen hinnehmen sondern auch dulden müsse, dass das fremde Unternehmen die Ware im Zuge der Fremdbefüllung mit einem neuen, auf sich hinweisenden Etikett versehe. Spätestens durch Kennzeichnung der „Hülle“, also des Papierhandtuchspenders, mit dem Hinweis, dass eine Befüllung durch Papierhandtuchrollen einer Fremdmarke stattgefunden habe, entfalle letztendlich einer Markenverletzung. Es erscheine aus Sicht der Beklagten fraglich, ob es nicht eine viel größere Beeinträchtigung der Markenrechte des Spenderherstellers darstellen würde, wenn sein eigenes Produkt, der Spender mit einem weiteren Herstellung Kennzeichnung versehen würde. Faktisch würde der Spender dadurch zur Werbefläche für den Hersteller der Nachfüllware.

Nach Kenntnis der Beklagten produziere die Klägerin darüber hinaus die hier gegenständlichen Handtuchspender seit zehn Jahren nicht mehr.

Hinzu komme, dass nach der Rechtsprechung des EuGH das Markenrecht keine Befugnis zur Kontrolle von sekundären Märkten gewähre.

Jedenfalls hätten sich die Markenrechte der Klägerin mit dem Verkauf der Handtuchspender i. S. v. Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft.

Darüber hinaus sei der Beklagte zu 2) auch nicht passivlegitimiert. Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbegriff begründeten keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Rechtsverletzungen der Gesellschaft zu verhindern.

Im Übrigen sei der Klageantrag nicht hinreichend bestimmt.

Welche Handlungen über die nur beispielhaft in Form eines „Insbesondere“-Antrags wiedergegebene konkrete beanstandete Verletzungsform hinaus von dem begehrten Verbot erfasst sein sollte, ist nicht ersichtlich und werde von der Klägerin auch nicht ausgeführt.

Zur Ergänzung des Tatbestand wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2016 Bezug genommen.

Gründe

Klageantrag I. und die sich daraus ergebenden Folgeanträge auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung waren abzuweisen, weil die von der Klägerin begehrte Unterlassung, im geschäftlichen Verkehr neutrale Papierhandtuchrollen die nicht von der Klägerin stammen, als Nachfüllware zum Zwecke der Aufnahme und Abgabe durch mit der Marke der Klägerin gekennzeichnete, öffentlich zugängliche System-Papierhandtuchspender an Besitzer solcher Spender zu liefern oder liefern zu lassen, keinen Unterlassungsanspruch nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, 112 Abs. 1 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 1 a Abs. 2 GMV begründet.

Klageantrag II., den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2016 aufgrund der abgegebenen Unterlassungserklärung für erledigt erklärt hat, war dahingehend auszulegen, dass festgestellt werden soll, die Klage habe sich diesbezüglich erledigt. Dies ist jedoch nicht der Fall, da die Klage diesbezüglich von Anfang an unbegründet war.

Im Einzelnen gilt folgendes:

I.

Klageantrag I. und die sich daraus ergebenden Folgeansprüche:

1. Zwar kann die Lieferung von Papierhandtuchrollen, die nicht von der Klägerin stammen, zum Zwecke des Einsatzes in die mit der Klagemarke gekennzeichneten Handtuchspender grundsätzlich eine Markenverletzung begründen. Dies setzt jedoch voraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die auf dem Papierhandtuchspender aufgebrachte Marke als Herkunftshinweis für die in den Spender eingelegten Papierhandtuchrollen sehen (BGH Grur 1987, 438-Handtuchspender).

Dies ist nach Auffassung der Kammer aufgrund der von den Parteien für den Verletzungszeitraum vorgetragenen Umständen entgegen den Feststellungen im Verfahren aus dem Jahr 1987 „Handtuchspender“ nicht mehr der Fall.

Die Beklagte hat - insoweit unwidersprochen von der Klägerin - vorgetragen, die von ihr vertriebenen, und mit ihrer eigenen Marke versehenen Papierrollen passten in verschiedene Papierhandtuchspendersysteme und auch die Klägerin vertreibe neutrale Rollen, die in die Systeme der Beklagten passten.

Darüber hinaus sind sich die Parteien jedenfalls darüber einig, dass es sogenannten AFH- Bereich Marken eine geringere Rolle spielten als bei anderen Produkten. Selbst wenn man unterstellt, dass die von der Klägerin vertriebenen streitgegenständlichen Papierhandtuchsysteme zu dem sogenannten „branded“-Bereich gehören, werden die Benutzer von Papierhandtüchern in öffentlich zugänglichen Bereichen heutzutage aufgrund der Vielfalt der vorhandenen Handtuchspender und Systeme nicht mehr davon ausgehen, dass die Papierhandtuchspender nur die „Verpackung“ der darin befindlichen Papierhandtücher sind und sich in den Spendern Papierhandtücher befinden, die aus dem Hause des Fabrikants der Spendersysteme stammen.

Dies deckt sich mit den eigenen Erfahrungen der Kammer, deren Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Angesichts der Vielfalt von Papierhandtuchspendern, die im öffentlich zugänglichen Bereichen vorgefunden werden, entnimmt der Verbraucher eine auf dem Handtuchspender aufgebrachten Marke keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in den Spender eingelegten Papierhandtuchrollen mehr.

2. Was die von der Klägerin beanstandeten Fließtexthinweis „passend auch für To.spender“ am Ende der Produktbeschreibung der Beklagten angeht, so greift die Schutzschranke des Art. 12 c GMV. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH und des EuGH, dass Verbrauchsmaterialien wie z. B. Rasierklingen oder auch Staubsaugerfiltertüten unter Art. 12 c GMV fallen mit der Folge, dass der Markeninhaber dem Hersteller der Verbrauchsmaterialien nicht verbieten kann, auf diesen entsprechende Bestimmungshinweise anzubringen (vgl. EuGH Grur 2005, 509 Rdn. 32 - Gillette und BGH Grur 2005, 423, 425 - Staubsaugerfiltertüten).

3. Hinzu kommt, dass sich die Markenrechte der Klägerin durch den Verkauf der Handtuchspender i. S. v. Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft haben.

Das Recht, frei über den erworbenen Papierhandtuchspender zu verfügen, einschließlich des Rechts, ihn nach Verbrauch einer etwaigen ursprünglichen vorhandenen Befüllung bei einem Unternehmer seiner Wahl, d. h. nicht durch bei dem Markeninhaber sondern auch bei einem seiner Wettbewerber wieder befüllen zu lassen, geht durch den Verkauf des Gegenstandes auf den Käufer über (EuGH Grur 2011, 827, 829 -). Eine gegenteilige Handhabung würde nach der Rechtsprechung des EuGH dazu führen, dass der Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt der Wiederbefüllung mit Verbrauchsmaterialien ungerechtfertigt beschränkt würde und sogar das Risiko einer Abschottung dieses Marktes bestünde, wenn der Markeninhaber mit Hilfe seiner Marke den Kauf der von ihm angebotenen Verbrauchsmaterialien erzwingen könnte.

4. Letztendlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH der Markeninhaber nicht nur Fremdbefüllungen hinnehmen sondern auch dulden muss, dass das fremde Befüllunternehmen die Spender im Zuge der Fremdbefüllung mit einem neuen, auf sich hinweisenden Etikett versieht, um auf diese Weise eine Markenverletzung auszuschließen (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 996 - Sodast-ream II). Dies würde im vorliegenden Fall die Markenrechte der Klägerin für den Papierhandtuchspender noch mehr beeinträchtigen als das reine Befüllen des Spenders mit Fremdware.

II.

Klageantrag II., der von der Klägerin einseitig für erledigt erklärt wurde

Da die Beklagten der Erledigterklärung der Klägerin nicht zugestimmt haben, war die einseitige Erledigterklärung der Klägerin dahingehend auszulegen, dass beantragt wird, festzustellen, dass die Klage anfangs zulässig und begründet war und sich durch die abgegebene Unterlassungserklärung erledigt hat.

Eine solche Feststellung konnte jedoch nicht erfolgen, da der zunächst angekündigte Klageantrag II. nicht begründet war. Nach der Rechtsprechung des EuGH hängt die Frage, ob die Herkunftsfunktion einer Marke beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern bei Eingabe eines mit der Marke identischen Schlüsselworts die Anzeige eines Dritten gezeigt wird, insbesondere davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist nur dann beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die dort beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder aber von einem Dritten stammen. Dabei reicht es für die Feststellung der Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke wegen des Maßstabs des normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetznutzers nicht aus, dass lediglich einige Internetnutzer nur schwer erkennen können, dass die beworbenen Dienstleistungen nichts mit derjenigen des Markeninhabers zu tun hat (vgl. BGH, GRUR 2013,1044 Rdn. 13 - Beate Uhse).

Wie sich aus der Anlage K 21 ergibt, wird auf der Website der Beklagten aber unmittelbar in der Suchergebnisliste eine Abbildung der Papierhandtuchrolle der Beklagten gezeigt, die den Aufkleber mit dem Herkunftshinweis auf die Beklagte deutlich erkennen lässt. Aufgrund dieses Markenaufdrucks erscheint es ausgeschlossen, dass der Nutzer der Internetseite der Beklagten auf die Idee kommt, dass das in der Suchergebnisleiste angezeigte Produkt trotz des entgegenstehenden Herkunftshinweises möglicherweise doch von der Klägerin stammen könnte.

Die Klage war daher in vollem Umfang mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

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Landgericht München I Endurteil, 13. Juni 2016 - 4 HK O 4748/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Referenzen

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.