Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2002 - II ZR 259/00

published on 28/01/2002 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2002 - II ZR 259/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 259/00 Verkündet am:
28. Januar 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Aktionär seiner Aktien für verlustig
zu erklären ist.
BGH, Urt. v. 28. Januar 2002 - II ZR 259/00 - LG Gießen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h. c. Röhricht, die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und
die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Die Sprungrevision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 26. Juli 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:


Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der A. Lebensversicherung Aktiengesellschaft, verlangt von dem Beklagten die Zahlung des Resteinlagebetrages von 22.500,00 DM aus 600 Aktien mit einem Nennbetrag von 50,00 DM, die der Beklagte anläßlich der Errichtung der Gemeinschuldnerin zu pari übernommen hat. Der Beklagte hatte die nicht verbrieften Anteile, die nach § 4 der Satzung der Gemeinschuldnerin auf den Inhaber lauten sollten, am 2. Januar 1998 auf die A. Privatfinanz Aktiengesellschaft übertragen, über deren Vermögen am 10. Februar 1998 ebenfalls das Konkursverfahren eröffnet
worden ist. Der Kläger erklärte diese Gesellschaft der von dem Beklagten erworbenen Aktien mit Schreiben vom 5. November 1999 für verlustig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Sprungrevision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Sprungrevision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
II. Die Sprungrevision des Klägers ist nicht begründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Resteinlage zu leisten, weil die Voraussetzungen der §§ 65 Abs. 1, 64 Abs. 3 AktG nicht vorliegen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Landgericht ausgeführt hat - die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 AktG auf urkundenlose Inhaberaktien keine Anwendung findet oder ob eine Verpflichtung des Vormannes zur Zahlung des restlichen Einlagebetrages mit dem überwiegenden Schrifttum auch dann anzunehmen ist, wenn das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs nicht verbrieft ist (vgl. KG JW 1927, 2434, 2435; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 64 Rdn. 2; Lutter in KK z. AktG, 2. Aufl. § 65 Rdn. 11; Hefermehl/Bungeroth in Geûler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, § 65 Rdn. 13; v. Godin/Wilhelmi, 4. Aufl. § 65 Anm. 3; Barz in Groû-
komm. z. AktG, 3. Aufl. § 65 Anm. 2; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB 3. Aufl. § 222 Anm. 15). Auf jeden Fall setzt die Geltendmachung des Anspruchs voraus, daû der Inhaber der Aktien seiner Rechte wirksam für verlustig erklärt, also aus der Aktiengesellschaft ausgeschlossen worden ist. Diese Voraussetzung , die unmittelbar aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 Satz 1 AktG folgt, ist zwingend (allg. M. vgl. u.a. Hüffer aaO § 65 Rdn. 3; Lutter in KK z. AktG aaO § 65 Rdn. 7 m.w.N.; Ritter, AktG 2. Aufl. § 59 Anm. 3 m.w.N.). Sie ist im vorliegenden Falle nicht gegeben.
Nach § 64 Abs. 3 AktG werden Aktionäre, die den eingeforderten Betrag trotz Aufforderung nicht zahlen, ihrer Aktien durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern für verlustig erklärt. Auch diese Regelung ist zwingend. Denn das Gesetz verfolgt mit der Veröffentlichung den Zweck, daû die Öffentlichkeit von der Maûnahme unterrichtet wird (vgl. Hüffer aaO § 64 Rdn. 6; Lutter in KK z. AktG aaO § 64 Rdn. 25; Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl. § 64 Rdn. 5; Barz in Groûkomm. z. AktG aaO § 64 Rdn. 11; v. Godin/Wilhelmi aaO § 64 Anm. 8; Hefermehl/Bungeroth in Geûler/Hefermehl/Eckardt/Kropff aaO § 64 Rdn. 34; Schlegelberger/Quassowski, AktG 3. Aufl. § 58 Rdn. 4; Staub/Pinner, HGB 14. Aufl. § 219 Anm. 4/5; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB 3. Aufl. § 219 Anm. 7; Gadow/Heinichen/Robert Fischer, AktG 3. Aufl. § 58 Anm. 11 f.).
Da § 4 der Satzung der Gemeinschuldnerin für Bekanntmachungen der Gesellschaft die Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorsieht, hätte der Ausschluû der A. Privatfinanz Aktiengesellschaft in diesem Presseorgan bekannt gegeben werden müssen. Das ist nach dem Vortrag des Klägers, der den Aus-
schluû nur durch privates Schreiben an die A. Privatfinanz Aktiengesellschaft vorgenommen hat, nicht geschehen. Somit ist die Maûnahme wirkungslos.
Das Landgericht hat daher die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
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(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

Annotations

(1) Aktionären, die den eingeforderten Betrag nicht rechtzeitig einzahlen, kann eine Nachfrist mit der Androhung gesetzt werden, daß sie nach Fristablauf ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen für verlustig erklärt werden.

(2) Die Nachfrist muß dreimal in den Gesellschaftsblättern bekanntgemacht werden. Die erste Bekanntmachung muß mindestens drei Monate, die letzte mindestens einen Monat vor Fristablauf ergehen. Zwischen den einzelnen Bekanntmachungen muß ein Zeitraum von mindestens drei Wochen liegen. Ist die Übertragung der Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, so genügt an Stelle der öffentlichen Bekanntmachungen die einmalige Einzelaufforderung an die säumigen Aktionäre; dabei muß eine Nachfrist gewährt werden, die mindestens einen Monat seit dem Empfang der Aufforderung beträgt.

(3) Aktionäre, die den eingeforderten Betrag trotzdem nicht zahlen, werden durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen zugunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt. In der Bekanntmachung sind die für verlustig erklärten Aktien mit ihren Unterscheidungsmerkmalen anzugeben.

(4) An Stelle der alten Urkunden werden neue ausgegeben; diese haben außer den geleisteten Teilzahlungen den rückständigen Betrag anzugeben. Für den Ausfall der Gesellschaft an diesem Betrag oder an den später eingeforderten Beträgen haftet ihr der ausgeschlossene Aktionär.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Jeder im Aktienregister verzeichnete Vormann des ausgeschlossenen Aktionärs ist der Gesellschaft zur Zahlung des rückständigen Betrags verpflichtet, soweit dieser von seinen Nachmännern nicht zu erlangen ist. Von der Zahlungsaufforderung an einen früheren Aktionär hat die Gesellschaft seinen unmittelbaren Vormann zu benachrichtigen. Daß die Zahlung nicht zu erlangen ist, wird vermutet, wenn sie nicht innerhalb eines Monats seit der Zahlungsaufforderung und der Benachrichtigung des Vormanns eingegangen ist. Gegen Zahlung des rückständigen Betrags wird die neue Urkunde ausgehändigt.

(2) Jeder Vormann ist nur zur Zahlung der Beträge verpflichtet, die binnen zwei Jahren eingefordert werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Übertragung der Aktie zum Aktienregister der Gesellschaft angemeldet wird.

(3) Ist die Zahlung des rückständigen Betrags von Vormännern nicht zu erlangen, so hat die Gesellschaft die Aktie unverzüglich zum Börsenpreis und beim Fehlen eines Börsenpreises durch öffentliche Versteigerung zu verkaufen. Ist von der Versteigerung am Sitz der Gesellschaft kein angemessener Erfolg zu erwarten, so ist die Aktie an einem geeigneten Ort zu verkaufen. Zeit, Ort und Gegenstand der Versteigerung sind öffentlich bekanntzumachen. Der ausgeschlossene Aktionär und seine Vormänner sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Bekanntmachung und Benachrichtigung müssen mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung ergehen.

(1) Aktionären, die den eingeforderten Betrag nicht rechtzeitig einzahlen, kann eine Nachfrist mit der Androhung gesetzt werden, daß sie nach Fristablauf ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen für verlustig erklärt werden.

(2) Die Nachfrist muß dreimal in den Gesellschaftsblättern bekanntgemacht werden. Die erste Bekanntmachung muß mindestens drei Monate, die letzte mindestens einen Monat vor Fristablauf ergehen. Zwischen den einzelnen Bekanntmachungen muß ein Zeitraum von mindestens drei Wochen liegen. Ist die Übertragung der Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, so genügt an Stelle der öffentlichen Bekanntmachungen die einmalige Einzelaufforderung an die säumigen Aktionäre; dabei muß eine Nachfrist gewährt werden, die mindestens einen Monat seit dem Empfang der Aufforderung beträgt.

(3) Aktionäre, die den eingeforderten Betrag trotzdem nicht zahlen, werden durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern ihrer Aktien und der geleisteten Einzahlungen zugunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt. In der Bekanntmachung sind die für verlustig erklärten Aktien mit ihren Unterscheidungsmerkmalen anzugeben.

(4) An Stelle der alten Urkunden werden neue ausgegeben; diese haben außer den geleisteten Teilzahlungen den rückständigen Betrag anzugeben. Für den Ausfall der Gesellschaft an diesem Betrag oder an den später eingeforderten Beträgen haftet ihr der ausgeschlossene Aktionär.