Mit Schreiben vom 26.08.2015 hat die Betreuerin ... die Festsetzung einer Vergütung für ihre Betreuertätigkeit beantragt.
Sie beantragte, im Zeitraum vom 16.05.2015 bis 15.08.2015 eine Vergütung in Höhe von 226,20 € festzusetzen, und zwar – wie bereits bisher – mit einem Stundensatz von 33,50 € für den Zeitraum 16.05.2015 bis 09.07.2015 sowie einem erhöhten Stundensatz von 44 € für den Zeitraum 10.07.2015 bis 14.07.2015.
Der Ansatz der für die Zeit ab 10.07.2015 beantragten erhöhten Vergütung von 44 € wurde von der Betreuerin mit der von ihr erfolgreich durchlaufenen Fortbildung zur Zertifizierten Berufsbetreuerin – Curator de jure – an der Technischen Hochschule Deggendorf begründet.
Diese Zertifikatsausbildung vermittelt ohne Zweifel Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, genügt jedoch nicht der in § 4 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 normierten Voraussetzung für die Zubilligung eines erhöhten Stundensatzes von 44 €, da sie nicht einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule oder einer vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung entspricht.
Die obergerichtliche Rechtssprechung stellt hieran strenge Voraussetzungen, vgl. hierzu z.B. BGH, Beschluss vom 30.10.2013 in FamRZ 2014, 117:
„Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die ihr in ihrer Wertigkeit entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist Sie, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien hierfür können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an. Bei dieser Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen.“
Der mit der Ausbildung zum Zertifizierten Berufsbetreuer verbundene Zeitaufwand sowie die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen diese Anforderungen nicht. Es handelt sich hierbei um eine berufsbegleitende Ausbildung über einen Zeitraum von vier Semestern und einem Arbeitsaufwand von 2.700 Stunden.
Der Bachelorstudiengang „Soziale Arbeit“ an der Hochschule Landshut z.B. umfasst in einem Zeitraum von sieben Semestern insgesamt 30 Module mit einer Gesamtleistungspunkteanzahl von 210 ECTS (Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen), während die hier zu beurteilende Fortbildung lediglich einen Wert von 90 ECTS erreicht (Quellen: ps://www.haw-landshut.de/die-hochschule/fakultaeten/soziale-arbeit/studiengaenge/soziale-arbeit.html und https://www.th-deg.de/files/0/weiterbildung/curator_de_jure.pdf).
Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an dem Aus- und Weiterbildungsangebot „Zertifizierter Berufsbetreuer/in/Curator de jure“ ist eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hochschul- bzw. Fachhochschuldreife, während für eine Hochschulausbildung die Allgemeine Hochschulreife, die fachgebundene Hochschuldreife oder die Fachhochschulreife erforderlich ist.
Das OLG Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 01.09.2008 (FamRZ 2009, 457) festgestellt, dass ein berufsbegleitendes Studium von vier Semestern an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie mit einem abgeschlossenen (Fach-) Hochschulstudium nicht vergleichbar ist. In den Entscheidungsgründen ist folgendes ausgeführt:
„Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Vergleichbarkeit des Zeitaufwandes für eine Ausbildung besondere Bedeutung zukommt, weil hierin in aller Regel ein wichtiges Indiz für die erworbenen Kenntnisse und erlernten Fähigkeiten des Studierenden gesehen werden kann. Für den Abschluss an einer Universität ist in aller Regel ein mindestens achtsemestriges und somit vier Jahre dauerndes Vollzeitstudium zu absolvieren. Ein Fachhochschulstudium umfasst typischerweise sechs Semester und dauert drei Jahre. Dieser Zeitaufwand wird durch das von dem Betreuer absolvierte Studium von vier Semestern und somit zwei Jahren deutlich unterschritten. Hinzu kommt, dass dieses Studium nicht in Vollzeit, sondern berufsbegleitend absolviert wird ...“
Diese Grundsätze können auch nach Einführung der Bachelorstudiengänge an Universitäten und Fachhochschulen auf den hier vorliegenden Sachverhalt übertragen werden.
Der erhöhte Stundensatz von 44 € ab dem 10.07.2015 kann der Betreuerin daher nicht zugebilligt werden. Es kann somit weiterhin lediglich ein Stundensatz von 33,50 € gewährt werden.