Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 18. Nov. 2014 - L 15 SF 293/14

bei uns veröffentlicht am18.11.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 6. Oktober 2014, Az.: L 15 SF 254/14 E, wird als unzulässig verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Mit am 11.10.2014 zugestelltem Beschluss vom 06.10.2014, Az.: L 15 SF 254/14 E, wies der Senat die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 zurück.

Dagegen hat der Erinnerungsführer mit einem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 27.10.2014 (Montag) per Fax eingegangenen Schreiben vom 22.10.2014 Anhörungsrüge erhoben. Zur Begründung zitiert er seine Erinnerung aus dem zugrunde liegenden Erinnerungsverfahren, d. h. sein Schreiben vom 20.09.2014. Weiter berichtet er über die Geschichte seiner sozialgerichtlichen Verfahren, die zu seiner Entschädigungsklage geführt haben, die wiederum Anlass für seine Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 gewesen ist. Er sieht diverse Grundrechtsverstöße und „Psychoterror oder auch Mobbing“ durch den Kostenbeamten des Gerichts in Zusammenarbeit mit dem Berichterstatter des Senats, wobei er die „berechtigte Vermutung, dass der Hauptsacherichter, der Bezirksrevisor, der beschlussfassende Richter ... und der Urkundsbeamte ein und die selbe Person sind“, äußert. Schließlich weist er auf „vier am 20.09.2014 ... eingereichte Befangenheitsanträge“ gegen den Berichterstatter hin.

II.

Die am letzten Tag der Zwei-Wochen-Frist des § 69 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erhobene Anhörungsrüge ist unzulässig, da der Antragsteller das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hat.

Gemäß § 69 a Abs. 2 Satz 5 GKG muss die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 69 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG genannten Voraussetzungen („das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat“) darlegen.

Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses ist wegen § 69 a Abs. 4 Satz 1 GKG - wie auch bei der Anhörungsrüge nach anderen Gesetzen - Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: B 7a AL 38/05 B; Beschluss des Senats vom 24.07.2012, Az.: L 15 SF 150/12 AB RG, L 15 SF 151/12 AB RG). Eine Anhörungsrüge ist daher nur dann zulässig, wenn sich dem Vorbringen zweierlei entnehmen lässt, nämlich zum einen, dass das Gericht den Anspruch auf das rechtliche Gehör mit der gerügten Entscheidung neu und eigenständig verletzt hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 69 a GKG, Rdnr. 29 - m. w. N.; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 562/08), und zum anderen, dass die Verletzung entscheidungserheblich ist (vgl. z. B. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 178 a, Rdnr. 6a). Sinn und Zweck der Anhörungsrüge ist es allein, einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz - aber auch nur diesen - zu heilen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 69 a GKG, Rdnr. 2 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 1 BvR 2553/10).

Bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten dürfen - auch mit Blick auf die kurze Darlegungsfrist von zwei Wochen und die generell klägerfreundliche Rechtsprechung des BVerfG zur Darlegungslast im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 1 BvR 191/06) - die Anforderungen an die Darlegungslast nicht überspannt werden, zumal auch im Sozialgerichtsgesetz zwingende Begründungsanforderungen ansonsten nur für Verfahren vor dem BSG mit Vertretungszwang aufgestellt werden. Auch von einem rechtsunkundigen Beteiligten müssen jedoch gewisse Mindestanforderungen erfüllt werden. Dies ist zum Einen ein substantiierter Vortrag, aus dem erkennbar ist, warum das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist, oder der schlüssig die Umstände aufzeigt, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt. Zum Anderen ist darzulegen, weshalb ohne den Verstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 222/14 RG; Bayer. LSG, Beschluss vom 19.09.2013, Az.: L 1 SF 283/13 RG; Leitherer, a. a. O., § 178 a, Rdnr. 6a).

An einem solchen Vortrag fehlt es hier.

Wie in den Gründen des zugrunde liegenden Beschlusses vom 06.10.2014, Az.: L 15 SF 254/14, äußerst ausführlich auf mehr als 12 Seiten - der Erinnerungsführer selbst betrachtet diese Begründung offenbar wegen ihres Umfangs als „nicht rechtsrelevant“ - dargestellt worden ist, war die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 als unbegründet zurückzuweisen. Dabei sind u. a. sämtliche Einwände des Erinnerungsführers aus seiner Erinnerung im Erinnerungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 254/14 E (Schreiben vom 20.09.2014) abgehandelt worden. Irgendeinen rechtlich maßgeblichen Gesichtspunkt, der im gerügten Beschluss vom 06.10.2014 nicht berücksichtigt worden wäre, zeigt der Erinnerungsführer nicht auf.

Wenn der Erinnerungsführer vorträgt, dass an dem gerügten Beschluss der Berichterstatter mitgewirkt habe, obwohl gegen diesen „vier am 20.09.2014 ... eingereichte Befangenheitsanträge“ gestellt worden seien, und damit implizit unterstellt, dass dieser daher an der Entscheidung nicht mitwirken hätte dürfen und damit ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters vorläge, kann dies die Anhörungsrüge nicht zulässig machen. Der Erinnerungsführer verschweigt geflissentlich, dass diese Befangenheitsanträge überhaupt nicht im Erinnerungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 254/14 E gestellt worden sind. Vielmehr sind diese Anträge in ganz anderen Verfahren, nämlich in (Berufungs-) Verfahren des Erinnerungsführers auf dem Rechtsgebiet der Kriegsopferversorgung vor dem Bayer. LSG (Az.: L 15 VK 6/12, L 15 VK 3/13, L 15 VK 5/13, L 15 VK 6/13 und L 15 VK 7/13) gestellt worden. Zum anderen suggeriert der Kläger wider besseres Wissen, dass diese Befangenheitsanträge noch nicht verbeschieden worden wären. Tatsächlich sind alle Befangenheitsanträge bereits am 25.09.2014 mit Senatsbeschluss im Sinn einer Zurückweisung erledigt worden, was dem Erinnerungsführer längst bekannt ist. In den Verfahren der Erinnerung und der Anhörungsrüge selbst hat der Erinnerungsführer keinen Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter gestellt.

Der Vollständigkeit halber und als Information für den Erinnerungsführers sei angemerkt, dass ein Befangenheitsantrag, der lediglich auf die Mitwirkung eines Richters an einer Vorentscheidung gestützt wird, als unzulässig zurückzuweisen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.07.2006, Az.: 2 BvR 513/06; BSG, Beschluss vom 25.02.2010, Az.: B 11 AL 22/09). Zudem - auch darauf macht der Senat noch der Vollständigkeit halber aufmerksam - kann mit der Anhörungsrüge nur die Verletzung des rechtlichen Gehörs, nicht aber eine fehlerhafte Besetzung der Richterbank gerügt werden (vgl. Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 19.07.2012, Az.: V S 23/12, und vom 07.09.2012, Az.: V S 24/12).

Der sonstige Vortrag des Erinnerungsführers ist für die Anhörungsrüge rechtlich unbeachtlich. Weitergehende Ausführungen, auch zu der völlig abwegigen Unterstellung, der Berichterstatter des Erinnerungsverfahrens agiere zudem und gleichzeitig unter Namen und Funktionen des Hauptsacherichters (der der Erinnerung zugrunde liegenden Entschädigungsklage), des Bezirksrevisors und des Urkundsbeamten, erübrigen sich damit.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 69 a Abs. 6 GKG.

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Tenor

Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 26. August 2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten im Rahmen eines Klageverfahrens zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens im Sinn der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

In dem unter dem Aktenzeichen L 8 SF 341/13 EK vor dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) geführten Klageverfahren (im Folgenden: Hauptsacheverfahren) macht der Kläger und jetzige Erinnerungsführer (im Folgenden: Erinnerungsführer) einen Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines schwerbehindertenrechtlichen Verfahrens geltend. Am 06.02.2014 stellte der Berichterstatter im Hauptsacheverfahren (im Folgenden: Hauptsacherichter) fest, dass der Kläger den Entschädigungsanspruch auf 23.700,- € beziffert habe, und verfügte anschließend die Erstellung einer Rechnung „wg. Gerichtskostenvorauszahlung“.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 10.02.2014 erhob der Kostenbeamte beim Erinnerungsführer unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 23.700,- € Gerichtskosten in Höhe von 1.484,- €.

Dagegen wandte sich der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 04.04.2014. Er hielt die Festsetzung einer Vorauszahlung für rechtswidrig. Einen zwischenzeitlich im Hauptsachverfahren gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) nahm der Kläger mit Schreiben vom 29.05.2014 wieder zurück.

Mit Beschluss des Senats vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E, wurde die Gerichtskostenfeststellung vom 10.02.2014 aufgehoben. Der Senat begründete dies wie folgt:

„Eine Gerichtskostenfeststellung im Sinn eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG hätte nicht erfolgen dürfen, da eine solche nicht vom Hauptsacherichter verfügt worden ist.

...

2. Überprüfung des angegriffenen Kostenansatzes

Die Unrichtigkeit des angegriffenen Kostenansatzes ergibt sich zwar nicht aus den Einwänden des Erinnerungsführers, jedoch bei der darüber hinausgehenden und von Amts wegen vorgenommenen Prüfung des Kostenansatzes vom 10.02.2014. Denn der Hauptsacherichter hat - bindend auch für das Kostenansatzverfahren - nicht die Erhebung von Gerichtskosten im Wege eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG verfügt, sondern die Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn des § 12 a GKG i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG. Aufgrund dieser Verfügung hätte die angefochtene Gerichtskostenfeststellung nicht erfolgen dürfen. Der Kostenansatz („Gerichtskostenfeststellung“) vom 10.02.2014 ist daher infolge der Erinnerung aufzuheben.

Darauf, dass es die Gesetzeslage durchaus zugelassen hätte, bei entsprechender Verfügung des Berichterstatters im Hauptsacheverfahren einen entsprechenden Kostenansatz zu erlassen, kommt es infolge der anderslautenden Verfügung des Hauptsacherichters nicht an. Mit der Frage, ob eine Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung in gleicher Höhe zu beanstanden gewesen wäre, hat sich der Senat mangels einer entsprechenden Anforderung nicht zu befassen. Es erfolgt daher lediglich informationshalber und ohne rechtliche Bindungswirkung der Hinweis, dass bei summarischer Prüfung eine entsprechende Anforderung als durchaus rechtmäßig erscheint.“

Nach Abschluss des vorgenannten Erinnerungsverfahrens verfügte der Hauptsacherichter der unter dem Aktenzeichen L 8 SF 341/13 EK geführten Entschädigungsklage am 25.08.2014 auf Nachfrage des Kostenbeamten, ob eine Anforderung als Gerichtskostenvorauszahlung oder als vollstreckbare Gerichtskostenfeststellung erfolgen solle, dass eine „vollstreckbare Feststellung“ ergehen solle.

In Ausführung dieser richterlichen Verfügung erhob der Kostenbeamte mit Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 beim Erinnerungsführer unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 23.700,- € Gerichtskosten in Höhe von 1.484,- €.

Gegen diese Gerichtskostenfeststellung hat der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 20.09.2014 Erinnerung eingelegt. Er hält die „Festsetzung der Vorauszahlungen“ für rechtswidrig. Sinngemäß beanstandet er den vom Hauptsacherichter angenommenen Streitwert, ohne dies im Detail zu erläutern; er, der Erinnerungsführer, habe nur die Verfahrensdauer angegeben. § 12 Gerichtskostengesetz (GKG) halte er für unanwendbar. Im Übrigen beanstandet er die „endlosen Verzögerungen“.

Mit Schreiben vom 20.09.2014 hat er die Gewährung von PKH für das Hauptsacheverfahren, die Entschädigungsklage, beantragt. Eine Entscheidung des Hauptsachesenats zur PKH ist bislang nicht ergangen.

II.

Die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

Eine im Rahmen der Erinnerung relevante Verletzung des Kostenrechts ist weder vom Erinnerungsführer vorgetragen worden noch ersichtlich.

Der Kostenansatz vom 26.08.2014 ist nicht zu beanstanden.

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung.

Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen, insbesondere zu § 197 a SGG, aber auch über die Kostenverteilung und zur Höhe des Streitwerts sind - wie überhaupt die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (zur Anwendung des § 197 a SGG: vgl. Beschlüsse des Senats vom 10.05.2013, Az.: L 15 SF 136/12 B, vom 22.07.2013, Az.: L 15 SF 165/13 E, vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B, und - zur vergleichbaren Problematik in einem Verfahren nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - vom 16.02.2012, Az.: L 15 SF 204/11; zur Kostengrundentscheidung, zur Höhe des Streitwerts und zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 07.11.2011, Az.: L 2 SF 340/11 E; zur Kostengrundentscheidung: vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; zur Streitwertfestsetzung: vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29.06.2011, Az.: L 6 SF 408/11 E, und Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 09.01.2013, Az.: M 1 M 12.6265; zur Festlegung der Höhe des vorläufigen Streitwerts: vgl. Beschluss des Senats vom 13.08.2014, Az.: L 15 SF 67/14 E - m. w. N.; zur Stellung als Beteiligter des Verfahrens und damit als Kostenschuldner: vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.06.2013, Az.: L 15 SF 269/12 E, und vom 07.11.2013, Az.: L 15 SF 303/13; zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. BFH, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06). Gleiches gilt auch für Verfügungen, die der Richter des Hauptsacheverfahrens getroffen hat; auch hier ist eine Klärung nur im Hauptsacheverfahren, nicht aber im Erinnerungsverfahren möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E).

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

2. Zu den Einwänden des Erinnerungsführers

Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Gerichtskostenrechnung, weil er den der Kostenrechnung zugrunde gelegten vorläufigen Streitwert für unzutreffend hält und von einer Unanwendbarkeit des § 12 GKG ausgeht. Beide Einwände sind unbeachtlich.

2.1. Einwand zur Höhe des vorläufigen Streitwerts

Dieser Einwand kann nicht durchgreifen, weil die Höhe des vorläufigen Streitwerts einer Prüfung im Rahmen der Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG entzogen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Höhe des der Kostenrechnung zugrunde gelegten vorläufigen Streitwerts nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im Rahmen der Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG (vgl. z. B. Bayer. LSG, Beschluss vom 28.06.2006, Az.: L 11 B 399/06 SO; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.03.2009, Az.: L 11 R 882/11 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2010, Az.: L 10 U 64/08, Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27.12.2011, Az.: 7 C 11.2933; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2012, Az.: L 4 SF 80/11 B SG; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.02.2013, Az.: L 18 SF 207/12 E; Beschluss des Senats vom 13.08.2014, Az.: L 15 SF 67/14 E). Dies wird auch aus der Regelung des § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG deutlich, die in den Fällen, in denen Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist, - aber auch nur in diesen Fällen - eine Festsetzung des vorläufigen Streitwerts durch gerichtlichen Beschluss verlangt. Auch in derartigen Fällen ist die Festsetzung des vorläufigen Streitwerts ausschließlich dann, wenn die Tätigkeit des Gerichts aufgrund des GKG von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, einer gerichtliche Überprüfung zugänglich - dann im Rahmen einer Beschwerde nach § 67 GKG, nicht einer Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG. Das Verfahren vor den Sozialgerichten unterliegt aber, wie dies der Erinnerungsführer verkennt, gemäß § 103 SGG dem Amtsermittlungsgrundsatz und kann deshalb nicht von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn es sich um ein Klageverfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens im Sinn der §§ 198 ff. GVG handelt und sich - wie hier - der Hauptsacherichter dazu entschlossen hat, die Kosten für das Klageverfahren im Weg eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG festsetzen zu lassen und nicht eine Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn der § 12 a i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG anzufordern. Selbst dann, wenn der vorläufige Streitwert durch Beschluss festzusetzen ist, ist also im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 197 a SGG der vorläufige Streitwert einer gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich.

Eine (vermeintlich) der Höhe nach unzutreffende vorläufige Streitwertfestsetzung kann/muss daher erst mit der Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand oder dann, wenn sich das Verfahren anderweitig erledigt, korrigiert werden (vgl. § 63 Abs. 2 GKG). Ein derartiges Abwarten ist dem Kostenpflichtigen - auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots des umfassenden Rechtsschutzes im Sinn des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) - zumutbar, da er damit keinen unzumutbaren Rechtsverlust erleidet. Denn in der Durchführung des gerichtskostenpflichtigen Verfahrens wird er rechtlich nicht behindert, da dieses Verfahren unabhängig davon durchgeführt wird, ob die dafür angeforderten Gerichtskosten eingezahlt worden sind oder nicht. Zudem hat er am - absehbaren - Ende des Verfahrens die Möglichkeit von Rechtsschutz gegen den dann endgültig festzusetzenden Streitwert.

Alternativ dazu kann - außerhalb des vom Gesetz eröffneten förmlichen Wegs - ein Beteiligter versuchen, das für die Festsetzung des Streitwerts zuständige Gericht der Hauptsache davon zu überzeugen, dass der bisher angenommene vorläufige Streitwert unzutreffend ist, mit dem Ziel, dass dieses einen korrigierten vorläufigen Streitwert verfügt. Einen Rechtsanspruch auf ein derartiges Tätigwerden des Hauptsachegerichts gibt es aber nicht.

Mit der Frage, ob eine derartige Aktivität des Erinnerungsführers vorliegend zum Erfolg führen könnte, hat sich der Kostensenat nicht zu befassen, da dies nicht Gegenstand des Erinnerungsverfahrens ist, sondern vom Kläger im Hauptsacheverfahren vorgebracht werden müsste.

2.2. Einwand der Unanwendbarkeit des § 12 GKG

Dieser Einwand ist rechtlich bedeutungslos, da die angegriffene Gerichtskostenfeststellung überhaupt nicht auf einer Anwendung des § 12 GKG beruht.

Dem Kläger ist bereits im vorhergehenden Erinnerungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 90/14 E erläutert worden, welche zwei kostenrechtlichen Vorgehensweisen in einem Klageverfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens im Sinn der §§ 198 ff. GVG zur Verfügung stehen. Der Senat verweist insofern auf sein Schreiben vom 30.07.2014 zum Aktenzeichen L 15 SF 90/14 E, in dem er Folgendes ausgeführt hat:

„Mit der Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn der §§ 12 a, 12 Abs. 1 GVG, im Sprachgebrauch auch „Kostennachricht“ genannt, wird dem Kläger aufgegeben, die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen an das Gericht zu zahlen. Erst nach Eingang der Zahlung wird die Klage an den Gegner zugestellt. Eine Nichtzahlung wird also damit „sanktioniert“, dass das Verfahren überhaupt nicht eingeleitet wird. Dies ist der Normalfall im Zivilprozess. Insofern ist die Zahlung der Entscheidung des Klägers überlassen.

Mit einer „Gerichtskostenfeststellung“ - dies ist der seit Jahren verwendete Begriff für den Kostenansatz im Sinn des § 19 GKG - hingegen wird dem Kläger in einem gerichtskostenpflichtigen Verfahren unter Zugrundelegung des vorläufigen Streitwerts eine Gerichtskostenrechnung über die mit der Einreichung der Klage fällige Gebühr geschickt, die er begleichen muss. Zahlt er nicht, können - anders als bei der Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung - Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Der Fortgang des Verfahrens der Hauptsache ist - wiederum anders als bei der Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung - nicht vom Zahlungseingang abhängig. Denn durch die Vollstreckungsmöglichkeit ist die Zahlung der Gerichtskosten sicher gestellt.

Wie im Einzelfall vorgegangen wird - ob mit einer Kostennachricht oder mit einer Gerichtskostenfeststellung -, bleibt der Entscheidung des Richters (der Hauptsache) überlassen, der in seiner Entscheidung zur Vorgehensweise frei ist.“

Anders als in dem dem Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 90/14 E zugrunde liegenden Sachverhalt - dort hatte der Hauptsacherichter die Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn des § 12 a GKG i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG verfügt - hat der Hauptsacherichter im vorliegenden Verfahren am 25.08.2014 die Erhebung von Gerichtskosten im Weg eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG angeordnet, was dann kostenrechtlich zutreffend mit der Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 umgesetzt worden ist.

Bei einem Kostenansatz gemäß § 19 GKG („Gerichtskostenfeststellung“) kommt § 12 GKG, der in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eine Abhängigmachung der Zustellung der Klage von der Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen vorsieht, nicht zur Anwendung. Insofern ist die hinter dem Einwand des Erinnerungsführers stehende Befürchtung, dass seine Entschädigungsklage keinen Fortgang nehmen könnte, solange er nicht die angeforderten Gerichtskosten einzahlt, unbegründet.

3. Zur Überprüfung des Kostenansatzes über den vom der Erinnerungsführer erhobenen Einwand hinaus

Der Kostenansatz vom 26.08.2014 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

3.1. Anordnung des Hauptsacherichters für eine Gerichtskostenfeststellung

Eine kostenrechtlich bindende Verfügung des Hauptsacherichters für die Gerichtskostenfeststellung vom 26.08.2014 liegt vor.

Der Hauptsacherichter hat sich auf Nachfrage des Kostenbeamten zur Kostenerhebung am 25.08.2014 explizit dahingehend geäußert, dass ein Kostenansatz gemäß § 19 GKG erfolgen solle („vollstreckbare Feststellung“). Diese Verfügung des Hauptsacherichters ist als im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren und damit auch im Rahmen der Erinnerung entzogen (vgl. Beschluss des Senats vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E).

3.2. Berechnung der Gebühr

Gemäß § 3 Abs. 1 GKG richten sich die Gebühren nach dem Streitwert. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung ist gemäß § 40 GKG die den Streitgegenstand betreffende Antragstellung, die den Rechtszug einleitet. Die Kosten werden gemäß § 3 Abs. 2 GKG nach dem Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum GKG erhoben. Wird das LSG wie bei der Entschädigungsklage als Gericht des ersten Rechtszugs tätig, beträgt die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 7112 KV das 4,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG.

Bei einem Streitwert in Höhe von 23.700,- €, wie er im Hauptsacheverfahren für den Kostenbeamten und den Kostenrichter bindend (vgl. oben Ziff. 1.) verfügt worden ist, beträgt die einfache Gebühr zu dem gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt (hier: Eingang des Klageschriftsatzes) 371,- € (§ 34 Abs. 1 GKG i. V. m. Anlage 2 zum GKG). Das gemäß Nr. 7112 KV anzusetzende 4,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG beträgt 1.484,- €, wie es zutreffend im Kostenansatz vom 26.08.2014 festgestellt worden ist.

Die Gerichtskosten in Gestalt der Verfahrensgebühr sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG mit der Einreichung der Klageschrift fällig geworden.

3.3. Noch offener PKH-Antrag kein Hindernis für die Gerichtskostenfeststellung

Der Gerichtskostenfeststellung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Hauptsacheverfahren, nachdem er einen ersten PKH-Antrag mit Schreiben vom 29.05.2014 zurückgenommen hatte, mit Schreiben vom 20.09.2014 erneut die Bewilligung von PKH für das Verfahren der Entschädigungsklage beantragt hat. Denn nach der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Zivilprozessordnung (ZPO) steht nur die Bewilligung von PKH, also die (zumindest teilweise) positive Entscheidung zur Gewährung von PKH, einer Geltendmachung der Gerichtskosten durch die Staatskasse entgegen, nicht aber schon ein noch nicht verbeschiedener Antrag auf PKH.

Sofern vereinzelt (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 16.02.2007, Az.: L 6 B 141/06 SF; Sächsisches Finanzgericht - FG -, Beschluss vom 21.04.2010, Az.:

3 Ko 531/10) die Meinung vertreten wird, schon die Beantragung von PKH würde ein Hindernis für die Geltendmachung der Gerichtskosten darstellen, kann sich der Senat dem nicht anschließen.

Das LSG Thüringen hat seine Meinung im vorgenannten Beschluss wie folgt begründet, wobei die im Folgenden zitierten Erläuterungen nicht zu den tragenden Gründen der Entscheidung zählen, da es darauf letztlich gar nicht (mehr) ankam:

„Verfahrensfehlerhaft war es, dass das Sozialgericht über die Erinnerung entschieden hat ohne das Ergebnis der bereits seit November 2005 beim 4. Senat des Thüringer Landessozialgerichts eingelegten PKH-?Beschwerde abzuwarten. Ist ein Antrag auf PKH gestellt, darf über die Erinnerung gegen die Kostenrechnung immer erst nach der endgültigen Erledigung des Antrags (einschließlich der Beschwerde) entschieden werden. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 1a der Zivilprozessordnung (ZPO) bewirkt die Bewilligung der PKH, dass die Bundes- oder Landeskasse die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, geltend machen kann. Bei einer rückwirkenden uneingeschränkten Bewilligung tritt eine einstweilige Befreiung von den Kosten ein; ggf. kann der Antragsteller einen Rückerstattungsanspruch haben (vgl. Hartmann in Baumbach, ZPO, 65. Auflage 2007, § 122 Rdnr. 8, 9). Es ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum das Sozialgericht den Ausgang des beim 4. Senat des Thüringer Landesozialgerichts anhängigen Verfahrens nicht abgewartet hat.“

Das Sächsische FG hat im oben genannten Beschluss, der ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betroffen hat, Folgendes ausgeführt:

„Im Streitfall ist ernstlich zweifelhaft, ob die Gerichtskostenrechnung ergehen durfte. Gerichtskosten dürfen angesetzt werden, sobald der ihnen zugrunde liegende Entstehungstatbestand verwirklicht ist und die Kosten fällig geworden sind ... Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG wird die Verfahrensgebühr regelmäßig mit Klageerhebung fällig. ... Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG bestehen jedoch erhebliche Zweifel, ob dies auch gilt, wenn ein - nicht offensichtlich aussichtsloser - Prozesskostenhilfeantrag anhängig ist. ... Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG... hat der Rechtsschutzsuchende Anspruch auf tatsächlich und rechtlich wirkungsvollen Rechtsschutz gegen Akte aller öffentlichen Gewalt, hier also gegen die auf dem Finanzrechtsweg anzugreifenden Entscheidungen der Finanzverwaltung .... Von einem wirkungsvollen Rechtsschutz kann aber keine Rede sein, wenn der wirtschaftlich (im Sinne des § 114 ZPO) bedürftige Rechtsschutzsuchende bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe dazu verpflichtet wird - wenn auch nur vorläufig - Gerichtskosten i. H. v. 220 Euro zu entrichten.“

Die in den zitierten Beschlüssen zugrunde gelegte Ansicht, ein offener PKH-Antrag stünde einer Gerichtskostenfeststellung entgegen, kann der Senat aus folgenden Erwägungen heraus nicht teilen:

* Der Wortlaut des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO steht der Auslegung des LSG Thüringen und des Sächsischen FG klar entgegen.

Die (einstweilige) Kostenbefreiung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO setzt erst mit der „Bewilligung der Prozesskostenhilfe“ ein. Der Gesetzgeber hat also bewusst nicht auf die Beantragung der PKH abgestellt, sondern die Kostenerleichterung erst ab dem positiven Beschluss des Hauptsachegerichts vorgesehen. Die Kommentarliteratur geht daher auch ganz selbstverständlich davon aus, dass es zulässig ist, die Gerichtskosten bereits vor dem PKH-Beschluss festzusetzen und der Gerichtskasse zur Einziehung zu überweisen (vgl. vgl. Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl. 2014, Vor § 22, Rdnr. 11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl. 201, § 122, Rdnr. 7 ff.)

* Für einen zwingenden zeitlichen Ablauf, wie ihn das LSG Thüringen zugrunde legt - zunächst Entscheidung über den PKH-Antrag, erst dann Entscheidung über die Erinnerung -, findet sich keine gesetzliche Grundlage.

Hätte der Gesetzgeber einen derartigen Ablauf im Auge gehabt, hätte er dies entsprechend regeln müssen und die (einstweilige) Kostenbefreiung schon an die PKH-Antragstellung anknüpfen müssen.

* Es ist dem LSG Thüringen zuzugestehen, dass der von ihm als zwingend zugrunde gelegte zeitliche Ablauf aus verwaltungsökonomischen und praktischen Überlegungen durchaus im Einzelfall angezeigt sein kann. Rechtliche Auswirkungen auf den Prüfungsmaßstab und -umfang des Gerichts der Kostensache können derartige pragmatische Überlegungen aber nicht haben.

Auch aus Sicht des Senats kann es im Einzelfall sinnvoll sein, in gerichtskostenpflichtigen Verfahren von der Erhebung der Gerichtskosten so lange abzusehen, bis über einen PKH-Antrag im Hauptsacheverfahren entschieden ist. Denn es kann im Fall der Bewilligung von PKH zur Rückzahlung bereits eingezahlter oder beigetriebener Gerichtskosten kommen. Um Derartigem sowohl im Sinn des Betroffenen als auch zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands vorzubeugen, hält es der Senat für gut vertretbar, wenn in der Praxis nach Abwägung aller Umstände die Gerichtsverwaltung zunächst, d. h. bis zur Entscheidung über den PKH-Antrag, von der Ausstellung einer vollstreckbaren Gerichtskostenrechnung oder zumindest der Vollstreckung absieht. Einen gesetzlich begründeten Anspruch auf eine derartige Vorgehensweise hat ein Gerichtskostenschuldner aber nicht.

Mangels sowohl eines gesetzlichen Anspruchs des Erinnerungsführers als auch eines dem Senat zustehenden Ermessens besteht für den Kostensenat keine Möglichkeit, aus pragmatischen Gründen eine Aufhebung der Kostenfestsetzung vorzunehmen. Vielmehr hat der Senat seine im Rahmen der Gewaltenteilung zugewiesene Aufgabe zu erfüllen, die vom Urkundsbeamten getroffene Kostenfestsetzung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Eine Zweckmäßigkeitsüberprüfung steht dem Senat nicht zu. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob es im hier vorliegenden Fall vertretbar oder sogar sinnvoll gewesen wäre, dass der Urkundsbeamte den Kostenansatz bis zur Entscheidung des Hauptsachesenats über den PKH-Antrag des Erinnerungsführers zurückgestellt hätte.

* Dagegen, vor der Gerichtskostenfeststellung die Entscheidung über den PKH-Antrag abzuwarten - dies entspricht der Vorstellung des LSG Thüringen im vorgenannten Beschluss -, spricht auch, dass mit einer solchen Verknüpfung einer Missbrauchsmöglichkeit Tür und Tor geöffnet würde. Denn dann könnte ein Gerichtskostenschuldner durch zeitlich geschickt und möglicherweise sogar mehrfach gestellte PKH-Anträge eine Gerichtskostenfeststellung gegebenenfalls erheblich verzögern mit dem Risiko, dass eine Beitreibung der Kosten infolge einer im Laufe des Verfahrens eintretenden Zahlungsunfähigkeit unmöglich würde.

* Soweit das Sächsische FG für die (einstweilige) Kostenbefreiung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO einen „nicht offensichtlich aussichtslosen“ PKH-Antrag voraussetzt und insofern von gegenüber dem LSG Thüringen etwas verschärften Voraussetzungen ausgeht, kann auch dies den Senat nicht überzeugen.

Ganz abgesehen davon, dass diese Auslegung keine Stütze im Gesetz hat, hält sie der Senat auch für nicht praktikabel. Denn es müsste dann, wenn dem Sächsische FG gefolgt würde, zunächst im Kostenansatzverfahren des Kostenbeamten gemäß § 19 GKG und dann im Erinnerungsverfahren des Kostengerichts gemäß § 66 GKG eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des PKH-Antrags erfolgen. Wie eine derartige summarische Prüfung der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und zwar jeweils ohne Vorwegnahme der Hauptsache aussehen sollte, kann sich der Senat nicht vorstellen; zudem hält er es für unvertretbar, dem Kostenbeamten eine derartige Prüfung zuzumuten.

* Der Hinweis des Sächsischen FG auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG überzeugt nicht. Der Senat sieht keinen Grund, warum eine verfassungsgemäße Auslegung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO in dem Sinn, dass bereits die Beantragung von PKH einer Kostenerhebung entgegenstünde, geboten sein sollte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) (vgl. z. B. Beschluss vom 16.11.1999, Az.: 1 BvR 1821/94) schließen es der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Justizgewährungsanspruch und das Gebot des effektiven Rechtschutzes (Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG) nicht aus, dass der Gesetzgeber für die Inanspruchnahme der Gerichte Gebühren erhebt. Zu beachten bei der Gebührenerhebung ist allerdings, dass der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.02.1987, Az.: 1 BvR 475/85). Gesetzliche Vorschriften, die den Zugang zu den Gerichten ausgestalten und wozu auch die Regelungen zu den Gerichtsgebühren zählen, dürfen den Zugang weder tatsächlich unmöglich machen noch in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.02.1992, Az.: 1 BvL 1/89). Davon, dass es zulässig ist, die Befreiung von der Gebührenforderung von der Bewilligung von PKH abhängig zu machen, geht auch das BVerfG aus - und dies sogar für den Fall, dass mit der nicht fristgerechten Einzahlung der Gerichtskostenforderung das gerichtliche Verfahren als beendet zu betrachten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.01.1960, Az.: 1 BvL 17/59).

Unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sieht der Senat keinen Anlass, die klare gesetzliche Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO dahingehend auszulegen, dass bereits die nicht völlig aussichtslose Beantragung von PKH einer Kostenerhebung entgegenstünde. Denn von der Einzahlung der gemäß § 19 GKG festgesetzten Gerichtskosten - davon zu unterscheiden ist die Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn des § 12 a GKG i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG, wie sie dem vor dem Senat durchgeführten Verfahren des Erinnerungsführers mit dem Aktenzeichen L 15 SF 90/13 E verfügt worden war - hängt die Durchführung des Klageverfahrens in einem kostenpflichtigen sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 197 a SGG, wozu gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGG auch Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahren gehören, dann nicht ab, wenn - wie hier - die Kosten für das Klageverfahren nicht im Weg einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn der § 12 a GKG i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG angefordert, sondern mit einem Kostenansatz gemäß § 19 GK festgesetzt worden sind. Der Grundsatz der Abhängigmachung würde gemäß § 12 a GKG i. V. m. § 12 Abs. 1 GKG in einem Klageverfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens im Sinn der §§ 198 ff. GVG nur dann gelten, wenn die Kosten für das Klageverfahren im Weg einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn des § 12 Abs. 1 GKG angefordert würden, was hier nicht der Fall ist.

Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Gerichtskostenfeststellung dem Erinnerungsführer der Zugang zum Gericht wegen seiner Entschädigungsklage unzumutbar erschwert würde, zumal ein Missverhältnis zwischen angeforderten Gerichtskosten (1.484,- €) und Streitwert (23.700,- €) nicht besteht.

* Der Senat zieht auch aus § 14 GKG den Rückschluss, dass es bei der (einstweiligen) Kostenbefreiung allein auf die Bewilligung von PKH, nicht aber auf den PKH-Antrag ankommt.

Für die Fälle, dass die Zustellung der Klage gemäß § 12 Abs. 1 GKG erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen erfolgen soll, hat der Gesetzgeber in § 14 GKG Ausnahmen vorgegeben. Gemäß § 14 Satz 1 GKG ist eine Ausnahme vom der Abhängigmachung dann zu machen, „soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist.“ Allein die Stellung eines PKH-Antrags reicht damit nicht aus (vgl. Nöcker, jurisPR-SteuerR 43/2013 Anm. 5; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 14 GKG, Rdnr. 2). Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser dem klaren Wortlaut entsprechenden Auslegung sieht der Senat auch durch den Beschluss des BVerfG vom 12.01.1960, Az.: 1 BvL 17/59, der zu einer vergleichbaren Konstellation ergangen ist, bestätigt. Im Übrigen würde einer erweiternden Auslegung des § 14 GKG in dem Sinn, dass bereits mit dem PKH-Antrag und nicht erst mit der PKH-Bewilligung die Ausnahme von der Abhängigmachung eintritt, entgegen stehen, dass § 14 GKG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist (vgl. Hartmann, a. a. O., § 14 GKG, Rdnr. 1) und sich damit eine erweiternde Interpretation nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen verbietet.

Die Erinnerung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Ob es in einem Verfahren wie dem hier zu entscheidenden Fall angezeigt sein könnte, im Rahmen der richterlichen Verfahrensleitung bei der Staatskasse auf eine vorübergehende Aussetzung der Vollstreckung der Gebührenforderung bis zur Entscheidung des Hauptsachegerichts über den PKH-Antrag hinzuwirken und bis dahin die Entscheidung über die Erinnerung zurückzustellen, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn die aus diversen Verfahren senatsbekannte Vorgehensweise des Erinnerungsführers, bereits kurze Zeit nach der Einreichung eines Rechtsmittels über die Erhebung der Verzögerungsrüge oder die Einreichung einer Untätigkeitsbeschwerde auf die Beschleunigung des Verfahrens zu drängen, steht einer Zurückstellung der Entscheidung über die Erinnerung entgegen. Ebenso dahingestellt bleiben kann, ob es dem Erinnerungsführer möglich gewesen wäre, über einen Antrag gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG die Vollstreckung zumindest vorübergehend bis zum Beschluss des Hauptsachegerichts über den PKH-Antrag abzuwenden. Denn auch bei ausgesprochen erinnerungsführerfreundlicher Auslegung kann in den Schreiben des Erinnerungsführers kein Ansatzpunkt gefunden werden, der eine Auslegung als Antrag nach der genannten Vorschrift zulassen würde.

Der Kostensenat des Bayer. LSG entscheidet über die Erinnerung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Rahmen der Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) die Kostenerstattung für das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Cardiavis N, die Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Voltaren 100 und die Übernahme der Kosten für eine Zahnerhaltungsmaßnahme gemäß Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006.

Der Kläger ist Schwerbeschädigter mit einem Grad der Schädigung (GdS) von 50; als Schädigungsfolgen nach dem BVG sind der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt. Wegen seines Anspruchs auf Heilbehandlung nach § 10 Abs. 2 BVG ist er der Beigeladenen zugewiesen.

Am 26.08.2005 beantragte der Kläger die Erstattung von im Jahr 2004 angefallenen Kosten für die Anschaffung des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels Cardiavis N in Höhe von 15,95 €, zudem für das Arzneimittel Gelomyrtol in Höhe von 6,45 €. Weiterhin begehrte er die Kostenübernahme der Zuzahlung für das Arzneimittel Voltaren 100 in Höhe von 12,10 €.

Der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten wies dazu am 18.11.2005 darauf hin, dass Cardiavis N kein verschreibungspflichtiges Arzneimittel sei und auch in keinem Zusammenhang mit Schädigungsfolgen stehe. Voltaren sei rezeptpflichtig und für die Behandlung der Schädigungsfolgen erforderlich, sofern es sich um Schmerzzustände, Schwellungen oder Entzündungen im Bereich der Schädigungsfolgen handle.

Mit Bescheid vom 07.09.2005 lehnte die Beigeladene die Erstattung ab. Grund für die Ablehnung war zum einen, dass die Arzneimittel Cardiavis N und Gelomyrtol nicht verschreibungspflichtig seien und daher von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden könnten, zum anderen, dass die Mehrkosten für Voltaren keine gesetzliche Zuzahlung seien und daher eine Kostenübernahme nicht möglich sei.

Der Kläger erhob dagegen mit Schreiben vom 09.10.2005 Widerspruch, wobei er die Erstattung für das Arzneimittel Gelomyrtol „nicht weiter beansprucht“.

Der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten äußerte sich am 29.06.2006 im Rahmen einer versorgungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage nochmals zum Arzneimittel Cardiavis N und wies darauf hin, dass es sich dabei um ein unspezifisches Herz-Kreislaufmittel handle, das für die Behandlung unspezifischer Beschwerde ohne konkrete Zuordnung zu einer organischen Erkrankung gedacht sei. Beim Kläger sei auch keine Hypotonie bekannt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2006 wies der Beklagten den Widerspruch zurück. Cardiavis N sei als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel grundsätzlich von der Versorgung nach §§ 34, 31 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ausgeschlossen. Auch eine Kostenerstattung im Rahmen des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG komme bei Cardiavis N nicht in Betracht, da das Arzneimittel nicht zur Behandlung anerkannter Schädigungsfolgen benötigt werde.

Dagegen hat der Kläger am 07.08.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 33 V 31/06).

Weiter legte der Kläger einen Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006 für eine zahnärztliche Behandlung vor. Der Heil- und Kostenplan umfasste Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 571,90 €. Den Betrag für den Festzuschuss bezifferte die Zahnärztin in ihrem Schreiben vom 22.11.2006 an den Kläger mit 116,75 €.

Mit Bescheid vom 18.01.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die zahnärztliche Behandlung eine Bezuschussung in Höhe des doppelten Festzuschusses, somit in Höhe von 233,50 €.

Dieser erhob dagegen mit Schreiben vom 23.01.2007 Widerspruch und begründete diesen damit, dass Versorgungsberechtigte anders als gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf Gewährung von Zahnersatz als kostenfreie Sachleistung hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Auch dagegen hat der Kläger Klage zum SG München erhoben (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 33 V 13/07).

Mit Beschluss vom 10.06.2009 sind die beiden Verfahren unter dem Aktenzeichen S 33 V 31/06 verbunden worden. Zwischenzeitlich vom Kläger geltend gemachte weitere Kosten sind mit Beschluss vom 15.07.2009 abgetrennt worden.

Mit Urteil vom 15.07.2009 ist die Klage abgewiesen worden. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin ist die Berufung mit Beschluss des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 14/09 NZB, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil vom 15.07.2009 und den Bescheid vom 07.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2006 sowie den Bescheid vom 18.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die ihm entstandenen Kosten für das Arzneimittel Cardiavis N und die über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Voltaren 100 zu erstatten sowie die Kosten für die Zahnerhaltungsmaßnahme gemäß Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006 in voller Höhe zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten, die Akten des SG München, auch zum Aktenzeichen S 33 V 13/07, und die Akten des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) zum Aktenzeichen L 15 VK 14/09 NZB beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zum Aktenzeichen L 15 V 55/99. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG).

Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass über den kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag des Klägers vor der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden war, hat unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz (GG) kein Anlass bestanden, in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 wegen des Nichterscheinens des Klägers nicht durch Urteil zu entscheiden, sondern zu vertagen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem sogar zusätzlich zum Befangenheitsantrag ein Terminsverlegungsantrag gestellt worden war, im Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00, wie folgt begründet:

„Entgegen seinem Vorbringen durfte der Kläger nicht schon aufgrund seines Ablehnungsgesuchs mit einer Verlegung des Termins rechnen. Er musste vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das LSG über dieses noch am Terminstag - ggf. in anderer Besetzung - durch verkündeten und sofort rechtskräftigen (§ 177 SGG) Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden würde. Bei einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs hätte dann eine mündliche Verhandlung der Hauptsache unter Leitung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden stattfinden können. Für den Fall der Zurückweisung oder Verwerfung (wie geschehen) des Gesuchs durfte das LSG sogar in unveränderter Besetzung zur Hauptsache mündlich verhandeln und entscheiden (die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs hätte es sogar ebenfalls in gleicher Besetzung vornehmen können vgl. Zöller a. a. O. RdNr. 4 zu § 45 ZPO m. w. N.). Darum konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, dass seinem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden würde. Denn das hätte das Vorliegen eines erheblichen Grundes erfordert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, RdNr. 4b zu § 110). Ein solcher erheblicher Grund war aus den oben dargelegten Gründen in dem Ablehnungsgesuch nicht zu sehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Berichterstatter des Senats, den der Kläger mit auf den 20.09.2014 datierten und am 21. bzw. 22.09.2014 jeweils abends bei Gericht eingegangenen Schreiben wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, hat an der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und dem Urteil vom selben Tag mitwirken können, weil der Befangenheitsantrag bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats rechtskräftig abgelehnt worden war. Das den als befangen abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot gemäß § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung endete mit der rechtskräftigen zurückweisenden Erledigung des Befangenheitsantrags durch den in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 verkündeten Beschluss.

Die Frage, ob der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis gehabt hat, ist rechtlich irrelevant (vgl. BSG, Beschluss vom 30.06.2008, Az.: B 2 U 1/08 RH - dort zur Kenntnis des abgelehnten Richters). Er könnte sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung durch Urteil mangels Kenntnis von dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 getroffenen Beschluss zur Befangenheit davon ausgegangen sei, dass der Befangenheitsantrag noch offen sei und dies einer abschließenden Entscheidung durch Urteil entgegen stehe. Auf seine Kenntnis des vor Erlass des Urteils ergangenen Beschlusses zum Befangenheitsantrag kommt es nicht an. Dieser Beschluss ist bereits mit der Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam und mangels Rechtsbehelfsmöglichkeit auch rechtskräftig geworden - und zwar unabhängig von der Kenntnis des Klägers. Zwar werden Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung nach § 142 Abs. 1 i. V. m. § 133 SGG erst mit Zustellung wirksam. Eine derartige Situation liegt aber hier nicht vor. Vielmehr hat der Senat angesichts des vom Kläger zu vertretenden Zeitdrucks von der dem Senat durch § 142 Abs. 1 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über den Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden und den Beschluss dort gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 132 SGG zu verkünden. Ein solcher, in der mündlichen Verhandlung verkündeter Beschluss wird mit der Verkündung existent und damit wirksam (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 142, Rdnr. 3c, § 135, Rdnr. 3, § 132, Rdnr. 1a, § 125, Rdnr. 4). Auf die Frage, wann der Kläger vom Beschluss zur Befangenheit Kenntnis erlangt, kommt es nicht an, da eine personenbezogene und kenntnisbegründete Teilwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen dem Grundsatz der durch Verkündung begründeten Öffentlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung fremd ist. Die gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG gebotene Zustellung des Protokolls mit dem Beschluss zur Befangenheit an den Kläger hat dabei keine Bedeutung für die Wirksamkeit des gerichtlichen Beschlusses, sondern ist vom Gesetzgeber wegen des Beginns etwaiger Rechtsmittelfristen - die es hier nicht gibt - vorgesehen worden (vgl. Keller, a. a. O., § 135, Rdnr. 3). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Befangenheit im ersten Teil der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 ist auch dessen Rechtskraft eingetreten, da gemäß § 177 SGG eine Beschwerde ausgeschlossen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass, auch wenn die Frage des Wirksamwerdens eines Beschlusses in einer mündlichen Verhandlung offen gelassen würde, die Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und beim Urteil vom selben Tag nicht zu einem angreifbaren Rechtsfehler führen würde. Denn ein derartiger Verfahrensfehler würde nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Zustellung des vor Erlass des Urteils gefassten Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs geheilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 19.05.1953, Az.: 2 StR 445/52, und vom 15.07.2004, Az.: IX ZB 280/03; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.10.1996, Az.: XI R 13/96; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.12.1999, Az.: 9 AZN 739/99; BSG, Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00 B).

Die Berufung ist zulässig, aber unter allen Gesichtspunkten unbegründet.

Der Umfang der Heilbehandlung nach dem BVG folgt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG („Die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse (§ 18c Abs. 2 Satz 1) ihren Mitgliedern verpflichtet ist, gelten für die Leistungen nach Satz 1 entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.“) den Vorgaben des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit nicht im BVG Abweichendes geregelt ist.

In der Sache geht es um die Kostenerstattung für das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Cardiavis N, die Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Voltaren 100 und die Kostenübernahme für die Zahnerhaltungsmaßnahme gemäß Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006 in voller Höhe. Nicht Streitgegenstand ist die Ablehnung der Kostenerstattung für das Arzneimittel Gelomyrtol, da der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 09.10.2005 ausdrücklich erklärt hat, dass er die Erstattung für das Arzneimittel Gelomyrtol nicht weiter beanspruche.

1. Kostenerstattung für das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Cardiavis N

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für Cardiavis N im Rahmen seiner Versorgung nach dem BVG, da dieses Arzneimittel nicht von der Versorgung umfasst ist.

1.1. Streitgegenstand

Streitgegenstand ist die Kostenerstattung für das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Cardiavis N im Rahmen der Versorgung sowohl als Pflichtleistung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVG als auch im Wege eines Härteausgleichs gemäß § 89 BVG. Dies ergibt sich aus dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 05.07.2006, in dem unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten eine Kostenerstattung für Cardiavis N abgelehnt worden ist.

Bei der sogenannten Pflichtleistung gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVG und dem Härteausgleich gemäß § 89 BVG handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände, so dass dem Gericht eine Prüfung des klägerischen Begehrens unter allen in Betracht kommenden materiellen Gesichtspunkten nur dann möglich ist, wenn - wie hier - die Entscheidung des Trägers der Versorgungsverwaltung auch unter beiden Gesichtspunkten ergangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az.: 9 RV 2/95).

1.2. Heilbehandlung im Rahmen des Versorgungsanspruchs

Gemäß § 10 Abs. 1 BVG erhält ein Beschädigter Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht sind. Nur dann, wenn ein Anspruchsteller wie hier schwerbeschädigt im Sinne des § 31 Abs. 2 BVG ist, der GdS also mindestens 50 beträgt, besteht auch ein Anspruch auf Heilbehandlung wegen schädigungsfremder Gesundheitsstörungen.

1.2.1. Versorgung mit Cardiavis N als Pflichtleistung gemäß § 11 BVG

Der Umfang der Heilbehandlung ergibt sich aus § 11 BVG. Heilbehandlung beinhaltet gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVG die Versorgung mit Arzneimitteln und arzneimittelähnlichen Medizinprodukten (vgl. Vogl, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 11 BVG, Rdnr. 13). Die nähere Ausgestaltung des Heilbehandlungsanspruchs ergibt sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG aus den Regelungen für die gesetzliche Krankenversicherung, also dem SGB V.

1.2.1.1. Kein verschreibungspflichtiges Arzneimittel

Der Verordnung von Cardiavis N, einem homöopathischen Herz-Kreislaufmittel, im Rahmen des Versorgungsanspruchs und damit einer Kostenerstattung steht entgegen, dass es sich bei Cardiavis N nicht um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt.

Wegen § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V muss es sich bei einer Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Versorgungsverwaltung grundsätzlich um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handeln.

Bei Cardiavis N ist dies nicht der Fall. Es handelt sich bei diesem homöopathischen Arzneimittel nicht um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel.

1.2.1.2. Kein gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V verordnungsfähiges Arzneimittel

Sofern der Kläger die Ansicht vertritt, bei ihm sei Cardiavis N gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V verordnungsfähig, verkennt er die dafür erforderlichen Voraussetzungen. Diese sind nämlich nicht gegeben.

Beim Kläger ist schon gar keine „schwerwiegende Erkrankung“ nachgewiesen, bei der Cardiavis N als „Therapiestandard“ gelten würde, was Voraussetzung für eine ausnahmsweise Verordnungsfähigkeit wäre. Was als „schwerwiegende Erkrankung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu betrachten ist, ergibt sich aus der vom Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß §§ 34 Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erstellten Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL). Gemäß § 12 Abs. 6 AM-RL können unter bestimmten Voraussetzungen auch homöopathische Arzneimittel verordnet werden. Voraussetzung dafür ist gemäß § 12 Abs. 6 AM-RL aber, dass es sich um ein in der Anlage I zur AM-RL aufgeführtes Indikationsgebiet handelt. Unter den in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebieten findet sich eine Hypotonie, die beim Kläger ohnehin fraglich ist, nicht wieder. Eine koronare Herzkrankheit, die durch Symptomatik und ergänzende nichtinvasive oder invasive Diagnostik nachgewiesen sein müsste, ist beim Kläger nicht belegt. Darauf, dass die Anwendung von Cardiavis N zudem für dieses Indikationsgebiet nach dem derzeitigen Erkenntnisstand als Therapiestandard nicht angezeigt ist, kommt es nicht weiter an.

1.2.1.3. Keine Verordnung im Rahmen des sogenannten off-label-use

Für eine Verordnung von Cardiavis N im Wege des sogenannten off-label-use (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.2002, Az.: B 1 KR 37/00 R) ist kein Ansatzpunkt gegeben.

1.2.1.4. Keine Verordnung im Weg des § 2 Abs. 1 a SGB V

Eine Verordnung von Cardiavis N kann nicht gemäß § 2 Abs. 1 a SGB V erfolgen, weil weder eine dafür erforderliche, in § 2 Abs. 1 a Satz 1 SGB V näher beschriebene Erkrankung vorliegt noch eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht.

Mit der zum 01.01.2012 in Kraft getretenen Regelung des § 2 Abs. 1 a SGB V ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im sogenannten Nikolausbeschluss vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98, zum Rechtsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung umgesetzt worden. Darin hatte das BVerfG erläutert, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG (Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) nicht vereinbar sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe.

Im vorliegenden Fall sind die in § 2 Abs. 1 a SGB V aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt. Zum einen liegt keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor. In Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 06.12.2005 hat das BSG dafür „notstandsähnliche Extremsituationen“ verlangt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dafür „gravierende Folgen“ allein nicht ausreichend seien (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009, Az.: B 1 KR 15/08 R). Von einer derartigen Extremsituation kann vorliegend nicht ausgegangen werden, selbst dann, wenn entgegen den vorliegenden medizinischen Befunden zum Blutdruck des Klägers davon ausgegangen würde, dass er an einer Hypotonie leiden würde. Im Übrigen liegt, worauf der versorgungsärztliche Dienst in seiner Stellungnahme vom 29.06.2009 hingewiesen hat, die Therapie erster Wahl zur Therapie von niedrigem Blutdruck in allgemeinen nichtmedikamentösen Maßnahmen wie z. B. körperlicher Aktivität.

1.2.2. Versorgung mit Cardiavis N im Weg des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit Cardiavis N bzw. Kostenerstattung im Weg des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG.

1.2.2.1. Allgemeines

Sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften des BVG besondere Härten ergeben, kann, wenn nicht bereits eine allgemeine Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gemäß § 89 Abs. 2 BVG vorliegt, gemäß § 89 Abs. 1 BVG mit Zustimmung des vorgenannten Bundesministeriums ein Ausgleich gewährt werden. Voraussetzungen für eine Ermessensleistung nach § 89 BVG ist, dass der Gesetzgeber besondere Einzelfälle oder auch Gruppen mit ihren Besonderheiten übersehen, nicht vorausgesehen oder nicht genügend differenziert geregelt hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az.: 9 RV 2/95). § 89 BVG soll die Gewährung von Leistungen dann ermöglichen, wenn zwischen der konkreten Gesetzesanwendung und dem mit dem Recht der Kriegsopferversorgung angestrebten Ziel ein Missverhältnis auftritt. Eine besondere Härte kann nur bejaht werden, wenn für einen Anspruch auf Versorgung nicht alle Tatbestandsmerkmale, die das BVG aufstellt, verwirklicht sind und wenn der Antragsteller dadurch besonders hart getroffen wird. Die Ermächtigung des § 89 BVG muss auf wenige, unmittelbar aus der Gesetzesanwendung sich ergebende Einzelfälle oder Einzelfallgruppen beschränkt bleiben. Ohne die Begrenzung des Verwaltungsermessens auf krasse Ausnahmen wäre die Ermächtigung zum Verwaltungsermessen dazu angetan, die verfassungsmäßigen Grenzen zwischen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zu sprengen (vgl. BSG, Urteile vom 19.09.1979, Az.: 9 RV 66/78, und vom 21.10.1998, Az.: B 9 V 3/98; Urteil des Senats vom 26.09.2012, Az.:

L 15 VK 12/10). Die grundlegenden Vorschriften des Kriegsopferrechts dürfen durch einen Härteausgleich nicht ausgehöhlt oder umgangen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1978, Az.: 9 RV 68/77). Eine besondere Härte kann demgegenüber nicht schon allein durch die besondere Bedürftigkeit des Betroffenen im Sinn einer materiellen Not begründet werden.

Der Begriff der besonderen Härte stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung durch die Gerichte voll zu überprüfen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.1973, Az.: 9/8 RV 608/72). Liegt eine besondere Härte nach den genannten Kriterien vor, können die Gerichte den Versorgungsträger auch dann zum Erlass einer Ermessensentscheidung (vgl. § 131 Abs. 3 SGG) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, wenn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales entgegen der in § 89 Abs. 1 und 2 BVG vorgesehenen Regelung seine Zustimmung nicht erteilt hat. Denn die Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hat nur verwaltungsinterne Bedeutung. Ob sie erteilt hätte werden müssen, wird im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung des Ablehnungsbescheids mit geprüft (vgl. BSG, Urteile vom 12.12.1969, Az.: 8 RV 469/67, vom 09.05.1972, Az.: 8 RV 611/71, und vom 21.10.1998, Az.: B 9 V 3/98).

Fehlt es dagegen sowohl an der besonderen Härte als auch an der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, so hat eine Verurteilung des Versorgungsträgers zum Erlass der abgelehnten Entscheidung über einen Härteausgleich nicht zu erfolgen.

1.2.2.2. Härteausgleich im Rahmen der Heilbehandlung

Ein Härteausgleich scheitert schon daran, dass ein solcher allenfalls dann in Betracht kommt, wenn es um die Behandlung von anerkannten Schädigungsfolgen geht. Dafür ist das Herz-Kreislaufmittel Cardiavis N aber nicht erforderlich.

Nach der Auffassung des Senats ist die Anwendung des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Versorgung mit Arzneimitteln für Gesundheitsstörungen betroffen ist, die nicht als Schädigungsfolgen anerkannt sind.

1.2.2.2.1. Grundsätzlicher Ausschluss eines Härteausgleichs im Bereich der Heilbehandlung/Versorgung mit Arzneimitteln bei Nichtschädigungsfolgen

Für die Anwendung des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG ist kein Raum, da die Behandlung mit dem Arzneimittel Cardiavis N nicht wegen Schädigungsfolgen erforderlich ist.

Der Senat hat bereits gewisse Bedenken, ob die Anwendung des § 89 BVG im Bereich der Heilbehandlung, wenn wie hier die Versorgung mit Arzneimitteln betroffen ist, überhaupt möglich ist. Jedenfalls dann, wenn die Versorgung wegen schädigungsfremder Gesundheitsstörungen im Raum steht, ist eine Anwendung des § 89 BVG zweifelsfrei ausgeschlossen.

1.2.2.2.1.1. Eine Anwendung des § 89 SBV scheitert nach der Auffassung des Senats nicht schon daran, dass nach der ausdrücklichen gesetzlichen Formulierung in § 89 Abs. 1 BVG ein Härteausgleich nur dann in Betracht kommt, wenn sich „aus den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Härten ergeben“.

Diese Formulierung könnte vom Wortlaut her durchaus dahingehend interpretiert werden, dass Maßnahmen der Heilbehandlung, sofern deren Umfang durch Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V bestimmt wird, grundsätzlich einem Härteausgleich entzogen wären. Denn wenn sich - wie hier - die Nichtübernahmefähigkeit der Kosten daraus ergibt, dass das angewendete Arzneimittel wegen Vorschriften des SGB V nicht verordnungsfähig ist, ergibt sich eine mögliche Härte eben nicht aus Vorschriften des BVG, sondern aus Vorschriften eines anderen Gesetzes, was als Ausschlussgrund gesehen werden könnte (vgl. Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht,

1. Aufl. 2012, § 89 BVG, Rdnr. 3; Fehl, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 89 BVG, Rdnr. 3).

Eine derartige Auslegung geht dem Senat aber zu weit. Ihr wäre entgegen zu halten, dass sich die Härte nicht erst aus den Vorschriften des SGB V, sondern schon aus der Verweisungsvorschrift in § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG ergibt, die erst die Anwendung des SGB V ermöglicht. Anstelle der Verweisung hätte der Gesetzgeber auch wörtlich die Regelungen des SGB V in das BVG aufnehmen können. Dass sich aus einer der Platzersparnis dienenden Verweisungstechnik ein rechtlicher Nachteil für den Versorgungsberechtigten ergeben sollte, lässt sich nicht begründen.

1.2.2.2.1.2. Gegen eine Anwendung des § 89 BVG spricht aber, dass eine Erweiterung des Leistungskatalogs im Wege des § 89 BVG über den Umfang, wie er in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegeben ist, dahingehend interpretiert werden könnte, dass damit die grundlegenden Vorschriften des Kriegsopferrechts ausgehöhlt oder umgangen würden. Denn mit § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG hat der Gesetzgeber die grundlegende Entscheidung getroffen, dass der Umfang der Heilbehandlung eines Versorgungsberechtigten dem entspricht, wie er auch für ein Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung der Fall wäre. So scheint auch das BSG (vgl. Urteil vom 21.10.1998, Az.: B 9 V 3/98 R) die Verweisung im BVG auf den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung als tragenden Grundsatz des BVG zu betrachten.

Auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, dass die Verweisungsvorschrift des § 11 Abs. 2 Satz BVG nicht bedingungslos gilt, sondern ausdrücklich Ausnahmen („soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“) vorgesehen hat. Dies könnte Zweifel daran wecken, dass der Umfang des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung als tragendes und einschränkungslos geltendes Grundprinzip des Versorgungsrechts gesehen werden darf.

Der Senat hält daher eine beschädigtenfreundliche differenzierende Vorgehensweise, was die Frage des Härteausgleichs bei der Heilbehandlung angeht, für nicht unvertretbar (vgl. Urteil des Senats vom 07.05.2014, Az.: L 15 VS 17/13). Danach wäre von einem tragenden Grundsatz des BVG nur dann auszugehen, wenn die Behandlung von schädigungsfremden Gesundheitsstörungen, die üblicherweise der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen, bei Schwerbeschädigten im Sinn des § 31 Abs. 2 BVG, die gemäß § 10 Abs. 2 BVG einen umfassenden, nicht nur auf die Schädigungsfolgen beschränkten Heilbehandlungsanspruch haben, betroffen ist. Denn anderenfalls wäre im Einzelfall nicht auszuschließen, dass der Schwerbeschädigte über § 89 BVG eine Besserstellung gegenüber den gesetzlich Krankenversicherten erhalten würde. Dafür könnte der Senat keine Rechtfertigung im BVG erkennen. Denn zum einen kennt das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, sieht man von der Regelung des § 2 Abs. 1 a SGB V ab, eine Ausnahme wie den Härteausgleich des § 89 BVG nicht. Zum anderen ist der im Versorgungsrecht führende Gedanke der Entschädigung nicht einschlägig, wenn die Erkrankung nicht durch ein die Versorgung auslösendes Geschehen bedingt ist. Es handelt sich dann nicht um eine der Entschädigung unterfallende Gesundheitsstörung, sondern um eine in den ureigenen persönlichen Risikobereich fallende Erkrankung. Warum in einem solchen Fall ein Versorgungsberechtigter besser gestellt werden sollte als ein gesetzlich Krankenversicherter oder ein Versorgungsberechtigter mit einem GdS von unter 50, der Heilbehandlung im Rahmen seiner Versorgung nur für Schädigungsfolgen erhält, würde sich unter dem verfassungsrechtlich begründeten Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht begründen lassen (a. A. wohl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2013, Az.: L 6 VK 2279/10, das ohne irgendeine Begründung von der Anwendbarkeit des § 89 BVG ausgeht). Dafür, dass der Gesetzgeber des BVG eine derartige Besserstellung bezwecken hätte wollen, gibt es nicht den geringsten Hinweis.

In allen anderen Fällen, in denen es um die Behandlung von Schädigungsfolgen geht, wäre es für den Senat durchaus vertretbar, einen Härteausgleich gemäß § 89 BVG zu ermöglichen. Der Senat ist sich dabei zwar bewusst, dass dies eine teilweise Annäherung an den weiterreichenden Heilbehandlungsanspruch nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch: „mit allen geeigneten Mitteln“) darstellen würde. Solange es aber bei einer Annäherung im einzelnen Härtefall bliebe und es nicht zu einer generellen Angleichung kommen würde, erscheint dem Senat eine dementsprechend vorsichtige Anwendung des § 89 BVG durchaus vertretbar. Denn eine solche partielle Besserstellung gegenüber dem Leistungsanspruch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung lässt sich durchaus damit begründen, dass im Versorgungsrecht der Gedanke der Entschädigung und damit auch einer Fürsorgepflicht des Staates für von diesem geschaffene Gefahrenbereiche führend ist, wohingegen es im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung allein um Krankheiten geht, die in den persönlichen Risikobereich des Betroffenen fallen.

1.2.2.2.2. Ausschluss eine Härteausgleichs gemäß § 89 BVG auch bei beschädigtenfreundlicher differenzierender Betrachtungsweise im vorliegenden Fall

Die vom Kläger als Grund für die Verordnung von Cardiavis N angegebene Hypotonie und auch das Anwendungsgebiet von Cardiavis N (Herz-Kreislaufstörungen) belegen zweifelsfrei, dass die Verordnung nicht wegen Schädigungsfolgen erfolgt ist. Denn als Schädigungsfolgen sind nur der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht, nicht aber eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems anerkannt.

Eine Anwendung des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG ist damit ausgeschlossen.

2. Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Voltaren 100

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten.

2.1. Streitgegenstand

Streitgegenstand ist die Frage der Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Voltaren - anders als bei der Frage der Kostenerstattung für Cardiavis N (vgl. oben Ziff. 1) - ausschließlich im Rahmen der Versorgung als Pflichtleistung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVG. Die Frage, ob die Mehrkosten im Wege eines Härteausgleichs gemäß § 89 BVG zu erstatten wären, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Zwar ergibt sich aus dem angegriffenen Bescheid vom 07.09.2005 (noch) nicht, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Anspruch geprüft worden ist. Dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 05.07.2006 ist aber zu entnehmen, dass der Beklagte die das Arzneimittel Voltaren betreffende Frage nicht auch unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs geprüft hat. Denn im vorletzten Absatz auf Seite 2 des Widerspruchbescheids hat sich der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs lediglich mit dem Medikament befasst, das „der Therapie schädigungsunabhängiger Gesundheitsstörungen“ diene. Dies ist nach Ansicht des Beklagten, wie sie in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.11.2005 zum Ausdruck kommt, jedenfalls (in einem Teilbereich der Anwendung) Voltaren nicht.

Bei der sogenannten Pflichtleistung gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BVG und dem Härteausgleich gemäß § 89 BVG handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. oben Ziff. 1.1.), so dass dem Senat eine Prüfung des klägerischen Begehrens nur unter dem materiellen Gesichtspunkt möglich ist, unter dem die Entscheidung des Beklagten ergangen ist, hier also dem der Pflichtleistung.

2.2. Keine Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten im Weg einer Pflichtleistung gemäß § 11 BVG

Die gesetzliche Regelung des § 11 BVG in Verbindung mit den Regelungen des SGB V sehen nur eine Erstattung des Festbetrags vor; eine Erstattung der darüber hinaus gehenden Mehrkosten ist daher ausgeschlossen.

Der Umfang der Heilbehandlung nach dem BVG folgt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG („Die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse [§ 18c Abs. 2 Satz 1] ihren Mitgliedern verpflichtet ist, gelten für die Leistungen nach Satz 1 entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.“) den Vorgaben des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit nicht im BVG Abweichendes geregelt ist. Im SGB V gilt für Arzneimittel die Festbetragsregelung des § 35 SGB V. Dies rechtfertigt den Schluss, dass mit der Versorgung mit Festbetragsarzneimitteln auch im Geltungsbereich des BVG eine den gesetzlichen Vorgaben gerecht werdende Versorgung sichergestellt ist.

Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 Satz 1 BVG das Sachleistungsprinzip vorgegeben hat und dies ausdrücklich in § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG mit der Maßgabe verbunden hat, dass die Sachleistung dem Berechtigten ohne eine Kostenbeteiligung zu gewähren ist. Mit § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG wird lediglich klargestellt, dass in Abweichung vom Recht des SGB V, das weitreichende Eigenbeteiligungen kennt, bei den Sachleistungen des § 18 BVG derartige krankenversicherungsrechtliche Eigenbeteiligungen ausgeschlossen sind (vgl. Fehl, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 18 BVG, Rdnr. 1). Denn wie sich aus § 18 Abs. 3 und 4 BVG ergibt, kann die Kostenerstattung nur unter den gleichen Bedingungen erfolgen, unter denen auch die entsprechende Sachleistung erfolgen kann (vgl. Vogl, a. a. O., § 18 BVG, Rdnr. 8). Eine Kostenerstattung kann daher nur in dem Umfang erfolgen, in dem die Kosten für die Sachleistung erforderlich gewesen wären (vgl. Vogl, a. a. O., § 18 BVG, Rdnr. 9); die Kostenerstattung soll gegenüber einer Sachleistung für den Träger der Versorgungsverwaltung keine weitergehenden finanziellen Auswirkungen haben (vgl. Fehl, a. a. O., § 18 BVG, Rdnr. 15).

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BSG. So hat dieses im Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 4/99 R, ausdrücklich festgestellt:

„Es entspricht der versorgungsrechtlichen Systementscheidung, die ausnahmsweise vorgesehene Kostenerstattung auf den Betrag zu beschränken, der für die Sachleistung erforderlich gewesen wäre.“

Die aufgezeigten Grundsätze stehen einer Erstattung der Mehrkosten, die bei dem Erwerb von Voltaren über den Festbetrag hinaus entstanden sind, entgegen. Der Sachleistungsanspruch des Klägers wäre mit der Zurverfügungstellung des entsprechenden Festbetragsarzneimittels erfüllt gewesen. Eine Versorgung mit dem gegenüber dem Festbetragsarzneimittel teureren Arzneimittel Voltaren ist vom Heilbehandlungsanspruch nachdem BVG nicht abgedeckt. Der Beklagte hätte seine Sachleistungspflicht mit dem Festbetragsarzneimittel erfüllt. Dadurch dass der Kläger unter Umgehung des Sachleistungsprinzips mit Voltaren ein teureres Arzneimittel angeschafft hat, hat er sich eine Leistung verschafft, die ihm vom Beklagten nicht zu gewähren gewesen wäre. Die dadurch entstandenen Mehrkosten hat der Beklagte daher nicht zu übernehmen.

2.3. Ergänzender Hinweis des Senats zur Erstattung der Mehrkosten unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG

Auch wenn die Frage eines Härteausgleichs in diesem Zusammenhang nicht Streitgegenstand und daher vom Senat nicht zu prüfen ist, weist der Senat doch zur Information für die Beteiligten und zur Vermeidung zukünftiger Rechtsstreitigkeiten auf Folgendes hin:

Dafür, dass der geltend gemachte Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG anders zu beurteilen wäre, spricht nichts. Ganz abgesehen davon, dass zu prüfen wäre, ob Voltaren überhaupt wegen Schädigungsfolgen angewendet wird oder nicht doch wegen schädigungsfremder Gesundheitsstörungen (vgl. die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 29.06.2006), und daher ein Härteausgleichs gemäß § 89 BVG schon aus grundsätzlichen Überlegungen nicht in Betracht käme (vgl. oben Ziff. 1.2.2.2.1.), wäre nicht ersichtlich, warum selbst bei Verordnung wegen einer Schädigungsfolge von dem grundlegenden Prinzip einer Orientierung der Versorgung an den krankenversicherungsrechtlichen Regelungen abgewichen werden sollte. Dass von einer derartigen Härte (vgl. zu diesem Begriff die Ausführungen oben unter Ziff. 1.2.2.1.) auszugehen wäre, wenn die - betragsmäßig eher niedrigen - über den Festbetrag hinausgehenden Kosten von Voltaren vom Kläger selbst zu tragen sind, hält der Senat für ausgeschlossen. Zudem würde einer Anwendung der Härtefallregelung auch entgegen stehen, das sich eine Kostenerstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten nicht auf wenige krasse Einzelfälle beschränken würde.

2.4. Abschließender Hinweis zur Vermeidung eines potentiellen Missverständnisses

Der Senat weist den Kläger darauf hin, dass die Frage der Tragung von Mehrkosten über den Festbetrag hinaus nicht mit der Frage der Zuzahlung verwechselt werden darf. Im Rahmen des Sachleistungsprinzips im BVG sind Zuzahlungen gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG ausgeschlossen. Von einer „Beteiligung an den Kosten“ im Sinn des § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG kann aber nicht gesprochen werden, wenn es um die Übernahme von Kosten über einen Festbetrag hinaus geht. Denn der Ausschluss von Zuzahlungen geht nur so weit, als sich die Leistung im Rahmen des dafür vorgegebenen Festbetrags bewegt, nicht aber bei „teureren“ Leistungen, die nicht im Rahmen des Sachleistungsprinzips zu erbringen sind.

3. Kostenübernahme für die Zahnerhaltungsmaßnahme gemäß Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006 in voller Höhe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine über den doppelten Festzuschuss hinausgehende Kostenübernahme durch den Beklagten.

3.1. Streitgegenstand

Streitgegenstand ist die Frage der Bezuschussung von Zahnersatz über die Höhe des doppelten Festzuschusses für die Regelversorgung hinaus in Form einer kostenfreien Sachleistung. Der Beklagte hat seine Entscheidung, wie sich zweifelsfrei aus dem Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007 ergibt, ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Pflichtleistung gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BVG getroffen. Eine Entscheidung zum Härteausgleich gemäß § 89 BVG ist nicht ergangen. Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände (vgl. oben Ziff. 1.1.) ist dem Senat eine Prüfung des klägerischen Begehrens nur unter dem materiellen Gesichtspunkt möglich, unter dem die Entscheidung des Beklagten ergangen ist, also dem der Pflichtleistung.

3.2. Keine Erstattung der über den doppelten Festzuschuss hinausgehenden Kosten im Weg einer Pflichtleistung gemäß § 11 BVG

Im Rahmen der Versorgung nach dem BVG ist für Zahnersatz der doppelte Festzuschuss im Sinn der krankenversicherungsrechtlichen Regelungen zu gewähren. Aus dem Sachleistungsprinzip ergibt sich kein weitergehender Anspruch.

Der Umfang der Heilbehandlung ergibt sich aus § 11 BVG. Heilbehandlung beinhaltet gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BVG die Versorgung mit Zahnersatz. Die nähere Ausgestaltung des Heilbehandlungsanspruchs ergibt sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG aus den Regelungen für die gesetzliche Krankenversicherung, also dem SGB V.

§§ 55 ff. SGB V enthalten die Vorschriften zum Zahnersatz. Danach wird - entsprechend dem im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzip - die Sachleistung im Wege eines Festzuschusses gewährt (vgl. Vogl, a. a. O., § 11 BVG, Rdnr. 17). Infolge des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190), i. d. F. vor allem des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3445) besteht seit dem 01.01.2005 ein Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss. Dessen Höhe richtet sich nach den Kosten für prothetische Regelversorgungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach Maßgabe des § 56 SGB V festlegt (vgl. z. B. Kasseler Kommentar, 81. Erg.lief. 2014, § 55 SGB V, Rdnr. 7).

Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 v. H. der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 (zahnärztliche Leistungen) und § 57 Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB V (zahntechnische Leistungen) festgesetzten „Beträge für die jeweilige Regelversorgung“. Den vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 56 SGB V festgelegten Regelversorgungen, welche für bestimmte Befunde eine in der Mehrzahl der Fälle geeignete konkrete Versorgung beschreiben müssen (vgl. § 56 Abs. 1 und 2 SGB V), werden gemäß § 57 SGB V auf der Grundlage und in Fortentwicklung bisheriger Punktwerte bundeseinheitliche Vergütungen zugeordnet, welche die „Beträge für die jeweilige Regelversorgung“ im Sinn des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergeben. Diese beschreiben nicht (zwingend) die Kosten der konkreten, im jeweiligen Fall verwirklichten Versorgung, sondern die Aufwendungen für eine regelmäßig vom Gesetzgeber und Gemeinsamen Bundesausschuss für erforderlich gehaltene Zahnprothetik.

Die im Bereich des BVG gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG zuzahlungsfreie Sachleistung wird bei Zahnersatz in Höhe des doppelten Festzuschusses erbracht, da damit im Regelfall die notwendige medizinische Versorgung gewährleistet ist. Fallen darüber hinausgehende, nicht medizinisch begründete Mehrkosten an, stellen diese keine von § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG ausgeschlossene Kostenbeteiligung dar. Ob ein Versorgungsberechtigter eine kostenaufwändigere (Wahl-)Versorgung in Anspruch nimmt, steht einer Sachleistung in Höhe des doppelten Festzuschusses nicht entgegen, solange der Versorgungszweck erreicht wird (vgl. Vogl, a. a. O., § 11 BVG, Rdnr. 17).

Unter Beachtung dieser Vorgaben steht dem Kläger keine kostenfreie Sachleistung in dem Umfang zu, dass er einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Zahnersatz gemäß Heil- und Kostenplan vom 22.11.2006 hätte. Vielmehr hat der Beklagte - wie zutreffend im angegriffenen Bescheid erfolgt - nur die Kostenübernahme in Höhe des doppelten Festzuschusses, also in Höhe von 233,50 €, wie sie im Heil- und Kostenplan aufgeführt sind, zu bewilligen. Irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der beim Kläger vorliegende zahnbehandlungsbedürftige Zustand mit der Regelversorgung nicht adäquat behandelt werden könnte und deshalb Mehrkosten aufgrund einer medizinischen Indikation als medizinisch notwendig zu erstatten wären, gibt es nicht.

Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen (vgl. Urteile des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 3/09 und L 15 VK 9/09). Mit der gesetzlichen Regelung soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2012, § 75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht erfolgen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des Gerichts, die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG war nicht gegeben.

Die Berufung hat daher unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 6. März 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger beanstandet im Rahmen der ihm gewährten Versorgung die Höhe der Ausgleichsrente und des Ehegattenzuschlags.

Der im Jahre 1932 geborene Kläger wurde am 28.01.1944 durch einen Sprengkörper verletzt. Mit Bescheid vom 12.06.1954 wurden als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt: Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit Bescheid vom 12.06.1954 ab dem 01.06.1951 auf 40 v. H. geschätzt. Es wurde eine Grundrente, nicht aber eine Ausgleichsrente gemäß § 32 BVG gewährt.

Ein Antrag des Klägers vom 06.03.1994 auf Aufhebung des Bescheids vom 12.06.1954 wurde mit Bescheid vom 30.01.1995 und vom 31.01.1995 (zum Berufsschadenausgleich und zur besonderen beruflichen Betroffenheit) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.1995 abgelehnt. In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 27.11.2003, Az.: L 15 V 55/99, dazu verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.1990 „Versorgungsrente“ nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren.

Mit (Umsetzungs-)Bescheiden vom 02.04.2004 und 05.04.2004 wurde dem Kläger Grundrente nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. gewährt. Ausgleichsrente wurde dem Kläger wegen der Höhe seines Einkommens nicht gewährt, ebenso nicht ein Berufsschadensausgleich oder Ehegattenzuschlag.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 06.05.2004 u. a. wegen der Nichtbewilligung von Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag Widerspruch.

Der Beklagte teilte dem Kläger dazu mit Schreiben vom 30.05.2004 mit, dass sein Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 02.04.2004 keinen Erfolg haben könne, da das Urteil des Bayer. LSG vom 27.11.2003 nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) rechtskräftig geworden sei.

Mit Schreiben vom 27.12.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben und u. a. die Gewährung einer Ausgleichsrente gemäß § 32 BVG und eines Ehegattenzuschlags gemäß § 33 a BVG beantragt (Verfahren S 29/33 V 4/05). Nach Trennungsbeschluss vom 05.03.2007 ist das Verfahren betreffend die Ausgleichsrente und den Ehegattenzuschlag unter dem Aktenzeichen S 33 V 9/07 fortgeführt worden.

Mit Bescheid vom 13.07.2009, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das vorgenannte sozialgerichtliche Verfahren einbezogen worden ist, sind dem Kläger gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch rückwirkend ab Mai1993 Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag (für beschränkte Zeiten) bewilligt worden. Dagegen hat sich der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2009 gewandt und argumentiert, dass eine Nachzahlung von 32,88 € monatlich auf eine fehlerhafte Berechnung hindeute.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.03.2013 ist die Klage abgewiesen worden. In den Gründen ist dem Kläger entgegen gehalten worden, dass er im Laufe von nunmehr dreieinhalb Jahren die Möglichkeit gehabt habe, konkrete Einwände gegen den angegriffenen Bescheid vorzubringen, er aber davon keinen Gebrauch gemacht habe.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 23.03.2013 Berufung eingelegt und auf 22 Seiten im Wesentlichen verfahrensrechtliche Rügen erhoben, wobei er die verschiedenen anhängigen Rechtsstreitigkeiten und Rechtsbereiche nicht differenziert hat. In der Sache hat er lediglich vorgetragen, dass er bereits im Widerspruch vom 13.08.2009 „konkrete Einwände gegen den Bescheid hinsichtlich der zulässigen Berechnung vorgebracht“ habe, und auf die Amtsermittlungspflicht hingewiesen. Er hat die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland beantragt.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 06.03.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheids vom 02. und 05.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2004 und unter Abänderung des Bescheids vom 13.07.2009 zu verurteilen, Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag in größerer Höhe zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten, die Akten des SG München, auch zum Aktenzeichen S 33 V 4/05, beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zum Aktenzeichen L 15 V 55/99. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG).

Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass über den kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag des Klägers vor der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden war, hat unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz kein Anlass bestanden, in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 wegen des Nichterscheinens des Klägers nicht durch Urteil zu entscheiden, sondern zu vertagen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem sogar zusätzlich zum Befangenheitsantrag ein Terminsverlegungsantrag gestellt worden war, im Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00, wie folgt begründet:

„Entgegen seinem Vorbringen durfte der Kläger nicht schon aufgrund seines Ablehnungsgesuchs mit einer Verlegung des Termins rechnen. Er musste vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das LSG über dieses noch am Terminstag - ggf. in anderer Besetzung - durch verkündeten und sofort rechtskräftigen (§ 177 SGG) Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden würde. Bei einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs hätte dann eine mündliche Verhandlung der Hauptsache unter Leitung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden stattfinden können. Für den Fall der Zurückweisung oder Verwerfung (wie geschehen) des Gesuchs durfte das LSG sogar in unveränderter Besetzung zur Hauptsache mündlich verhandeln und entscheiden (die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs hätte es sogar ebenfalls in gleicher Besetzung vornehmen können vgl. Zöller a. a. O. RdNr. 4 zu § 45 ZPO m. w. N.). Darum konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, dass seinem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden würde. Denn das hätte das Vorliegen eines erheblichen Grundes erfordert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, RdNr. 4b zu § 110). Ein solcher erheblicher Grund war aus den oben dargelegten Gründen in dem Ablehnungsgesuch nicht zu sehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Berichterstatter des Senats, den der Kläger mit auf den 20.09.2014 datierten und am 21. bzw. 22.09.2014 jeweils abends bei Gericht eingegangenen Schreiben wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, hat an der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und dem Urteil vom selben Tag mitwirken können, weil der Befangenheitsantrag bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats rechtskräftig abgelehnt worden war. Das den als befangen abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot gemäß § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung endete mit der rechtskräftigen zurückweisenden Erledigung des Befangenheitsantrags durch den in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 verkündeten Beschluss.

Die Frage, ob der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis gehabt hat, ist rechtlich irrelevant (vgl. BSG, Beschluss vom 30.06.2008, Az.: B 2 U 1/08 RH - dort zur Kenntnis des abgelehnten Richters). Er könnte sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung durch Urteil mangels Kenntnis von dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 getroffenen Beschluss zur Befangenheit davon ausgegangen sei, dass der Befangenheitsantrag noch offen sei und dies einer abschließenden Entscheidung durch Urteil entgegen stehe. Auf seine Kenntnis des vor Erlass des Urteils ergangenen Beschlusses zum Befangenheitsantrag kommt es nicht an. Dieser Beschluss ist bereits mit der Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam und mangels Rechtsbehelfsmöglichkeit auch rechtskräftig geworden - und zwar unabhängig von der Kenntnis des Klägers. Zwar werden Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung nach § 142 Abs. 1 i. V. m. § 133 SGG erst mit Zustellung wirksam. Eine derartige Situation liegt aber hier nicht vor. Vielmehr hat der Senat angesichts des vom Kläger zu vertretenden Zeitdrucks von der dem Senat durch § 142 Abs. 1 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über den Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden und den Beschluss dort gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 132 SGG zu verkünden. Ein solcher, in der mündlichen Verhandlung verkündeter Beschluss wird mit der Verkündung existent und damit wirksam (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 142, Rdnr. 3c, § 135, Rdnr. 3, § 132, Rdnr. 1a, § 125, Rdnr. 4). Auf die Frage, wann der Kläger vom Beschluss zur Befangenheit Kenntnis erlangt, kommt es nicht an, da eine personenbezogene und kenntnisbegründete Teilwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen dem Grundsatz der durch Verkündung begründeten Öffentlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung fremd ist. Die gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG gebotene Zustellung des Protokolls mit dem Beschluss zur Befangenheit an den Kläger hat dabei keine Bedeutung für die Wirksamkeit des gerichtlichen Beschlusses, sondern ist vom Gesetzgeber wegen des Beginns etwaiger Rechtsmittelfristen - die es hier nicht gibt - vorgesehen worden (vgl. Keller, a. a. O., § 135, Rdnr. 3). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Befangenheit im ersten Teil der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 ist auch dessen Rechtskraft eingetreten, da gemäß § 177 SGG eine Beschwerde ausgeschlossen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass, auch wenn die Frage des Wirksamwerdens eines Beschlusses in einer mündlichen Verhandlung offen gelassen würde, die Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und beim Urteil vom selben Tag nicht zu einem angreifbaren Rechtsfehler führen würde. Denn ein derartiger Verfahrensfehler würde nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Zustellung des vor Erlass des Urteils gefassten Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs geheilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 19.05.1953, Az.: 2 StR 445/52, und vom 15.07.2004, Az.: IX ZB 280/03; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.10.1996, Az.: XI R 13/96; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.12.1999, Az.: 9 AZN 739/99; BSG, Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00 B).

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Ausgleichsrente oder eines höheren Ehegattenzuschlags.

1. Streitgegenstand

Angefochten sind die Bescheide vom 02.04.2004 und 05.04.2004, mit denen das Urteil des Bayer. LSG vom 27.11.2003, Az.: L 15 V 55/99, umgesetzt und dabei auch die Gewährung von Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag abgelehnt worden ist, soweit die Ausgleichsrente und der Ehegattenzuschlag betroffen sind. Der Bescheid vom 13.07.2009, mit dem dem Kläger rückwirkend ab Mai 1993 Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag bewilligt worden sind, ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

2. Ausgleichsrente

Die Ausgleichsrente ist richtig berechnet worden.

Die Ausgleichsrente gemäß § 32 BVG ist wie die Grundrente und der Berufsschadensausgleich Teil der in § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG genannten Beschädigtenrente; erhalten können sie nur Schwerbeschädigte. § 32 BVG lautet in der derzeit gültigen Fassung:

㤠32

(1) Schwerbeschädigte erhalten eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustands oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grund eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben können.

(2) Die volle Ausgleichsrente beträgt monatlich bei einem Grad der Schädigungsfolgen

von 50 oder 60 410 Euro,

von 70 oder 80 496 Euro,

von 90 596 Euro,

von 100 668 Euro.“

Die volle Ausgleichsrente im Sinn des § 32 Abs. 2 BVG ist gemäß § 33 BVG durch das anzurechnende Einkommen zu mindern. Näher geregelt ist die Anrechung in der Ausgleichsrentenverordnung und der jeweils geltenden Verordnung über das anzurechnende Einkommen (AnrV).

Die im Bescheid vom 13.07.2009 dargelegte Berechnung ist zur Überzeugung des Senats nach Auswertung aller vorliegenden Unterlagen zutreffend. Die vorliegenden Erkenntnisse zum Einkommen des Klägers, die im Wesentlichen auf seinen eigenen Angaben und den von ihm vorgelegten Unterlagen basieren, sind hierbei berücksichtigt. Der Beklagte ist bei der computerprogrammmäßig erstellten Berechnung von zutreffenden Prämissen ausgegangen, die der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat. Die Tatsache, dass vor Rentenbeginn die monatlichen Zahlbeträge gewechselt haben, ist damit zu erklären, dass der Kläger als selbstständig Tätiger ein wechselndes Einkommen gehabt hat. Ab Rentenbeginn ist das anzurechnende Einkommen so hoch, dass eine Ausgleichsrente nicht mehr zu gewähren ist.

Wenn der Kläger der Meinung ist, dass schon die geringe Höhe der Zahlungen ein Beleg für die unrichtige Berechnung sei, verkennt er das zugegebenermaßen komplizierte Anrechungssystem und die Tatsache, dass mit der Ausgleichsrente nicht eine volle Kompensation aller schädigungsbedingten Einkommensnachteile erfolgen soll, sondern nur eine einkommensabhängige Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts unabhängig vom Sozialhilferecht auf einem davon abgehobenen versorgungsrechtlichen Mindestniveau gewährleistet sein soll (vgl. Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 32 BVG, Rdnr. 1).

Mangels entsprechend substantiierten Vortrags des Klägers und wegen der schlüssigen, auf den eigenen Angaben des Klägers zu seinem Einkommen und den von ihm vorgelegten Nachweise aufbauenden Berechnung des Beklagten bestand für den Senat auch hier kein Anlass, im Wege der Amtsermittlungspflicht sozusagen ins Blaue hinein weitere Ermittlungen und Berechnungen vorzunehmen

3. Ehegattenzuschlag

Die Gewährung von Ehegattenzuschlag ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für einen Ehegattenzuschlag ist § 33 a BVG. Dieser lautet wie folgt:

㤠33a

(1) Schwerbeschädigte erhalten für den Ehegatten oder Lebenspartner einen Zuschlag von 74 Euro monatlich. Den Zuschlag erhalten auch Schwerbeschädigte, deren Ehe oder Lebenspartnerschaft aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist, wenn sie im eigenen Haushalt für ein Kind im Sinne des § 33b Abs. 1 Satz 1 und der Absätze 2 bis 4 sorgen. Steht keine Ausgleichsrente zu, so gilt § 33 entsprechend mit folgender Maßgabe:

a) Das anzurechnende Einkommen ist nur insoweit zu berücksichtigen, als es nicht bereits zum Wegfall der Ausgleichsrente geführt hat.

b) § 33 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b ist nicht anzuwenden.

(2) Alle Empfänger einer Pflegezulage erhalten den vollen Zuschlag, auch wenn die Pflegezulage nach § 35 Abs. 4 nicht gezahlt wird oder nach § 65 Abs. 1 ruht.“

Der Ehegattenzuschlag ist eine einkommensabhängige Leistung ausschließlich für Schwerbeschädigte. Die Einkommensabhängigkeit entfällt nur bei Empfängern einer Pflegezulage. Der Ehegattenzuschlag ist als Festbetrag (vgl. Dau, a. a. O., § 33 a BVG, Rdnr. 1) zu gewähren, sofern ein Anspruch auf Ausgleichsrente besteht. Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich nach § 33 a Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 33 BVG i. V. m. der AnrV, ob ein Teilehegattenzuschlag zu gewähren ist (vgl. Förster, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 33 a BVG, Rdnr. 2).

Die im Bescheid vom 13.07.2009 dargelegte Berechnung ist zur Überzeugung des Senats nach Auswertung aller vorliegenden Unterlagen zutreffend. Die vorliegenden Erkenntnisse zum Einkommen des Klägers, die im Wesentlichen aus seinen eigenen Angaben und den von ihm vorgelegten Unterlagen resultieren, sind hierbei berücksichtigt; der Beklagte ist bei der computerprogrammmäßig erstellten Berechnung von zutreffenden Prämissen ausgegangen, die der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat. Die Tatsache, dass die monatlichen Zahlbeträge zum Ehegattenzuschlag gewechselt haben, ist damit zu erklären, dass der Bezug teilweise neben der Gewährung von Ausgleichsrente erfolgt ist (dann voller Ehegattenzuschlag), teilweise (nach Beginn der Rente der Deutschen Rentenversicherung) ohne Ausgleichsrente (dann einkommensabhängiger Teilehegattenzuschlag).

Wenn der Kläger der Meinung ist, dass schon die geringe Höhe der Zahlungen ein Beleg für die unrichtige Berechnung sei, verkennt er wiederum das zugegebenermaßen komplizierte Anrechungssystem für die Zeit, in keine Ausgleichsrente zu zahlen ist.

Mangels entsprechend substantiierten Vortrags des Klägers und wegen der schlüssigen, auf den eigenen Angaben des Klägers zu seinem Einkommen und den von ihm vorgelegten Nachweise aufbauenden Berechnung des Beklagten bestand für den Senat auch hier kein Anlass, im Wege der Amtsermittlungspflicht sozusagen ins Blaue hinein weitere Ermittlungen und Berechnungen vorzunehmen.

Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen (vgl. Urteile des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 3/09 und L 15 VK 9/09). Mit der gesetzlichen Regelung soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2012, § 75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht erfolgen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des Gerichts, die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG war nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tenor

I.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. März 2013 und der Bescheid vom 10. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2004 werden insoweit abgeändert, als der Beklagte verpflichtet wird, über den Antrag des Klägers vom 30. September 2002 wegen der Erstattung der Beiträge zur Pflegeversicherung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

II.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten als Träger der Versorgungsverwaltung die Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung, die er in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 an seine private Pflegeversicherung geleistet hat.

Der im Jahre 1932 geborene Kläger wurde am 28.01.1944 durch einen Sprengkörper verletzt. Mit Bescheid vom 12.06.1954 wurden als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit Bescheid vom 12.06.1954 ab dem 01.06.1951 auf 40 v. H. geschätzt.

Ein Antrag des Klägers vom 06.03.1994 auf Änderung des Bescheids vom 12.06.1954 wurde abgelehnt. In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 27.11.2003, Az.: L 15 V 55/99, dazu verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.1990 „Versorgungsrente“ nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren.

Als sich im vorgenannten Verfahren vor dem Bayer. LSG abgezeichnet hatte, dass eine MdE in Höhe von 50 v. H. anzuerkennen sei, stellte das damals noch zuständige Versorgungsamt Düsseldorf unter Hinweis auf § 10 Abs. 8 BVG mit Bescheid vom 16.07.2002 fest, dass die Voraussetzungen vorlägen, dem Kläger Heilbehandlung nach § 10 Abs. 1 und 2 BVG zu gewähren, und wies ihn einer gesetzlichen Krankenversicherung zu. Die bis dahin bestehende private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers bei der Landeskrankenhilfe endete infolge seiner Kündigung zum 30.09.2002.

Am 30.09.2002 beantragte der Kläger beim damals zuständigen Versorgungsamt Düsseldorf u. a die Erstattung der vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 gezahlten Beiträge zur Pflegeversicherung.

Mit Umsetzungsbescheiden vom 02.04.2004 und 05.04.2004 zum Urteil des Bayer. LSG vom 27.11.2003 wurde dem Kläger Grundrente nach einer MdE von 50 v. H. gewährt. Ausgleichsrente wurde dem Kläger wegen der Höhe seines Einkommens nicht zugesprochen, ebenso nicht ein Berufsschadensausgleich oder ein Ehegattenzuschlag. Dagegen legte dieser Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 10.05.2004 lehnte es der aufgrund Wohnortwechsel des Klägers zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte ab, Beiträge zur Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 zu erstatten. Dies wurde damit begründet, dass die gesetzliche Regelung des § 53 a BVG eine Erstattung nur dann zulasse, wenn der Beschädigte Ausgleichsrente, Ehegattenzuschlag oder Berufsschadenausgleich beziehe. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

Dagegen erhob der Kläger am 17.05.2004 Widerspruch und begründete diesen damit, dass § 53 a Abs. 2 BVG lediglich die Höhe der Erstattungsbeträge festlege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2004 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Grundsätzlich - so der Beklagte - lägen die Voraussetzungen des § 53 a Abs. 1 BVG zwar vor. Nach der Vorschrift des § 53 a BVG sei eine Beitragserstattung aber nur dann möglich, wenn der Beschädigte Ausgleichsrente, Ehegattenzuschlag oder Berufsschadenausgleich beziehe. Denn es würden nur die auf Ausgleichsrente, Ehegattenzuschlag oder Berufsschadenausgleich gezahlten Beiträge erstattet. Da der Kläger diese Leistungen nicht beziehe, errechne sich keine Erstattung.

Am 18.08.2004 hat der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht München erhoben. Aus dem ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 29 V 27/04 geführten Verfahren, das neben der Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung auch die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge umfasst hatte, ist mit Trennungsbeschluss vom 10.06.2009 das streitgegenständliche Verfahren betreffend die Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung abgetrennt worden.

Mit Bescheid vom 13.07.2009 sind dem Kläger rückwirkend ab Mai 1993 Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag bewilligt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: § 53 a BVG sehe eine Erstattung von Pflegebeiträgen nur während eines laufenden Leistungsbezugs vor, nicht jedoch für die Vergangenheit aufgrund nachträglicher Zusprache des Schwerbeschädigtenstatus. Hinsichtlich einer rückwirkenden Zuerkennung sei das Urteil des Bayer. LSG vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 9/09, anwendbar, das dem Kläger eine nachträgliche Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung verweigert habe. Das Urteil habe den Vorrang des Sachleistungsprinzips vor dem Geldleistungsprinzip betont. Die Versorgungsverwaltung habe Naturalleistungen zu erbringen, nicht Geldleistungen. Die wenigen Ausnahmen des § 18 Abs. 3 und 4 BVG lägen nicht vor. § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG sei dem Wortlaut nach auf Fälle beschränkt, in denen der Berechtigte zunächst einen Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung gehabt habe, dieser dann rechtswidrig weggefallen und später rückwirkend wieder zuerkannt worden sei. Allein die rückwirkende Anerkennung eines Anspruchs auf Heil- und Krankenbehandlung ohne einen vorher bereits bestehenden Anspruch reiche nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht zur Begründung eines Erstattungsanspruchs aus. § 53 a BVG treffe bezüglich der Beiträge zur Pflegeversicherung eine noch strengere Regelung. Hier werde eine nachträgliche Erstattung unter keinen Bedingungen ermöglicht. Umso weniger werde für die Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung eine großzügigere Regelung möglich sein als nach dem für den Kläger schon nicht hilfreichen § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 10.04.2013 Berufung eingelegt und auf 25 Seiten im Wesentlichen verfahrensrechtliche Rügen erhoben, wobei er die verschiedenen anhängigen Rechtsstreitigkeiten nicht differenziert hat. Er hat die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland beantragt.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.05.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2004 zu verurteilen, die Beiträge des Klägers zur Pflegeversicherung vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und die Akten des SG München, auch zum Aktenzeichen S 29/33 V 27/04, beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zum Aktenzeichen L 15 V 55/99. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG).

Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass über den kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag des Klägers vor der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden war, hat unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz (GG) kein Anlass bestanden, in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 wegen des Nichterscheinens des Klägers nicht durch Urteil zu entscheiden, sondern zu vertagen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem sogar zusätzlich zum Befangenheitsantrag ein Terminsverlegungsantrag gestellt worden war, im Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00, wie folgt begründet:

„Entgegen seinem Vorbringen durfte der Kläger nicht schon aufgrund seines Ablehnungsgesuchs mit einer Verlegung des Termins rechnen. Er musste vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das LSG über dieses noch am Terminstag - ggf. in anderer Besetzung - durch verkündeten und sofort rechtskräftigen (§ 177 SGG) Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden würde. Bei einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs hätte dann eine mündliche Verhandlung der Hauptsache unter Leitung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden stattfinden können. Für den Fall der Zurückweisung oder Verwerfung (wie geschehen) des Gesuchs durfte das LSG sogar in unveränderter Besetzung zur Hauptsache mündlich verhandeln und entscheiden (die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs hätte es sogar ebenfalls in gleicher Besetzung vornehmen können vgl. Zöller a. a. O. RdNr. 4 zu § 45 ZPO m. w. N.). Darum konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, dass seinem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden würde. Denn das hätte das Vorliegen eines erheblichen Grundes erfordert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, RdNr. 4b zu § 110). Ein solcher erheblicher Grund war aus den oben dargelegten Gründen in dem Ablehnungsgesuch nicht zu sehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Berichterstatter des Senats, den der Kläger mit auf den 20.09.2014 datierten und am 21. bzw. 22.09.2014 jeweils abends bei Gericht eingegangenen Schreiben wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, hat an der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und dem Urteil vom selben Tag mitwirken können, weil der Befangenheitsantrag bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats rechtskräftig abgelehnt worden war. Das den als befangen abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot gemäß § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung endete mit der rechtskräftigen zurückweisenden Erledigung des Befangenheitsantrags durch den in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 verkündeten Beschluss.

Die Frage, ob der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis gehabt hat, ist rechtlich irrelevant (vgl. BSG, Beschluss vom 30.06.2008, Az.: B 2 U 1/08 RH - dort zur Kenntnis des abgelehnten Richters). Er könnte sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung durch Urteil mangels Kenntnis von dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 getroffenen Beschluss zur Befangenheit davon ausgegangen sei, dass der Befangenheitsantrag noch offen sei und dies einer abschließenden Entscheidung durch Urteil entgegen stehe. Auf seine Kenntnis des vor Erlass des Urteils ergangenen Beschlusses zum Befangenheitsantrag kommt es nicht an. Dieser Beschluss ist bereits mit der Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam und mangels Rechtsbehelfsmöglichkeit auch rechtskräftig geworden - und zwar unabhängig von der Kenntnis des Klägers. Zwar werden Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung nach § 142 Abs. 1 i. V. m. § 133 SGG erst mit Zustellung wirksam. Eine derartige Situation liegt aber hier nicht vor. Vielmehr hat der Senat angesichts des vom Kläger zu vertretenden Zeitdrucks von der dem Senat durch § 142 Abs. 1 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über den Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden und den Beschluss dort gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 132 SGG zu verkünden. Ein solcher, in der mündlichen Verhandlung verkündeter Beschluss wird mit der Verkündung existent und damit wirksam (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 142, Rdnr. 3c, § 135, Rdnr. 3, § 132, Rdnr. 1a, § 125, Rdnr. 4). Auf die Frage, wann der Kläger vom Beschluss zur Befangenheit Kenntnis erlangt, kommt es nicht an, da eine personenbezogene und kenntnisbegründete Teilwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen dem Grundsatz der durch Verkündung begründeten Öffentlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung fremd ist. Die gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG gebotene Zustellung des Protokolls mit dem Beschluss zur Befangenheit an den Kläger hat dabei keine Bedeutung für die Wirksamkeit des gerichtlichen Beschlusses, sondern ist vom Gesetzgeber wegen des Beginns etwaiger Rechtsmittelfristen - die es hier nicht gibt - vorgesehen worden (vgl. Keller, a. a. O., § 135, Rdnr. 3). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Befangenheit im ersten Teil der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 ist auch dessen Rechtskraft eingetreten, da gemäß § 177 SGG eine Beschwerde ausgeschlossen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass, auch wenn die Frage des Wirksamwerdens eines Beschlusses in einer mündlichen Verhandlung offen gelassen würde, die Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und beim Urteil vom selben Tag nicht zu einem angreifbaren Rechtsfehler führen würde. Denn ein derartiger Verfahrensfehler würde nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Zustellung des vor Erlass des Urteils gefassten Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs geheilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 19.05.1953, Az.: 2 StR 445/52, und vom 15.07.2004, Az.: IX ZB 280/03; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.10.1996, Az.: XI R 13/96; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.12.1999, Az.: 9 AZN 739/99; BSG, Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00 B).

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der von ihm im Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 zur Pflegeversicherung gezahlten Beiträge dem Grunde nach. Der Anspruch geht aber nicht soweit, dass dem Kläger die von ihm im Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 zur Pflegeversicherung geleisteten Beiträge vollständig zu erstatten wären. Denn eine Erstattung ist nur in dem von § 53 a Abs. 2 BVG eröffneten Umfang möglich.

1. Streitgegenstand

Angefochten ist der Bescheid vom 10.05.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2004. Streitgegenstand ist damit die Frage, ob dem Kläger die von ihm zur Pflegeversicherung in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 gezahlten Beiträge zu erstatten sind.

2. Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch

Rechtsgrundlage für eine Erstattung der an die Pflegeversicherung gezahlten Beiträge ist § 53 a BVG. Dieser lautet wie folgt:

„§ 53 a Beiträge zur Pflegeversicherung

(1) Rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen, die einen Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung haben und die bei einem privaten Versicherungsunternehmen oder bei einer Pflegekasse nach § 20 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch versichert sind, wird der Beitrag zur Pflegeversicherung erstattet.

(2) Der Erstattungsbetrag nach Absatz 1 darf den Betrag nicht übersteigen, der sich bei Zugrundelegung des Beitragssatzes nach § 55 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch bei Beschädigten aus der Ausgleichsrente, dem Ehegattenzuschlag und dem Berufsschadensausgleich, bei Hinterbliebenen aus allen Rentenleistungen nach diesem Gesetz ergibt.

(3) § 61 Abs. 6 und 7 des Elften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.“

Regelungsgehalt des § 53 a BVG ist die Erstattung von Beiträgen zur privaten Pflicht-Pflegeversicherung bei rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen (vgl. Bundestags-Drucksache 12/5262, S. 164). Das § 53 a BVG zugrunde liegende Regelungsbedürfnis ist darin zu sehen, dass in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherte Beschädigte aus der Beschädigtenrente nach dem BVG keine Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen, weil es sich bei den Leistungen der Beschädigtenversorgung nicht um beitragspflichtige Einnahmen gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB Elftes Buch (SGB XI) i. V. m. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch handelt. Privat Pflegeversicherte hingegen haben in aller Regel Beiträge aus ihren gesamten Einkünften, unabhängig von der Art, zu entrichten. Dieser Ungleichbehandlung wird durch § 53 a BVG und die damit bewirkte wirtschaftliche Entlastung entgegen gewirkt, wobei jedoch wegen der Einschränkungen in § 53 a Abs. 2 und 3 BVG eine volle Gleichstellung nicht erfolgt (vgl. Vogl, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 53 a BVG, Rdnr. 3). Denn den privat Pflegeversicherten werden nicht die gesamten, aus der Beschädigtenrente gezahlten Beiträge zu ihrer privaten Pflegeversicherung erstattet, sondern gemäß § 53 a Abs. 2 BVG nur insofern, als dies einem Beitrag unter Zugrundlegung des Beitragssatzes nach § 55 Abs. 1 SGB XI aus der Ausgleichsrente, dem Ehegattenzuschlag und dem Berufsschadensausgleich entspricht. Eine Erstattung der sich aus der (einkommensunabhängigen) Grundrente gemäß § 31 BVG ergebenden Beiträge zur privaten Pflegeversicherung sieht das BVG nicht vor.

3. Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch in der Person des Klägers

Der Kläger hat einen Erstattungsanspruch, wobei dessen genaue Höhe noch vom Beklagten zu ermitteln sein wird. Der Anspruch geht jedenfalls nicht so weit, wie ihn der Kläger in seinem Schreiben vom 30.09.2002 beziffert hat, da er dabei für sämtliche von ihm zur privaten Pflegeversicherung gezahlten Beiträge, unabhängig, woraus sie sich errechnen, eine Erstattung begehrt hat. Dieses Begehren würde auf eine komplette Freistellung von den Pflegeversicherungsbeiträgen hinauslaufen, wie sie nicht einmal den gesetzlich pflegeversicherten (Schwer-)Beschädigten zugute kommt und für das eine gesetzliche Grundlage auch bei privat Pflegeversicherten fehlt.

3.1. Anspruch dem Grunde nach

Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Beitragserstattung zu.

Die kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für eine Beitragserstattung sind in der Person des Klägers seit dem 01.01.1995 erfüllt:

- Er ist ein rentenberechtigter Beschädigter im Sinn des § 53 a Abs. 1 BVG, da er wegen einer anerkannten MdE (jetzt: Grad der Schädigung - GdS) in Höhe von 50 (v. H.) seit dem 01.01.1990 zum Bezug von Grundrente im Sinn des § 31 Abs. 1 BVG berechtigt ist.

- Er hat seit jeher einen Anspruch auf Heilbehandlung zumindest im Sinn des § 10 Abs. 1 BVG. Die Regelung des § 53 a Abs. 1 BVG differenziert nicht danach, ob sich der Heilbehandlungsanspruch gemäß § 10 Abs. 1 BVG nur auf Schädigungsfolgen beschränkt oder gemäß § 10 Abs. 2 BVG umfassend ist, weil der GdS mindestens 50 beträgt. Insofern kann es für den Senat dahingestellt bleiben, wie die Auswirkung des Urteils des Senats vom 27.11.2003, mit dem der GdS rückwirkend ab dem 01.01.1990 auf 50 hochgesetzt worden ist, auf den Heilbehandlungsanspruch zu diskutieren wären.

- Er hat Beiträge zur privaten Pflegeversicherung gezahlt.

- Er hat Leistungen im Sinn des § 53 a Abs. 2 BVG bezogen.

Zwar regelt, wie der Kläger angemerkt hat, § 53 a Abs. 2 BVG dem Wortlaut nach nur die Begrenzung der Höhe des sich aus § 53 a Abs. 1 BVG ergebenden Anspruchs auf Beitragserstattung. Daraus ist aber, wie dies der Beklagte zutreffend dargelegt hat, der Rückschluss zu ziehen, dass eine Beitragserstattung zur privaten Pflegeversicherung nur dann in Betracht kommt, wenn der Beschädigte Ausgleichsrente, Ehegattenzuschlag oder Berufsschadensausgleich bezieht oder bezogen hat (vgl. auch oben Ziff. 2. a.E.). Denn wenn er keine dieser drei Leistungen bezogen hätte, wäre der sich aus diesen Leistungen ergebende Beitrag gleich Null, was ein Anspruchshindernis darstellen würde, da der Erstattungsbetrag dann zwingend Null wäre.

Zwar bezog der Kläger zum Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungsentscheidung noch keine derartigen Leistungen. Ihm sind aber mit Bescheid vom 13.07.2009 rückwirkend ab Mai 1993 Ausgleichsrente - diese nur vorübergehend - und Ehegattenzuschlag bewilligt worden.

Warum der Bescheid vom 13.07.2009 im bisherigen Verfahren nicht berücksichtigt worden ist, kann der Senat nur teilweise nachvollziehen. Dass der Beklagte im Rahmen des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens eine Beitragserstattung abgelehnt hat, ist damit zu erklären, dass der Kläger zur damaligen Zeit nur eine Grundrente bezogen hat. Erst während des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens sind dem Kläger mit Bescheid vom 13.07.2009 rückwirkend ab Mai 1993 auch eine Ausgleichsrente und ein Ehegattenzuschlag gewährt worden. Dass das SG die rückwirkende Gewährung von Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag unberücksichtigt gelassen hat, kann allenfalls dadurch begründet sein, dass das SG eine rückwirkende Erstattung grundsätzlich für ausgeschlossen zu halten scheint - eine rechtlich aber nicht haltbare Begründung (vgl. unten Ziff. 4.).

3.2. Zur Höhe des Anspruchs

Der Beklagte ist gehalten, im Gefolge dieses Urteils eine Beitragserstattung wie folgt vorzunehmen: Es sind die vom Kläger von Januar 1995 bis September 2002 erbrachten Zahlungen für Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag mit dem Beitragssatz nach § 55 Abs. 1 SGB XI zu multiplizieren und der sich daraus ergebende Betrag dem Kläger zu erstatten (vgl. Vogl, a. a. O., § 53 a BVG, Rdnr. 11).

Lediglich informationshalber weist der Senat der Kläger darauf hin, dass die zu erwartende Beitragserstattung weit unter den von ihm zur Erstattung geltend gemachten Beiträgen von über 8.000,- € zu seiner privaten Pflegeversicherung liegen wird, die sich aus seinen gesamten Einnahmen ergeben haben.

Eine zeitliche Beschränkung der Erstattung im Sinn einer Verjährung ist in § 53 a BVG nicht vorgesehen. Für eine entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sieht der Senat im vorliegenden Verfahren schon deswegen keinen Raum, weil er mit Blick auf die rückwirkenden Feststellungen im Verfahren vor dem Bayer. LSG mit dem Aktenzeichen L 15 VK 9/09 (höhere Versorgung ab dem 01.01.1990!) und der Tatsache, dass es sich bei der Beitragserstattung gemäß § 53 a BVG nicht um eine Antragsleistung handelt, den Rechtsgedanken des § 44 Abs. 4 SGB X nicht für einschlägig hält. Die Erstattung der Beiträge zur Pflegeversicherung ist Teil dieser seit 1990 zustehenden Versorgung.

4. Anmerkung zum angefochtenen Gerichtsbescheid vom 07.03.2013

Sofern das SG die Ablehnung des Erstattungsanspruchs mit Hinweis auf § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG und darauf, dass die Regelung des § 53 a BVG noch strenger als § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG sei und eine Erstattung nur während eines laufenden Leistungsbezugs vorsehe, begründet hat, kann der Senat dem nicht folgen. Der Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG baut, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, auf dem Grundsatz des Sachleistungsprinzips auf. Die Vorschrift des § 53 a BVG hat hingegen einen ganz anderen Hintergrund. Das Sachleistungsprinzip spielt dabei keine Rolle. Mit § 53 a BVG soll vielmehr nur der unterschiedlichen Beitragszahlung bei gesetzlich pflegeversicherten Beschädigten einerseits und solchen mit privater Pflegeversicherung andererseits Rechnung getragen werden.

Irgendeinen Anlass, den sich aus § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG ergebenden Rechtsgedanken, wonach eine Kostenerstattung von Beiträgen zur Krankversicherung ausschließlich auf die Fälle, dass der Berechtigte zunächst einen umfassenden Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung gehabt hat, dieser dann (rechtswidrig) weggefallen ist und später wieder rückwirkend zuerkannt wird, beschränkt ist und eine Möglichkeit zur Kostenerstattung immer dann ausscheidet, wenn in der Vergangenheit noch gar kein Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung zuerkannt gewesen ist (vgl. Vogl, a. a. O., § 18 BVG, Rdnr. 16; Fehl, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 18 BVG, Rdnr. 18; Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsgesetz, Stand 06/2012, § 18, Ziff. 6), in analoger Anwendung auf die Frage der Erstattung von Beiträgen zur privaten Pflegeversicherung zu übertragen, gibt es nicht. Insbesondere gibt die Tatsache, dass in § 53 a BVG nicht danach differenziert wird, ob es sich um eine rückwirkende Beitragserstattung oder um eine solche für die Zukunft handelt, keinen Grund, eine analoge Anwendung des sich aus § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG ergebenden Rechtsgedankens in Betracht zu ziehen. Der Senat kann weder in § 53 a BVG eine einer analogen Anwendung zugängliche Lücke finden noch sieht er angesichts der speziellen Regelung in § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG darin eine der Analogie fähige Regelung, zumal die zugrunde liegenden Konstellationen nicht vergleichbar sind (§ 18 Abs. 4 Satz 3 BVG ist unter dem Gedanken des Sachleistungsprinzips zu sehen, § 53 a BVG unter dem Aspekt einer systembedingt nicht vermeidbaren Beitragszahlung privat Pflegeversicherter).

Sollte der Gesetzgeber - was der Senat bezweifelt - tatsächlich eine restriktivere Erstattung, als sie der Senat vornimmt, wollen, wäre es allein Sache des Gesetzgebers, dies durch ein entsprechendes gesetzgeberisches Tätigwerden zu korrigieren. Den Gerichten wäre eine solche Korrektur versagt, da sie sich damit zum Gesetzgeber aufschwingen und gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GG verstoßen würden.

Der (ungeschriebene) Grundsatz der Parallelität des Rechts der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ist aufgrund der unterschiedlichen Konstellationen und Regelungszwecke vorliegend nicht betroffen.

Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen (vgl. Urteile des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 3/09 und L 15 VK 9/09). Mit der gesetzlichen Regelung soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2012, § 75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht erfolgen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des Gerichts, die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG war nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass zwar die Ablehnung einer Beitragserstattung an sich aufzuheben war, die vom Kläger für die Erstattung geltend gemachten Beiträge aber über das nach den gesetzlichen Vorgaben zu Erstattende deutlich hinausgehen.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. März 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Rahmen der Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) Leistungen des Zahnersatzes für sich und seine Ehefrau.

Der Kläger ist Schwerbeschädigter mit einem Grad der Schädigung (GdS) von 50; als Schädigungsfolgen nach dem BVG sind der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt. Seine Ehefrau ist bei einem Träger der gesetzlichen Krankversicherung (S.) versichert.

Mit Schreiben vom 20.03.2010 legte der Kläger einen Heil- und Kostenplan vom 29.01.2010 der Zahnärztin Dr. B. für die zahnärztliche Behandlung von ihm selbst (Gegenstand der Behandlung: Krone beim Zahn 47; Kosten: 552,46 €) und zwei weitere Heil- und Kostenpläne vom 08.03.2010 für die Behandlung seiner Ehefrau (Kosten: 239,51 € und 2.923,02 €) mit der Bitte um Genehmigung und Übernahme der Gesamtkosten vor. Zur Begründung eines Erstattungsanspruchs zitierte er die Vorschriften der §§ 10, 11, 18 Abs. 1 BVG; er habe - so der Kläger - einen Anspruch auf kostenfreie Sachleistung. Dem Berechtigten dürfe bei einer dem Befund entsprechenden notwendigen Versorgung kein eigener Kostenanteil verbleiben. Zu beachten sei, dass sich bei im Regelfall hochbetagten BVG-Berechtigten und der Art der bei ihnen mit Zahnersatz zu versorgenden Gesundheitsstörungen Abweichungen von der Regelversorgung ergeben könnten. Den Anspruch wegen der Zahnbehandlung seiner Ehefrau stützte er auf § 10 Abs. 4 und 5 BVG.

Mit Bescheid vom 24.03.2010 lehnte der Beklagte die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten für Zahnersatz bei der Ehefrau des Klägers ab. Diese erhalte - so der Beklagte - von ihrer Krankenkasse die entsprechenden gesetzlichen Festzuschüsse. Es liege damit ein Ausschlussgrund im Sinn des § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst. b i. V. m. Satz 2 und 3, § 12 BVG vor.

Mit Bescheid vom 25.03.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für seine eigene Zahnbehandlung gemäß § 10 Abs. 2 BVG eine Kostenübernahme bis zur Höhe des doppelten Festzuschusses von voraussichtlich 243,14 €.

Mit Schreiben vom 18.04.2010 erhob der Kläger gegen beide Bescheide Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2010 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.03.2010 zurück. Er begründete dies wie folgt: Gemäß §§ 10 Abs. 2, 11 Abs. 1 Nr. 4 BVG habe der Kläger Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz im Rahmen der Heilbehandlung. Der Leistungsumfang richte sich hierbei grundsätzlich nach der in den Festzuschuss-Richtlinien und den Zahnersatz-Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Regelversorgung. Der doppelte Festzuschuss der gesetzlichen Krankenversicherung entspreche der Vergütung für eine Regelversorgung. Bei der geplanten Zahnbehandlungsmaßnahme handele sich um eine Kronenversorgung des Zahns 47. Die Regelversorgung sehe hierfür eine Versorgung mit einer Krone ohne Verblendung vor. Nach dem Heil- und Kostenplan sei jedoch eine Krone mit Keramikverblendung geplant. Die Kosten dieser sogenannten gleichartigen Versorgung würden die Kosten der Regelversorgung übersteigen. Medizinische Gründe hierfür lägen nicht vor, so dass lediglich Anspruch auf die Regelversorgung bestehe. Darüber hinausgehende Kosten seien nach § 18 Abs. 2 BVG vom Kläger selbst zu tragen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2010 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.03.2010 zurück. Die Ehefrau des Klägers habe - so der Beklagte - keinen Krankenbehandlungsanspruch aus dem BVG. Angehörige sowie Hinterbliebene von Kriegsbeschädigten hätten, anders als Beschädigte selbst, keinen Krankenbehandlungsanspruch, wenn sie Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung seien.

Am 09.06.2010 hat der Kläger gegen die „am 10.05.2010 zugestellten“ Widerspruchsbescheide Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben.

Unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.05.2006, Az.: B 1 KR 18/05 R, hat er argumentiert, dass der Anspruch eines Versorgungsberechtigten nicht pauschal dadurch ausgeschlossen sei, dass dieser Mitglied einer gesetzlichen Krankversicherung sei. Seiner Ehefrau sei wie ihm selbst seit der Eheschließung eine Heil- und Krankenbehandlung nach dem BVG zu gewähren.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 ist die Klage abgewiesen worden.

Am 10.04.2013 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland beantragt. In seiner 26-seitigen Berufungsbegründung kommt seine Meinung zum Ausdruck, dass er für seine Ehefrau einen Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung nach dem BVG habe, da ein solcher Anspruch nicht nach § 10 Abs. 7 BVG pauschal dadurch ausgeschlossen sei, dass seine Ehefrau Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei. Er sei nicht bereit, für die Beklagte Leistungsstreitigkeiten mit der Krankenkasse zu führen.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 24. und 25.03.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.05. und 30.04.2010 zur Erstattung der Kosten für Zahnersatz jeweils in Höhe der in den Behandlungsplänen angesetzten Kosten zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten, die Akten des SG München und die Akten des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) zum Aktenzeichen L 15 VK 14/09 NZB beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zum Aktenzeichen L 15 V 55/99. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG).

Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass über den kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag des Klägers vor der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden war, hat unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz kein Anlass bestanden, in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 wegen des Nichterscheinens des Klägers nicht durch Urteil zu entscheiden, sondern zu vertagen. Dies hat das BSG in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem sogar zusätzlich zum Befangenheitsantrag ein Terminsverlegungsantrag gestellt worden war, im Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00, wie folgt begründet:

„Entgegen seinem Vorbringen durfte der Kläger nicht schon aufgrund seines Ablehnungsgesuchs mit einer Verlegung des Termins rechnen. Er musste vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das LSG über dieses noch am Terminstag - ggf. in anderer Besetzung - durch verkündeten und sofort rechtskräftigen (§ 177 SGG) Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden würde. Bei einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs hätte dann eine mündliche Verhandlung der Hauptsache unter Leitung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden stattfinden können. Für den Fall der Zurückweisung oder Verwerfung (wie geschehen) des Gesuchs durfte das LSG sogar in unveränderter Besetzung zur Hauptsache mündlich verhandeln und entscheiden (die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs hätte es sogar ebenfalls in gleicher Besetzung vornehmen können vgl. Zöller a. a. O. RdNr. 4 zu § 45 ZPO m. w. N.). Darum konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, dass seinem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden würde. Denn das hätte das Vorliegen eines erheblichen Grundes erfordert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, RdNr. 4b zu § 110). Ein solcher erheblicher Grund war aus den oben dargelegten Gründen in dem Ablehnungsgesuch nicht zu sehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Berichterstatter des Senats, den der Kläger mit auf den 20.09.2014 datierten und am 21. bzw. 22.09.2014 jeweils abends bei Gericht eingegangenen Schreiben wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, hat an der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und dem Urteil vom selben Tag mitwirken können, weil der Befangenheitsantrag bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats rechtskräftig abgelehnt worden war. Das den als befangen abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot gemäß § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung endete mit der rechtskräftigen zurückweisenden Erledigung des Befangenheitsantrags durch den in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 verkündeten Beschluss.

Die Frage, ob der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis gehabt hat, ist rechtlich irrelevant (vgl. BSG, Beschluss vom 30.06.2008, Az.: B 2 U 1/08 RH - dort zur Kenntnis des abgelehnten Richters). Er könnte sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung durch Urteil mangels Kenntnis von dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 getroffenen Beschluss zur Befangenheit davon ausgegangen sei, dass der Befangenheitsantrag noch offen sei und dies einer abschließenden Entscheidung durch Urteil entgegen stehe. Auf seine Kenntnis des vor Erlass des Urteils ergangenen Beschlusses zum Befangenheitsantrag kommt es nicht an. Dieser Beschluss ist bereits mit der Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam und mangels Rechtsbehelfsmöglichkeit auch rechtskräftig geworden - und zwar unabhängig von der Kenntnis des Klägers. Zwar werden Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung nach § 142 Abs. 1 i. V. m. § 133 SGG erst mit Zustellung wirksam. Eine derartige Situation liegt aber hier nicht vor. Vielmehr hat der Senat angesichts des vom Kläger zu vertretenden Zeitdrucks von der dem Senat durch § 142 Abs. 1 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über den Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden und den Beschluss dort gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 132 SGG zu verkünden. Ein solcher, in der mündlichen Verhandlung verkündeter Beschluss wird mit der Verkündung existent und damit wirksam (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 142, Rdnr. 3c, § 135, Rdnr. 3, § 132, Rdnr. 1a, § 125, Rdnr. 4). Auf die Frage, wann der Kläger vom Beschluss zur Befangenheit Kenntnis erlangt, kommt es nicht an, da eine personenbezogene und kenntnisbegründete Teilwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen dem Grundsatz der durch Verkündung begründeten Öffentlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung fremd ist. Die gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG gebotene Zustellung des Protokolls mit dem Beschluss zur Befangenheit an den Kläger hat dabei keine Bedeutung für die Wirksamkeit des gerichtlichen Beschlusses, sondern ist vom Gesetzgeber wegen des Beginns etwaiger Rechtsmittelfristen - die es hier nicht gibt - vorgesehen worden (vgl. Keller, a. a. O., § 135, Rdnr. 3). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Befangenheit im ersten Teil der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 ist auch dessen Rechtskraft eingetreten, da gemäß § 177 SGG eine Beschwerde ausgeschlossen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass, auch wenn die Frage des Wirksamwerdens eines Beschlusses in einer mündlichen Verhandlung offen gelassen würde, die Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und beim Urteil vom selben Tag nicht zu einem angreifbaren Rechtsfehler führen würde. Denn ein derartiger Verfahrensfehler würde nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Zustellung des vor Erlass des Urteils gefassten Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs geheilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 19.05.1953, Az.: 2 StR 445/52, und vom 15.07.2004, Az.: IX ZB 280/03; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.10.1996, Az.: XI R 13/96; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.12.1999, Az.: 9 AZN 739/99; BSG, Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00 B).

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Streitgegenstand

Streitgegenstand sind die Bescheide vom 24. und 25.03.2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.05. und 30.04.2010, in denen der Beklagte über die Kostenerstattung bei konkret geplanten Zahnbehandlungsmaßnahmen beim Kläger sowie dessen Ehefrau entschieden hat.

Zur Klarstellung für den Kläger weist der Senat darauf hin, dass allgemeine Feststellungen zur Ausgestaltung des Behandlungsanspruchs des Klägers und seiner Ehefrau, soweit diese über die konkret geplanten Zahnbehandlungsmaßnahmen, wie sie sich aus den Behandlungsplänen vom 29.01.2010 und vom 08.03.2010 ergeben, nicht Gegenstand des Verfahrens sind, da insofern eine anfechtbare Entscheidung des Beklagten nicht vorliegt.

2. Kostenübernahme für die Zahnersatzmaßnahme des Klägers

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine über den doppelten Festzuschuss hinausgehende Kostenübernahme durch den Beklagten.

2.1. Streitgegenstand

Streitgegenstand ist die Frage der Bezuschussung von Zahnbehandlung über die Höhe des doppelten Festzuschusses für die Regelversorgung hinaus in Form einer kostenfreien Sachleistung. Der Beklagte hat seine Entscheidung, wie sich zweifelsfrei aus dem Bescheid vom 25.03.2010 und dem Widerspruchsbescheid vom 30.04.2010 ergibt, ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Pflichtleistung gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BVG getroffen. Eine Entscheidung zum Härteausgleich gemäß § 89 BVG ist nicht ergangen. Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az.: 9 RV 2/95) ist dem Senat eine Prüfung des klägerischen Begehrens nur unter dem materiellen Gesichtspunkt möglich, unter dem die Entscheidung des Beklagten ergangen ist, also dem der Pflichtleistung.

2.2. Keine Erstattung der über den doppelten Festzuschuss hinausgehenden Kosten im Wege einer Pflichtleistung gemäß § 11 BVG

Im Rahmen der Versorgung nach dem BVG ist dem Kläger für Zahnersatz der doppelte Festzuschuss im Sinn der krankenversicherungsrechtlichen Regelungen zu gewähren. Aus dem Sachleistungsprinzip ergibt sich kein weitergehender Anspruch.

Gemäß § 10 Abs. 1 BVG erhält ein Beschädigter Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht sind. Nur ausnahmsweise dann, wenn ein Anspruchsteller wie hier schwerbeschädigt im Sinne des § 31 Abs. 2 BVG ist, der GdS also mindestens 50 beträgt, besteht auch ein Anspruch auf Heilbehandlung wegen schädigungsfremder Gesundheitsstörungen.

Der Umfang der Heilbehandlung nach dem BVG, der gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BVG auch Zahnersatz umfasst, folgt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG („Die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse (§ 18c Abs. 2 Satz 1) ihren Mitgliedern verpflichtet ist, gelten für die Leistungen nach Satz 1 entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.“) den Vorgaben des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, also dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), soweit nicht im BVG Abweichendes geregelt ist.

§§ 55 ff. SGB V enthalten die Vorschriften zum Zahnersatz. Danach wird - entsprechend dem im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzip - die Sachleistung im Wege eines Festzuschusses gewährt (vgl. Vogl, a.a.O, § 11 BVG, Rdnr. 17). Infolge des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) i. d. F. vor allem des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3445) besteht seit dem 01.01.2005 ein Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss. Dessen Höhe richtet sich nach den Kosten für prothetische Regelversorgungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach Maßgabe des § 56 SGB V festlegt (vgl. z. B. Kasseler Kommentar, 81. Erg.lief. 2014, § 55 SGB V, Rdnr. 7).

Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 v. H. der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 (zahnärztliche Leistungen) und § 57 Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB V (zahntechnische Leistungen) festgesetzten „Beträge für die jeweilige Regelversorgung“. Den vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 56 SGB V festgelegten Regelversorgungen, welche für bestimmte Befunde eine in der Mehrzahl der Fälle geeignete konkrete Versorgung beschreiben müssen (vgl. § 56 Abs. 1 und 2 SGB V), werden gemäß § 57 SGB V auf der Grundlage und in Fortentwicklung bisheriger Punktwerte bundeseinheitliche Vergütungen zugeordnet, welche die „Beträge für die jeweilige Regelversorgung“ im Sinn des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergeben. Diese beschreiben nicht (zwingend) die Kosten der konkreten, im jeweiligen Fall verwirklichten Versorgung, sondern die Aufwendungen für eine regelmäßig vom Gesetzgeber und Gemeinsamen Bundesausschuss für erforderlich gehaltene Zahnprothetik.

Die im Bereich des BVG gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG zuzahlungsfreie Sachleistung wird bei Zahnersatz in Abweichung zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (dort nur einfacher Festzuschuss) in Höhe des doppelten Festzuschusses erbracht, da damit im Regelfall die notwendige medizinische Versorgung und so eine zahnärztliche Behandlung „ohne Beteiligung an den Kosten“ im Sinn des § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG gewährleistet ist. Fallen darüber hinausgehende, nicht medizinisch begründete Mehrkosten an, stellen diese keine von § 18 Abs. 1 Satz 2 BVG ausgeschlossene Kostenbeteiligung dar. Ob ein Versorgungsberechtigter eine kostenaufwändigere (Wahl-)Versorgung in Anspruch nimmt, steht einer Sachleistung in Höhe des doppelten Festzuschusses nicht entgegen, solange der Versorgungszweck erreicht wird (vgl. Vogl, a. a. O., § 11 BVG, Rdnr. 17).

Unter Beachtung dieser Vorgaben steht dem Kläger keine kostenfreie Sachleistung in dem Umfang, dass er einen Anspruch auf Übernahme des Zahnersatzes gemäß Heil- und Kostenplan vom 29.01.2010 hätte, zu. Vielmehr hat der Beklagte - wie zutreffend im angegriffenen Bescheid zugesagt - nur die Kosten in Höhe des doppelten Festzuschusses, also in Höhe von voraussichtlich 243,14 €, zu übernehmen.

Es ist nicht ansatzweise ein Gesichtspunkt erkennbar oder vom Kläger vorgetragen worden, wonach mit einer Regelversorgung die medizinisch notwendige zahnärztliche Versorgung nicht sichergestellt werden könnte. Vielmehr ist es offenkundig, dass die Mehrkosten dadurch bedingt sind, dass die vom Kläger erwünschte Leistung über das medizinisch Notwendige hinaus Mehrkosten verursacht, die ausschließlich optischen Gründen geschuldet sind. So beinhaltet die vom Kläger beabsichtigte Versorgung nicht nur eine Krone, sondern auch deren Keramikverblendung. Dass eine solche Verblendung bei einem im hinteren Mundraum liegenden Zahn (Zahn 47) nicht medizinisch notwendig ist und daher bei der Ermittlung des Festzuschusses nicht berücksichtigt wird, liegt auf der Hand. Wenn der Kläger mit Blick auf die Höhe der Kosten im Kostenvoranschlag seiner Zahnärztin mit Schreiben vom 20.03.2010 darauf hingewiesen hat, dass sich bei hochbetagten BVG-Berechtigten Abweichungen von der Regelversorgung ergeben könnten, ist dieser Hinweis nicht dazu geeignet, den hier zugrunde gelegten doppelten Festzuschuss als befundadäquat in Frage zu stellen. Allein wegen des Alters ergibt sich keine Abweichung des medizinisch Notwendigen von der Regelversorgung. Eine Abweichung wäre vielmehr mit den individuellen Umständen des Behandlungsfalls zu begründen. Im vorliegenden Fall gibt es aber nichts, was darauf hindeuten könnte, dass die Regelversorgung nicht medizinisch ausreichend wäre. Denn der kostenerhöhende Faktor bei der vom Kläger beabsichtigten Zahnbehandlung ist die Tatsache, dass eine Keramikverblendung der Krone beabsichtigt ist. Dies kann, zumal bei einem im hinteren Mundraum liegenden und damit kaum sichtbaren Zahn (Zahn 47), nicht mit einer medizinischen Notwendigkeit, begründet werden.

3. Kostenübernahme für die Zahnersatzmaßnahme der Ehefrau des Klägers

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme von Zahnbehandlungsmaßnahmen seiner Ehefrau durch den Beklagten.

Zwar hat ein Schwerbeschädigte im Sinn des § 31 Abs. 2 BVG gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a) BVG auch einen Anspruch auf Krankenbehandlung seines Ehegatten, wenn er mit diesem in häuslicher Gemeinschaft lebt und ihn überwiegend unterhält. Dieser Anspruch ist aber gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst. d BVG bzw. § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst. f BVG dann ausgeschlossen, wenn ein anderer Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet oder die Heil- oder Krankenbehandlung des Ehegatten durch ein anderes Gesetz sichergestellt ist. Von einer Sicherstellung durch eine entsprechende Leistung nach einem anderen Gesetz ist gemäß § 10 Abs. 7 Satz 2 BVG dann auszugehen, wenn die Leistungen nach dem anderen Gesetz und dem BVG nach ihrer Zweckbestimmung und der Art der Leistungserbringung übereinstimmen. Gesetzgeberischer Hintergrund für diesen Ausschluss ist, dass die Erbringung von Leistungen für nicht schädigungsbedingte Erkrankungen eigentlich außerhalb des Zwecks des Entschädigungsrechts im engeren Sinn steht und nur Lücken schließen soll, die sonst im Leistungsrecht offen bleiben würden (vgl. Fehl, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 10 BVG, Rdnr. 26; Vogl, a. a. O., § 10 BVG, Rdnr. 37). Darauf, ob die sich aus dem anderen Gesetz ergebende Leistung tatsächlich in Anspruch genommen wird, kommt es nicht an (vgl. Vogl, a. a. O., § 10 BVG, Rdnr. 42). Ausdrücklich klargestellt hat dies der Gesetzgeber für die Kosten von Zahnersatz in § 12 Abs. 2 BVG. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 BVG ist § 10 Abs. 7 BVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung mit Zahnersatz (zusätzliche) Zuschüsse zu den Kosten der Beschaffung von Zahnersatz ausschließen.

Auch wenn die Kostenerstattung der gesetzlichen Krankversicherung, die die Ehefrau des Klägers für die Zahnbehandlungsmaßnahmen erhält, vermutlich niedriger ist als die Erstattung, die nach dem BVG zu erbringen wäre, ändert dies an der Beurteilung nichts. Denn § 12 Abs. 2 BVG steht auch einer Aufstockung der von der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen entgegen. Dies hat das BSG ausdrücklich in einem dem hier zu entscheidenden Sachverhalt vergleichbaren Fall mit Urteil vom 29.09.1993, Az.: 9/9a RV 34/92, wie folgt ausgeführt:

„Der Kläger kann sich auch nicht auf die Vorschriften berufen, die das Zusammentreffen von Sozialleistungsansprüchen in der Weise regeln, dass dem Leistungsempfänger die höhere Leistung verbleibt. Richtig ist, dass viele Vorschriften, die das Verhältnis von Leistungsansprüchen regeln, die aus demselben Leistungsgrund entstehen, dafür Sorge tragen, dass dem Leistungsempfänger im Ergebnis die höhere Leistung verbleibt. Der für nachrangig erklärte Anspruch wird nur in Höhe des vorrangigen Anspruchs ausgeschlossen oder ruht nur in dieser Höhe. Es ist auch einzuräumen, dass das Bundesverfassungsgericht für eine Reihe von Vorschriften, in denen die Konkurrenz von Leistungsansprüchen nicht ausdrücklich in dieser Weise geregelt ist, entschieden hat, dass eine verfassungskonforme Auslegung, wenn sie nach dem Wortlaut der betreffenden Vorschriften möglich ist, zu diesem Ergebnis führen muss (BVerfGE 31, 185 = SozR Nr. 18 zu Art 14 GG; BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr. 12; BVerfGE 79, 87 = SozR 2200 § 183 Nr. 54).

Auf diese Weise geschützt sind aber nur Sozialleistungsansprüche, die deshalb gewährt werden, weil der Sozialleistungsempfänger dafür eine Vorleistung erbracht hat und die deshalb auch nicht davon abhängig gemacht werden dürfen, ob im Einzelfall ein Bedarf besteht. Wenn aus demselben Grund - etwa Versicherungs- oder Versorgungsfall - zwei durch Vorleistungen erworbene Ansprüche fällig werden, besteht zwar ein Interesse daran, eine Überversicherung oder Überversorgung, dh eine Doppelleistung zu vermeiden. Der verfassungsgemäß handelnde Gesetzgeber kann aber nicht regeln, dass ein derart erworbener höherer Anspruch deshalb ganz wegfällt oder ruht, weil ein weiterer geringerer Anspruch erworben wird. Derselbe Gedanke gilt, wenn es sich um Ansprüche handelt, die einem Bürger deshalb zustehen, weil von ihm ein besonderes Opfer verlangt worden ist. Dementsprechend werden nach § 65 BVG die Ansprüche auf Versorgungsbezüge und Heilbehandlung des Geschädigten nur insoweit zum Ruhen gebracht, wie entsprechende Ansprüche nach Unfallversicherungsrecht oder Beamtenrecht bestehen.

Die hier umstrittene Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 BVG regelt nicht das Verhältnis zweier nebeneinander bestehender erworbener Ansprüche. Sie bekräftigt die Grundentscheidung, die der Gesetzgeber im Rahmen des kriegsopferrechtlichen Krankenschutzes getroffen hat, auch für die Zahnarztleistungen. Nach dieser Grundentscheidung haben einen unbedingten Anspruch auf Krankenschutz nur die Kriegsbeschädigten selbst und diese nur für die Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind (§ 10 Abs. 1 BVG). Der Anspruch auf den Krankenschutz in diesem Umfang kann als erworben gelten, weil er für das Opfer an Gesundheit gewährt wird, das der Staat von dem Geschädigten verlangt hat (vgl. dazu Fehl in Wilke, Soziale Entschädigung, 2. Auflage, § 1 BVG RdNr. 2). Dazu gehört der Krankenschutz für die Ehefrau des Geschädigten auch dann nicht, wenn sie zugleich Pflegerin ihres Mannes ist. Es bestehen allerdings beachtliche Gründe, auch der pflegenden Ehefrau den unbedingten versorgungsrechtlichen Krankenschutz zu gewähren. Sie könnte als mittelbar Geschädigte anerkannt werden, wenn sie durch die Pflege gehindert war, sich eine volle eigene soziale Sicherung zu verschaffen. Dabei sollte beachtet werden, dass sie durch ihre Pflege den Staat entlastet, weil insoweit eine fremde Pflegekraft erspart wird (vgl. § 35 BVG). Die Rechtsprechung ist aber nicht befugt, den im BVG abschließend aufgeführten Kreis der unbedingt Berechtigten zu erweitern. Der Gesetzgeber, der in der Kriegsopferversorgung einen besonders weiten Spielraum hat (vgl. BVerfG SozR 2200 § 175 Nr. 6 m. w. N.), hat es bisher unterlassen, die pflegenden Ehefrauen als mittelbar Geschädigte zu behandeln. Das zeigt sich u. a. auch daran, dass schädigungsbedingte Nachteile der pflegenden Ehefrau in ihrer eigenen Altersversorgung nach dem BVG nicht berücksichtigt werden (vgl. § 48 BVG).

Der Gesetzgeber hat aus fürsorgerischen Gesichtspunkten (BSG SozR 3100 § 10 Nrn 6, 13, 18) das Bedürfnis für den Krankenschutz weit über den Kreis der unmittelbar Kriegsbeschädigten hinaus anerkannt. Diese Erweiterung ist aber an typischen Bedarfssituationen orientiert. § 10 Abs. 2 - 6 BVG erweitert den Krankenschutz auf nicht schädigungsbedingte Leiden und für nicht, jedenfalls nicht unmittelbar Geschädigte. Die in § 10 Abs. 7 BVG aufgeführte Liste der Gründe, die die Erweiterung des Krankenschutzes nach § 10 Abs. 2, 4, 5 und 6 BVG ausschließen, zeigt aber, dass der Krankenschutz vom Bedarf abhängig ist. Der Bedarf wird nicht im Einzelfall geprüft, sondern typisierend unterstellt, es sei denn, dass ein Ausschlussgrund vorliegt. Ein Ausschlussgrund liegt vor, wenn ein Sozialleistungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist (§ 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst d BVG). Die Leistungen entsprechen sich schon dann, wenn sie in ihrer Zweckbestimmung und in der Art der Leistungserbringung übereinstimmen (so § 10 Abs. 7 Satz 2 BVG). Daraus folgt, dass sie in ihrem Umfang nicht übereinstimmen müssen, also durchaus geringer sein dürfen. Das Gesetz ordnet damit eine strikte Subsidiarität an (BSG SozR 3-3100 § 44 Nr. 1).

Diese Regelung ist nicht sachwidrig und verstößt daher nicht gegen den Gleichheitssatz (Art 3 Abs. 1 GG). Zwar leuchtet es auf den ersten Blick vielleicht nicht ein, dass man einen höheren Anspruch dadurch verlieren soll, dass man sich mit eigenen Kosten einen geringeren verschafft. Eine solche Überlegung ist aber im Rahmen des erweiterten Krankenschutzes der Kriegsopferversorgung nicht gerechtfertigt. Die Tatbestände, die zum Ausschluss führen, erfordern nämlich nicht, dass sonstige Sozialleistungsansprüche den Krankenschutz ersetzen. Sie gehen vielmehr von der unwiderleglichen Vermutung aus, dass in bestimmten typisierten Fällen der allgemein unterstellte Bedarf nicht vorliegt. Der erweiterte Krankenschutz soll nicht denjenigen zugute kommen, von denen angenommen werden kann, dass sie entweder durch eigene Kraft (§ 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst a) und c) BVG) oder durch die Solidargemeinschaft der Sozialversicherten (§ 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst d BVG) eine ausreichende soziale und wirtschaftliche Sicherheit erlangen konnten. Dieser Krankenschutz soll vielmehr nur denjenigen gewährt werden, die nicht arbeiten konnten und deshalb weder sozialversichert sind, noch ein Einkommen haben, das den Sozialversicherungsschutz erübrigt. Mit den Einzelregelungen des § 10 Abs. 2, 4, 5, 6 und 7 BVG wird dieses Ziel in sachgerechter Weise verfolgt. Es ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, dass der BVG-Krankenschutz nur insoweit von einem Sozialversicherungs-Krankenschutz verdrängt wird, wie beide wirtschaftlich gleichwertig sind, zumal nur Abs. 7 Buchst f) die Formulierung „wenn und soweit“ enthält.

In das auf diesen Grundvorstellungen beruhende Regelungsgefüge für die Krankenversorgung fügt sich die Regelung über die Leistungen für Zahnersatz des § 12 Abs. 2 BVG sinnvoll ein. Insbesondere ist es sachgerecht, alle in der sozialen Krankenversicherung pflichtversicherten Angehörigen von Schwerbeschädigten aus der Versorgung mit Zahnersatz völlig auszuschließen. Auch aus der Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BVG, wonach freiwillig Versicherte begünstigt werden, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten. Diese Regelung schließt sich an § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchst e BVG an, wonach privat Krankenversicherte ihre Ansprüche nach BVG behalten. Ob die Begünstigung von privat und freiwillig Versicherten sachlich geboten ist, braucht nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist es aber ein sachlicher Grund, ihnen zugute zu halten, dass sie die Beiträge für ihre private oder gesetzliche Krankenversicherung ganz oder überwiegend selbst tragen.“

Weitere Ausführungen erübrigen sich angesichts der klaren Darlegungen des BSG.

Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen (vgl. Urteile des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 3/09 und L 15 VK 9/09). Mit der gesetzlichen Regelung soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2012, § 75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht erfolgen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des Gerichts, die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG war nicht gegeben.

Die Berufung hat daher unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. März 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist eine Untätigkeit des Beklagten.

Der im Jahre 1932 geborene Kläger wurde am 28.01.1944 durch einen Sprengkörper verletzt. Mit Bescheid vom 12.06.1954 wurden als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit Bescheid vom 12.06.1954 ab dem 01.06.1951 auf 40 v. H. geschätzt. Es wurde eine Grundrente, nicht aber eine Ausgleichsrente gemäß § 32 BVG gewährt.

Ein Antrag des Klägers vom 06.03.1994 auf Änderung des Bescheids vom 12.06.1954 wurde mit Bescheid vom 30.01.1995 und vom 31.01.1995 (zum Berufsschadenausgleich und zur besonderen beruflichen Betroffenheit) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.1995 abgelehnt. In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 27.11.2003, Az.: L 15 V 55/99, dazu verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.1990 „Versorgungsrente“ nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren.

Mit (Umsetzungs-)Bescheiden vom 02.04.2004 und 05.04.2004 wurde dem Kläger Grundrente nach einer MdE von 50 v. H. gewährt. Ausgleichsrente wurde dem Kläger wegen der Höhe seines Einkommens nicht gewährt, ebenso nicht ein Berufsschadensausgleich oder Ehegattenzuschlag.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 30.05.2004) erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 29/33 V 4/05)

Mit Bescheid vom 13.07.2009 wurden dem Kläger gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch rückwirkend ab 05/1993 Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag (für beschränkte Zeiten) bewilligt.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2009 entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch, weil seiner Ansicht nach die Ausgleichsrente und der Ehegattenzuschlag falsch berechnet worden seien, was er aus der niedrigen Höhe schließe.

Ein Widerspruchsbescheid erging in der Folge nicht, der Bescheid wurde aber in das sozialgerichtliche Verfahren mit dem Aktenzeichen S 29/33 V 4/05 einbezogen.

Mit Schreiben vom 02.06.2010 hat der Kläger Untätigkeitsklage zum SG München erhoben. Er hat vorgetragen, dass über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.07.2009 nicht entschieden worden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.03.2013 ist die aus dem Verfahren S 29/33 V 4/05 abgetrennte und unter dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 geführte Klage wegen Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag abgewiesen worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 hat das SG die Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen. In den Gründen hat es darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 13.07.2009 nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 geworden sei. Der Beklagte hätte in dieser Situation gar keinen Widerspruchsbescheid erlassen dürfen, sondern habe den weiteren Dialog über einen etwa noch strittigen Teil der Ansprüche auf der gerichtlichen Ebene weiterführen müssen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 11.04.2013 Berufung eingelegt und auf 28 Seiten diverse Verfahrensverstöße durch das SG gerügt. Seiner Meinung nach sei die Bundesrepublik Deutschland beizuladen. Die Bescheide aus dem Jahr 1995 seien rechtswidrig. Der Beklagte habe gefälschte Gutachten in Auftrag gegeben.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 aufzuheben und seiner Untätigkeitsklage stattzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG München, auch zu den Aktenzeichen S 33 V 4/05 und S 30 V 9/07, beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zu den Aktenzeichen L 15 V 55/99 und L 15 VK 3/13. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 SGG).

Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass über den kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag des Klägers vor der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden war, hat unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich garantierten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz kein Anlass bestanden, in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 wegen des Nichterscheinens des Klägers nicht durch Urteil zu entscheiden, sondern zu vertagen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem sogar zusätzlich zum Befangenheitsantrag ein Terminsverlegungsantrag gestellt worden war, im Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00, wie folgt begründet:

„Entgegen seinem Vorbringen durfte der Kläger nicht schon aufgrund seines Ablehnungsgesuchs mit einer Verlegung des Termins rechnen. Er musste vielmehr die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das LSG über dieses noch am Terminstag - ggf. in anderer Besetzung - durch verkündeten und sofort rechtskräftigen (§ 177 SGG) Beschluss aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden würde. Bei einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs hätte dann eine mündliche Verhandlung der Hauptsache unter Leitung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden stattfinden können. Für den Fall der Zurückweisung oder Verwerfung (wie geschehen) des Gesuchs durfte das LSG sogar in unveränderter Besetzung zur Hauptsache mündlich verhandeln und entscheiden (die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs hätte es sogar ebenfalls in gleicher Besetzung vornehmen können vgl. Zöller a. a. O. RdNr. 4 zu § 45 ZPO m. w. N.). Darum konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, dass seinem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden würde. Denn das hätte das Vorliegen eines erheblichen Grundes erfordert (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, RdNr. 4b zu § 110). Ein solcher erheblicher Grund war aus den oben dargelegten Gründen in dem Ablehnungsgesuch nicht zu sehen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Berichterstatter des Senats, den der Kläger mit auf den 20.09.2014 datierten und am 21. bzw. 22.09.2014 jeweils abends bei Gericht eingegangenen Schreiben wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, hat an der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und dem Urteil vom selben Tag mitwirken können, weil der Befangenheitsantrag bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats rechtskräftig abgelehnt worden war. Das den als befangen abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot gemäß § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung endete mit der rechtskräftigen zurückweisenden Erledigung des Befangenheitsantrags durch den in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 verkündeten Beschluss.

Die Frage, ob der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis gehabt hat, ist rechtlich irrelevant (vgl. BSG, Beschluss vom 30.06.2008, Az.: B 2 U 1/08 RH - dort zur Kenntnis des abgelehnten Richters). Er könnte sich nicht darauf berufen, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung durch Urteil mangels Kenntnis von dem in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 getroffenen Beschluss zur Befangenheit davon ausgegangen sei, dass der Befangenheitsantrag noch offen sei und dies einer abschließenden Entscheidung durch Urteil entgegen stehe. Auf seine Kenntnis des vor Erlass des Urteils ergangenen Beschlusses zum Befangenheitsantrag kommt es nicht an. Dieser Beschluss ist bereits mit der Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam und mangels Rechtsbehelfsmöglichkeit auch rechtskräftig geworden - und zwar unabhängig von der Kenntnis des Klägers. Zwar werden Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung nach § 142 Abs. 1 i. V. m. § 133 SGG erst mit Zustellung wirksam. Eine derartige Situation liegt aber hier nicht vor. Vielmehr hat der Senat angesichts des vom Kläger zu vertretenden Zeitdrucks von der dem Senat durch § 142 Abs. 1 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über den Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden und den Beschluss dort gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 132 SGG zu verkünden. Ein solcher, in der mündlichen Verhandlung verkündeter Beschluss wird mit der Verkündung existent und damit wirksam (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 142, Rdnr. 3c, § 135, Rdnr. 3, § 132, Rdnr. 1a, § 125, Rdnr. 4). Auf die Frage, wann der Kläger vom Beschluss zur Befangenheit Kenntnis erlangt, kommt es nicht an, da eine personenbezogene und kenntnisbegründete Teilwirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen dem Grundsatz der durch Verkündung begründeten Öffentlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung fremd ist. Die gemäß § 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG gebotene Zustellung des Protokolls mit dem Beschluss zur Befangenheit an den Kläger hat dabei keine Bedeutung für die Wirksamkeit des gerichtlichen Beschlusses, sondern ist vom Gesetzgeber wegen des Beginns etwaiger Rechtsmittelfristen - die es hier nicht gibt - vorgesehen worden (vgl. Keller, a. a. O., § 135, Rdnr. 3). Mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Befangenheit im ersten Teil der mündlichen Verhandlung am 25.09.2014 ist auch dessen Rechtskraft eingetreten, da gemäß § 177 SGG eine Beschwerde ausgeschlossen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass, auch wenn die Frage des Wirksamwerdens eines Beschlusses in einer mündlichen Verhandlung offen gelassen würde, die Mitwirkung des abgelehnten Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 und beim Urteil vom selben Tag nicht zu einem angreifbaren Rechtsfehler führen würde. Denn ein derartiger Verfahrensfehler würde nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Zustellung des vor Erlass des Urteils gefassten Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs geheilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 19.05.1953, Az.: 2 StR 445/52, und vom 15.07.2004, Az.: IX ZB 280/03; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.10.1996, Az.: XI R 13/96; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.12.1999, Az.: 9 AZN 739/99; BSG, Beschluss vom 01.08.2000, Az.: B 9 SB 24/00 B).

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die Untätigkeitsklage zutreffend abgewiesen.

Eine Untätigkeit des Beklagten liegt nicht vor, da er einen Widerspruchsbescheid zum Bescheid vom 13.07.2009 nicht zu erlassen hatte. Der Bescheid vom 13.07.2009 war nämlich gemäß § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 29/33 V 4/05 geworden. Zwar war die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid des Beklagten vom 13.07.2009 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, Widerspruch zu erheben, unrichtig gewesen. Gleichwohl ist der Bescheid vom 13.07.2009 gemäß § 96 Abs. 1 SGG in das sozialgerichtliche Verfahren mit dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 einbezogen worden, da er „nach Erlass des Widerspruchsbescheids“ - vom 30.05.2004 - „ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt“ - vom 02.04.2004 und 05.04.2004 - „abändert oder ersetzt.“ An dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Rechtsfolge ändert eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung nichts (vgl. BSG, Beschluss vom 22.07.2010, Az.: B 4 AS 77/10 B); eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung macht einen unstatthaften Rechtsbehelf nicht zulässig, sondern kann nur Einfluss auf die Rechtsmittelfrist haben (vgl. BSG, Beschluss vom 31.08.2012, Az.: B 8 SO 37/11 B). Ein Widerspruchsbescheid war daher nicht zu erlassen; von einer Untätigkeit des Beklagten kann nicht ausgegangen werden.

Warum der Kläger die Untätigkeitsklage weiter verfolgt hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Spätestens mit dem Erlass des unter dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 ergangenen Gerichtsbescheids vom 06.03.2013, der Gegenstand des Berufungsverfahrens mit dem Aktenzeichen L 15 VK 3/13 geworden ist, hätte dem Kläger klar sein müssen, dass seine Untätigkeitsklage ins Leere läuft.

Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen (vgl. Urteile des Senats vom 28.11.2012, Az.: L 15 VK 3/09 und L 15 VK 9/09). Mit der gesetzlichen Regelung soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2012, § 75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht erfolgen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des Gerichts, die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGG war nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 26. Juni 2009 V B 67/08 hob der Senat auf die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers, Kostenschuldners, Erinnerungsführers und Rügeführers (Rügeführer) das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 15. Mai 2008 auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im Übrigen wies der Senat die Beschwerde als unbegründet zurück.

2

Hiergegen wendete sich der Rügeführer mit der Anhörungsrüge, die der Senat mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 V S 15/10 als unzulässig verwarf und in dem er dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegte. Daraufhin hat die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) durch Kostenrechnung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1, 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG die Gerichtskosten mit 50 € gegen den Rügeführer angesetzt. Mit Beschluss vom 22. Mai 2012 V E 2/12 wies der Senat die Erinnerung des Rügeführers gegen die Kostenrechnung zurück.

3

Hiergegen erhebt der Rügeführer erneut Einwendungen, mit denen er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Beschwerdeverfahren V B 67/08 und den Verfahren über die Anhörungsrüge V S 15/10 und die Erinnerung V E 2/12 wiederholt, wonach die Finanzgerichtsordnung (FGO), die Abgabenordnung, das Umsatzsteuergesetz, das GKG und eine Vielzahl weiterer Gesetze nichtig seien. Die Nichtigkeit dieser Gesetze habe zur Folge, dass die für die Entscheidung über seine Einwendungen zuständigen Richter von Gesetzes wegen ausgeschlossen seien. Im Übrigen beantragt er, die Vorsitzende Richterin am BFH A sowie die Richter am BFH B und C wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

Entscheidungsgründe

4

II. Der Rügeführer wendet sich gegen den Beschluss des angerufenen Senats im Verfahren über die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des BFH V E 2/12. Da eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des BFH über eine Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statthaft ist (BFH-Beschlüsse vom 11. März 2010 V S 20/09, BFH/NV 2010, 1289; vom 23. Juli 2009 IX B 134/09, Zeitschrift für Steuern & Recht --ZSteu-- 2009, R-968), sind die Einwendungen des Rügeführers als Anhörungsrüge nach § 69a GKG auszulegen; diese ist unzulässig.

5

1. Der Senat entscheidet in seiner nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am BFH A sowie der Richter am BFH B und C. Der Ablehnungsantrag ist missbräuchlich und deshalb unzulässig.

6

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1289; vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, VII S 41/02, BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ablehnungsgesuch gegen einen ganzen Spruchkörper unzulässig, wenn keine konkreten Anhaltspunkte vorgebracht werden, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers gegenüber dem Ablehnenden hindeuten können (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juli 2007  1 BvR 2228/06, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 3771; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1289; vom 26. September 2007 V S 10/07, BFHE 219, 27, BStBl II 2008, 60). So liegt die Sache hier, weil der Rügeführer keinerlei Anhaltspunkte für eine Befangenheit der zuständigen Richter vorgetragen hat. Über ein rechtsmissbräuchliches und damit offensichtlich unzulässiges Gesuch auf Ablehnung der Richter eines Senats kann, ohne dass es einer dienstlichen Äußerung der betroffenen Richter bedarf, zusammen mit der Sachentscheidung entschieden werden (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1289).

7

2. Soweit der Rügeführer meint, die zur Entscheidung zuständigen Richter seien von Gesetzes wegen von der Entscheidung ausgeschlossen, trifft dies nicht zu. Sein Vortrag zur Unwirksamkeit und Nichtigkeit einer Vielzahl von Gesetzen bietet keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss nach § 51 FGO, § 41 ZPO; diese sind auch nach Aktenlage nicht ersichtlich.

8

3. Nach § 69a GKG ist auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (1.) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (2.) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

9

Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge erfordert schlüssige und substantiierte Darlegungen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen in dem vorausgegangenen Verfahren, auf das sich die Anhörungsrüge bezieht (hier V E 2/12), sich der Rügeführer nicht hat äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe, und dass die Entscheidung ohne die behauptete Gehörsverletzung anders ausgefallen wäre (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1289, mit Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum). Daran fehlt es.

10

Der Rügeführer wiederholt im Wesentlichen seine Ansicht, dass eine Vielzahl im Einzelnen benannter deutscher Gesetze nichtig sei. Der Begründung lässt sich jedoch nicht entnehmen, welchen konkreten und für das Erinnerungsverfahren gegen die Kostenrechnung des BFH (V E 2/12) entscheidungserheblichen Vortrag der Senat bei seiner Entscheidung über die Erinnerung nicht berücksichtigt haben könnte und in welcher Weise der Anspruch des Rügeführers auf rechtliches Gehör in diesem Verfahren verletzt worden sein soll. Mit der Anhörungsrüge kann im Übrigen nur die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht jedoch eine fehlerhafte Besetzung der Richterbank oder eine fehlerhafte Sachentscheidung gerügt werden (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1289; vom 12. März 2009 XI S 17-21/08, ZSteu 2009, R-536, m.w.N.).

11

4. Für das Verfahren nach § 69a GKG entstehen keine Gerichtsgebühren, da das Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG keinen Kostentatbestand vorsieht.

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss vom 11. Mai 2012 (V E 1/12) wies der Senat die Erinnerung des Kostenschuldners, Erinnerungsführers und Rügeführers (Rügeführer) gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs (BFH) --Kostenstelle-- vom 1. März 2012 zurück.

2

Hiergegen wendet sich der Rügeführer durch seinen "Ablehnungsbeschluss" vom 26. Juni 2012 und macht im Wesentlichen geltend, der Beschluss vom 11. Mai 2012 (V E 1/12) sei illegal und rechtswidrig, weil das Gericht --mangels Zulassung durch die Militärregierung-- nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Außerdem fehlten auf dem Beschluss vom 11. Mai 2012 die nach §§ 315, 317 der Zivilprozessordnung erforderlichen Originalunterschriften der Richter mit Beglaubigung.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Anhörungsrüge ist unzulässig.

4

Da sich der Rügeführer gegen den Beschluss des angerufenen Senats vom 11. Mai 2012 (V E 1/12) im Verfahren über die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des BFH vom 1. März 2012 wendet, wertet der Senat das Rechtsmittel als Anhörungsrüge nach § 69a des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach dieser Vorschrift ist auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

5

Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge erfordert schlüssige und substantiierte Darlegungen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen in dem vorausgegangenen Verfahren, auf das sich die Anhörungsrüge bezieht (hier: V E 1/12), sich der Rügeführer nicht hat äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe, und dass die Entscheidung ohne die behauptete Gehörsverletzung anders ausgefallen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 11. März 2010 V S 20/09, BFH/NV 2010, 1289). Daran fehlt es vorliegend bei dem Vorbringen des Rügeführers, der die fehlende Legitimation der beschlussfassenden Richter durch die Militärregierung und die Auflösung aller Gerichte seit 2007 geltend macht und die fehlende Unterschrift der Richter auf der dem Rügeführer zugestellten Ausfertigung bemängelt. Mit der Anhörungsrüge kann nur die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht jedoch eine fehlerhafte Besetzung der Richterbank oder eine fehlerhafte Sachentscheidung gerügt werden (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1289, und vom 12. März 2009 XI S 17-21/08, Zeitschrift für Steuern & Recht 2009, R-536, m.w.N.). Im Übrigen ist dem Unterschriftserfordernis genügt, wenn die --wie hier-- in den Akten befindliche Urschrift des Beschlusses unterschrieben ist und die Ausfertigung bzw. der Abdruck erkennen lassen, dass das Original die Unterschrift der Richter trägt. Dies wird durch die abschriftliche Wiedergabe der Namen der Richter unter die Entscheidung kenntlich gemacht (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1289, unter II.4.; vom 25. März 1999 IX E 1/99, BFH/NV 1999, 1241; vom 8. November 2000 X S 5/00, BFH/NV 2001, 614, und vom 7. Mai 2003 IX B 13/03, BFH/NV 2003, 1203).

6

Für das Verfahren nach § 69a GKG entstehen keine Gerichtsgebühren, da das Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG hierfür keinen Kostentatbestand vorsieht.