Amtsgericht Sonthofen Endurteil, 04. Okt. 2018 - 1 C 813/17 WEG

published on 04/10/2018 00:00
Amtsgericht Sonthofen Endurteil, 04. Okt. 2018 - 1 C 813/17 WEG
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie den Austausch bzw. die Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunströhrchen o.ä.) in ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (Wohnungen zusammengelegt) gemäß Aufteilungsplan durch den jeweiligen Heizungsableser (derzeit Firma Brunata) zu dulden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, zum Zwecke der Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie zum Zwecke des Austausches bzw. der Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunsterröhrchen o.ä.) den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) Zutritt zu ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (zusammengelegt) zu gewähren und hierfür den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) die Wohnungstüre zu öffnen, die Ableser in die Wohnung zu lassen und freien und ungehinderten Zugang zu den Heizkörpern, Heizkostenerfassungsgeräten, Wasserzählern und Wasserkostenerfassungsgeräten zu gewähren und ggfls. die Heizkörper und Wasserzähler hierfür freizuräumen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.09.2017 zu bezahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.400 € vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Zutritt zu deren Wohnung.

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft L... Immenstadt. Die Beklagte ist Eigentümerin der zusammengelegten Wohnungen Nr. 24 und 25 dieser Wohnungseigentümergemeinschaft.

Zum Zwecke der Heizkostenerfassung sind an den Heizkörpern in den Wohnungen der WEG Verdunsterröhrchen angebracht. Aus baulichen Gründen sind technische Messgeräte nicht möglich.

Die Beklagte weigert sich, von der Firma Brunata, die in der WEG die Verbrauchserfassungsgerätschaften für Warmwasser und Heizung abliest, beauftragten Personen Zutritt zu ihrer Wohnung zum Zwecke der Anbringung von Zählern und deren Ablesung zu gewähren.

Bei der beabsichtigten Ablesung im Januar 2017 ließ die Beklagte Personal der Firma Brunata nicht in die Wohnung ein, sondern ließ vielmehr im Vorfeld durch einen befreundeten Heizungsinstallateur unter Lösung der Verplombung die Verdunsterröhrchen abmontieren, um diese der Firma Brunata bzw. deren Personal auszuhändigen. Die Mitarbeiter der Firma Brunata verweigerten jedoch die Annahme.

Daraufhin wurde die Beklagte seitens der Wohnungsverwaltung mit Schreiben vom 07.06.2017, Anlage K 1, aufgefordert, Zugang zur Wohnung zu gewähren, damit von der Firma Brunata neue Messröhrchen angebracht werden können.

Die Hausverwaltung wies in diesem Zusammenhang bereits darauf hin, dass eine Montage und Ablesung durch die Firma Brunata notwendig ist, die Einschaltung des bekannten Installateurs nicht möglich.

Da von der Beklagten weiterhin kein Zutritt zur Wohnung gewährt wurde, wurde auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.07.2017 der Beschluss gefasst, den Verwalter zu bevollmächtigen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen und sofern erforderlich auch Klage einzureichen, um eine ordnungsgemäße Montage und Ablesung der Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte in den Wohnungen der Beklagten sicherzustellen. Zuvor sollte jedoch der Verwalter die Beklagte nochmals anschreiben.

Insoweit wird auf das Protokoll der WEG-Versammlung vom 18.07.2017, Anlage K 2, Bezug genommen.

Eine nochmalige Kontaktaufnahme durch den Verwalter erfolgte jedoch nicht.

Vielmehr wurde sogleich anwaltlicher Beistand in Anspruch genommen, der die Beklagte mit Schreiben vom 19.09.2017 zur Benennung dreier Ablesetermine aufforderte. Daraufhin meldete sich der Rechtsanwalt der Beklagten mit Schreiben von Oktober 2017 und teilte mit, dass Termine frühestens im Dezember benannt werden könnten. Mit Schreiben vom 27.11.2017 forderte wiederum der Anwalt der WEG unter Fristsetzung zum 01.12.2017 auf, drei Termine im Dezember zu benennen, woraufhin keine Reaktion erfolgte. Auf telefonische Nachfrage des Anwalts der Klägerin am 04.12.2017 teilte der Anwalt der Beklagten mit, dass eine Duldung nicht erfolgen werde.

Auf die Schreiben Anlagen K 3 - K 6 wird Bezug genommen.

Der Ablesetermin vom 16.12.2017 der mit Aushang angekündigt worden war, wurde seitens der Beklagten nicht wahrgenommen.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt erfolgte daher weder eine Anbringung neuer Verdunsterröhrchen, noch die Ablesung der ebenfalls in der Wohnung vorhandenen Wasserzähler.

Die Klägerin beantragt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, die Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie den Austausch bzw. die Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunsterröhrchen o.ä.) in ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (Wohnungen zusammengelegt) gemäß Aufteilungsplan durch den jeweiligen Heizungsableser (derzeit Firma Brunata) zu dulden.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, zum Zwecke der Ablesung der Wasserzähler und der Heizkostenerfassungsgeräte sowie zum Zwecke des Austausches bzw. der Montage neuer Wasser- und Heizkostenerfassungsgeräte (u.a. Verdunsterröhrchen o.ä.) den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) Zutritt zu ihren Wohnungen Nr. 24 und 25 (zusammengelegt) zu gewähren und hierfür den jeweiligen Heizungsablesern (derzeit Firma Brunata) die Wohnungstüre zu öffnen, die Ableser in die Wohnung zu lassen und freien und ungehinderten Zugang zu den Heizkörpern, Heizkostenerfassungsgeräten, Wasserzählern und Wasserkostenerfassungsgeräten zu gewähren und ggfls. die Heizkörper und Wasserzähler hierfür freizuräumen.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.09.2017 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Beim Ablesetermin im Januar 2017 sei eine Zugänglichkeit der Heizkörper nicht gewährleistet gewesen, da diese vollgestellt gewesen seien. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Juli 2017 hätten die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Ablesung sowieso nicht mehr geschaffen werden können, da dies für den Ablesezeitraum 2017 bereits zu spät gewesen wäre. Hinsichtlich der Ablesung zum Ablauf des Kalenderjahres 2017 sei, anders als im Aushang angekündigt, ein zweiter Ablesetermin nicht erfolgt.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass wegen des Grundsatzes der Unverletzlichkeit der Wohnung der Wunsch des Wohnungsinhabers, fremden keinen Zutritt zu gewähren, zu respektieren sei und nur dann eingeschränkt werden könne, wenn überwiegende Interessen dies erfordern. Für ein Betreten der Wohnung mitten im Jahr sei keine Rechtfertigung vorhanden, da zum Ablauf des Ermittlungsjahres ohnehin wieder eine Ablesung stattfinden müsste und insoweit ein überflüssiger zusätzlicher Betretungstermin wahrgenommen werden soll. Außerdem seien die verwendeten Verbrauchsermittlungsgeräte auch nicht geeignet, um die Verbrauchswerte ordnungsgemäß zu ermitteln. Aufgrund vorhandener Rohrwärmeverluste sei die Ermittlung von Verbrauchswerten durch Ablesung an den Heizkörpern in einem derart untergeordneten Bereich, dass eine Rechtfertigung der Wohnungsbetretung hierdurch nicht erfolgen könne.

Am 29.08.2018 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden. Dort ist die Beklagte informatorisch gehört worden.

Herr Runge, Geschäftsführer der Hausverwaltung wurde als Zeuge vernommen. Er wäre jedoch als Partei anzuhören gewesen, die Parteien erklärten ihr Einverständnis, dass die im Rahmen der Zeugenvernehmung getätigten Angaben als informatorische Anhörung verwertet werden dürfen.

Von Klägerseite wurde zudem Beweis angeboten durch Vernehmung des Verwalters Runge als Partei und Vernehmung des Zeugen Beccara hinsichtlich des Ablaufs der (beabsichtigten) Ablesungen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2018 sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Sonthofen gemäß §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 2 c GVG sachlich, sowie gemäß § 43 Nr. 2 WEG örtlich zur Entscheidung zuständig.

II.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch dahingehend, dass diese zum Zwecke der Anbringung und Ablesung von Messgerätschaften für die Ermittlung des Warmwasser- und Heizkostenverbrauchs Zutritt zu ihrer innerhalb der WEG befindlichen Wohnung gewährt.

Unstreitig wird in der WEG mittels Verdunsterröhrchen der Heizkostenverbrauch in allen Wohnungen gemessen und im Rahmen der Heizkostenabrechnung berücksichtigt.

Zu diesem Zwecke ist es unerlässlich, dass die von der WEG beauftragte Ablesefirma Zutritt zu den einzelnen Wohnungen erhält und in allen Wohnungen dieselben Messgeräte angebracht sind. Der von der Beklagten vorgeschlagene Alternativvorschlag, dass ein mit ihr befreundeter Installateur die Ablesung und Anbringung der Gerätschaften ebenso durchführen könnte, ist nicht umsetzbar. So trägt die Klägerseite nachvollziehbar vor, dass, um Manipulationen und Ablesefehlern vorzubeugen, eine Ablesung lediglich durch die beauftragte Firma erfolgen kann, nicht jedoch durch Dritte. Da auch die Abrechnung durch die Firma Brunata durchgeführt wird, muss sich diese auf die abgelesenen Werte verlassen können, ebenso die anderen Wohnungseigentümer. Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Firma selbst bzw. von ihr beauftragte Personen Zutritt zu den jeweiligen Wohnungen erhalten.

Dass die Ablesetechnik mittels Verdunströhrchen bei vorliegendem Heizsystem ungeeignet ist, wie von Beklagtenseite vorgetragen, wurde von Klägerseite bestritten. Beweisbelastet wäre soweit die Beklagtenseite.

Das Begehren der Klägerseite stellt auch keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Insoweit überwiegen jedenfalls die - bereits erläuterten - Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Zu berücksichtigen gilt es hierbei auch, dass die Beklagte sich selbst dafür entschieden hat, Mitglied einer WEG zu sein, in der naturgemäß die Interessen der WEG und der anderen Miteigentümer berücksichtigt werden müssen und nicht immer nur die Eigeninteressen durchgesetzt werden können. Des Weiteren ist der Eingriff als äußerst gering anzusehen. Öfter als ein bis zwei Mal im Jahr für einen Zeitraum von wenigen Minuten ist ein Betreten der Wohnung nicht erforderlich.

Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen. Aufgrund des im Entscheidenden unstreitigen Sachverhalts war eine weitere von Klägerseite angebotene Beweisaufnahme entbehrlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Annotations

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.