Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2003 - BLw 9/03

30.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 9/03
vom
30. Oktober 2003
in der Landwirtschaftssache
betreffend den im Grundbuch von B. , Band , Blatt , als Hof im Sinne
der Höfeordnung eingetragenen Grundbesitz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 30. Oktober
2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Februar 2003 wird auf Kosten des Beteiligten zu I 10, der den übrigen Beteiligten auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 172.200

Gründe:

I.

H. K. war aufgrund einer im Wege vorweggenommener Erbfolge vorgenommenen Übertragung seines Vaters Eigentümer eines im Grundbuch als Hof eingetragenen Grundbesitzes in B. . Er verstarb 1986. Seine Ehefrau E. , die er mit notariellem Testament vom 3. Juli 1973 zur Alleinerbin eingesetzt hatte, wurde ein Hoffolgezeugnis erteilt, in dem sie als Hoferbin bezeichnet wird. Sie wurde als Eigentümerin des Hofes in das Grundbuch eingetragen. Nach ihrem Tod am 16. April 2000 haben Abkömmlinge ihrer
Geschwister wie auch Geschwister ihres verstorbenen Ehemannes und deren Abkömmlinge erbrechtliche Ansprüche hinsichtlich des Hofes geltend gemacht. Unter anderem hatte der Beteiligte zu I 10 beantragt, daß das E. K. erteilte Hoffolgezeugnis einzuziehen und festzustellen sei, daß er Hoferbe nach H. K. geworden sei. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 6. Dezember 2001 hat das Oberlandesgericht das Landwirtschaftsgericht angewiesen, das Hoffolgezeugnis, in dem E. K. als unbeschränkte Hoferbin ausgewiesen werde, einzuziehen. Ferner hat es die Feststellung getroffen, daß H. K. aufgrund der an ihn erfolgten Übertragung im Verhältnis zu seinen Verwandten der Familie K. gebundener , insbesondere erbrechtlich gebundener Eigentümer des Hofes geworden sei. Wegen des Feststellungsantrags des Beteiligten zu I 10 hat es die Sache an das Landwirtschaftsgericht zurückverwiesen. Dieses hat den Antrag zurückgewiesen und u.a. festgestellt, daß nach dem Tod von H. K. dessen Ehefrau Hofvorerbin und nach deren Tod der Beteiligte zu I 2 Hofnacherbe geworden sei. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu I 10 seinen Antrag weiter, festzustellen, daß er selbst Hofnacherbe geworden ist, hilfsweise, daß jemand aus dem Stamm S. Hoferbe geworden ist.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.

Nicht gefolgt werden kann der Rechtsbeschwerde, wenn sie meint, den Ausführungen des Beschwerdegerichts lasse sich der der hergebrachten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs widersprechende Rechtssatz entnehmen , daß das tatsächliche Verhalten der Vertragsparteien nach Vertragsschluß ohne Bedeutung für die Vertragsauslegung sei. Einen solchen Rechtssatz hat das Beschwerdegericht nicht aufgestellt. Es ist nicht einmal dargelegt - was im übrigen auch nicht ausreichte -, daß das Beschwerdegericht inhaltlich von dem Grundsatz abgewichen ist, daß nachvertragliches Verhalten in freilich nur begrenztem Maße Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zuläßt.
Fern liegt die Annahme der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe schlüssig den Rechtssatz aufgestellt, daß bei Erklärungen, die das Gericht als eindeutig ansieht, weitere Bemühungen um das Gewollte und dessen Verständnis nicht erforderlich seien. Weder kann dies, als abstrakter Rechtssatz (vgl. BGHZ 89, 149 ff.), dem angefochtenen Beschluß entnommen werden , noch eine darauf beruhende Divergenz zu der von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
Soweit schließlich eine Abweichung von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (AgrarR 1986, 290) geltend gemacht wird, verkennt die Rechtsbeschwerde, daß das Oberlandesgericht Hamm - soweit herangezogen - Ausführungen zur Auslegung von § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HöfeO n.F. gemacht hat, während das Beschwerdegericht eine Vertragsauslegung vor dem Hintergrund des damaligen, bis Mitte 1976 geltenden Höferechts vorgenommen
hat. Für eine Abweichung im Sinne von § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG ist daher schon im Ansatz kein Raum.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke

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Höfeordnung - HöfeO | § 6 Einzelheiten zur Hoferbenordnung


(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen: 1. in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber di

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(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen:

1.
in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat;
2.
in zweiter Linie der Miterbe, hinsichtlich dessen der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, daß er den Hof übernehmen soll;
3.
in dritter Linie der älteste der Miterben oder, wenn in der Gegend Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste von ihnen.
Liegen die Voraussetzungen der Nummer 2 bei mehreren Miterben vor, ohne daß erkennbar ist, wer von ihnen den Hof übernehmen sollte, so ist unter diesen Miterben der älteste oder, wenn Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste als Hoferbe berufen.

(2) In der zweiten Hoferbenordnung scheidet der Ehegatte als Hoferbe aus,

1.
wenn Verwandte der dritten und vierten Hoferbenordnung leben und ihr Ausschluß von der Hoferbfolge, insbesondere wegen der von ihnen für den Hof erbrachten Leistungen, grob unbillig wäre; oder
2.
wenn sein Erbrecht nach § 1933 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen ist.

(3) In der dritten Hoferbenordnung ist nur derjenige Elternteil hoferbenberechtigt, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt oder mit dessen Mitteln der Hof erworben worden ist.

(4) Stammt der Hof von beiden Eltern oder aus beiden Familien oder ist er mit den Mitteln beider Eltern erworben und ist wenigstens einer der Eltern wirtschaftsfähig, so fällt der Hof den Eltern gemeinschaftlich als Ehegattenhof an. Lebt einer von ihnen nicht mehr, so fällt er dem anderen an. Ist die Ehe der Eltern vor dem Erbfall auf andere Weise als durch den Tod eines von ihnen aufgelöst worden, so scheiden sie als Hoferben aus.

(5) In der vierten Hoferbenordnung gilt Absatz 1 entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gehen die Geschwister vor, die mit dem Erblasser den Elternteil gemeinsam haben, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt.

(6) Wer nicht wirtschaftsfähig ist, scheidet als Hoferbe aus, auch wenn er hierzu nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 berufen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn allein mangelnde Altersreife der Grund der Wirtschaftsunfähigkeit ist oder wenn es sich um die Vererbung an den überlebenden Ehegatten handelt. Scheidet der zunächst berufene Hoferbe aus, so fällt der Hof demjenigen an, der berufen wäre, wenn der Ausscheidende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.

(7) Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.