Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2020 - 4 StR 525/19

bei uns veröffentlicht am11.02.2020
vorgehend
Landgericht Magdeburg, 276 , s 35819/17
Landgericht Magdeburg, 2, KLs 41/18

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 525/19
vom
11. Februar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2020:110220B4STR525.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Februar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 6. Mai 2019, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Einziehung des Pkw Mercedes Benz GLE 500 4 Matic, amtliches Kennzeichen und
c) im Ausspruch über den Vorwegvollzug der Strafe vor der Maßregel. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der sichergestellte Bargeldbetrag in Höhe von 25.695 € der erweiterten Einziehung unterliegt.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten des „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz durch den unerlaubten Besitz einer Schusswaffe“ schuldig gesprochen und ihn hierwegen zu der Gesamtfreiheits- strafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Festsetzung des Vorwegvollzugs eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet und mehrere Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 5. November 2019 zutreffend ausgeführt hat, ist die erhobene Verfahrensrüge unzulässig; ihr wäre auch in der Sache kein Erfolg beschieden.
3
2. Der Strafausspruch und die Anordnung der Einziehung des Pkw Mercedes Benz GLE 500 4 Matic, amtliches Kennzeichen , haben keinen Bestand, weil das Landgericht die Wechselwirkung zwischen Strafe und Einziehung nicht bedacht hat. Die Einziehung des Fahrzeugs hat das Landgericht ‒ im Ansatz zutreffend ‒ auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 ‒ 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafen und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Oktober 2018 ‒ 4 StR 318/18, wistra 2019, 102; vom 26. April 2017 ‒ 4 StR 129/17). Das Landgericht hat den Wert des eingezogenen Pkw, den der Angeklagte für 57.500 € erworben hatte, bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen , dass die Strafkammer bei Beachtung der dargelegten Grundsätze zu milderen Strafen gelangt wäre. In Folge des inneren Zusammenhangs zwischen Strafausspruch und Einziehung unterliegt insoweit auch die Einziehungsentscheidung der Aufhebung.
4
3. Die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs entzieht der von der Strafhöhe abhängigen Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe vor der Maßregel (§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB) die Grundlage.
5
4. Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zugrundeliegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
6
5. Die Höhe des der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB unterworfenen Bargeldbetrages bedarf der Korrektur: Der im Tenor des angegriffenen Urteils genannte Betrag von 26.310 € beruht, wie die Strafkammer bei der Abfassung der Urteilsgründe selbst bemerkt hat (UA 32), auf einem Rechenfehler. Der Senat hat den zutreffenden Betrag (25.695 €) analog § 354 Abs. 1 StPO selbst festgesetzt.
7
6. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
8
7. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird zu beachten haben , dass es sich bei der Einziehung des Pkw als Tatwerkzeug gemäß § 74 Abs. 1 StGB („können“) um eine Ermessensentscheidung handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. August 2011 ‒ 4 StR 375/11; vom 4. Januar 1994 ‒ 4 StR 718/93).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Bender Quentin

Vorinstanz:
Magdeburg, LG, 06.05.2019 ‒ 276 Js 35819/17 25 KLs 41/18

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

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(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 8/18
vom
3. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:030518B3STR8.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 24. August 2017 im Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Kraftfahrzeugs VW Passat aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen und seines Fahrzeugs angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Strafausspruch hat keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeugs.
3
Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten PKW des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB nF gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 f.; vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633, jew. mwN). Daran ist auch nach der Änderung des § 74 StGB durch das Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl. I, S. 872) festzuhalten.
4
Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht , hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkte Strafe milder bemessen hätte.
5
Der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169, 170).
6
Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs sowie gegebenenfalls sonstige zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben.
Becker Gericke Spaniol Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 318/18
vom
9. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2018:091018B4STR318.18.1

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 16. April 2018, soweit es den Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist;
b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt und ein Grundstück des Angeklagten eingezogen. Des Weiteren hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt , dass ein Jahr und elf Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erfolgte die Aufzucht der Marihuanapflanzen in der Plantage jeweils zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen. Bei dieser Sachlage erfüllt der Anbau bereits den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und geht als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99, 101; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 121 mwN). Der Angeklagte hat sich damit des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ; § 265 StPO steht nicht entgegen.
3
2. Der Strafausspruch und die Einziehungsentscheidung haben keinen Bestand, weil die Strafkammer die Wechselwirkung zwischen Strafe und Einziehung nicht bedacht hat.
4
Die Einziehung des zur Tatbegehung genutzten Grundstücks des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I, 872) gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat – ebenso wie nach alter Rechtslage – den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710; vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, aaO mwN). Das Landgericht hat den Wert des eingezogenen Grundstücks nicht festgestellt und die Einziehung bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der dargelegten Grundsätze zu milderen Strafen gelangt wäre. Infolge des inneren Zusammenhangs zwischen Strafausspruch und Einziehung unterliegt auch die Einziehungsentscheidung der Aufhebung.
5
3. Der Maßregelausspruch hält ebenfalls einer rechtlichen Prüfung nicht stand. In den Urteilsgründen wird weder das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB noch der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem angenommenen Hang und den abgeurteilten Taten tragfähig belegt.
6
Das Landgericht, das zum Konsumverhalten des Angeklagten lediglich festgestellt hat, dass der Angeklagte ab dem Alter von 15 Jahren bis heute regelmäßig Cannabis raucht und daneben in wechselnder Ausprägung Alkohol konsumiert, hat sich die Bewertung des Sachverständigen zu eigen gemacht, wonach beim Angeklagten ausweislich der umfangreich durchgeführten Drogenanamnese eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit gegeben sei. Zu den tatsächlichen Grundlagen dieser Einschätzung des Sachverständigen verhält sich das Urteil nicht. Beschränkt sich der Tatrichter – wie hier – darauf, sich ohne eigene Erwägungen einem Sachverständigengutachten anzuschließen, ist er aber aus Gründen sachlichen Rechts regelmäßig gehalten, die für die Schlussfolgerungen des Sachverständigen maßgeblichen Anknüpfungs- und Befundtatsachen insoweit in den Urteilsgründen mitzuteilen, als dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner gedanklichen Schlüssigkeit im Revisionsrechtszug erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 1958 – 4 StR 399/58, BGHSt 12, 311, 314 f.; vom 23. September 1997 – 4 StR 433/97, NStZ 1998, 83; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13, NStZ 2014, 36, 37; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 32 mwN). Dem ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Des Weiteren wird der für die Anordnung nach § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen (angenommenem ) Hang und den abgeurteilten Taten in den Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht tragfähig dargetan. Allein die von der Strafkammer übernommene Wertung des Sachverständigen, wonach es basierend auf dem Hang zu dem Tatgeschehen, welches gerade den Aufbau und Betrieb einer Cannabisplantage zum Inhalt gehabt habe, gekommen sei, reicht hierfür nicht ansatzweise aus.
7
4. Für die im Ermessen des neuen Tatrichters stehende Entscheidung über die Einziehung des zur Tatbegehung genutzten Grundstücks des Angeklagten verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15 (NStZ 2017, 89) und 2. April 2015 – 3 StR 197/14 (Rn. 22 ff., insoweit in NStZ 2015, 636 nicht abgedruckt).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 129/17
vom
26. April 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:260417B4STR129.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. April 2017 gemäß § 44, § 46, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Oktober 2016 auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Damit ist der Beschluss des Landgerichts Essen vom 16. Januar 2017, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil
a) im Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, des Diebstahls oder der Hehlerei in siebzehn Fällen, des Diebstahls in sieben Fällen, der gewerbsmäßigen Hehlerei und der Beihilfe zum Diebstahl schuldig ist; im Übrigen ist er freigesprochen,
b) dahin ergänzt, dass das Abschleppfahrzeug mit der FIN und der Pkw Daimler-Benz E280CDI mit der FIN eingezogen sind,
c) im gesamten Strafausspruch aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen. 4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 9. März 2015 wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in neunzehn Fällen, Diebstahls in sechs Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen waren der Angeklagte freigesprochen und u.a. ein Abschleppwagen und ein Pkw Mercedes-Benz eingezogen worden. Auf die Revision des Angeklagten änderte der Senat durch Beschluss vom 1. Dezember 2015 den Schuldspruch teilweise und hob einen Fall der Verurteilung wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei (II. 14 der Urteilsgründe) mit den Feststellungen auf. Die Änderung des Schuldspruchs betraf zwei Fälle des schweren Bandendiebstahls (Fälle II. 30 und 31 der Urteilsgründe), die tateinheitlich begangen wurden, sowie einen Fall der Verurteilung wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei, den der Senat in eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei abänderte. Darüber hinaus hob der Senat den gesamten Strafausspruch sowie den Ausspruch über die Einziehung mit Ausnahme der beiden oben genannten Fahrzeuge auf.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr im Fall II. 14 der früheren Urteilsgründe wegen Diebstahls schuldig gesprochen und insoweit eine Einzelstrafe von zwei Jahren verhängt. Es hat den Urteilstenor dahin neu gefasst, dass der Angeklagte wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, gewerbsmäßiger Hehlerei, Diebstahls in sieben Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten verurteilt ist und im Übrigen freigesprochen bleibt. Eine weiter gehende Einziehungsentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen, weil der Angeklagte sich mit der außergerichtlichen Einziehung der ihm gehörenden beschlagnahmten und asservierten Gegenstände einverstanden erklärt hat.
3
Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist zum Schuldspruch wegen Diebstahls im Fall II. 14 der früheren Urteilsgründe unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, führt aber zur Klarstellung des Urteilstenors insgesamt und zur erneuten Aufhebung des Strafausspruchs.

II.


4
1. Dem Angeklagten war auf seinen zulässigen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren. Denn den Angeklagten trifft kein Verschulden daran, dass sein Verteidiger die Frist zur rechtzeitigen Begründung des Rechtsmittels versäumt hat.
5
Mit Gewährung der Wiedereinsetzung ist der Beschluss des Landgerichts vom 16. Januar 2017, mit dem die Revision als unzulässig verworfen wurde, gegenstandslos.
6
2. Bei der Neufassung des Tenors hat das Landgericht den bereits rechtskräftigen Schuldspruch wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in siebzehn Fällen übersehen. Der Senat hat die Tenorierung daher berichtigt und um die bestehen gebliebene Einziehungsentscheidung ergänzt.
7
3. Der Strafausspruch kann erneut nicht bestehen bleiben. Zum einen hat das Landgericht nur für den Fall II. 14 der früheren Urteilsgründe eine Einzelstrafe festgesetzt, obwohl der Senat den gesamten Strafausspruch des früheren Urteils aufgehoben hatte, so dass auch für die übrigen bereits abgeurteilten 29 Fälle neue Einzelstrafen hätten festgesetzt werden müssen. Darüber hinaus hat das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafe im Fall II. 14 der früheren Urteilsgründe den Wert der eingezogenen Fahrzeuge (wiederum) nicht berücksichtigt, was bereits der Grund für die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs durch den Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2015 war. Es hat lediglich bei der Bemessung der Gesamtstrafe den Wert der – teils außergerichtlich – eingezogenen Gegenstände strafmildernd erwogen, was nicht genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, StV 2015, 633).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 375/11
vom
23. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. August 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 19. April 2011 aufgehoben, soweit die Einziehung des Pkw Opel Astra, amtliches Kennzeichen , angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung des Pkw Opel Astra des Angeklagten angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Einziehungsanordnung Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 21. Juli 2011 dargelegt hat, lassen die Ausführungen des Landgerichts ("Der Pkw Opel Astra des Angeklagten war gemäß den §§ 33 Abs. 2, 74 StGB als Tatwerkzeug einzuziehen." ) nicht erkennen, dass der Strafkammer bewusst war, dass es sich bei der Einziehung um eine Ermessensentscheidung handelt und dass sie von diesem Ermessen Gebrauch gemacht hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Januar 1994 - 4 StR 718/93 mwN). Über die Einziehung des Pkws ist daher neu zu entscheiden. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht.
4
Auch eine Aufhebung der Strafaussprüche ist nicht geboten. Der Senat schließt aus, dass diese bei erneuter Anordnung der Einziehung für den Angeklagten günstiger ausfallen können, weil die Strafkammer die Einziehungsanordnung bei der Strafzumessung bereits ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat; sollte die Strafkammer von der Einziehung des Pkws absehen, wäre lediglich ein bereits mildernd berücksichtigter Umstand tatsächlich nicht gegeben.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin