Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 12. Mai 2015 - 6 S 112/15

published on 12.05.2015 00:00
Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 12. Mai 2015 - 6 S 112/15
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Amtsgericht Nürnberg, 31 C 5294/14, 08.12.2014

Gericht

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Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 08.12.2014, Az. 31 C 5294/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

I.

Das Gericht teilt die Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg, wonach im vorliegenden Fall eine Geschäftsgebühr nach VV RVG Nr. 2300 angefallen ist.

Zutreffend weist das Amtsgericht darauf hin, dass nach Vorbemerkung 2.3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG eine Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags entsteht. Wie sich aus der Formulierung der zitierten Vorschrift eindeutig ergibt, wird die Geschäftsgebühr damit alternativ ausgelöst, d.h. entweder durch das Betreiben des Geschäfts (einschließlich der Information) oder durch die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags.

Offen bleiben kann vorliegend, ob die Klägerin für die Beklagte aufgrund ihrer Tätigkeit ein Geschäft im Sinne der zitierten Vorschrift betrieben hat. Nach Einschätzung der Kammer hat die Klägerin jedenfalls bei der Gestaltung eines Vertrags mitgewirkt. Auch hier ist zwar die Abgrenzung zwischen Beratungs- und Geschäftsgebühr im Einzelfall schwierig (vgl. nur Baumgärtel in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl. 2014, Vorbemerkung 2.3 VV RVG, RdNr. 9). Allerdings ist anerkannt, dass die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages nicht erst dann vorliegt, wenn der Rechtsanwalt Urkunden oder Verträge entwirft. Vielmehr kann auch eine nur (fern-)mündliche Mitwirkung (Baumgärtel, a.a.O., RdNr. 8) bzw. die Überprüfung eines vorgelegten notariellen Vertragsentwurfs (Teubel in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, Vorbemerkung 2.3 VV RVG, RdNr. 5) die Geschäftsgebühr auslösen.

Vorliegend wurde der Klägerin unstreitig mit Fax vom 24.03.2010 ein Entwurf eines 5-seitigen notariellen Vermächtniserfüllungsvertrages seitens der Beklagten zugeleitet (Anlage K5). In dem handschriftlichen Anschreiben der Beklagten wurde der bei der Klägerin tätige Rechtsanwalt M darum gebeten, den Vertragsentwurf „zu beurteilen“ sowie seine Meinung „bzw. Richtigstellungen“ mitzuteilen. Daraufhin fertigte Rechtsanwalt M am 30.03.2010 eine Stellungnahme und versandte diese per Email an die Beklagte (Anlage K6). Darin führte u.a. aus:

„[...] Auffällig ist, dass die Erbengemeinschaft die Kosten der Beurkundung und des Vollzuges tragen soll. Diese Regelung ist im Testament nicht getroffen, so dass es als angemessen anzusehen ist, wenn der Vermächtnisnehmer die Kosten der Beurkundung trägt.

Sofern Ihr Bruder einer vorrangigen Zahlung an Sie zustimmt, sollte dies Eingang in die Urkunde finden. Dies könnte dadurch erfolgen, dass die Zahlung an Herrn A erst 31 Monate nach der Umschreibung des Grundstücks zu laufen beginnt und im Gegenzug hierzu die an Sie zu erbringenden Leistungen für einen Zeitraum von 25 Monaten zunächst 2.000,00 Euro betragen. Ab dem Zeitpunkt der Zahlung von 50.000,00 € an Sie vermindert sich die monatlich zu zahlende Rate auf 1.500,00 €.

Die Fälligkeitsregel ist dahingehend zu ergänzen, dass die Ausgleichsbeträge spätestens am 29.10.2019 zur Zahlung fällig werden, soweit sie nicht bereits getilgt wurden.

[…]

Weiteren Änderungsbedarf sehe ich in der Vereinbarung nicht [...]“.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 6 umfassend Bezug genommen.

Durch seine konkreten Vorschläge hat Rechtsanwalt M für die Klägerin auf die Gestaltung des Vertrages eingewirkt. Ob und in welchem Umfange es der Beklagten gelang, die Änderungsvorschläge im Vertrag umzusetzen, kann dahinstehen.

Insbesondere aufgrund eine teleologischen Auslegung der Vorschrift Vorbemerkung 2.3 VV RVG teilt das Gericht die Ansicht Baumgärtels (a.a.O., RdNr. 8), wonach bei vertragsgestaltender Tätigkeit aufgrund des erhöhten Haftungsrisikos des Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr und nicht nur die Beratungsgebühr entsteht.

II.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.