Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 25. März 2014 - 5 Sa 83/10

25.03.2014

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tatbestand

Die Parteien streiten über Lohnansprüche aus Annahmeverzug nach Ausspruch einer unwirksamen fristlosen Kündigung durch die Beklagten.

Der Kläger war seit dem 01.12.1999 bei der Beklagten zu 1. als Steuerfachangestellter beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt betrug € 1.840,65.

Mit Kündigungserklärung vom 11.11.2002 hat die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.

Gegen diese Kündigung hat der Kläger Feststellungsklage erhoben und im Rahmen dieses Verfahrens Annahmeverzugslohn für den Zeitraum vom 01.04.2003 bis einschließlich 31.01.2004 geltend gemacht.

Die arbeitsgerichtliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.11.2002 nicht aufgelöst worden ist, sowie die Verurteilung zur Zahlung von € 18.406,50 brutto abzüglich € 8.744,51 netto für den Zeitraum bis 31.01.2004 wurde rechtskräftig.

Mit vorliegender Klage macht der Kläger verschiedene Ansprüche auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.12.2006 geltend. Er erklärt, nach Vorliegen des Gutachtens sei klar, dass er seit dem 01.04.2004 in vollem Umfang arbeitsfähig gewesen sei. Die Kritik der Beklagten an dem Gutachten des Prof. Dr. D. vom 14.03.2009 sei unberechtigt. Es sei auch unzutreffend, dass der Kläger eine andere Beschäftigung hätte annehmen können. Der Kläger sei von den Beklagten bereits im November 2002 gekündigt worden. Er sei bei Beginn seiner Arbeitsfähigkeit im Jahr 2003 bereits 48 Jahre alt gewesen und habe eine Schwerbehinderung von 80%. Mit diesen Daten sei es für jeden Arbeitnehmer schwer, eine neue Arbeit zu finden. Hinzu komme, dass der Kläger über kein Arbeitszeugnis verfüge. Dies habe er gegenüber den Beklagten einklagen müssen und es erst im Jahre 2005 erhalten.

Die Beklagten gehen davon aus, dass der Kläger bereits in den Zeiträumen 2003, 2004, 2005, 2006 Einnahmen aus einer gesonderten Arbeitstätigkeit erzielt habe, welche sich der Kläger anrechnen lassen müsse. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Kläger im Widerspruch zu dem erstellten Gutachten für den gesamten Zeitraum des Annahmeverzugs arbeitsunfähig gewesen sei. Aus dem Gutachten werde ersichtlich, dass insbesondere nur die eigenen Angaben des Klägers maßgeblich Einfluss gehabt hätten. Auch seien die Ansprüche des Klägers unschlüssig. Eine Passivlegitimation der beklagten Partei zu 4. sei nicht mehr gegeben, da Herr F. bereits bei der Beklagten zu 1. als Partner ausgeschieden gewesen sei. Die Klage sei auch deswegen unbegründet, da die Ansprüche nicht weiter gegenüber dem Arbeitgeber, der Beklagten zu 1., als alleinigen Arbeitgeber geltend gemacht worden seien. Alleiniger Arbeitgeber sei die Beklagte zu 1., welche eine Partnergesellschaft sei. Im Übrigen habe es der Kläger trotz mehrmaliger Hinweise und Aufforderungen nicht geschafft, seine behaupteten Ansprüche unter Berücksichtigung aller zwingend anrechenbaren Vergütungen/Verdienste nachvollziehbar, schlüssig und vollständig darzulegen.

Das Arbeitsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Arbeitsfähigkeit ab dem 01.04.2004 die eingeklagten Annahmeverzugsansprüche in vollem Umfang zugesprochen und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Durch den Ausspruch der unwirksamen Kündigung hätten sich die Beklagten in Annahmeverzug befunden. Der Kläger sei nicht leistungsunfähig gewesen. Die entsprechende Behauptung der Beklagten sei durch das Gutachten des Prof. Dr. D. widerlegt. Das Arbeitsgericht habe keinen Anlass gesehen, an den überzeugenden Ausführungen des Gutachters zu zweifeln. Eine Vernehmung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung sei nicht angezeigt gewesen. Somit stehe fest, dass der Kläger während des gesamten Annahmeverzugszeitraums objektiv arbeitsfähig gewesen sei. Die Beklagten könnten auch nicht einwenden, der Kläger habe es versäumt, eine andere Arbeit anzunehmen. Die Einkünfte, welche der Kläger durch seinen Insektenhandel erzielt habe, müsse er sich nicht anrechnen lassen, da von § 615 Abs. 1 Satz 2 BGB nur Einkünfte erfasst würden, welche durch die unterbliebene Dienstleistung bzw. durch die unterbliebene Arbeitskraft ermöglicht worden seien. Ebenso unbeachtlich sei der Einwand der Beklagten, der Beklagte zu 4. sei nicht passivlegitimiert. Auch wenn der Beklagte zu 4. bereits ab dem Jahr 2003 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, entfalle die Haftung des Beklagten zu 4. dennoch nicht. Ein Gesellschafter hafte auch für Altschulden, deren Rechtsgrund nach dem Ausscheiden gelegt worden sei, auch wenn weitere Voraussetzungen ihres Entstehens erst später erfüllt würden. Die Ansprüche im Zeitraum von 2004 bis 2006 seien auch nicht verjährt. Mit der rechtzeitigen Klageforderung gegen die einzelnen Gesellschafter sei die Frist zur rechtzeitigen Geltendmachung vor Ablauf der Verjährungsfrist gegenüber der Gesellschaft und umgekehrt, gewahrt worden. Der von der Beklagten im Rahmen der Widerklage geltend gemachte Auskunftsanspruch sei erfüllt worden und deshalb abzuweisen. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils wird, auch hinsichtlich des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen, Bezug genommen.

Zur Begründung ihrer dagegen gerichteten Berufung lassen die Beklagten vorbringen, die geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als sie erstmalig in verjährungsunterbrechender Weise geltend gemacht worden seien, überwiegend verjährt. Arbeitsvertragliche Regelungen hätten nur zur Partnergesellschaft bestanden. Die den Zeitraum ab dem Monat April 2005 betreffenden Ansprüche seien ausschließlich durch gegen die Beklagten zu 2. bis 4. gerichteten Klageerweiterungen geltend gemacht worden. Erstmalig mit Schriftsatz vom 18.12.2009 seien die Ansprüche auch gegenüber der Beklagten zu 1. geltend gemacht worden.

Eine Haftung des Beklagten zu 4. müsse allein deshalb ausscheiden, da dieser bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahre 2004 nicht mehr Partner der Beklagten zu 1. gewesen sei.

Das erstinstanzlich eingeholte Gutachten stelle keine verwertbare Grundlage dar, nachdem das Gutachten maßgeblich auf den eigenen Ausführungen des Klägers beruhte, die offensichtlich wahrheitswidrig und widersprüchlich seien.

Die Beklagten hätten sich auch nicht in Annahmeverzug befunden, da der Kläger außer Stande gewesen sei, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Für das Leistungsvermögen sei der Kläger darlegungs- und beweisbelastet.

Jedenfalls müsse sich der Kläger den Verdienst anrechnen lassen, welchen er durch seinen Insektenhandel erzielt habe.

Schließlich fehle es dem Kläger an der Aktivlegitimation. Der Kläger habe während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums Leistungen des Job-Centers bezogen. Damit handele es sich bei jedwedem Zahlungsanspruch des Klägers um ein anspruchsübergangsfähiges Arbeitsentgelt, welches auch nach schriftlicher Auskunft des Job-Centers vom 24.11.2010 und vom 26.08.2013 nicht mehr im Berechtigungsbereich des Klägers liege.

Der Kläger lässt vortragen, die Verjährungseinrede greife nicht. Die Beklagten zu 2. bis 4. könnten sich in keinem Fall auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Beklagten zu 2. bis 4. seien Gesellschafter der Beklagten zu 1., bei der es sich um den Arbeitgeber des Klägers handele. Der Eintritt der Verjährung gegen eine Gesellschaft habe keine Auswirkung bezüglich des einzelnen bereits verklagten Gesellschafters. Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft hafteten die Partner als Gesamtschuldner. Der Gläubiger könne in einem solchen Fall die Leistung von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern.

Der Beklagte zu 4. hafte jedenfalls aus der gesetzlichen Nachhaftung der Gesellschafter einer Partnergesellschaft.

Das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten sei fachlich-medizinisch nicht angreifbar. Für den Zeitraum ab 01.04.2004 ergäben sich ärztlicherseits keine Anhaltspunkte für eine Arbeitsunfähigkeit. Trotz seines Alkoholkonsums habe der Kläger problemlos jeder Schreibtischtätigkeit nachgehen können. Im Hinblick auf den täglichen abendlichen Alkoholgenuss habe sich der Kläger proaktiv in psychologische Behandlung begeben, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, was ihm innerhalb kurzer Zeit auch gelungen sei.

Der Umstand, dass er im Jahr 2003 die Ausbildung zum Steuerfachwirt abgebrochen habe, sei nicht aufgrund seiner Alkoholprobleme erfolgt. Vielmehr sei er zur Prüfung nicht zugelassen worden, weil er nicht in der Lage gewesen sei, die erforderliche Arbeitgeberbescheinigung vorzulegen.

Nicht richtig sei, dass er gegenüber der Bundesagentur für Arbeit angegeben habe, er sei arbeitsunfähig und dass die Beklagte ihm ein prozessrechtliches Arbeitsverhältnis angeboten habe.

Der zugesprochene Annahmeverzugslohn sei vom Arbeitsgericht korrekt berechnet worden. Eine Anrechnung der Einnahmen des Klägers aus dem Insektenhandel verbiete sich, nachdem dies ein Hobby des Klägers sei, welches er auch schon vor Ausspruch der Kündigung im November 2002 betrieben habe. Diesem Hobby wäre der Kläger auch dann nachgegangen, wenn er bei den Beklagten gearbeitet hätte. Die von den Beklagten behauptete Höhe der Einnahmen des Klägers sei nicht richtig.

Auch ein hypothetisches Arbeitsentgelt müsse sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Der Kläger habe es nicht böswillig unterlassen, seine Arbeitskraft zu verwerten. Er habe sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet. Arbeitsangebote habe er nicht erhalten.

Dem Kläger fehle für die geltend gemachten Ansprüche auch nicht die Aktivlegitimation. Ein Anspruchsübergang auf die Arbeitsverwaltung erfolge nur insoweit, als die Arbeitsverwaltung tatsächlich Arbeitslosengeld geleistet habe, jedoch nicht darüber hinaus. Streitgegenständlich seien nur diejenigen Netto-Gehaltsansprüche des Klägers, welche ihm nicht über das Arbeitslosengeld erstattet worden seien.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien, sowie wegen der gestellten Anträge, wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Das Vorbringen der Beklagten nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2014 blieb unberücksichtigt (§ 296 a ZPO).

Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. D. und Dr. S., durch Einvernahme der Zeugin R. Sc. sowie durch Einvernahme der sachverständigen Zeugin Dr. P. Wegen des Ergebnisses dieser Beweiserhebungen und Anhörungen wird auf den Inhalt der entsprechenden Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Das Berufungsgericht hat die Akten des Landesarbeitsgerichts Nürnberg mit dem Aktenzeichen 6 Sa 71/05 beigezogen und sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat mit den gestellten Anträgen in der Sache Erfolg.

Für den streitgegenständlichen Zeitraum kann der Kläger nach § 615 BGB die Zahlung des vereinbarten Lohns nicht verlangen, da sich die Beklagten mangels Leistungsfähigkeit des Klägers nicht in Annahmeverzug befanden. Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Für die Beurteilung des Leistungsvermögens kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Schuldners, sondern nur auf die objektiven Umstände der Leistungsfähigkeit an. Ist ein Arbeitnehmer objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die vereinbarte Leistung zu erbringen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch den Willen des Arbeitnehmers ersetzt werden, trotz objektiver Leistungsunfähigkeit einen Arbeitsversuch zu unternehmen (BAG vom 29.10.1998 - 2 AZR 666/97 - ).

Dem Kläger war die Erbringung der Arbeitsleistung im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht möglich. Das fehlende Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich aus den glaubhaften Aussagen der vom Berufungsgericht zur Erläuterung ihres erstinstanzlich erstellten Gutachtens befragten uneingeschränkt glaubwürdigen Sachverständigen sowie aus der Aussage der ebenfalls vom Berufungsgericht als sachverständige Zeugin einvernommenen glaubwürdigen Hausärztin des Klägers Frau Dr. P….

Zwar ist das Arbeitsgericht zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass in dem Gutachten vom 20.01.2009 festgestellt wird, dass die Behauptung, der Kläger sei ab dem 01.04.2004 nicht mehr in der Lage gewesen, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit bis auf Weiteres dauernd zu erbringen, unrichtig sei.

Zu Unrecht ist das Arbeitsgericht aber dem Antrag der Beklagten, die Sachverständigen zur Erläuterung ihres Gutachtens zu hören, nicht gefolgt (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerfG vom 17.01.2012 - BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346 f.). Ein Anlass, die Ersteller des Gutachtens vom 20.01.2009 zur Erläuterung ihres Gutachtens nochmals zu befragen, ergab sich insbesondere, nachdem der Kläger in dem beigezogenen Kündigungsschutzverfahren 6 Sa 71/05 im Termin vom 13.09.2005 auf Frage des Gerichts erklärt hatte, er sei ab September 2002 jeden Samstag oder mindestens die meisten Samstage beim Lehrgang gewesen. Die Lehrgänge hätten von 08.00 Uhr bis 16.30 Uhr stattgefunden. Er habe sich dorthin gequält, weil er die Lehrgangskosten schon bezahlt habe und sich schon zwei Jahre vorher angemeldet habe. Er habe allerdings regelmäßig früher nach Hause gehen müssen (Bl. 590 f. der Akten 6 Sa 71/05). Demgegenüber stützten die Sachverständigen ihr Ergebnis, der Kläger sei in der Zeit ab 01.04.2004 arbeitsfähig gewesen, unter anderem auch auf die vom Kläger im Rahmen der Begutachtung gemachten Angaben, dass er im September 2002 über 1 Jahr hinweg jeweils samstags von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr einen Lehrgang zur Ausbildung zum Steuerfachwirt absolviert habe, ohne dass dies gesundheitliche Probleme bereitet hätte (Bl. 189 der Akten 5 Sa 83/10).

Die Anhörung der Gutachter im Berufungsverfahren hat ergeben, dass zu einem anderen Ergebnis des Gutachtens hätte führen können, wenn der Kläger im Rahmen seiner Vorstellung zur Erstellung des Gutachtens erklärt hätte, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die an den jeweils samstags von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr stattgefundenen Lehrgänge zur Ausbildung zum Steuerfachwirt in vollem Umfang absolvieren zu können und diese Lehrgänge vorzeitig an den einzelnen Tagen aus gesundheitlichen Gründen habe verlassen müssen (vgl. Bl. 1355 der Akten 5 Sa 83/10). Darüber hinaus haben die Sachverständigen erklärt, hätten sie die vom Kläger im Verfahren 6 Sa 71/05 im Termin vom 13.09.2005 abgegebenen Erklärungen gekannt, hätten sie voraussichtlich darauf hingewirkt, dass ein psychologisches oder psychiatrisches Ergänzungsgutachten eingeholt werde um die Beweisfrage abschließend zu klären.

Im Hinblick hierauf hat die Berufungskammer die damalige Hausärztin des Klägers als sachverständige Zeugin zu der Behauptung vernommen, der Kläger sei in der Zeit ab 01.04.2004 gesundheitlich in der Lage gewesen, seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Steuerfachangestellter im Büro der Beklagten erbringen zu können.

Die sachverständige Zeugin hat glaubhaft und überzeugend unter Heranziehung der von ihr mitgebrachten - eigenen, sowie der von ihrer Vorgängerin gefertigten - schriftlichen Unterlagen ausgesagt, dass in der Zeit ab 01.04.2004 weder von ihr noch von ihrer Vorgängerin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Kläger ausgestellt worden seien. Allerdings würden von ihr solche Bescheinigungen nur ausgestellt, wenn ein Patient dies verlange. Der Kläger wäre körperlich in der Lage gewesen, seine Arbeit verrichten zu können. Im Hinblick auf die ihr bekannten psychischen Belastungen hätte der Kläger allerdings sicher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten, wenn er zu ihr gesagt hätte, er fühle sich nicht arbeitsfähig.

Diese Aussage lässt den Schluss zu, dass sich der Kläger objektiv in einem Zustand befunden hat, der jederzeit die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gerechtfertigt hätte. Entscheidend für die Beurteilung des Leistungsvermögens kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Klägers, sondern nur auf die objektiven Umstände der Leistungsfähigkeit an (BAG vom 29.10.1998, a. a. O.). Bestätigung findet der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand des Klägers auch dadurch, dass die Vorgängerin der sachverständigen Zeugin als Hausärztin, Frau Dr. G., in der Krankenunterlage des Klägers im Juli 2004 vermerkt hatte: „Patient ist sehr heruntergekommen, physisch und psychisch. Er hat nur noch Probleme in seiner Ehe, im gesamten Umfeld und trinkt jetzt wieder übermäßig, möchte Hilfe. Klinikeinweisung Bezirkskrankenhaus E., am 27.07.2004 angemeldet.“

Aufgrund dieser Aussage ist davon auszugehen, dass sich der Kläger jedenfalls ab 01.04.2004 in einem Zustand befunden hat, der es ihm nicht möglich gemacht hätte, die geschuldete Arbeitsleistung für die Beklagten zu erbringen. Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Zustand des Klägers möglicherweise wieder geändert haben könnte, sind nicht erkennbar. Der Kläger suchte die sachverständige Zeugin bis zum Juni 2007 in deren Praxis auf. Zeitliche Einschränkungen, den psychischen Zustand des Klägers betreffend, machte die sachverständige Zeugin nicht. War der Kläger aber aus gesundheitlichen Gründen im Zeitraum vom 01.04.2004 bis 31.12.2006 nicht in der Lage, seine geschuldete Arbeitsleistung für die Beklagten zu erbringen, standen dem Kläger Annahmeverzugsansprüche nicht zu.

Gleiches muss für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.03.2004 gelten. Der Kläger hat die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht nur insoweit entbunden, als die Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 01.04.2004 bestätigt werde (Sitzungsprotokoll vom 13.07.2007; Bl. 120 d. A.). Nachdem hinreichende Indizien dafür vorhanden sind, dass der Kläger auch im Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.03.2004 nicht leistungsfähig war, muss die fehlende Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 31.03.2004 insoweit zulasten des Klägers gehen (vgl. BAG vom 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 - ).

Auf die Berufung der Beklagten war damit die Klage mit der sich aus § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

Gegen diese Entscheidung kann der Kläger gemäß nachstehender Rechtsmittelbelehrung Revision einlegen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

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Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.