Adhäsionsverfahren

originally published: 09/12/2011 16:02 , updated: 11/03/2022 06:48

Einleitung
Was sind die Vorteile ?
Wer kann das machen ?
Wie und wann wird es gemacht ?
Wie geht es dann weiter ?
Was sind die Folgen ?
Was kostet das ?
Lohnt sich das ?


Einleitung


Opfer von Straftat haben zumeist (auch) einen vermögensrechtlicher Schaden zu beklagen. Delikte gegen das Vermögen (wie Betrug oder Untreue) ziehen schon per Definition einen Vermögensschaden nach sich. Auch bei Delikten gegen das Eigentum (Diebstahl, Raub oder Sachbeschädigung) ist der durch den Rechtsbruch entstandene Schaden in aller Regel der Fälle in Geld zu bemessen. Zu guter letzt erwachsen dem Opfer auch bei Delikten gegen Persönlichkeitsrechte (z.B. einer Körperverletzung) Ansprüche auf Wiedergutmachung, nämlich die sog. Schmerzensgeldansprüche.

Diese Schäden begründen zivilrechtliche Ansprüche. Dies können zum einen Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung sein oder auch einfache Rückforderungsansprüche aus Bereicherungsrecht.

Nun sind für Ansprüche solcher Art grundsätzlich die Zivilgerichte zuständig. Die Strafprozessordnung (StPO) sieht jedoch vor, dass zivilrechtliche Ansprüche auch in dem Strafverfahren gegen den Angeklagten geltend gemacht werden können, wenn die Ansprüche durch dessen Straftaten verschuldet wurden.
Durch das Adhäsionsverfahren wird also ein zivilrechtlicher Anspruch an das Strafverfahren angeheftet. Nichts anderes bedeutet im Übrigen auch der Begriff Adhäsion (von lat, adhaesio, das Anhaften).


Was sind die Vorteile ?

Der Entschluss, den erlittenen vermögensrechtlichen Schaden in dem entsprechenden Strafverfahren geltend zu machen, birgt für den Kläger eine Vielzahl von Vorteilen.

 

  • In einem Zivilprozess muss der Kläger bei den meisten Verfahren den sog. Gerichtskostenvorschuss nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) mit Einreichung der Klage bezahlen. Bevor sich der Zivilrichter also überhaupt mit dem Fall befasst, entstehen bei dem Kläger Kosten, die er beim Obsiegen wiederbekommt, anderenfalls trägt er auch noch zusätzlich die Kosten des Gegners.
  • Im Gegensatz zum Zivilprozess ist der Zeugenbeweis im Strafverfahren das mit Abstand wichtigste Beweismittel. Diese Zeugen werden ohnehin vom Strafrichter geladen. Während Sie also im Zivilprozess mühsam begründen müssen, was die Zeugen aufgrund welcher Wahrnehmungen kund tun können und warum dies für die Entscheidung erheblich ist, sind die Zeugen im Strafprozess in aller Regel bereits vom Gericht geladen.
  • Bis ein Zivilverfahren eröffnet wird, bestehen aufgrund der hohen Klageflut in Deutschland meistens erhebliche Wartezeiten. Hauptverhandlungen in Strafverfahren werden in der Regel zügiger eröffnet.



Wer kann das machen ?


In erster Linie natürlich der Verletzte selbst, also derjenige, dem durch die Straftat des Angeklagten ein Schaden entstanden ist. Die vorherige Stellung eines Strafantrages ist dazu nicht notwendig. Dies kann unter Umständen sogar der Mitangeklagte sein. Nach der Vorschrift des § 403 StPO kann sogar der Erbe des (vermögensrechtlich) Verletzten den Adhäsionsantrag stellen. Wird vor dem Amtsgericht in Strafsachen verhandelt, so kann der Anspruch im Übrigen auch dann geltend gemacht werden, wenn der Streitwert EUR 5.000 übersteigt und damit das Landgericht in Zivilsachen zuständig wäre.

Zu beachten ist allerdings, dass der Adhäsionsantrag in einem Jugendstrafverfahren nicht gestellt werden kann.


Wie und wann wird es gemacht ?

Der Adhäsionsantrag kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten oder auch nur mündlich in der Hauptverhandlung gestellt werden. Der Antrag während der Hauptverhandlung kann bis zu Beginn der Schlussvorträge (den „Plädoyers“) gestellt werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, den Antrag noch vor Beginn der Hauptverhandlung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen. Der Antrag muss den „Gegenstand und Grund“ des Anspruchs bezeichnen. Es muss also zumindest dargelegt werden, was der Antragsteller will und woraus sich der Anspruch ergibt.


Wie geht es dann weiter ?

Zunächst sollte ein Rechtsanwalt beauftragt werden, Akteneinsicht im Strafverfahren zu nehmen. Dies ist nach der Vorschrift des § 406e StPO möglich und empfiehlt sich dringend. Denn so können die Erfolgsaussichten des Antrags bereits früh mit dem Fachkundigen erörtert werden.

Der Antragsteller hat so dann das Recht, der gesamten Verhandlung beizuwohnen. Dieses Recht sollte zumindest teilweise genutzt werden, da sich so die Möglichkeit stellt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten und anderen Zeugen Fragen zu stellen, die zur Substantiierung des Anspruchs notwendig sind. Überdies wird der Antragsteller ohnehin als Zeuge im Verfahren vernommen.

 

Natürlich hat das Gericht auch die Möglichkeit, den Adhäsionsantrag abzulehnen. Dies kann es tun, wenn die Klärung des Anspruchs das Strafverfahren verzögern würde. Der Anwalt des Antragstellers sollte in solch einem Fall jedoch überprüfen, ob eine Ablehnung zurecht ergangen ist oder sich das Gericht nur der „lästigen“ Aufgabe entledigen wollte, über einen zivilrechtlichen Anspruch zu entscheiden.


Was sind die Folgen ?

Die Entscheidung des Gerichts über den Adhäsionsantrag ergeht im Rahmen des Strafurteils. Wurde dem Anspruch also stattgegeben, so kann der Antragsteller eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils verlangen und anschließend aus diesem gegen den Angeklagten vollstrecken. Erging das Urteil gegen mehrere Angeklagte, so haften diese als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass sich der Antragsteller an jeden einzelnen Angeklagten mit seiner Forderung halten kann.

Hält das Gericht den Anspruch für nicht gegeben, so bleibt es dem Antragsteller unbenommen, sich mit seinem Klagebegehren erneut an die Zivilgerichte zu wenden. Durch eine abschlägige Entscheidung des Strafgerichts ist der Antragsteller also nicht „präkludiert“.


Was kostet das ?

Für die Tätigkeit in einem Adhäsionsverfahren erhält der Rechtsanwalt zwei volle Gebühren zum eingeklagten Streitwert. Für den Abschluss eines Vergleichs erhält er eine weitere Gebühr.

Allerdings gilt auch hier, dass der Antragsteller Prozesskostenhilfe nach den Vorschriften der ZPO beantragen kann.

Hat der Antrag Erfolg, so muss der Angeklagte die entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Antragstellers tragen. Wird über den Antrag negativ entschieden, so hat das Gericht nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, wer die Kosten trägt. Diese können auch der Staatskasse zur Last gelegt werden.


Lohnt sich das ?

Die Möglichkeit, einen Adhäsionsantrag zu stellen, sollte in jedem Fall überprüft werden. In den meisten Fällen ist dieser kostengünstiger und kommt schneller zu einem Abschluss als ein zivilgerichtliches Verfahren.

Zudem ist zu beachten, dass der Angeklagte häufig an einer zügigen Beendigung des Verfahrens interessiert ist und damit in einer kaum vorteilhaften Verhandlungsposition steht. Vor diesem Hintergrund ergibt sich oft die Möglichkeit eines günstigen Vergleichs. An diesem hat der Angeklagte seinerseits ein Interesse, da er sich mildernd bei der Strafbemessung auswirken kann.