Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2007 - BLw 28/06
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 52.973 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die am 30. Juli 2005 verstorbene M. C. G. (Erblasserin) war die Ehefrau des Beteiligten zu 2 und die Mutter der Beteiligten zu 1 und zu 3 bis 6. Sie war Eigentümerin einer 30,2857 ha großen landwirtschaftlichen Besitzung, für die ein Hofvermerk in dem Grundbuch eingetragen ist. Außerdem ist dort seit dem 12. November 1965 ein lebenslanges Nießbrauchsrecht für den Beteiligten zu 2 eingetragen.
- 2
- Mit privatschriftlichem Testament vom 20. Oktober 1938 haben sich die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 gegenseitig zu Erben ihres gesamten Nachlasses eingesetzt. Sie sind seinerzeit kinderlos gewesen.
- 3
- Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung war der Beteiligte zu 1 von 1956 bis 1972 in dem Betrieb seiner Eltern tätig. Mit Vertrag vom 1. Januar 1973 pachtete er den Betrieb. Seit 1995 sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen - bis auf 2,9 ha - mit Zustimmung der Eltern unterverpachtet.
- 4
- Der Beteiligte zu 1 hat die Feststellung beantragt, dass der Beteiligte zu 2 nicht wirtschaftsfähig und er, der Beteiligte zu 1, nach dem Tod der Erblasserin Hoferbe geworden ist. Der Beteiligte zu 2 hat die Feststellung beantragt, dass er Hoferbe geworden ist. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und dem Antrag des Beteiligten zu 2 stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben.
- 5
- Mit seiner - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 1 die Zurückweisung des von dem Beteiligten zu 2 gestellten Antrags und die Feststellung erreichen, dass er, der Beteiligte zu 1, Hoferbe geworden ist. Der Beteiligte zu 2 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
- 6
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
- 7
- 1. Der Beteiligte zu 1 meint, die angefochtene Entscheidung weiche von dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 1995 (NJW-RR 1995, 1350) ab, weil das Beschwerdegericht im Hinblick auf die Anfechtung des Testaments durch den Beteiligten zu 1 nach § 2079 BGB lediglich untersucht habe, ob mehr für oder mehr gegen die Annahme eines Erblasserwillens auf Aufrechterhaltung des Testaments trotz späterer Geburt pflichtteilsberechtigter Abkömmlinge spreche, und weil es nicht alle für den Beweisstoff wesentlichen Umstände berücksichtigt habe. Demgegenüber trage nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main der durch den Wegfall des Testaments betroffene Anfechtungsgegner die Feststellungslast dafür, dass der Erblasser das Testament absichtlich habe weiter bestehen lassen. Diesen Begriff der Feststellungslast habe das Beschwerdegericht verkannt.
- 8
- 2. Weiter meint der Beteiligte zu 1, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts von dem Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. Mai 1997 (FamRZ 1998, 59) abweiche, weil das Beschwerdegericht ebenfalls im Hinblick auf die Testamentsanfechtung übersehen habe, dass nach der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts für die Feststellung des allein maßgebenden persönlichen Willens des Erblassers alle erheblichen Umstände, seien es begleitende oder nachfolgende, in Betracht kämen. Das Beschwerdegericht habe nämlich nicht alle Indizien berücksichtigt; auch habe es die Beteiligte zu 4 fehlerhaft nicht angehört.
- 9
- 3. Schließlich meint der Beteiligte zu 1, die angefochtene Entscheidung weiche von dem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. Dezember 1989 (FamRZ 1990, 910) ab. Danach gehe es zu Lasten des Anfechtungsgegners, wenn sich der hypothetische Wille des Erblassers im Sinne von § 2079 Satz 2 BGB nicht mehr mit letzter Sicherheit aufklären lasse. Hiervon abweichend habe das Beschwerdegericht zu Gunsten des Beteiligten zu 2 entschieden, obwohl sich der hypothetische Wille der Erblasserin jedenfalls zumindest nicht mehr mit letzter Sicherheit habe aufklären lassen.
- 10
- 4. Nach Auffassung des Beteiligten zu 1 weicht der angefochtene Beschluss auch von den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 1987 (AgrarR 1988, 222), 16. Februar 1954 (RdL 1954, 153) und 5. Februar 1957 (RdL 1957, 96) ab, weil das Beschwerdegericht im Hinblick auf den - verneinten - Schutz des § 7 Abs. 2 HöfeO zu Gunsten des Beteiligten zu 1 fehlerhaft angenommen habe, dass die Erblasserin nach der Testamentserrichtung nicht habe anders letztwillig verfügen können, und weil es einen speziellen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Beteiligte zu 1 bereits beim Tod der Erblasserin Hoferbe werde, unzutreffend verneint habe.
- 11
- 5. Auf das alles kann eine Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Rechtsbeschwerdeführer muss nämlich die von der zum Vergleich herangezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen dieselbe Rechtsfrage verschieden beantworten und dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Senat, BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es hier. Der Beteiligte zu 1 zeigt nicht einen einzigen von dem Beschwerdegericht aufgestellten Rechtssatz auf, der von - vermeintlich - in den Vergleichsentscheidungen enthaltenen abstrakten Rechtssätzen abweicht. Vielmehr zeigen die Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung, dass der Beteiligte zu 1 die angefochte- ne Entscheidung für fehlerhaft hält. Selbst wenn diese Auffassung zuträfe, wäre die Rechtsbeschwerde nicht statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, siehe schon BGHZ 15, 5, 9 f. und Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328). Denn ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung oder der Sachverhaltsdarstellung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit einer Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (Senat, Beschl. v. 19. Februar 2004, BLw 24/03, NLBzAR 2004, 192, 193).
III.
- 12
- Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Vorinstanzen:
AG Cloppenburg, Entscheidung vom 08.06.2006 - 5 Lw 202/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 12.10.2006 - 10 W 18/06 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2007 - BLw 28/06
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2007 - BLw 28/06
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2007 - BLw 28/06 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.
(1) Der Eigentümer kann den Hoferben durch Verfügung von Todes wegen frei bestimmen oder ihm den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (Übergabevertrag) übergeben. Zum Hoferben kann nicht bestimmt werden, wer wegen Wirtschaftsunfähigkeit nach § 6 Abs. 6 Satz 1 und 2 als Hoferbe ausscheidet; die Wirtschaftsunfähigkeit eines Abkömmlings steht jedoch seiner Bestimmung zum Hoferben nicht entgegen, wenn sämtliche Abkömmlinge wegen Wirtschaftsunfähigkeit ausscheiden und ein wirtschaftsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist.
(2) Hat der Eigentümer die Bewirtschaftung des Hofes unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 einem hoferbenberechtigten Abkömmling übertragen, so ist, solange dieser den Hof bewirtschaftet, eine vom Eigentümer nach Übertragung der Bewirtschaftung vorgenommene Bestimmung eines anderen zum Hoferben insoweit unwirksam, als durch sie der Hoferbenberechtigte von der Hoferbfolge ausgeschlossen würde. Das gleiche gilt, wenn der Eigentümer durch Art und Umfang der Beschäftigung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) eines hoferbenberechtigten Abkömmlings auf dem Hof hat erkennen lassen, daß er den Hof übernehmen soll. Das Recht des Eigentümers, über sein der Hoferbfolge unterliegendes Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, wird durch Satz 1 und 2 nicht beschränkt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 2.000
Gründe:
I.
Die Antragsteller verlangen - jetzt nur noch aus abgetretenem Recht - u.a. hilfsweise im Wege des Stufenantrags die Berechnung von Abfindungsansprüchen nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz einschließlich der Vorlage der für die Personifizierung des Vermögens erforderlichen Unterlagen.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag zurückgewiesen; das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat ihm stattgegeben.
Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Ziel, den Antrag zurückzuweisen, weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
1. Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung mußte das Beschwerdegericht die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nicht aussprechen. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG bedarf nur die Zulassung der Rechtsbeschwerde eines entsprechenden Ausspruchs in der Beschwerdeentscheidung.
Das Rechtsmittel genügt nicht den Anforderungen an eine Abweichungsrechtsbeschwerde (vgl. BGHZ 89, 149 ff.).
2. Die Rechtsbeschwerde zeigt schon nicht einen von dem Beschwerdegericht aufgestellten Rechtssatz auf, der von einem in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts enthaltenen Rechtssatz abweicht. Soweit sie auf einzelne Begründungselemente in der Be-
schwerdeentscheidung hinweist, liegt das schon deshalb neben der Sache, weil entweder bloße Sachverhaltsfeststellungen des Beschwerdegerichts zitiert werden oder kein abstrakter Rechtssatz benannt wird. Das gilt auch, soweit geltend gemacht wird, das Beschwerdegericht habe den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 12 FGG) verletzt. Denn es hat nicht die Auffassung vertreten, der Amtsermittlungsgrundsatz gelte nicht. Zum Bestimmtheitserfordernis des Antrags , das das Beschwerdegericht nach Auffassung der Rechtsbeschwerde ebenfalls verletzt hat, verweist sie ebensowenig auf einen Rechtssatz in der Beschwerdeentscheidung.
3. Die Rechtsbeschwerdebegründung zeigt, daß die Antragsgegnerin die angefochtene Entscheidung in Wahrheit (nur) für rechtsfehlerhaft hält. Darauf kann eine Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG jedoch nicht gestützt werden. Ob dem Beschwerdegericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, ist für die Frage der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ohne Belang; denn ein solcher Fehler macht - für sich genommen - sie nicht statthaft (ständige Senatsrechtsprechung , siehe schon BGHZ 15, 5, 9 f. und Senatsbeschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
4. Die vorsorglich erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem angefochtenen Beschluß ist ebenfalls nicht statthaft, weil das Gesetz ein solches Verfahren nicht vorsieht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Obwohl das Rechtsmittel ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen eingelegt worden ist, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Etwaige Ersatzansprüche der Antragsgegnerin gegen ihren Verfahrensbevollmächtigten werden hiervon jedoch nicht berührt.
Wenzel Krüger Lemke