Das Kuba-Embargo der USA und Markenrecht – System der Parallelmarken

published on 24/01/2009 12:25
Das Kuba-Embargo der USA und Markenrecht – System der Parallelmarken
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verfasst von Edmund Rowan, Attorney at Law - Rechtsberatung zum Deutsch - Kubanischen Rechtsverkehr - S&K Berlin - Mitte

Im Laufe der Kubarevolution wurden zahlreiche Betriebe ohne Entschädigungszahlung verstaatlicht. Die ursprünglichen Eigentümer mussten die Betriebe plötzlich an staatlich Kontrolleure abtreten, die von der Kubanischen Regierung bestellt wurden. Die Betriebe wurden daraufhin von diesen Kontrolleuren geführt, unter Anwendung der ursprünglichen Handelsmarken und Aufmachung.

Das Kuba-Embargo vom 7. Februar 1962 unterband zwar den Verkauf Kubanischer Erzeugnissen in den USA, nicht aber die Eintragung von Handelsmarken unter den US-Lanham Act bzw. General Inter-American Convention for Trade Mark and Commercial Protection (IAC).

In den Sechziger- und Siebzigerjahren fanden in den USA Gerichtsprozesse statt, in denen etlichen ursprünglichen Kubanischen Besitzern ein gemeinschaftsrechtliches USA-Markenrecht zugesprochen wurde, das in den Zeiten vor den Enteignungen entstanden war.

Als Ergänzung zum Embargogesetz wurde mit dem Helms-Burton Amendment von 1999[i] ein Verbot der Eintragung oder Durchsetzung von Kubanischen Markenrechten in den USA (auch IAC-Eingetragenen) festgeschrieben.[ii] So wurde das Phänomen der „parallelen Marken“ geboren:

Die Kubanische Regierung verkauft eine Kubanische Zigarre in Kuba und im Ausland, unter einer gleichlautenden Marke, unter der ein anderer Hersteller eine nichtkubanische Zigarre in die USA verkauft. Die Markenrechte sind nicht identisch, weil die US-Zigarre unter einer Marke verkauft wird, die die ursprünglichen Inhaber in den USA vor der Enteignung der Zigarrenfabriken erworben hatten.[iii]

Wie parallele Marken sich gegeneinander verhalten, ist aus dem Markenstreit zwischen Pernod und Bacardi zu ersehen. Vor 1960 war Jose Arechabala, S.A. Inhaber einer Schnappsbrennerei, die “Havana Club“ Rum herstellte und in den USA verkaufte. Nach der Revolution wurde der Betrieb 1960 verstaatlicht und einem Staatsbetrieb „Cubaexport“ unterstellt. Arechabala S.A. soll keine Entschädigung erhalten haben. Es ist umstritten, ob Arechabala tatsächlich nach dem Jahr1955 noch Rum produzierte, und ob die kubanische Regierung eigentlich nur noch eine Bankrottmasse übernahm. Unumstritten ist die Tatsache, dass nach der Revolution Arechabala die Eintragung ihrer Marke „Havana Club“ in den USA nie verlängerte.

Von 1972 bis 1993 exportierte Cubaexport „Havana Club“ Rum nach Osteuropa und in die Sowjetunion.

Cubaexport lies die Marke „Havana Club“ 1974 in Kuba und 1976 in den USA registrieren.[iv] Im Jahre 1993 unterzeichnete HR&L, eine Tochtergesellschaft von Cubaexport, einen Joint-Venture-Vertrag mit der Französischen Firma Pernod Ricard S.A. Zwei 50/50 Joint-Venture-Firmen wurden gegründet, HCI in Kuba, und HCH in Luxemburg. Im Jahre 1994 lies Cubaexport das USA-Markenrecht auf HR&L, und 1996 HR&I dasselbe auf HCH und HCI (je nach Absatzland) übertragen.

In April 1997 trat die Arechabala Familie ihre Rechte an der „Havana Club“ Marke und sonstiges Eigentum des Rum-Geschäfts an die Firma Bacardi & Co. ab.[v] Im Jahre 1996 importierte Bacardi in den Bahamas hergestellten „Havana Club“ Rum in die USA. Daraufhin beantragten HCH und HCI im US District Court (vergl. Landesgericht) New York unter anderem eine einstweilige Verfügung gegen Bacardi, um einen weiteren Vertrieb von „Havana Club“ Rum zu verhindern. Dem Antrag wurde zunächst stattgegeben, im Hauptverfahren wurde er aber wiederum verworfen.

In der Berufung, bestätigte das Gericht am 4. Febuar 2000 die Entscheidung des District Court, mit der Begründung, dass angesichts der nachträglichen Wirkungen des Helms-Burton Amendment, HCH/HCI die „Havana Club“ Marke nicht rechtmäßig übertragen bekommen hatten.[vi] Daher hätten sie keine Klageberechtigung gegen Bacardi. Fernerhin, auch wenn HCH/HCI (oder Cubaexport) entsprechende Markenrechte in den USA aufgrund der IAC besäßen, dürften sie anhand des Helms-Burton Amendment ein solches Markenrecht in den USA nicht durchsetzen.[vii] 

2001 entschied die WTO, dass das Helms-Burton-Amendment TRIPS (WTO Übereinkunft über Gewerblicher Rechtschutz) nicht verletzt hatte, weil ein Schutz von Markenrechten im TRIPS nicht vorgesehen wäre. In der Berufung im Jahre 2002 entschied die WTO hingegen, dass Markenrechte doch unter TRIPS fallen würden. Die USA wurde aufgefordert, die Helms-Burton Bestimmungen abzuändern. Obwohl Helms-Burton unverändert blieb, entschied 2004 die US TTAB (Trademark Trial and Appeal Board des Patentamtes) dass HCI ein gültiges Recht an „Havana Club“ besäße.[viii]   Die Eintragung wurde 03.08.2006 durch das USTPO gelöscht, wegen des Helms-Burton-Amendment Verbots gegen Annahme der Verlängerungsgebühren von einer kubanischer Firma. Da Cubaexport die Wiederaufnahme des Verlängerungsverfahrens beantragte, wurde die Cubaexport-Eintragung fünf Tage später zeitweilig wieder in Kraft gesetzt.[ix]

Wer besitzt jetzt die US-Marke „Havana Club“? Laut USPTO Hauptregister vom 21.01.2009:

1)      Cubaexport (Empresa Cubana Del Tabaco, Havana, Kuba) für Rum, unter Serial Number 73023981 (Registriernr. 1031651).[x]

2)      HCH S.A., Luxemburg, unter Serial Number 75409541 (mit vorherige Reg. Nr. 1031656)[xi] und Serial Number 74673898 (mit vorherige Reg. Nr. 1031656)[xii] ausschließlich für Rum aus der Provinz La Havana, Kuba.

3)      Bacardi & Company, Liechtenstein, für Bekleidung, unter Serial Number 75751393[xiii] und Rum unter Serial Number 74572667.[xiv]

4)      Darüberhinaus ist die Marke „Rum Havana Club Ron Habana Club Arechabala” im Besitz von Gloria Marquez-Arechabala, Fairfax, Virginia, unter Serial Number 74650678.[xv]

Wer vertreibt Havana Club Rum in den USA? Der einzige „Havana Club“ Rum der in den USA aktuell angeboten wird, ist der aus Kuba. Besucher in Kuba dürfen $100 an Spirituosen in die USA zurückbringen. Ansonsten scheint es ein reges Geschäft an geschmuggelten Havana Club unter den Florida-Kubaner zu geben. In den USA, verkaufte Bacardi 2006 kurze Zeit Havana Club Rum aus Puerto Rico. Seither scheint Bacardi das Resultat aller anhängenden Prozesse über die Marke abzuwarten. Ob Marquez-Arechabala Havana Club Rum jemals verkauft hat ist nicht bekannt. Außerhalb der USA verkauft HCH und HCI in vielen Ländern Havana Club Rum aus Kuba.[xvi]

Verwaltungsrechtliche Verfahren in Sache „Havana Club“ sind immer noch im USPTO anhängig. Außerdem gibt es Bestrebungen im US-Kongreß, das Helms-Burton-Amendment, sogar das Ganze Helms-Burton-Gesetz, rückgängig zu machen.

Kuba und die USA sind beide Mitglieder der IAC, die WTO (Welthandelsorganisation) und TRIPS. Danach sind beide Staaten verpflichtet, Bürgern des anderen Landes den gleichen Schutz ihres geistigen Eigentums zu gewähren, wie ihren eigenen Bürgern. Es liegt nahe, dass die jetzige Anwendung des Helms-Burton-Amendment nicht im Einklang mit den Verpflichtungen der USA unter diesen internationalen Abkommen steht. Demzufolge hätte Kuba die Berechtigung, die Markenrechten von mehr als 5.000 US-Firmen außer Acht zu lassen, die jetzt in Kuba eingetragen sind.

Dass Kuba dies nicht getan hat, liegt eher daran, dass die Insel auf das Ende des Embargos hofft. Daher ist die Gunst von Zukunftsinvestoren aus den USA wichtiger, als den Anhängern des Embargos eine Lehre zu erteilen.

Solange das Helms-Burton-Amendment in Kraft bleibt, sollte man vor Erwerb einer in den USA registrierten Handelsmarke, die aus dem vorrevolutionären Kuba stammt, erst mal das Einverständnis des ursprünglichen Markeninhabers (oder dessen Nachfolgers) einholen. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass die Marke spätestens zum Zeitpunkt der nächsten 10-Jahresverlängerung gelöscht und für nichtig erklärt wird. Wird das Helms-Burton-Amendment allein widerrufen, das Embargo aber ansonsten fortgesetzt und sollte man in einen kubanischen Betrieb samt gültiger US-Marke investiert haben, wird man die Kubamarke zwar aufrechterhalten können, aber immer noch keine kubanischen Güter in den USA vermarkten dürfen. Solange das Embargo fortbesteht, muss man weiterhin die Sanktionen unter US-Recht beachten, die bei gesetzeswidrigen Geschäften mit Kuba verhängt werden können.

Edmund Rowan, Attorney at Law, 2009


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[i] United States v. Penton, No. 07-10106 (11th Cir. 12/17/2008) (11th Cir., 2008).

[ii] CACR (Cuban Asset Control Regulations) §515.527. Eintragung wird verweigert, es sei denn, der ursprüngliche Markeninhaber seine Zusage erteilt.

[iii] United States v. Penton, No. 07-10106 (11th Cir. 12/17/2008) (11th Cir., 2008).

[iv] USPTO Registriernr. 1,031,651.

[v] Bacardi agiert seit Langem gegen die Castro-Regierung. In Pro-Castro Kreisen wird behauptet, Bacardi steckte hinter dem Helms-Burton-Amendment. Siehe: Hernando Calvo Ospin: Im Zeichen der Fledermaus. Die Rum-Dynastie Bacardi und der geheime Krieg gegen Kuba. PapyRossa, Köln 2000, 154 S.

[vi] Havana Club Holding v. Galleon S.A., 203 F.3d 116 (2nd Cir., 1999).

[vii] Es gab tatsächlich IAC Markenrechte, die im Besitz der Cubaexport verblieben waren. Durch die Ungültigkeit der Markenübertragung an HCH/HCI, wurde Cubaexport wieder Inhaber der Marke beim US PTO. Das Berufungsgericht entschied auch, dass Kraft des Kuba-Embargos HCH/HCI sowieso keine Umsätze in den USA erzielen dürften. Daher bestünden auch keine Schäden, die von Bacardi oder sonst wem wegen Verletzung Markenrechten bzw. unlauterem Wettbewerb zu ersetzen wären. Das Prinzip, das Markenrechte durch Nichtverbrauch erlöschen, half dem Importeur auch nicht weiter. Das Berufungsgericht unterstellte, dass der Inhaber des USA-Markenrechts seit 30 Jahren nicht mehr „Havana Club“ Rum produzierte, weil seine Fabrik ihm unrechtmäßig (d.h. unkompensiert) enteignet wurde.

[viii]Pernod in 2007 klage Bacardi wegen reinem unlauteren Wettbewerb an. Sinn einer solchen Klage war, die Frage des kubanischen Markenrechts als solches auszugrenzen. Pernod unterlag. Pernod Ricard Usa LLC v. Bacardi U.S.A., Inc., 505 F.Supp.2d 245 (D. Del., 2007).

[ix] Bacardi unterlag auch in einem Markenrechtsstreit mit HCH/HCI um „Havana Club“ in Spanien durch mehreren Instanzen, der 2007 endgültig entschieden wurde.

[x]Antragsgrundlage 44E nach US-Markengesetz: Eintragung im Herkunftsland des Antragstellers. Die Eintragung wurde 03.08.2006 durch USTPO erloschen, wegen dem Helms-Burton-Amendment Verbot gegen Annahme der Verlängerungsgebühren von einer kubanischer Firma. Da Cubaexport die Weideraufnahme des Verlängerungsantrags, wurde die Eintragung fünf Tage zeitweilig wieder in Kraft gesetz.

[xi] Aktuelle Antragsgrundlage 44E nach US-Markengesetz: Eintragung im Herkunftsland des Antragstellers.

[xii] Antragsgrundlage 44E nach US-Markengesetz: Eintragung im Herkunftsland des Antragstellers.

[xiii]Antragsgrundlage 1B nach US-Markengesetz: Absicht, die Marke im Handelsverkehr zu Gebrauchen.

[xiv] Antragsgrundlage 1B nach US-Markengesetz: Absicht, die Marke im Handelsverkehr zu Gebrauchen

[xv] Antragsgrundlage 1A nach US-Markengesetz: Gebrauch der Marke im Handelsverkehr

[xvi] Informationen bezüglich Vertrieb Havana Club Rum in den USA sind auf Internetsuchen basiert. Das Nichtvorhandensein von Bacardi Havana Club Rum kann nur vermutet sein, nicht endgültig festgestellt. Seit 2006 ist Bacardi Havana Club nicht mehr auffindbar durch irgend eine Suchmaschine. Die Alabama und Virginia Spirituosenmonopole vertreiben z.B. zwar viele Varianten Bacardi Rum, aber keine unter der Marke „Havana Club.“ Die Bacardi Website in den USA führt „Havana Club“ nicht auf.



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20/09/2009 09:33

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