Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2000 - 2 ARs 24/00

published on 25/02/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2000 - 2 ARs 24/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 24/00
2 AR 13/00
vom
25. Februar 2000
DNA-Identitätsfeststellungsverfahren
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Az.: 23 Gs 2475/99 Amtsgericht Münster
Az.: 6 Gs 695/99 Amtsgericht Rheine
Az.: 32 Gs II 694/99 Amtsgericht Koblenz
Az.: 30 VRs 8/99 Staatsanwaltschaft Münster
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 25. Februar 2000 gemäß § 14 StPO beschlossen:
Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Koblenz hat über den Antrag der Staatsanwaltschaft Münster vom 18. August 1999 zu entscheiden.

Gründe:

Das Landgericht Münster hat gegen den Verurteilten 1999 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe und deren Führen rechtskräftig eine Freiheitsstrafe verhängt. Die Staatsanwaltschaft Münster hat nacheinander bei den Amtsgerichten Münster, Rheine und Koblenz beantragt, die Entnahme von Körperzellen des Verurteilten und deren molekulargenetische Untersuchung durch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf anzuordnen (§ 2 DNA-IFG i.V.m. § 81g Abs. 1 StPO). Alle drei Gerichte halten sich für örtlich nicht zuständig. Die Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft obliegt dem Amtsgericht Koblenz. Die Entnahme von Körperzellen und deren molekulargenetischen Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters bilden zusammen eine Untersuchungshandlung. Für deren Anordnung ist der Ermittlungsrichter desjenigen Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirk die
Entnahme stattfinden soll; dies gilt auch dann, wenn beantragt ist, die Untersuchung der Körperzellen im Bezirk eines anderen Amtsgerichts vorzunehmen (BGH, Beschluß vom 2. Februar 2000 - 2 ARs 495/99). Da die Entnahme der Körperzellen im Bezirk des Amtsgerichts Koblenz erfolgen soll, ist der Ermittlungsrichter dieses Amtsgerichts für die Entscheidung zuständig. Jähnke Niemöller Detter Bode Otten
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Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DN
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Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja _______________________ StPO §§ 81g, 162 Abs. 1; DNA-IFG § 2 Die Entnahme von Körperzellen und deren molekulargenetische Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters bilden zusammen eine Untersu
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Annotations

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen.

(2) Die entnommenen Körperzellen dürfen nur für die in Absatz 1 genannte molekulargenetische Untersuchung verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind. Bei der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich sind, nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.

(3) Die Entnahme der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden. § 81f Abs. 2 gilt entsprechend. In der schriftlichen Begründung des Gerichts sind einzelfallbezogen darzulegen

1.
die für die Beurteilung der Erheblichkeit der Straftat bestimmenden Tatsachen,
2.
die Erkenntnisse, auf Grund derer Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten künftig Strafverfahren zu führen sein werden, sowie
3.
die Abwägung der jeweils maßgeblichen Umstände.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn die betroffene Person wegen der Tat rechtskräftig verurteilt oder nur wegen

1.
erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit,
2.
auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder
3.
fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 des Jugendgerichtsgesetzes)
nicht verurteilt worden ist und die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister oder Erziehungsregister noch nicht getilgt ist.

(5) Die erhobenen Daten dürfen beim Bundeskriminalamt gespeichert und nach Maßgabe des Bundeskriminalamtgesetzes verwendet werden. Das Gleiche gilt

1.
unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen für die nach § 81e Abs. 1 erhobenen Daten eines Beschuldigten sowie
2.
für die nach § 81e Abs. 2 Satz 1 erhobenen Daten.
Die Daten dürfen nur für Zwecke eines Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr und der internationalen Rechtshilfe hierfür übermittelt werden. Im Fall des Satzes 2 Nr. 1 ist der Beschuldigte unverzüglich von der Speicherung zu benachrichtigen und darauf hinzuweisen, dass er die gerichtliche Entscheidung beantragen kann.