Die Klägerin macht Rechte aus einem Anspruch des Mo. Ha. und der U. Ha. aus Artikel 7 der Verordnung EG Nr. 261/2004 geltend, den die beiden oben genannten Personen an die Klägerin abgetreten haben.
Die Zedenten hätten am 20.03.2018 von N. aus startend um 13.35 Uhr in Orio al Serio landen müssen, wobei die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen gewesen ist.
Das Endziel wurde um 17.35 Uhr erreicht mit einer Verspätung von über 4 Stunden. Die Flugentfernung von Nürnberg nach Orio al Serio beträgt berechnet nach der Großkreismethode 437 Kilometer, sodass pro Zedent ein Anspruch in Höhe von 250,- € besteht. Beide Zedenten hätten ihre Ansprüche an die Klägerin wirksam abgetreten.
Die Beklagte hat sich ab dem 28.06.2018 in Verzug befunden.
Die von der Beklagten vorgelegten AGBs seien nicht mit einbezogen worden, da im Jahr 2018 die AGBs überarbeitet worden seien. Insoweit seien die vorgelegten AGBs gar nicht einbezogen worden.
Da die Zedenten diese AGBs auch nicht gelesen hätten, seien diese nicht wirksam einbezogen worden. Im Übrigen hätten die Zedenten entgegen § 312 i Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 BGB die AGBs nicht speichern können. Die Anwendung irischen Rechts sei als Rechtswahl in den AGBs nicht zu vereinbaren gewesen, nachdem es hier nicht um Ansprüche aus einem Beförderungsvertrag geht. Die Rechtswahl verstieße gegen §§ 305 ff BGB. Sie sei mit dem Charakter des Artikel 15 Absatz 1 EGVO Nummer 261/2004 unvereinbar. Die Abtretung sei nach deutschem Recht wirksam, insbesondere seien die Kopien lesbar, die Ansprüche bestimmt genug abgetreten worden. Eine Schriftform sei nicht erforderlich. Die Klägerin habe ihrerseits die Abtretung angenommen. Die Vorlage des Originals ist insoweit nicht notwendig, da gemäß § 410 Absatz 2 BGB die Klägerin für die Zedenten die Abtretungserklärung der Beklagten übermittelt hat. Eine Berufung auf § 410 I BGB sei durch die Beklagte rechtsmissbräuchlich.
Die Abtretung sei auch nach irischem Recht wirksam, sodass eine wirksame Abtretung vorläge.
Die Klägerin beantragt daher:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 28.06.2018 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Sie legt dar, dass das irische Recht anwendbar sei und daher die Aktivlegitimation der Klägerin nicht gegeben sei. Eine Abtretung sei nach irischem Recht nicht möglich. Die AGBs seien wirksam vereinbart worden durch Klicken des opt.in-Kästchens. Irisches Recht könne gemäß Artikel 5 Absatz 2 Rom-I-VO vereinbart werden, da dieser auf Beförderungsverträge anwendbar sei. Dies habe auch ein Gutachten des Max-Planck-Instituts bestätigt. Bei irischem Recht könne eine Abtretung an sogenannte Claim Management Company nicht erfolgen, Die Überprüfung der AGBs anhand deutschen Rechts sei unzulässig da die Rechtswahl wirksam gewesen sei. Damit könnten nur die Zedenten selbst Klage gegen die Beklagte erheben.
Auch nach deutschem Recht sei die Abtretung nicht wirksam, da es insoweit an einer Vorlage des Originals fehle. Die Abtretungserklärung sei zu unbestimmt, da sie die Buchungsnummer nicht enthalte. Eine Annahme durch die Klägerin sei nicht erfolgt. Im Übrigen bestünde ein Leistungsverweigerungsrecht, da das Original nicht vorgelegt worden sei.
Auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen wird vollumfänglich Bezug genommen.
Es war ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nachdem die Beklagtenvertreter zwar den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt haben, dann aber formlos erklärt haben, dass sie zu dem Termin nicht erscheinen werden, ebenso wenig wie der Kläger. Insoweit war ein Urteil ohne mündliche Verhandlung trotz des entgegenstehenden Antrages möglich, da der Beklagtenvertreter durch sein Verhalten konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er diesen Antrag nicht mehr aufrechterhält.
Der Klägerin steht ein Anspruch gegenüber der Beklagten aus Artikel 7 VO EG Nummer 261/2004 zu.
1. Es ist zu klären, welche Rechtsnatur ein Ausgleichsanspruch nach Artikel 7 Fluggastrechteverordnung hat. Möglich ist hierbei ein vertragliches Schuldverhältnis oder eben ein Schadensersatzanspruch, wobei dieser Schadensersatzanspruch ein pauschalierter Schadensersatzanspruch aus unverschuldeter Handlung wäre.
Eine endgültige Entscheidung des EuGH diesbezüglich liegt hier nicht vor. Die herrschende Meinung in der Literatur erklärt die Ausgleichsansprüche für eine Art vertraglichen Anspruchs, so Staudinger JM 2016, 448 ff. Dem ist aber entgegenzutreten. Aus dem Ausgleichsanspruch ergibt sich ja gerade, dass dieser Anspruch nicht gegen den Vertragspartner besteht, sondern eben gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen, das von dem Vertragspartner des Fluggastes divergieren kann. Insoweit kann es sich hierbei nicht um ein vertragliches Schuldverhältnis handeln. Auch die Artikel 12 und 13 EG VO 261/2004 führen aus, dass unbeschadet der Rechte aus der Verordnung ein weitergehender Schadensersatzanspruch besteht. Die Verordnung stützt sich hier auf den Begriff des Schadensersatzanspruches, wodurch insoweit klargestellt wird, dass es sich hier nicht um ein vertragliches Verhältnis handelt. Auch kann das durchführende Luftfahrtunternehmen Regress bei einem Dritten nehmen für die bezahlte Ausgleichsleistung. Dies sind Punkte die diesen Anspruch nicht als vertraglichen Anspruch einordnen lassen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 10.01.2006 C-344/04, Beck RS 3006, 70031 Rn 17 betont, dass die Ausgleichsleistung wegen einer Verspätung eine Kompensation für den Zeitverlust und für die Unannehmlichkeit darstellt. Wenn man sich den Begriff der unerlaubten Handlung ansieht, gehören hierunter auch Einbußen an immateriellen Gütern und Werten. Damit fällt auch der Zeitverlust und die dadurch erfolgten Unannehmlichkeiten unter den Begriff der unerlaubten Handlung. Der EuGH stellt hinsichtlich des Vertragsbegriffes auf die freiwillig eingegangenen Verpflichtungen ab, so NJW 2002, 3159 und Münchner Kommentar zu Rom II-VO, Artikel 4 Rn. 14. Es liegt aber in dem Ausgleichsanspruch nach Artikel 7 Fluggastrechteverordnung keine freiwillig eingegangene Verpflichtung, die ein vertragliches Verhältnis entsprechend Rom I-VO begründen kann, sondern es es handelt sich um ein außervertragliches Schuldverhältnis. Es ist nicht notwendig, dass ein Verstoß gegen ein Verbot, also eine unerlaubte Handlung vorliegt, sondern es fallen auch alle Gefährdungshaftungen und nicht freiwillig eingegangene Verpflichtungen unter den Begriff der unerlaubten Handlung. Die Fluglinie geht keine freiwillige Verpflichtungs-Ausgleichsleistung ein, sondern dies ist durch die EU-Vorschrift 261/04 eine gesetzliche Ausgleichsleistung. Insoweit ist der Ausgleichsanspruch unter Artikel Rom II-VO einzuordnen, also auf ein Schuldverhältnis außervertraglicher Natur und nicht auf Artikel 5 Rom I-VO.
Damit konnte mangels Anwendbarkeit des Art. 5 Rom I-VO nicht die Anwendung irischen Rechts vereinbart werden.
Insoweit bestimmt sich das anzuwendende Recht nach der Verordnung Rom II.-VO.
2. Damit ist Artikel 4 Rom II-VO einschlägig. Eine unerlaubte Handlung liegt bereits vor, wenn die Verpflichtung nicht freiwillig ist und ein Schaden im weitestgehenden Sinne eingetreten ist. Dieses Merkmal ist hier erfüllt, da wie oben dargelegt auch immaterielle Güter wie Zeitverlust unter den weit gefassten Schadensbegriff fallen.
Nach Artikel 1 Rom II-VO ist diese Verordnung für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse anzuwenden in Zivil- und Handelssachen. Eine solche Zivilrechts-Streitigkeit liegt vor, da weder eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit noch eine strafrechtliche Angelegenheit vorliegt. Der Ausschluss-Tatbestand gemäß Artikel 1 II Rom II-VO ist nicht gegeben.
Danach bestimmt sich das anzuwendende Recht nach Artikel 4 Rom II-VO. Grundsätzlich ist das Recht des Staates anzuwenden in dem der Schaden eingetreten ist. Worauf diesbezüglich abzustellen ist, ist schwierig. Da eine Kompensation von Zeitverlust und Unannehmlichkeiten erfolgen soll, sind diese bereits während der gesamten Beförderung vorhanden. Insoweit lässt sich kein konkreter Erfolgsort der Verspätung festlegen. Die Unannehmlichkeiten und der Zeitverlust beginnen in dem streitgegenständlichen Fall bereits durch den verspäteten Abflug an dem Abflugsort und ziehen sich bis hin zur verspäteten Ankunft am Ankunftsort. Deshalb wird man bei diesen Fällen auf die Person des Fluggastes als solchen abstellen, der die Unannehmlichkeit erleidet also auf dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort. ( so wird zum Beispiel bei reinen Vermögensdelikten auf den Ort abgestellt, an dem sich die Vermögenszentrale des Geschädigten befindet siehe für reine Vermögernsdelikte Palandt zu Rom II 4 Rdnr. 9, LG Krefeld IPRspr 09 Nr. 23)
Damit ist hier der Erfolgsort der gewöhnliche Aufenthaltsort der Zedenten also Deutschland. Gem. Art. 4 I Rom II-VO ist deutsches und nicht irisches Recht anwendbar.
Selbst wenn man hier auf Art. 4 III Rom II-VO abstellen würde ergebe sich aus der Gesamtheit der Umstände der Kompensation für die Flugverspätung eine engere Verbindung zu dem Staat des Fluggastes.
Zunächst käme die Anwendung deutschen oder irischen Rechts in Betracht. Dies ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, nämlich dem Wohnsitz der Zedenten der Klägerin und der Betriebsstätte der Beklagten gegeben ist. Diese offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat ergibt sich aus dem bereits bestehenden Rechtsverhältnis, das insoweit zwar kein vertragliches ist, aber dennoch ein Rechtsverhältnis, da die Beklagte die Zedenten der Klägerin zu befördern hatte. Insoweit ergibt sich aus der Intention des EU-Verordnungsgebers, dass dem Fluggast eine hohe schutzwürdige Position zukommt. Die gesamte Verordnung hat die Intention, den Fluggast zu schützen, wie z. B. Artikel 15, der vorsieht, dass die Rechte des Fluggastes nicht beschränkt werden dürfen oder auch, dass er sowohl am Abflugs- als auch am Ankunftsort Klage erheben kann. Hinsichtlich der Bestimmung der engeren Beziehungen zu einem der beiden Staaten kommt den Parteiinteressen besondere Bedeutung zu ( so Palandt zu Art. 4 Rom II Rdnr. 9) Insoweit ist die Intention des EU-Verordnungsgeber zu berücksichtigen, der den Fluggast durch den Erlass der Verordnung besonders schützen will. Die Verordnung EG 261/04 begründet damit selbst die engere Verbindung zu dem Staat, in dessen Bereich der Fluggast seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Verspätung hat insoweit eine engere Verbindung mit dem Fluggast als mit dem Beförderungsunternehmen, da diesen ja der Schaden trifft auf Grund seines Zeitverlustes, so dass das Recht des Fluggastes gilt, in dessen Staat der Fluggast seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Insoweit ist im streitgegenständlichen Fall das Recht des Staates anzuwenden, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt der Zedenten der Klägerin befindet, also deutsches Recht.
3. Die Wirksamkeit der Abtretung bestimmt sich nach deutschem Recht. Eine Abtretung ist durchaus auch formlos möglich nach deutschem Recht und ist auch an ein sogenannte Claim Management Company zulässig. Eine Schriftform ist hier nicht erforderlich, auch einer förmliche Annahmeerklärung bedarf es nicht gemäß § 151 BGB.
Die Klägerin hat selbst die Ansprüche der Zedenten unter Vorlage der Abtretungserklärung gelten gemacht, sodass sich durch dieses Verhalten zeigt, dass sie die Abtretung konkludent angenommen hat. Ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach § 410 Abs. 1 BGB steht dieser nicht zu, da die Vorlage eines Originals nicht notwendig ist. Es genügt insoweit auch eine Fotokopie der Abtretungsurkunde (MüKo BGB 7. Auflage Rn. 4).
Im Übrigen kann sich die Beklagte auch nicht auf den § 410 Abs. 1 BGB berufen, da gemäß § 410 Abs. 2 BGB die Zedenten, vertreten durch die Klägerin, angezeigt haben, dass sie ihre Forderung abgetreten haben. Insoweit steht § 410 Abs. 2 dem Zurückbehaltungsrecht der Beklagten entgegen.
Die Abtretungserklärung ist auch ohne Buchungsnummer bestimmt genug. Die Beklagte kann ohne Weiteres nachvollziehen, welcher Flug betroffen ist. Sie weiß aus eigener Sachkunde, ob eine Verspätung oder Annulierung vorgelegen hat.
Insoweit liegt eine wirksame Abtretung der im übrigen unbestrittenen Ansprüche der Zedenten gegenüber der Beklagten vor. Die Klägerin kann diese geltend machen in Höhe von 500,00 €.
Auch der Verzug der Beklagten war nicht bestritten.
4. Das Gericht weist noch daraufhin, dass im Falle der Annahme der Gültigkeit der Rechtswahlklausel der Beklagten zunächst dem EUGH die Frage zur Entscheidung vorlegen müsste mit der Klärung ob Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahingehend auszulegen ist, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines gewerblichen Luftbeförderers enthaltene Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und auf elektronischem Weg mit den zu befördernden Verbraucher geschlossen wurde, das Recht des Mitgliedsstaates anzuwenden ist, in dem der Luftbeförderer seinen Sitz hat und das nicht identisch ist mit dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des zu befördernden Verbrauchers sofern sie den Verbraucher dadurch in die Irre führt, indem sie ihn nicht darauf hinweist, dass die Wahl eines anderen Rechts gemäß Artikel 5 Abs. unter Abschnitt 2 der VO EG Nummer 593/2908 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17.06.2008 über das vertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Recht Rom I nur eingeschränkt möglich ist und nicht jedes beliebige sondern nur die in Artikel 5 Abs. 2 unter Abschnitt 2 Rom I-VO genannten Rechtsstatuten gewählt werden dürfen.
Insoweit hat das Gericht davon abgesehen diese Frage dem EUGH vorzulegen, da Artikel 5 Abs. 2 Rom I-VO nicht anzuwenden ist, so dass die Beklagte in ihren AGBs keine Rechtswahl verbindlich vereinbaren konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 der ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.