Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht und im öffentlichen Recht

24/01/2007 17:17

In besonders dringenden Fällen gibt es die Möglichkeit, Rechtsschutz durch das Gericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu erlangen.

Handelt es sich um eine öffentlich rechtliche Streitigkeit, ist unter anderem ein Antrag nach § 80 V VwGO statthaft, etwa auf Aussetzung einer angeordneten sofortigen Vollziehung einer Ordnungsverfügung. Dies bewirkt dann z.B., daß ein genehmigungspflichtiges Gewerbe trotz Untersagungsverfügung weiterbetrieben werden darf. Handelt es sich um Leistungsbegehren, kann zum Beispiel mit dem Rechtsbelf des § 123 VwGO die Versetzung eines Schülers in die folgende Klasse erlangt oder die Beförderung eines Konkurrenten vorläufig verhindert werden.

Handelt es sich dagegen um einen zivilrechtlichen Streit, ist unter anderem mit einer einstweiligen Verfügung eine Sicherungshypothek zu erhalten, um eine Werklohnforderung zu sichern oder aber es lassen sich Ansprüche gegen Vermieter durchsetzen, die unberechtigterweise Strom und Wasser abstellen.

 

In der Zivilprozeßordnung gibt es den - Arrest nach §§ 916 ff ZPO- , welcher auf die Sicherung von Geldforderungen gerichtet ist und die – einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff ZPO - , welche der Sicherung der sonstigen Ansprüche dient.

 

Im Einzelnen gestaltet sich das Verfahren wie folgt:

 

Dinglicher und persönlicher Arrest

 

Durch einen - sog. persönlichen Arrest - wird die Haft des Antragsgegners erreicht. Dies ist aber ein seltener Ausnahmefall. Typisch ist der - sog. dingliche Arrest - , durch welchen eine Sicherungsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners erreicht wird. Dieser ist statthaft, wenn zu besorgen ist, dass ohne seine Verhängung die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert würde, § 917 ZPO. Eine solche drohende Verschlechterung der Realisierung von Ansprüchen besteht, wenn unlautere Handlungen des Schuldners zu befürchten sind.

 

Dazu zählen insbesondere:

 

Ein Beiseiteschaffen und Verschleudern von Sachen oder der Wechsel ins Ausland.

Nicht jedoch eine sog. Gläubigerkonkurrenz, d.h., eine vorrangige Befriedigung vor anderen Gläubigern bedarf spezieller Gründe.

 

Arrestgesuch

 

Um einen dinglichen oder persönlichen Arrest zu bewirken, wird nach § 920 ZPO bei Gericht ein Arrestgesuch beantragt, das in seiner Funktion der Klageschrift im Hauptverfahren entspricht.

 

Anderweitige Sicherheiten

 

Zu beachten ist, dass ein solches Arrestgesuch unzulässig ist, wenn der Antragsteller bereits anderweitig ausreichend gesichert ist, weil dann das Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben ist. Dies kann fehlen, wenn etwa ein Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht, Sicherungseigentum oder bereits ein vollstreckbarer Titel besteht.

 

Bereits vorliegende Eilanordnungen

 

Problematisch ist die Sachlage, wenn bereits frühere Eilanordnungen ergangen sind.

Da nach der Rechtsprechung jedoch auch Eilentscheidungen rechtskräftig werden, ist dann eine erneute Eilanordnung in der gleichen Sache zulässig, wenn die einmonatige Vollzugsfrist des § 929 II ZPO vorbei ist und eine erneute Sicherung erforderlich ist, um weitere Nachteile zu vermeiden, deren Gewicht das für den Erlass einer Erstanordnung Erforderliche übersteigt.

 

Arrestanspruch und Arrestgesuch sind glaubhaft zu machen

 

Erfolgreich ist das Arrestgesuch im Gegensatz zur Hauptsacheklage bereits dann, wenn ein Arrestanspruch und Arrestgesuch schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht sind.

 

Der Arrestanspruch muss ein materieller Anspruch sein, der unmittelbar auf Zahlung in Geld gerichtet ist oder in einen solchen übergehen kann, § 916 ZPO. Dies können auch Forderungen sein, die noch nicht fällig sind. Unter diese Zahlungsansprüche fallen auch Schadensersatzansprüche aus mangelhafter Leistung. Dann wird durch den Arrest der spätere Schadensersatzanspruch gesichert.

 

Im Unterschied zum Hauptverfahren müssen Tatsachen nicht bewiesen, sondern der Arrestanspruch und der Arrestgrund müssen lediglich glaubhaft gemacht werden. Dies kann durch eine eidesstattliche Versicherung erfolgen. Andererseits müssen angegebene Beweismittel dem Gericht präsent sein, sie müssen vorliegen.

 

Einstweilige Verfügung

 

Eine einstweilige Verfügung in Form der Sicherungs-, Regelungs- oder Leistungsverfügung und damit kein Arrest wird dann beantragt, wenn es nicht um eine Geldzahlung geht.

 

Sicherungsverfügung

 

Die Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO setzt einen – Verfügungsanspruch - voraus, der kein Zahlungsanspruch ist. Insbesondere die Lieferung von Sachen oder die Vornahme von Handlungen oder Unterlassungen.

 

Weiter muß ein – Verfügungsgrund – bestehen, d.h., dass die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird, § 935 ZPO. Dies ist insbesondere gegeben, wenn eine Veräußerung oder Zerstörung der Sache droht.

 

Da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Rechte nur vorläufig gesichert werden und die Hauptsache somit nicht vorweggenommen wird, erfolgt idR eine Sequestration, dh, die herauszugebende Sache wird in Verwahrung eines Dritten gegeben, oder aber es werden Veräußerungsverbote erlassen.

 

Regelungsverfügung

 

Mit der Regelungsanordnung wird ein Rechtsverhältnis vorläufig geregelt.

Es muß ein Rechtsverhältnis bestehen und eine Notwendigkeit der Regelung dieses zur Abwehr von Nachteilen.

 

Darunter fallen insbesondere vorläufige Regelungen von Mitdarlehensnehmern, Miterben oder Mietern oder Betretungsverbote.

 

Leistungsverfügung

 

Die Leistungsverfügung ist eine besonders weitgehende Verfügung. Der Antragsteller erhält hier ausnahmsweise eine Erfüllung seines Anspruchs dh, es kann der volle Anspruch des Hauptverfahren durchgesetzt werden.

Eine Leistungsverfügung nach § 940 ZPO analog ergeht aber nur, wenn andernfalls irreparable existenzgefährdende Schäden des Antragstellers, aber nicht des Antragsgegners, eintreten würden.

 

Insbesondere fallen hierunter:

 

  • Belieferung von Gas, Wasser oder Strom
  • Unterhaltszahlungsansprüche von Ehegatten und Kindern
  • Unterhaltsrentenzahlungen
  • Arbeitentgelte
  • Ausnahmsweise Schmerzensgeld (OLG Nürnberg NJW 1998, 3787 u.a.)
  • Herausgabeansprüche bei Sachen, welche der Aufrechterhaltung der Lebensgrundlage dienen, wie Arbeitspapiere, Arbeitsgeräte
  • Herausgabeansprüche infolge verbotener Eigenmacht (§ 861 BGB) auch ohne existentielle Notlage, wie Durchsetzung der Überlassung der Wohnung
  • Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsbereich
  • Unterlassungsansprüche hinsichtlich ehrverletzender Handlungen
  • Erlangung von Vormerkungen und Widersprüche im Grundbuch
  • Eine Sicherungshypothek kann der Bauunternehmer durch Vormerkung sichern, die durch einstweilige Verfügung erwirkt werden kann

 

 

 

 

Der Verfahrensablauf

 

Weist das Gericht den Antrag durch Beschluss nicht zurück, so wird es entweder sofort ohne eine mündliche Verhandlung den Arrest bzw. die einstweilige Verfügung durch Beschluss anordnen oder aber nach eigenem Ermessen eine mündliche Verhandlung anordnen.

Wird eine mündliche Verhandlung angeordnet, so entscheidet das Gericht nach der mündlichen Verhandlung durch ein Urteil, in welchem es den Arrest bzw. die einstweilige Verfügung anordnet oder den Antrag zurückweist.

 

Hat das Gericht ohne eine mündliche Verhandlung den Arrest bzw. die einstweilige Verfügung angeordnet, so kann der Antragsgegner dagegen Widerspruch einlegen. Dann muss eine mündliche Verhandlung stattfinden, in welcher das Gericht durch Urteil den Arrest bzw. die einstweilige Verfügung bestätigt oder abändert oder aber aufhebt.

 

Ergeht ein Urteil, kann dieses auch als Verzichts-, Anerkenntnis oder Versäumnisurteil ergehen.

 

Rechtsbehelfe

 

Beschlüsse oder Urteile, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergehen, können mit den Rechtsbehelfen der sofortigen Beschwerde, der Berufung oder dem Widerspruch angegriffen werden.

 

Eine sofortige Beschwerde (§ 567 I Nr.2 ZPO) ist statthaft, wenn der Antrag auf Erlass eines Arrests bzw. die einstweilige Verfügung mit Beschluss zurückgewiesen wurde.

 

Eine Berufung ist statthaft, wenn das Gericht durch Urteil entscheidet, also eine mündliche Verhandlung stattfindet, in der der Arrest bzw. die einstweilige Verfügung angeordnet, aufgehoben, bestätigt/abgeändert oder der Antrag zurückgewiesen wird. Gegen das erfolgte Berufungsurteil findet kein Rechtsmittel mehr statt (§ 542 II ZPO).

 

Ein Widerspruch ist statthaft, wenn die Anordnung des Arrests bzw. die einstweilige Verfügung durch Beschluss erfolgte.

 

Erging ein Versäumnisurteil, so ist der Einspruch statthaft.

 

Als besonderer Rechtsbehelf kann der Antrag auf Anordnung einer Klageerhebung gestellt werden oder auf Aufhebung des Arrests wegen veränderter Umstände. Letzterer Antrag ist insbesondere geboten, wenn der ursprüngliche Anspruch nicht mehr besteht, weil dieser inzwischen durch Zahlung erfüllt wurde oder aber ein obsiegendes Urteil in der Hauptsache erging.

 

Schließlich kann auch eine Schutzschrift eingereicht werden. Da ein Arrest ohne mündliche Verhandlung erlassen werden kann, gibt es für den Antragsgegner bzw. Schuldner die Möglichkeit, im Vorab dem Gericht den Sachverhalt aus der Schuldnersicht vorzutragen, damit erst gar nicht ein Arrest bzw. die einstweilige Verfügung ergeht und somit der Widerspruch dagegen erst gar nicht eingereicht werden muß.

 

Schadensersatz

 

Sofern ein Arrest bzw. die einstweilige Verfügung unberechtigt erlassen wurde kann der Schuldner Schadensersatz geltend machen, § 945 ZPO.

 

Die verkürzte Darstellung bedingt, dass eine vollständige Beschreibung der relevanten Rechtslage hier nicht möglich ist und daher eine professionelle Beratung nicht ersetzt. Trotz sorgfältiger Bearbeitung bleibt eine Haftung ausgeschlossen.

 

Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit wäre es für die Bearbeitung von Vorteil, wenn Sie uns bereits den Sachverhalt in der Gestalt einer eidesstattlichen Versicherung vorformulieren.

Sie hier die vorgegebene Anlage aus.