Bundesgerichtshof Urteil, 31. Okt. 2001 - 2 StR 296/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 30. Mai 2000 - Az.: 504 Js 10261/99 - verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, ferner wegen Raubs und schweren Raubs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die auf die unterbliebene Anordnung der Unterbringungin einer Entziehungsanstalt beschränkt ist. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
II.
1. Das zulässig beschränkte Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils , soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Prüfung dieser Frage drängte sich nach den Urteilsfeststellungen auf.
Der zur Tatzeit 23-jährige Angeklagte kam bereits während der Schulzeit mit Drogen in Kontakt und konsumierte mehrere Jahre lang Betäubungsmittel. Nach dem Verlust seiner Arbeitsstelle im Frühjahr 2000 steigerte er seinen Konsum und rauchte zuletzt bis zu 15 g Haschisch täglich. In der Untersuchungshaft unterzog sich der Angeklagte einer Entgiftung, die körperliche Begleiterscheinungen zur Folge hatte; er nahm von sich aus Kontakt zu einer externen Drogenberatung seiner Justizvollzugsanstalt auf.
Diese Feststellungen legen nahe, daû bei dem Angeklagten ein Hang besteht, berauschende Mittel im Übermaû zu sich zu nehmen. Daû der Angeklagte hier im wesentlichen Haschisch konsumierte, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn regelmäûiger Haschischkonsum, wie er bei dem Angeklagten seit Jahren vorliegt, kann zumindest zu psychischer Abhängigkeit führen. Bei Absetzen der Substanz sind psychische Entzugserscheinungen die Regel, das Verlangen nach erneuter Zufuhr bleibt relativ lange erhalten, so daû eine wochen - und monatelange Rückfallgefahr besteht (BGHR StGB § 64 Hang 1).
Alle drei Taten, die Gegenstand der Verurteilung sind, dienten der Beschaffung von Rauschgift. Der Angeklagte überfiel gemeinsam mit den Mittätern Drogendealer, um auch ohne Geld an das benötigte Haschisch zu gelangen. Angesichts seines gesteigerten Drogenkonsums stand der Angeklagte, wie das Landgericht bei der Strafzumessung zu seinen Gunsten berücksichtigt hat, unter erheblichem Beschaffungsdruck, wenn auch die Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit nicht gegeben waren.
Bei dieser Ausgangslage hätte das Landgericht prüfen und entscheiden müssen, ob bei dem Angeklagten die Gefahr besteht, daû er auch in Zukunft infolge des bei ihm offenbar vorhandenen Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen , wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maûregel gegeben sind.
Daû bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges besteht, ist nicht ersichtlich. Der Angeklagte, der bisher an therapeutischen Einzelgesprächen teilgenommen hat, hat sich um eine stationäre Therapie bemüht. Im Revisionsverfahren hat er ausdrücklich erklärt einer Unterbringung nicht entgegenzutreten.
Die Frage der Maûregelanordnung bedarf danach neuer Verhandlung und Entscheidung unter Heranziehung eines Sachverständigen.
Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, hat der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurückverwiesen.
Jähnke Detter Bode Otten Elf
Annotations
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.