Halbteilungsgrundsatz

30/05/2007 22:45

In seiner Entscheidung vom 16.03.2006 hat das Bundesverfassungsgericht (Az.: 2 BvR 2194/99) die steuerliche Gesamtbelastung eines gewerbetreibenden Ehepaars in Höhe von rund 60% für verfassungsmäßig erklärt. Nach weit verbreiteten ersten Reaktionen in der Presse wird dadurch angeblich der von dem früheren Vizepräsidenten und Steuerberichterstatter des Gerichts Paul Kirchhof im Rahmen einer Entscheidung zur Vermögenssteuer entwickelte Halbteilungsgrundsatz, demzufolge der Staat nur auf die Hälfte des erwirtschafteten Vermögens der Steuerzahler zurückgreifen darf, wesentlich relativiert, wenn nicht gar aufgegeben. Dem Staat würden folglich - so der Grundtenor vieler Zeitungsberichte -, abgesehen von dem vagen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, keine Grenzen für die Besteuerung mehr gesetzt. Die Aufschreie dürften sich jedoch als verfrüht erweisen. Letzlich ist durch das Urteil keine Änderung in der Praxis der Unternehmensbesteuerung zu erwarten. Zum einen dürften die Kläger dem Halbteilungsgrundsatz schlicht eine zu umfassende, ja allgegenwärtige Bedeutung beigemessen haben, die so vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls nicht in den tragenden Entscheidungsgründen ausgesprochen wurde. Zum anderen wird aufgrund der aktuellen Diskussion um die Streichung von Ausnahmeregelungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Die geplante Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19% ist jedoch für gewerbliche Unternehmen weitgehend steuerneutral. Inwieweit durch die Streichung von Ausnahmeregelungen und die Modifizierung von Abschreibungsmöglichkeiten eine höhere steuerliche Belastung entsteht, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal bleibt also alles beim Alten.

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