Amtsgericht Ansbach Endurteil, 20. März 2018 - 3 C 559/17

bei uns veröffentlicht am20.03.2018

Gericht

Amtsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Anwesen ... 5 in ..., bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 2 Korridoren, 1 Bad, 2 Toiletten und 3 Kellerräumlichkeiten, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

2. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.08.2018 bewilligt.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 525,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 28.04.2017 sowie 571,44 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 6.000,- € abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Räumungs- und Mietzinszahlungsanspruch.

Am 27.02.2009 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über das klägerische Anwesen ...straße zum monatlichen Mietzins von 475,- €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag Anlage K1 Bezug genommen.

Im Zeitraum von Januar 2017 bis März 2017 zahlte die Beklagte monatlich lediglich jeweils 325,- €. Der Kläger mahnte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 20.01.17 (Anlage K2) und vom 16.02.17 (Anlage K5) wegen der unvollständigen Mietzahlung ab.

Auf das dem Kläger zugegangene Schreiben des Mieterhilfevereins/Mangelanzeige vom 30.01.2017 forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 16.02.17 auf, Besichtigungstermine bis spätestens 23.02.17 zu benennen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K3 - K5 Bezug genommen.

Mit Anwaltsschreiben vom 17.03.17 (Anlage K6) erklärte der Kläger die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungspflichtverletzung. Mit Schreiben des Mieterhilfevereins vom 20.03.17 (Anlage K7) wurde beklagtenseits die Kündigung zurückgewiesen und diverse Besichtigungstermine angeboten.

Der Kläger trägt vor, der Mietzins sei ab 01.06.2011 einvernehmlich auf 500,- € erhöht worden.

Die Kündigungserklärung vom 17.03.17 habe das Mietverhältnis wirksam beendet, da die Beklagte trotz mehrerer Abmahnungen die Miete für die Monate Januar bis März 2017 nur unvollständig bezahlt habe und eine nachhaltige Zahlungspflichtverletzung vorgelegen habe. Der Zahlungsrückstand der Beklagten betrage für den oben genannten Zeitraum insgesamt 525,- €.

Der Kläger bestreitet die beklagtenseits behaupteten Mängel sowie ein entsprechendes Minderungsrecht der Beklagten und trägt hierzu vor, die vermeintlichen Mängel seien erstmals am 30.01.17 mit Schreiben des Mieterhilfevereins angezeigt worden. Der Zugang des zeitlich früheren Schreibens vom 29.12.16 wird bestritten.

Die Beklagte könne sich zudem nicht auf ein Minderungsrecht berufen, da dem Kläger eine Wohnungsbesichtigung zur Überprüfung der behaupteten Mängel verwehrt worden sei.

Der Kläger bestreitet die beklagtenseits vorgetragene Unmöglichkeit bzw. unzumutbare Härte einer Räumung.

Der Kläger beantragt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, das Anwesen ..., bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 2 Korridoren, 1 Bad, 2 Toiletten, 3 Kellerräumlichkeiten, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 525,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, die monatlich von ihr geschuldete Miete habe lediglich 475,- € betragen, so dass für den Zeitraum Januar 2014 bis Juni 2017 eine Überzahlung von 1.050,- € (42 Monate zu je 25,- €) vorliege.

Die Beklagte erklärt insoweit die Aufrechnung mit der streitgegenständlichen Mietzinsforderung des Klägers in Höhe von 525,- €.

Das vermietete Anwesen habe diverse, vom Kläger zu vertretene Mängel (defekte Heizanlage, undichtes Fenster im Kinderzimmer und Rattenplage im Keller) aufgewiesen, die zu einer Mietminderung von 33 % der Bruttomiete (175,- € monatlich) berechtigt hätten. Die Mängel seien dem Kläger bereits mehrfach angezeigt worden. Da ein Mietrückstand / Zahlungspflichtverletzung der Beklagten nicht vorgelegen habe, sei die Kündigungserklärung des Klägers vom 17.03.17 unwirksam und habe das Mietverhältnis nicht beendet.

Ein Umzug stelle für die Beklagte und deren Kinder aufgrund des Gesundheitszustandes des verunfallten Sohnes zudem eine unzumutbare Härte dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte sowohl der geltend gemachte Zahlungs- als auch der Räumungsanspruch gemäß §§ 535 II, 543 II S. 1 Nr. 3a, 569 III Nr. 1 BGB i.V.m. den mietvertraglichen Vereinbarungen zu.

1. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass die monatlich von der Beklagten geschuldete Miete zum 01.06.2011 einvernehmlich von 475,- € auf 500,- € angehoben wurde. Dies ergibt sich bereits aus der von der Beklagten unstreitig seit diesem Zeitpunkt widerspruchslos gezahlten erhöhten Miete als auch aus dem Schreiben des Mieterhilfevereins vom 29.12.16 (Anlage K4), in dem eine monatlich geschuldete Miete von 500,- € beklagtenseits bestätigt wurde.

Der Mietrückstand für den Zeitraum Januar bis März 2017 beläuft sich somit auf 525,- € und die von der Beklagten erklärte Aufrechnung kommt mangels Aufrechnungslage nicht zum Tragen.

Der Beklagten stand für diesen Zeitraum kein Minderungsrecht zu, unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen der behaupteten Wohnungsmängel, da vorliegend der Rechtsgedanke des § 536 c II Nr. 1 BGB zur Anwendung gelangt.

Der Kläger forderte die Beklagte auf die erstmalig dem Kläger nachweislich zugegangene Mangelanzeige (Schreiben vom 30.01.17; Anlage K3) am 16.02.17 (Anlage K5) unter Fristsetzung zum 23.02.17 auf, Besichtigungstermine zur Überprüfung der behaupteten Mängel zu benennen. Hierauf erfolgte beklagtenseits zunächst unstreitig keinerlei Reaktion, erst nach der streitgegenständlichen Kündigung vom 17.03.17 wurden mit Schreiben vom 20.03.17 diverse Termine angeboten.

Da der Vermieter kein allgemeines Besichtigungsrecht an der Mietsache hat, muss ihm der Mieter grundsätzlich die Möglichkeit zur Besichtigung / Überprüfung der behaupteten Mängel einräumen. Wenn der Mieter - wie vorliegend - die Besichtigung - als Voraussetzung einer Mangelbeseitigung - verhindert oder mutwillig erschwert, wird dem Mieter das Minderungsrecht im Sinne des § 536 c II BGB abzusprechen sein (Schmidt-Futterer „Mietrecht“ 9. Aufl. § 536, 573).

Die Kündigungserklärung vom 17.03.17 hat somit nach vorangegangenen Abmahnungen das Mietverhältnis wirksam wegen nachhaltiger Zahlungspflichtverletzung beendet.

2. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen war der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.10.2018 gemäß § 721 I ZPO zu bewilligen. Hierbei wurde zum einen der Gesundheitszustand des verunfallten Sohnes der Beklagten und die damit verbundene psychische und physische Belastung berücksichtigt. Andererseits datiert die Kündigungserklärung bereits vom 17.03.2017, d.h. die Beklagte hatte 1 Jahr Zeit zur Ersatzwohnraumsuche.

3. Der geltend gemachte Zinsanspruch sowie die Rechtsanwaltsgebühren sind gemäß §§ 280 II, 286, 288 BGB begründet. Die Klagezustellung erfolgte am 28.04.17 (§ 291 BGB).

II.

Kosten: § 91 I ZPO.

III.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 6.525,00 € festgesetzt.

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Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Ansbach Endurteil, 20. März 2018 - 3 C 559/17 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

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Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.