Landgericht München I Urteil, 06. Nov. 2014 - 17 HKO 15406/14

published on 06/11/2014 00:00
Landgericht München I Urteil, 06. Nov. 2014 - 17 HKO 15406/14
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Subsequent court decisions
Oberlandesgericht München, 29 U 4821/14, 19/03/2015

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 08.08.2014,17HK O 15406/14, wird bestätigt.

II.Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Die Antragstellerin macht im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Antragsgegnerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein von Lichtherstellern als Rücknahmesystem für LED- und Gasentladungslampen gegründetes Unternehmen, ihr Unternehmenszweck ist es, ihren Gesellschaftern und anderen Systemteilnehmern ein System zur Rücknahme von Beleuchtungskörpern anzubieten.

Die Antragsgegnerin vertreibt über das Internet Energiesparlampen des Herstellers Action S.A., Warschau.

Am 26.06.2014 ließ die Antragstellerin einen Testkauf bei der Antragsgegnerin durchführen. Geliefert wurde eine Energiesparlampe ACJ AJE-S13P E27/13 W 65 W. Auf dieser ist die Marke Active Jet aufgebracht. Die Firma A. E. GmbH war zum Zeitpunkt des Testkaufes bei der Stiftung Altgeräteregister (EAR) registriert in der Kategorie „Beleuchtungskörper" mit der Geräteart „Sonstige Beleuchtungskörper oder Geräte für die Ausbreitung oder Steuerung von Licht, die in privaten Haushalten genutzt werden können". Die Antragsgegnerin selbst ist nicht bei der EAR registriert. Da die Gerätearten in der Kategorie 5 „Beleuchtungskörper" im Sommer 2013 geändert wurden und nach Auffassung der Antragstellerin daher eine ordnungsgemäße Registrierung für diesen Beleuchtungskörper, eine Gasentladungslampe, nicht vorlag, mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15.07.2014 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Da eine solche nicht abgegeben wurde, macht die Antragstellerin den Unterlassungsanspruch im Verfügungswege geltend.

Auf Antrag der Antragstellerin hin wurde der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 08.08.2014 unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten, Beleuchtungskörper im Sinne des ElektroG in Deutschland in Verkehr zu bringen, wenn deren Hersteller hierfür nicht ordnungsgemäß gemäß § 6 Abs. 2 ElektroG registriert ist.

Gegen die am 15.08.2014 zugestellte einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 04.09.2014 Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin trägt vor, da die Herstellerin bei der EAR nur in Kategorie 5 b „Sonstige Beleuchtungskörper oder Geräte für die Ausbreitung oder Steuerung von Licht, die in privaten Haushalten genutzt werden können" zum Zeitpunkt des Testkaufes registriert gewesen sei, also nicht für die richtige Geräteart „Gasentladungslampen, die in privaten Haushalten genutzt werden können", habe eine ordnungsgemäße Registrierung nicht vorgelegen, da die Registrierung marken- und gerätegebunden sei. Die Antragsgegnerin habe somit schuldhaft neue Elektro- oder Elektronikgeräte nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller angeboten, gelte deshalb nach § 3 Abs. XII S. 2 ElektroG selbst als Hersteller. Da sie selbst nicht registriert ist, gelte für sie das Vertriebsverbot nach § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG. Die Antragsgegnerin habe diesen Beleuchtungskörper somit nicht vertreiben dürfen. Verschulden der Antragsgegnerin im Sinne von § 3 Abs. XII S. 2 ElektroG habe vorgelegen, diese hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres erkennen können, dass eine ordnungsgemäße Registrierung nicht vorliege.

Die Antragstellerin beantragt daher:

Die einstweilige Verfügung vom 08.08.2014 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt:

Die einstweilige Verfügung vom 08.08.2014 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin bestreitet die Aktivlegitimation der Antragstellerin, da ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien nicht bestehe. Im Übrigen trägt sie vor, dass ein Verschulden der Antragsgegnerin im Sinne von § 3 Abs. XII S. 2 ElektroG nicht vorliege. Ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin habe das EAR-Register geprüft. Außerdem habe ihr der Lieferant erklärt, dass eine ordnungsgemäße Registrierung vorliege und die Entsorgungskosten abgeführt würden. Es gehe zu weit, einem ausschließlichen Vertreiber die Pflicht aufzuerlegen, eine Überwachung und Kontrolle der Registrierung durchzuführen. Außerdem sei der Hersteller seit 04.12.2014 mit der richtigen Geräteart mit der Marke Activ Jet registriert. Dass sich die auf dem Beleuchtungskörper angebrachte Marke davon unterscheide, dass sie Active Jet heiße, sei ein unschädliches Schreibversehen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 06.11.2014 Bezug genommen.

Gründe

A) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

I) Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. II UWG vermutet. Die von der Münchner Rechtsprechung geforderte Frist von nicht mehr als einem Monat zwischen Kenntniserlangung vom Verletzungssachverhalt und der Stellung des Verfügungsantrages ist gewahrt, nachdem die Antragstellerin vom Verletzungssachverhalt erst am 10.07.2014 Kenntnis erlangte und der Verfügungsantrag bei Gericht am 08.08.2014 einging.

II) Es besteht auch ein Verfügungsanspruch. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet nach §§ 8 Abs. I, Abs. III Nr.1; 4 Nr. 11 UWG; 6 Abs. II Satz 5 ElektroG.

1) Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nach § 8 Abs. III Nr. 1 UWG aktivlegitimiert.

Zwischen den Parteien besteht im Hinblick auf die Retourlogistik von Beleuchtungskörpern ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von §§ 8 Abs. III, Nr.1; 2 Abs. I Nr. 3 UWG. An das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist, dass die Unternehmen auf demselben sachlichen, räumlichen und zeitlich relevanten Markt tätig sind, wobei es unerheblich ist, ob sich die Kundenkreise und Angebote vollständig oder nur teilweise decken (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage 2013, Rn. 95, 98 zu § 2).

Geschäftszweck der Antragstellerin ist die Retourlogistik von Beleuchtungskörpern. Da im vorliegenden Fall die Antragsgegnerin nach § 3 Abs. XII ElektroG selbst als Hersteller gilt (dazu ausführlich unten), war sie als solcher auch verpflichtet, die von ihr angebotenen und vertriebenen Beleuchtungskörper zu sammeln und abzuholen ( §§ 10 Abs. I, 9 Abs. IV, V ElektroG).

Damit stehen hinsichtlich der Retourlogistik der Beleuchtungskörper die Parteien in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis.

2) Hinsichtlich des auf Grund des Testkaufes gelieferten Beleuchtungskörpers lag eine ordnungsgemäße Registrierung nach dem ElektroG nicht vor:

Die Firma A. E. GmbH war zum Zeitpunkt des Testkaufs ausweislich Anlage LL 6 für die Geräteart „Sonstige Beleuchtungskörper oder Geräte für die Ausbreitung oder Steuerung von Licht, die in privaten Haushalten genutzt werden können" registriert, damit für die falsche Geräteart, da es sich bei dem gelieferten Produkt um eine Gasentladungslampe handelt. Die Registrierung ist aber marken- und geräteartbezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.2010, 7 C 9.09, Rn. 18). Die Registrierung bezieht sich auf die Marke und die Geräteart, für die die Registrierung besteht, andere Gerätearten dürfen ohne zusätzliche Registrierung nicht vertrieben werden.

Damit lag eine ordnungsgemäße Registrierung nicht vor, denn seit Sommer 2013 hätte eine Registrierung für Geräteart 5 a vorliegen müssen.

Damit hat die Antragsgegnerin ein neues Elektro- oder Elektronikgerät eines nicht ordnungsgemäß registrierten Herstellers angeboten und vertrieben. Sie hat insoweit schuldhaft im Sinne von § 276 Abs. II BGB gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt hätte die Antragsgegnerin erkennen können, dass ihre Lieferanten mit der Marke Active Jet nicht für die richtige Geräteart registriert war. Dies hätte sich bei einer Überprüfung im Register der EAR erschlossen. Fehlende Kenntnis von einer Änderung der Gerätearten kann die Antragsgegnerin nicht entlasten. Sie hätte sich entsprechen informieren können und müssen.

Der Umstand, dass seit dem 04.12.2013 eine Marke Activ Jet bei der EAR registriert war (Anlage AG 1), ändert hieran nichts. Denn zum einen handelt es sich um eine andere Marke, nicht um die auf dem Produkt angebrachte Marke Active Jet, zum anderen handelt es sich auch insoweit um eine Registrierung nicht für die richtige Geräteart. Das Register der EAR sieht ausdrücklich für die Kategorie 5 „Beleuchtungskörper" mehrere Gerätearten vor. Für diese muss jeweils die Registrierung erfolgen (vgl. BVerwG a.a.O.). Die Kategorie „Beleuchtungskörper" deckt nicht gleichsam alle Gerätearten ab. Dies hätte die Antragsgegnerin auch erkennen können.

Damit gilt nach § 3 Abs. XII Satz 2 ElektroG die Antragsgegnerin selbst als Herstellerin. Da sie selbst nicht über eine ordnungsgemäße Registrierung erfolgt, hätte sie den Beleuchtungskörper nicht vertreiben dürfen, § 6 Abs. II Satz 5 ElektroG.

Bei der Vorschrift des § 6 Abs. II Satz 5 ElektroG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

3) Der Umstand, dass der Lieferant der Antragsgegnerin ausweislich Anlage LL 18 seit 27.08.2014 ordnungsgemäß registriert ist, lässt die nach § 8 Abs. I UWG erforderliche Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Das Verbot bezieht sich nicht nur auf das Vertreiben von Beleuchtungskörpern dieser Marke, sondern umfasst auch kerngleiche Verstöße, also auch das Vertreiben von von anderen nicht ordnungsgemäß registrierten Lieferanten stammenden Beleuchtungskörper. Dass solche die Antragsgegnerin in Zukunft vertreiben könnte, ist nicht ausgeschlossen.

III) Da somit die Überprüfung der einstweiligen Verfügung auf Grund des Widerspruchs der Antragsgegnerin zu dem Ergebnis führt, dass die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen wurde, war diese nach § 925 Abs. II ZPO zu bestätigen.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. I ZPO.

C) Eines Ausspruches hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da Urteile, durch die eine einstweilige Verfügung bestätigt wird, auch ohne ausdrücklichen Ausspruch vorläufig vollstreckbar sind (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 35. aufläge 2014, Rdnr. 7 zu § 708).

gez.

G.K. P.

Vorsitzender RichterHandelsrichterHandelsrichter am Landgericht

Verkündet am 06.11.2014

gez. JAng als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

7 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Annotations

(1) Bevor ein Hersteller Elektro- oder Elektronikgeräte in Verkehr bringt, ist er oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 sein Bevollmächtigter verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und Marke registrieren zu lassen. Der Registrierungsantrag muss die Angaben nach Anlage 2 enthalten. Dem Registrierungsantrag ist oder sind

1.
eine Garantie nach § 7 Absatz 1 Satz 1 oder
2.
eine Glaubhaftmachung nach § 7 Absatz 3 Satz 1 und ein Rücknahmekonzept nach § 7a
beizufügen. Der Hersteller oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 sein Bevollmächtigter hat der zuständigen Behörde Änderungen von im Registrierungsantrag enthaltenen Daten sowie die dauerhafte Aufgabe des Inverkehrbringens unverzüglich mitzuteilen.

(2) Hersteller dürfen Elektro- oder Elektronikgeräte nicht in Verkehr bringen, wenn sie oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind. Ist ein Hersteller oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 dessen Bevollmächtigter entgegen Absatz 1 Satz 1 nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert, dürfen

1.
Vertreiber die Elektro- oder Elektronikgeräte dieses Herstellers nicht zum Verkauf anbieten,
2.
Betreiber von elektronischen Marktplätzen das Anbieten oder Bereitstellen von Elektro- oder Elektronikgeräten dieses Herstellers nicht ermöglichen und
3.
Fulfilment-Dienstleister die Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung oder den Versand in Bezug auf Elektro- oder Elektronikgeräte dieses Herstellers nicht vornehmen.

(3) Jeder Hersteller ist verpflichtet, beim Anbieten und auf Rechnungen seine Registrierungsnummer anzugeben.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.