Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - BLw 8/02

bei uns veröffentlicht am04.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 8/02
vom
4. Juli 2002
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 4. Juli 2002
durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Dezember 2001 wird auf Kosten der Beteiligten zu II 1, die dem Beteiligten zu I 10 auch etwa entstandene außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 172.200 ?.

Gründe:

I.


H. K. war aufgrund einer im Wege vorweggenommener Erbfolge vorgenommenen Übertragung seines Vaters Eigentümer eines im Grundbuch als Hof eingetragenen Grundbesitzes in B. . Er verstarb 1986. Seiner Ehefrau E. , die er mit notariellem Testament vom 3. Juli 1973 zur Alleinerbin eingesetzt hatte, wurde ein Hoffolgezeugnis erteilt, in dem sie als Hoferbin bezeichnet wird. Sie wurde als Eigentümerin des Hofes in das Grund-
buch eingetragen. Nach ihrem Tod am 16. April 2000 haben Abkömmlinge ihrer Geschwister wie auch Geschwister ihres verstorbenen Ehemannes und deren Abkömmlinge erbrechtliche Ansprüche hinsichtlich des Hofes geltend gemacht. Unter anderem hat der Beteiligte zu I 10 beantragt, daû das E. K. erteilte Hoffolgezeugnis einzuziehen und festzustellen sei, daû er Hoferbe nach H. K. geworden sei. Den Feststellungsantrag dieses Beteiligten hat das Landwirtschaftsgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf dessen sofortige Beschwerde das Landwirtschaftsgericht angewiesen, das Hoffolgezeugnis, in dem E. K. als unbeschränkte Hoferbin ausgewiesen werde, einzuziehen. Ferner hat es die Feststellung getroffen, daû H. K. aufgrund der an ihn erfolgten Übertragung im Verhältnis zu seinen Verwandten der Familie K. gebundener, insbesondere erbrechtlich gebundener Eigentümer des Hofes geworden sei. Wegen des Feststellungsantrags des Beteiligten zu I 10 hat es die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts aufgehoben und die Sache dorthin zurückverwiesen. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde erstrebt die Beteiligte zu II 1 die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
Die Beteiligte zu II 1 macht - unter verschiedenen Gesichtspunkten - geltend, daû der angefochtene Beschluû rechtsfehlerhaft sei, weil er mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht im Einklang stehe. Darauf kann eine Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG indes allein nicht gestützt werden (st. Senatsrspr., vgl. schon Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328). Statthaft ist das Rechtsmittel vielmehr nur, wenn der Rechtsbeschwerdeführer darlegt, daû das Beschwerdegericht in der angefochtenen Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der einem Rechtssatz einer Entscheidung eines der in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG genannten Gerichte entgegensteht (vgl. näher BGHZ 89, 149 ff). Solches ist der Rechtsbeschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Soweit das Beschwerdegericht den schuldrechtlichen Teil des Übertragungsvertrages zwischen H. K. und seinem Vater in einen Erbvertrag umgedeutet hat (§ 140 BGB), legt es die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu entwickelten Grundsätze seiner Beurteilung zugrunde , insbesondere den Grundsatz, den die Rechtsbeschwerde als verletzt rügt, daû nämlich die Umdeutung nicht über das von den Parteien in dem nichtigen Geschäft Gewollte hinausgehen darf. Auch soweit die Rechtsbeschwerde einen Verstoû gegen § 2065 BGB geltend macht, ist nicht ersichtlich, daû das Beschwerdegericht seine Entscheidung auf einen Rechtssatz stützt, der im Widerspruch zu einem vom Bundesgerichtshof aufgestellten Rechtssatz stünde. Die Entscheidung BGHZ 15, 199, 201 kommt in diesem Zusammenhang - unabhängig davon, ob § 2065 BGB überhaupt eingreift - schon deswegen nicht in Betracht, weil sie einen anderen Sachverhalt betrifft, nicht den hier vorliegenden Fall, daû der durch Erbvertrag Verfügende (H. K. )
die Befugnis behalten soll, den Erben später anhand bestimmter Kriterien selbst aussuchen zu dürfen.
Hinsichtlich des Grundsatzes, daû eine Umdeutung eines nichtigen Rechtsgeschäfts auf den Schutzzweck der Regelungen Bedacht nehmen muû, auf denen die Nichtigkeit beruht, zeigt die Rechtsbeschwerde ebenfalls keinen Abweichungsfall im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG auf. Unabhängig davon, ob dieser Grundsatz hier berührt ist, sieht die Rechtsbeschwerde, daû in einem solchen Fall die Möglichkeiten einer Umdeutung von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängen, verkennt aber, daû die angefochtene Entscheidung gerade einzelfallbezogen ist und abstrakte Rechtssätze folgerichtig nicht aufstellt. Schon deswegen kommt eine Divergenz nicht in Betracht.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Beschwerdegericht habe im Widerspruch zu der Senatsentscheidung vom 22. Februar 1994, BLw 66/93, LM HöfeO § 6 Nr. 24, nicht die zum Zeitpunkt des Erbfalls gültige Fassung der Höfeordnung angewendet, verkennt sie, daû es im konkreten Fall, anders als in der zitierten Entscheidung, um die Auslegung des Erbvertrages geht, die sich nach Auffassung des Beschwerdegerichts - naheliegend - nur an den damals bestehenden Regelungen der Höfeordnung orientieren konnte.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - BLw 8/02 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Höfeordnung - HöfeO | § 6 Einzelheiten zur Hoferbenordnung


(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen: 1. in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2065 Bestimmung durch Dritte


(1) Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll. (2) Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die

Referenzen

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll.

(2) Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen.

(1) In der ersten Hoferbenordnung ist als Hoferbe berufen:

1.
in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, daß sich der Erblasser dabei ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat;
2.
in zweiter Linie der Miterbe, hinsichtlich dessen der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, daß er den Hof übernehmen soll;
3.
in dritter Linie der älteste der Miterben oder, wenn in der Gegend Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste von ihnen.
Liegen die Voraussetzungen der Nummer 2 bei mehreren Miterben vor, ohne daß erkennbar ist, wer von ihnen den Hof übernehmen sollte, so ist unter diesen Miterben der älteste oder, wenn Jüngstenrecht Brauch ist, der jüngste als Hoferbe berufen.

(2) In der zweiten Hoferbenordnung scheidet der Ehegatte als Hoferbe aus,

1.
wenn Verwandte der dritten und vierten Hoferbenordnung leben und ihr Ausschluß von der Hoferbfolge, insbesondere wegen der von ihnen für den Hof erbrachten Leistungen, grob unbillig wäre; oder
2.
wenn sein Erbrecht nach § 1933 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen ist.

(3) In der dritten Hoferbenordnung ist nur derjenige Elternteil hoferbenberechtigt, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt oder mit dessen Mitteln der Hof erworben worden ist.

(4) Stammt der Hof von beiden Eltern oder aus beiden Familien oder ist er mit den Mitteln beider Eltern erworben und ist wenigstens einer der Eltern wirtschaftsfähig, so fällt der Hof den Eltern gemeinschaftlich als Ehegattenhof an. Lebt einer von ihnen nicht mehr, so fällt er dem anderen an. Ist die Ehe der Eltern vor dem Erbfall auf andere Weise als durch den Tod eines von ihnen aufgelöst worden, so scheiden sie als Hoferben aus.

(5) In der vierten Hoferbenordnung gilt Absatz 1 entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gehen die Geschwister vor, die mit dem Erblasser den Elternteil gemeinsam haben, von dem oder aus dessen Familie der Hof stammt.

(6) Wer nicht wirtschaftsfähig ist, scheidet als Hoferbe aus, auch wenn er hierzu nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 berufen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn allein mangelnde Altersreife der Grund der Wirtschaftsunfähigkeit ist oder wenn es sich um die Vererbung an den überlebenden Ehegatten handelt. Scheidet der zunächst berufene Hoferbe aus, so fällt der Hof demjenigen an, der berufen wäre, wenn der Ausscheidende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.

(7) Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.