Gemeinschaftliches Kirchliches Arbeitsgericht erster Instanz in Bayern Urteil, 08. Feb. 2017 - 1 MV 19/16

bei uns veröffentlicht am08.02.2017

Gericht

Tenor

i. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die notwendigen Auslagen der Klägerin (anwaltliche Vertretung) für dieses Verfahren trägt der Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zustimmung des Beklagten zur Kostenübernahme wegen der Hinzuziehung einer sachkundigen Person durch die Klägerin.

Die Klägerin ist die gewählte (dreiköpfige) Mitarbeitervertretung (MAV) in dem Altenheim XY. Dieses steht in der Trägerschaft des beklagten Diözesanverbandes. Für die Einrichtungen des Beklagten hatte in der Vergangenheit eine Gesamt- Dienstvereinbarung (DV) über Dienstplangestaltung mit der Gesamt-MAV bestanden. Letztere kündigte diese Gesamt-DV. In den bis August 2016 intensiv geführten Verhandlungen über einen Neuabschluss konnte jedoch kein Ergebnis erzielt werden. Im Folgenden kam es in einer Reihe von örtlichen Einrichtungen des Beklagten zum Abschluss von Dienstvereinbarungen über Dienstplangestaltung und Einrichtung von Arbeitszeitkonten mit den örtlichen MAV. Die Gesamt-MAV hatte in einem Eilverfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht erfolglos versucht, dem Beklagten ein solches Vorgehen zu untersagen. Weiter ist von der Gesamt-MAV die Einigungsstelle angerufen worden mit dem Ziel, über das dortige Verfahren eine Gesamt-DV zu erreichen. Der Vorsitzende der hiesigen Klägerin ist auch Mitglied der Gesamt- MAV. Nach den gescheiterten Verhandlungen mit der Gesamt-MAV ist der Beklagte auch an die Klägerin herangetreten, um die Möglichkeit einer örtlichen DV auszuloten. In diesem Zusammenhang kam es auf der örtlichen Ebene zu unterschiedlichen Prozessen der Meinungsbildung und Aktivitäten einzelner Beteiligter. Jedenfalls sah sich die Klägerin in ihrer Arbeit als MAV behindert und wandte sich schriftlich an die Heimleitung des Altenheims XY mit dem Antrag, der Übernahme von (anwaltlichen) Rechtsberatungskosten wegen möglicher Behinderung der MAV-Arbeit und Verhandlungen über den Abschluss einer DV zur Dienstplangestaltung und Einrichtung von Arbeitszeitkonten zuzustimmen. Die Heimleitung des Beklagten lehnte mit Schreiben vom 27.09. 2016 (vgl. Anlage K3) eine solche Zusage ab.

Daraufhin hat die Klägerin das hiesige Verfahren anhängig gemacht und dazu vorgetragen, wegen der gescheiterten Verhandlungen über eine Gesamt-DV habe der Beklagte einseitige Schuldzuweisungen gegen die Gesamt-MAV wie auch die Klägerin bzw. deren Mitglieder vorgenommen und so versucht, beeinflussend auf die Mitarbeiter/innen des Altenheims XY einzuwirken. So habe Frau A. als Heimleiterin der Einrichtung bei einem Mitarbeiterforum am 01.08.2016 unrichtig und einseitig über die verbliebenen Möglichkeiten für Dienstplangestaltung und Arbeitszeitkonten informiert. Der Klägerin sei keine Gelegenheit zur sachlichen Klärung gegeben worden. In einem Qualitätszirkel am 03.08.2016 sei von der Heimleitung geäußert worden, die Klägerin würde ihre Aufgaben unrichtig erledigen und daher sei eine Wiederwahl untragbar. Auch seien Unterschriftslisten mit einer Tendenz gegen die Klägerin in Umlauf gebracht worden. Durch diese Vorgehensweise habe sich die Klägerin in der Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt gefühlt, jedoch dies alles selbst nicht beurteilen können. Deshalb habe die Klägerin am 19.09.2016 Beschluss dahingehend gefasst, dass sie Herrn Rechtsanwalt B. als sachkundige Person zuziehen wolle, um zu prüfen, ob im Verhalten des Beklagten eine Behinderung ihrer Arbeit im Rechtssinne vorliege.

In gleicher Weise habe sie am 19.09.2016 Beschluss gefasst, Herrn Rechtsanwalt B. als sachkundige Person auch zur Beratung und Unterstützung bei Verhandlungen über eine örtliche DV zu Dienstplangestaltung u. Arbeitszeitkonten beizuziehen. Der Beklagte habe solche Verhandlungen gewünscht. Es handele sich jedoch um eine rechtlich komplexe Materie mit zahlreichen strittigen Punkten, die die Klägerin aus eigener Sachkunde nicht bewältigen könne.

Bei beiden vorgenannten Themenbereichen handele es sich um objektiv erforderliche Aufgaben der Klägerin. Die Beratung und Begleitung durch einen Rechtsanwalt sei notwendig. Auf anderem Wege, insbesondere bei der Gesamt-MAV, sei eine sachkundige Beratung und Information nicht zu erlangen.

Nach gerichtlichem Hinweis hat die Klägerin folgenden Antrag gestellt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Kostenübernahme für die Hinzuziehung von Herrn Rechtsanwalt B., Fulda durch die Klägerin im Rahmen der Überprüfung einer möglichen Behinderung seitens des Beklagten zu genehmigen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Kostenübernahme für die Hinzuziehung von Herrn Rechtsanwalt B., Fulda durch die Klägerin im Rahmen der Prüfung, Beratung und Unterstützung in Verhandlungen über den Abschluss einer DV zu Dienstplangestaltung und Einrichtung von Arbeitszeitkonten mit dem Beklagten zu genehmigen.

3. Die Auslagen der Klägerin einschließlich der Auslagen wegen der Beauftragung ihres Bevollmächtigten für diese Verfahren sind von dem Beklagten zu tragen.

Der Beklagte hat hingegen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dazu hat er ausgeführt, die Klägerin bedürfe keiner Beratung durch eine sachkundige Person wegen möglicher Behinderung ihrer Arbeit, weil eine solche Behinderung in keiner Weise zu erkennen sei. Insbesondere seien keine einseitigen Schuldzuweisungen gegenüber der Klägerin oder sonstige unrichtige Darstellungen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über eine Gesamt-DV geschehen. In der Präsentation der eigenen Position sei die Klägerin durch die Führungskräfte des Beklagten zu keinem Zeitpunkt gehindert worden. Dies gelte gerade auch für das Mitarbeiterforum am 01.08. 2016. Richtig sei, dass unter den Mitarbeitern eine aufgebrachte Stimmung wegen der Situation nach der gescheiterten Gesamt-DV geherrscht habe. Bei dem Qualitätszirkel am 03.08.2016 seien die Führungskräfte des Altenheims XY anwesend gewesen. Dabei sei das Schreiben (Anlage B2) und die Unterschriftslisten des Herrn C. (Mitarbeiter des Caritas Heims D.) erörtert worden. Bedenken gegen die Auslegung dieses Schreibens in der Einrichtung habe es nicht gegeben. Auch dort habe es keine abfälligen Äußerungen seitens der Heimleitung über die Mitglieder der Klägerin gegeben. Am 14.09.2016 habe eine Mitarbeiterversammlung stattgefunden, bei der von Mitarbeiterseite Kritik an der Klägerin vorgetragen worden sei, weil es auf der örtlichen Ebene zu keiner DV über die Dienstplangestaltung komme. Führungskräfte des Beklagten seien dort nicht anwesend gewesen, also scheide eine Behinderung von vorneherein aus. Im Übrigen habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Beklagten eine Behinderung ihrer Arbeit reklamiert, vielmehr hätten regelmäßig sachliche Gespräche, zuletzt am 08.11. 2016, stattgefunden. Da die Klägerin nicht behindert worden sei, fehle jedes Erfordernis für eine sachkundige Beratung durch eine außenstehende Person.

Für eine örtliche DV zur Dienstplangestaltung habe der Klägerin jeder ernsthafte Verhandlungswille gefehlt. Der Vorsitzende der Klägerin sei Mitglied der Gesamt-MAV. Dieser folgend habe er durchgehend die Auffassung vertreten, dass für eine örtliche MAV keine Zuständigkeit zum Abschluss einer DV bestünde. Folgerichtig habe auch die Gesamt-MAV die Einigungsstelle angerufen, um so eine Gesamt-DV zu erreichen. Von daher habe keinerlei Beratungsund Unterstützungsbedarf für die Klägerin bestanden. Schließlich fehle es an der Erforderlichkeit für eine sachkundige Person auch deshalb, weil die Klägerin selbst hinreichend sachkundig für eine Regelung über die Dienstplangestaltung sei. Solches hätten auch die positiv abgeschlossenen Verhandlungen mit anderen örtlichen MAV zu diesem Themenbereich gezeigt. Hier komme hinzu, dass der Vorsitzende der Klägerin an den umfangreichen Verhandlungen auf der Ebene der Gesamt-MAV - als deren Mitglied - teilgenommen habe und so über besondere Sachkenntnis verfüge. Weiter sei eine einschlägige Sachkenntnis durch Schulungen erworben worden. Schließlich hätte die Klägerin einen Beratungsbedarf vorrangig über die dafür zuständige Gesamt-MAV abdecken können.

Bestritten werde ein Beschluss der Klägerin zu hiesigen Klageerhebung sowie die Notwendigkeit der Beauftragung/Vertretung durch einen anwaltlichen Bevollmächtigten.

Zum weiteren Vorbringen der beteiligten Parteien wird auf die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung sowie auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich deren Anlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist in der zuletzt beantragten Form zulässig.

Der Rechtsweg/ die sachliche Zuständigkeit des Kirchlichen Arbeitsgerichts ist gegeben, da eine Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht vorliegt (§ 2 Abs. 2 KAGO).

Die teilweise Neuformulierung der Klageanträge (vorrangiger Leistungsantrag anstelle Feststellung) beinhaltet keine unzulässige Klageänderung (§§ 27 KAGO, 46 Abs. 2 ArbGG, 264 ZPO). Selbst wenn, läge eine Fiktion der Einwilligung des Beklagten vor (§ 30 S.2 KAGO), da er ohne Widerspruch seinen Sachantrag gestellt hat. Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-) Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO auch örtlich zuständig, weil der Beklagte seinen Sitz in dessen Gerichtsbezirk hat.

Der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) begegnen keine rechtlichen Bedenken.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Zugunsten der Klägerin kann die Kammer des Kirchlichen Arbeitsgerichts eine Zustimmungspflicht des Beklagten für Kostenübernahme einer sachkundigen Person weder für die Prüfung einer möglichen Behinderung noch zur Beratung/Unterstützung bei Verhandlungen über den Abschluss einer DV zur Dienstplangestaltung und Arbeitszeitkonten erkennen (§ 17 Abs. 1, S. 2, 2. Spiegelstrich MAVO-München/ Freising [im Folgenden: MAVO]).

1. Der Dienstgeber kann zur Übernahme der durch die Beiziehung einer sachkundigen Person seitens der MAV entstandenen Kosten verpflichtet sein. Dabei müssen jedoch folgende tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sein:

– Die Beiziehung muss im Rahmen und zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der MAV geschehen. Es muss sich also um originäre Rechte und Pflichten der MAV aus der MAVO handeln.

– Für die Beiziehung muss eine konkrete Erforderlichkeit bestehen, also der von außen zu gewinnende Sachverstand muss für die sachgerechte Bewältigung der MAV- Aufgaben existentiell sein. Im Rahmen des der MAV abzuverlangenden Abwägungsgebots ist insbesondere zu prüfen, ob kostenschonendere Möglichkeiten zur Erlangung einer entsprechenden Sachkenntnis bestehen, so z. B. vorhandene Fachkenntnisse/Schulungen oder innerverbandliche Beratung und Aufklärung (vgl. Freiburger Kommentar [FK]/Joussen, § 17 MAVO Rdnr. 28/29).

– Es muss die (vorherige) Zustimmung des Dienstgebers zur Beiziehung eingeholt worden sein. Dabei darf die Zustimmung aber nicht missbräuchlich verweigert werden (§ 17 Abs. 1, S.2, 2. Spiegelstrich, Halbsatz 2 MAVO). Sie kann Gegenstand einer (Leistungs-) Klage vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht sein (FK/Joussen, a.a.O., Rdnr. 32)

2. Für das von der Klägerin geltend gemachte Erfordernis der Beiziehung wegen der Prüfung ihrer möglichen Behinderung ergibt sich in der Subsumtion obiger Grundsätze Folgendes:

Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass eine MAV ihre Tätigkeit frei von Behinderungen durch die Dienstgeberseite auszuüben in der Lage sein muss. Gegenüber tatsächlichen Behinderungen besteht ein - durchsetzbarer - Abwehranspruch (vgl. Eichstätter Kommentar [EK]/Weber, § 18 Rdnr.34; Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO-Kommentar, § 18 Rdnr.14). In diesem Kontext kann es für die jeweils betroffene MAV auch den Bedarf für die Beratung durch eine sachkundige Person geben. Allerdings kann ein solches Bedürfnis nicht allein aus den subjektiven Befindlichkeiten der einzelnen MAV hergeleitet werden. Aus Rechtsgründen ist zufordern, dass für die von der MAV befürchteten Behinderungen zumindest ein erkennbares Maß an objektiven Indizien streitet. Andernfalls wäre eine lediglich subjektiv wahrgenommene Behinderungsvermutung und die daraus abgeleitete Kostenübernahme für eine sachkundige Beratung eine rechtlich kaum mehr eingegrenzte Kostenlast für den Dienstgeber. Solches entspricht erkennbar nicht der Teleologie der Bestimmungen aus §§ 17 Abs. 1, S.2, 18 Abs. 1 MAVO.

Eine solche durch objektive Indizien unterlegte Wahrscheinlichkeit zur vermuteten Behinderung ihrer (kirchen-) gesetzlichen Aufgaben hat die Klägerin hier nicht dargelegt. So hat sie lediglich vorgetragen, der Beklagte habe im Nachgang zu den gescheiterten Verhandlungen auf der Ebene der Gesamt-MAV einseitige Schuldzuweisungen gegenüber den Organen der Mitarbeitervertretungen erhoben sowie durch die örtliche Heimleitung unrichtige Informationen verbreiten lassen. Weiter seien bei mehreren Terminen durch die örtlichen Führungskräfte sehr kritische Äußerungen über die Arbeit der Klägerin gefallen und auch erklärt worden, die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder der Klägerin sei untragbar. Auch habe die örtliche Heimleitung es zugelassen, dass (kritische) Unterschriftslisten in der Einrichtung ausgelegt werden konnten.

Ob die Klägerin damit ein erkennbares Maß an objektiven Indizien für eine Behinderung dargelegt hat, ist höchst zweifelhaft. Es ist nämlich völlig zweifelsfrei, dass der Dienstgeber bei strittigen Themen des Mitarbeitervertretungsrechts einen kritischen, inhaltlich auch zugespitzten Standpunkt einnehmen darf, ohne dass solches umgekehrt gleich zu einer Behinderung der MAV-Arbeit führen würde. Dies gebietet schon die allgemeine Meinungsfreiheit und die Wahrnehmung berechtigter Interessen (vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, a.a.O., § 18 Rdnr.6). Dass die insoweit gegebenen Grenzen von dem Beklagten überschritten worden wären, ist für die Kammer nicht ersichtlich geworden. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gehindert hat, ihre eigene Position gegenüber der Mitarbeiterschaft darzulegen. Dies ist von der Klägerin nicht in prüfungsfähiger Form bestrittenen worden.

Im Weiteren fehlt es aber insbesondere an der Erforderlichkeit der Beiziehung einer außenstehenden sachkundigen Person. Der Beklagte hat nämlich ausgeführt, die Klägerin habe bis zu ihrem Beiziehungsbeschluss vom 19.09.2016 zu keinem Zeitpunkt eine (mögliche) Behinderung ihrer Arbeit durch die Organe des Beklagten reklamiert. Dem ist die Klägerin nicht in rechtserheblicher Weise entgegengetreten. Eine solche Rüge der (möglichen) Behinderung muss aber der Klägerin deshalb abverlangt werden, damit der Beklagte selbst ggf. ein rechtstreues Verhalten in der Einrichtung wiederherstellen kann. Dies ist hier auch deshalb geboten, weil die verantwortlich für den Beklagten handelnden Personen auf der Ebene der Diözesanleitung angesiedelt sind und deshalb nicht über jeden örtlichen Vorgang Kenntnis besitzen. Aus der Sicht der erkennenden Kammer ist es deshalb der Klägerin zuzumuten, vor der Inanspruchnahme eines außenstehenden Sachverstandes die Reaktion der diözesanen Leitungsebene des Beklagten abzuwarten. Dem ist die Klägerin nicht gerecht geworden. Weiter ist im Rahmen der Erforderlichkeit auch zu prüfen, ob innerkirchliche oder berufsständische Institutionen für eine geeignete Beratung/Unterstützung in Frage kommen (vgl. KAG Hamburg v. 14.04.2016, 1 MAVO 25/15; KAG Mainz v. 25.11.2010, M 20/10 Lb). Nach den Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung ist dazu der juristische Berater der KAB München jedenfalls grundsätzlich in der Lage. Die Klägerin ist dort nicht vorstellig geworden, weil sie den KAB-Juristen für überlastet hielt. Eine solch subjektive Hypothese kann hier nicht genügen. Dies vor allem deshalb, weil es sich bei der Prüfung einer (möglichen) Behinderung in Anbetracht des hiesigen Tatsachenstoffs nicht um ein so komplexes und zeitaufwändiges Problem gehandelt hätte.

Insgesamt war danach ein Anspruch aus § 17 Abs. 1, S.2, 2. Spiegelstrich MAVO zugunsten der Klägerin nicht erkennbar.

3. Für die begehrte Beiziehung einer sachkundigen Person wegen Beratung/ Unterstützung zum Abschluss einer örtlichen DV über Dienstplangestaltung und Arbeitszeitkonten kann die Klage ebenfalls nicht erfolgreich sein:

Zweifelsfrei gehört der Abschluss von DV über die Mitbestimmungstatbestände nach §§ 36 Abs. 1 Nr.1, 38 Abs. 1 Nr.2 MAVO zu den originären Aufgaben der MAV. Dies entbindet jedoch nicht von der Prüfung der Erforderlichkeit für eine außenstehende sachkundige Beratung bei den Verhandlungen oder dem Abschluss einer solchen DV. Nun mögen die Verhandlungen über den Inhalt einer DV zur Dienstplangestaltung in Ausfüllung des Regelwerks der AVR-Caritas eine gewisse Komplexität durchaus beinhalten. Es ist jedoch zu fragen, ob sich vor dem Hintergrund des Verhandlungsstandes der Beratungsbedarf für die Klägerin schon hinreichend aktualisiert hatte. Der Beklagte hat dazu vorgetragen, die Klägerin habe auf eine Anfrage zum Abschluss einer örtlichen DV ablehnend reagiert, weil sie (die Klägerin) von einer Zuständigkeit der Gesamt-MAV ausgehe. Dies hat der Vorsitzende der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weitgehend bestätigt, als er dort erklärte, er habe die Bereitschaft zu Verhandlungen über eine (örtliche) DV für den Fall bekundet, dass (kirchengerichtlich) die Zuständigkeit zwischen Gesamt-MAV und örtlicher MAV entschieden sei. Eine solche Klärung in einem Hauptsacheverfahren war aber im Herbst 2016 in keiner Weise geschehen; im Gegenteil, die Gesamt-MAV betrieb vor der Einigungsstelle ein Verfahren zum Abschluss einer Ge-samt-DV. Dieses Einigungsstellenverfahren war im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in dem hiesigen Verfahren noch immer nicht abgeschlossen. Der Vorsitzende der Klägerin wusste als Mitglied der Gesamt-MAV über all diese Umstände auch hinlänglich Bescheid. Für eine Aktualisierung des dem Grunde nach bestehenden Beratungsbedarfs war demnach nichts erkennbar. Dies gilt weiter auch deshalb, weil die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass der Beklagte nach ihrer (vorläufigen) Ablehnung der Verhandlungen weiter in aktiver Weise auf sie eingedrungen wäre, um sie an den „Verhandlungstisch“ zu bringen. Solange also die Verhandlungen nicht in eine aktive Phase eingetreten waren, kann die Kammer keinen Beratungs- und Unterstützungsbedarf durch einen außenstehenden Sachkundigen erkennen. Für eine Beratung quasi „auf Vorrat“ stellt § 17 Abs. 1, S.2, 2. Spiegelstrich MAVO keine Anspruchsgrundlage dar. Dazu fehlt es für den von der Klägerin reklamierten Beratungsbedarf schlicht an der aktuellen Notwendigkeit. Allgemeine Kenntnisse über die Rechte und Möglichkeiten nach §§ 36 Abs. 1, 38 Abs. 1 MAVO muss sich die Klägerin über den Schulungsanspruch nach § 16 Abs. 1 MAVO verschaffen. Soweit erkennbar, hat sie diesen Anspruch nicht ausgeschöpft.

Danach besteht auch für den Bereich Beratung/Unterstützung zum Abschluss einer örtlichen DV über Dienstplangestaltung und Arbeitszeitkonten kein Anspruch auf Zustimmung zur Kostenübernahme für eine sachkundige Person. Eine missbräuchliche Verweigerung des Beklagten ist in keiner Weise zu konstatieren (§ 17 Abs. 1, S.2, 2. Spiegelstrich, Halbsatz 2 MAVO).

Die Klage musste insgesamt erfolglos bleiben.

III.

Auf den Antrag der Klägerin waren deren außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens, nämlich diejenigen ihrer anwaltlichen Vertretung, dem Beklagten - unabhängig von der Entscheidung in der Sache - aufzuerlegen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO i. Verbindung mit §§ 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 4.Spiegelstrich MAVO). Die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung zur Rechtswahrung folgt zunächst aus der streitgegenständlichen Rechtsmaterie. Die Rechtsverfolgung selbst war nicht von vorneherein so offensichtlich ohne Erfolgsaussicht, dass die materielle Pflicht zur Kostenübernahme hätte verneint müssen.

Gerichtgebühren werden vor den kirchlichen Arbeitsgerichten nicht erhoben (§ 12 Abs. 1, S. 1 KAGO).

IV.

Die Zulassung der Revision kam nicht in Frage, da die (kirchen-) gesetzlichen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 KAGO nicht vorlagen. Es war der vorgefundene Einzelfall zu entscheiden. Eine Divergenz ist nicht zu erkennen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

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