Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2019 - 4 StR 504/19

bei uns veröffentlicht am20.11.2019
vorgehend
Landgericht Essen, 7, Js 209/16
Landgericht Essen, 6, KLs 13/19

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 504/19
vom
20. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:201119B4STR504.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20. November 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 29. Mai 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 26. Januar 2018 wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen , wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchter Nötigung und wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen“ zu ei- ner Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
2
Mit Beschluss vom 21. November 2018 hat der Senat dieses Urteil auf die Revision des Angeklagten jeweils mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich der Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowie wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen (Anklagepunkte 12, 13, 14 und 16 der Urteilsgründe) sowie im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wurde verworfen.
3
Nach Einstellung der Anklagepunkte 12, 13, 14 und 16 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 10.630 EUR sowie eines näher bezeichneten Kraftfahrzeugs angeordnet.
4
Die hiergegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat wiederum Erfolg.

II.


5
Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand.
6
1. Das Landgericht hat angenommen, dass die im ersten Durchgang getroffenen und in den Gründen des Urteils vom 26. Januar 2018 niedergelegten Feststellungen zur Person und zum Werdegang des Angeklagten in Rechtskraft erwachsen sind; eigene Feststellungen hat es insoweit nicht getroffen und nur ergänzend festgestellt, dass der Angeklagte seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft eine Arbeit gefunden hat. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Landgericht festgehalten, dass „die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten“ „im Umfang der Urteilsgründe I des Urteils vom 18. Januar 2018 bindend“ feststünden. Dabei hat die Strafkammer nicht bedacht , dass der Senat das im ersten Durchgang ergangene Urteil im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben hat. Die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs mit den Feststellungen hatte zur Folge, dass alle Feststellungen aufgehoben worden sind, die sich – wie diejenigen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und zu seinem Werdegang ‒ ausschließlich auf die Straffrage beziehen. Das Landgericht hat seinem Urteil daher Feststellungen zugrunde gelegt, die mit der Entscheidung des Senats gemäß § 353 Abs. 2 StPO aufgehoben waren und hat damit ‒ entgegen der bindenden Entscheidung des Revisionsgerichts ‒ diese Feststellungen als nicht aufgehoben behandelt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2016 – 4 StR 542/16, NStZ 2017, 108; Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 2 StR 481/12 mwN). Das Landgericht wäre gehalten gewesen, umfassende eigene Feststellungen zu treffen und diese in den Urteilsgründen niederzulegen (vgl. Beschluss vom 31. August 2017 – 4 StR 267/17; st. Rspr.). Dies ist hier nicht geschehen.
7
Der Senat vermag ein Beruhen des Urteils auf dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht auszuschließen. Zwar hat das Landgericht Feststellungen zu den Lebensumständen des Angeklagten nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft getroffen. Dies genügte jedoch nicht, um auf ihrer Grundlage die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe neu zuzumessen. Darüber hinaus hat das Landgericht die Annahme gewerbsmäßigen Handelns in den Fällen II. 2. bis 4. der Urteilsgründe unter anderem darauf gestützt, dass der Angeklagte im Tat- zeitraum außer dem Bezug von Krankengeld nicht über legale Einkünfte verfügte. Soweit das Landgericht die unter dem Abschnitt „1. Tatvorgeschichte“ im Urteil des Landgerichts vom 26. Januar 2018 enthaltene Feststellung, der An- geklagte, habe „einen beträchtlichen Teil seines Lebensunterhalts“ durch die Betäubungsmittelgeschäfte finanziert, als bindend angesehen haben sollte, wäre auch dies unzutreffend. Die in den Urteilsgründen des im Rechtsfolgenausspruch aufgehobenen Urteils enthaltenen und die Annahme gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG tragenden Feststellungen nehmen regelmäßig nicht an der Bindungswirkung des Schuldspruchs teil. Denn sie betreffen als Grundlage für die Prüfung der Frage, ob ein besonders schwerer Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG vorliegt, allein die Straffrage (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 458/16, BGHSt 62, 202, 210 f.). Anderes gilt auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Begehungsweise des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 BtMG Eigennützigkeit , also ein Streben des Täters nach Gewinn oder nach einem anderen persönlichen materiellen oder immateriellen Vorteil voraussetzt (zum Begriff der Eigennützigkeit vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2018 ‒ 4 StR 247/18, StV 2019, 337). Eigennützigkeit beschreibt die Handlungsmotivation des Täters bezogen auf die verfahrensgegenständliche Tat; demgegenüber ist Gewerbsmäßigkeit ‒ insoweit über die einzelne Tat hinausweisend ‒ nur gegeben, wenn der Täter die Absicht hegt, sich durch künftige wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 ‒ 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6). Die Feststellung von Eigennützigkeit führt daher nicht stets zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit, beide Tatmotivationen sind nicht deckungsgleich, so dass die Grundsätze der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Urteilsgründe die Annahme von Doppelrelevanz nicht erfordern (im Ergebnis a.A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Dezember 2013 ‒ 1 Ss 701/13, NStZ 2014, 719, 720). Über sie hätte das Tatgericht auf der Grundlage eigener Feststellungen umfassend neu befinden müssen.
8
2. Auch die Strafzumessungserwägungen sind – worauf die Revision zutreffend hingewiesen hat – wiederum rechtlich nicht unbedenklich. Das Landgericht hat in den Fällen, in denen der Angeklagte mit Marihuana Handel getrieben hat, strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte „mit einer sogenannten weichen Droge und mithin mit Drogen mittlerer Gefährlichkeit handelte“. Sollte es sich bei dieser widersprüchlich anmutenden Formulierung nicht nur um ein reines Fassungsversehen handeln, wäre die Einordnung von Marihuana als Droge „mittlerer Gefährlichkeit“ ‒ wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. November 2018 ausgeführt hat ‒ rechtlich durchgreifend bedenklich. Es handelt sich bei Marihuana um eine sogenannte weiche Droge, die auf einer Gefährlichkeitsskala keinen mittleren Platz einnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 ‒ 4 StR 274/18, juris Rn. 7). Dieser rechtlich bindenden Einordnung wird das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht Rechnung zu tragen haben.
9
3. Die Aufhebung der Strafaussprüche zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
10
Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
Quentin Roggenbuck Cierniak Bartel Paul

Vorinstanz:
Essen, LG, 29.05.2019 ‒ 71 Js 209/16 65 KLs 13/19

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

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Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 12. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhand

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 481/12
vom
12. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Dezember 2012 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 18. Juni 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 28. Juli 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 dieses Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die neu entscheidende Strafkammer hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte wiederum Revision eingelegt, die Erfolg hat.
2
1. Die Strafkammer hat zum Werdegang und zur Person des Angeklagten auf das aufgehobene Urteil Bezug genommen und dessen Feststellungen wörtlich übernommen sowie optisch eingerückt. Diese Vorgehensweise lässt besorgen, dass das Landgericht vom Revisionsgericht nach § 353 StPO aufgehobene Feststellungen unzulässiger Weise dem neuen Urteil zugrunde gelegt hat. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten, namentlich zu seinem Lebenslauf , gehören nicht zur Schuld-, sondern zur Straffrage, über die nach der Aufhebung des Urteils durch den Senat im Strafausspruch mit den Feststellungen umfassend neu zu befinden war (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 5 StR 540/10; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 353 Rn. 20 mwN). Die Strafkammer hat zwar zum Lebenslauf des Angeklagten hinsichtlich einer Marginalie eine abweichende Feststellung getroffen; daraus kann hier jedoch nicht geschlossen werden, dass sie insoweit im Übrigen eigenständig zu inhaltsgleichen Feststellungen gelangt ist wie das Ersturteil.
3
2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es an die Feststellungen des aufgehobenen Urteils zu den Voraussetzungen des § 21 StGB gebunden ist (UA 16). Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehört nicht zum Schuldspruch, sondern allein zum Strafausspruch (BGH, Beschluss vom 15. April 1997 - 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237; Meyer-Goßner aaO). Die Feststellungen hierzu waren durch die Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2011 aufgehoben, so dass die Strafkammer auch insoweit eigene neue Feststellungen hätte treffen müssen.
4
3. Der Senat kann trotz der an sich moderaten Strafe nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer noch niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es zur Person des Angeklagten und zu § 21 StGB eigene Feststellungen getroffen hätte.
Becker Fischer Schmitt Berger Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 267/17
vom
31. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:310817B4STR267.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. August 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 10. Februar 2017, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 27. August 2015 wegen Nötigung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich zusammentreffend mit Raub, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten änderte der Senat das Urteil des Landgerichts, soweit es ihn betraf, durch Beschluss vom 21. Juni 2016 dahin, dass er wegen Nötigung in Tateinheit mit Raub und mit Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist. Ferner hob er den Strafausspruch mit den Feststellungen insgesamt auf und verwies die Sache insoweit an das Landgericht zurück.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen Nötigung in Tateinheit mit Raub und mit Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es hinsichtlich des Angeklagten und des nicht revidierenden Mitangeklagten als Gesamtschuldner eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
3
Die Revision des Angeklagten B. hat wiederum Erfolg.

II.


4
1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
5
Das Landgericht hat „wegen der bindend gewordenen tatsächlichen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten … auf das Urteil vom 27.08.2015 verwiesen“. In dieser Bezugnahme liegt – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 12. Juni 2017 zutreffend ausgeführt hat – ein Sachmangel, der zur Aufhebung des Urteils zwingt. Da das Urteil des Landgerichts vom 27. August 2015 durch die Entscheidung des Senats vom 21. Juni 2016 in Bezug auf den Angeklagten im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben wurde, waren damit alle Feststellungen aufgehoben , die sich, wie diejenigen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten , ausschließlich auf den Strafausspruch beziehen. Deshalb durften sie für das neue Urteil nicht mehr, auch nicht im Wege der Bezugnahme, herangezogen werden. Vielmehr hätte das Landgericht insoweit umfassende eigene Feststellungen treffen und in den Urteilsgründen mitteilen müssen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2003 – 4 StR 467/03, StraFo 2004, 211 mwN). Das ist hier nicht geschehen. Die ergänzend getroffenen Feststellungen reichen insoweit nicht aus. Sie verhalten sich nicht zu den Einzelheiten der dem Angeklagten bei der Zumessung der Strafe angelasteten einschlägigen Vorstra- fen sowie seines Bewährungsversagens. Dem Senat ist es daher nicht möglich, die Strafzumessungserwägungen umfassend auf Rechtsfehler zu überprüfen.
6
2. Danach muss der neue Tatrichter die Strafe für den Angeklagten auf der Grundlage eigener Feststellungen zu dessen persönlichen Verhältnissen neu zumessen. Die hinsichtlich beider Angeklagten als Gesamtschuldner ergangene Adhäsionsentscheidung wird von der Aufhebung nicht umfasst. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich daran, dass die nicht angefochtene Entscheidung über den Adhäsionsantrag von der Aufhebung des Urteils im Übrigen unberührt bleibt, durch die mit dem Opferrechtsreformgesetz vom 24. Juni 2004 erfolgte, lediglich redaktionelle Änderung des § 406a Abs. 3 StPO nichts geändert (BGH, Urteil vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96, 97 f.; SSW-StPO/Schöch, 2. Aufl., § 406a Rn. 7). Über die Aufhebung oder Änderung der Adhäsionsentscheidung hat der neue Tatrichter auf der Grundlage des Ergebnisses der neuen Hauptverhandlung zu entscheiden (BGH aaO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 458/16
vom
20. Juni 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft
sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand
eine doppelrelevante Tatsache darstellt, kommt es neben der besonderen
Lage des Einzelfalls auf die Trennbarkeit von den bindenden Feststellungen
an.
2. Ob es sich dabei um einen Umstand handelt, der der Tatausführung das
entscheidende Gepräge gibt, von ihm also nicht trennbar ist, wird von dem
Grundsatz der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Urteilsgründe bestimmt.
3. Die Gewerbsmäßigkeit als Handlungsmotivation im Rahmen der Verwirklichung
eines Regelbeispiels ist – anders als die von der Bindungswirkung erfassten
subjektiven Elemente der Tatbegehung – in der Regel vom Tatgeschehen
abtrennbar, ohne die innere Einheit der Urteilsgründe zu gefährden.
ECLI:DE:BGH:2017:200617B1STR458.16.0
BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 458/16 – LG München I
in der Strafsache gegen

wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 20. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 22. Juni 2016, soweit es ihn betrifft, aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
In einem ersten Rechtsgang wurde der Angeklagte S. wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in 35 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken, in einem Fall auch in Tateinheit mit Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluss vom 25. November 2015 das Urteil wegen eines Verfahrensfehlers im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2
Nach Rechtskraft des Schuldspruchs ist der Angeklagte S. nunmehr zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Hiergegen wendet er sich mit der Sachrüge.
3
Das Rechtsmittel hat Erfolg; der Strafausspruch, über den allein noch zu entscheiden war, weist durchgreifende Rechtsfehler auf; denn das Landgericht hat den Umfang der innerprozessualen Bindung an die Feststellungen des ersten in dieser Sache ergangenen Urteils verkannt.
4
1. Es hat Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten S. getroffen, welche aber fast wortgleich mit denen des ersten Urteils sind. Des Weiteren hat es – freilich unnötigerweise (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 9. April 2015 – 4 StR 585/14, NStZ 2015, 600 und vom 4. Dezember 1984 – 1 StR 430/84, NJW 1985, 638) – über mehrere Seiten wörtlich wiedergegeben , welche Feststellungen im ersten Rechtsgang getroffen worden waren. Ungeachtet des Aufhebungsumfangs hat es dieses Urteil soweit zitiert, als es darin heißt, die Angeklagten „handelten dabei in der Absicht, sich durch den wiederholten Verkauf der Präparate eine Einnahme von einiger Dauer und eini- gem Umfang zu erschließen“ bzw. „er handelte dabei bereits damals in der Ab- sicht, sich durch den wiederholten Verkauf der Präparate eine Einnahme von einiger Dauer und einigem Umfang zu erschließen“. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht nur ausgeführt, dass sich der Strafrahmen aus § 95 Abs. 3 AMG ergebe, die Regelwirkung nicht entfalle und diesen erhöhten Strafrahmen sodann zugrunde gelegt. In der Liste der angewendeten Vorschriften – gegenüber dem Urteil im ersten Rechtsgang unverändert – findet sich § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b AMG. Diese Vorschrift erfasste u.a. das gewerbsmäßige Handeln als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des vorsätzlichen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport. Eigene, mit ei- ner eigenständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur gewerbsmäßigen Handlungsweise des Angeklagten oder eine Bewertung derselben hat es nicht getroffen.
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2. Allein ausweislich der Liste der angewendeten Vorschriften ergibt sich, dass das Landgericht § 95 Abs. 3 Nr. 2 lit. b AMG zugrunde gelegt hat. Die Anwendung dieser Strafzumessungsregel ist für sich genommen im Ergebnis nicht zu beanstanden, auch wenn die Vorschrift seit dem 18. Dezember 2015, mithin zur Zeit des Urteils – vom Landgericht nicht ersichtlich in den Blick genommen – nicht mehr galt.
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a) Gemäß § 2 Abs. 1 StGB findet das sogenannte Tatzeitprinzip Anwendung , wonach sich die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, welches zur Zeit der Tat galt. Im Tatzeitraum galt § 95 Abs. 3 Nr. 2 lit. b AMG. Abweichend von diesem Tatzeitprinzip kann sich die Strafbarkeit gemäß § 2 Abs. 3 StGB nach dem Meistbegünstigungsprinzip bestimmen. Danach ist das mildeste Gesetz anzuwenden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. November 2014 – 5 StR 527/14, wistra 2015, 99 mwN), wenn sich die Gesetzeslage seit der Beendigung der Tat geändert hat. Dem entspricht es, dass der Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG insoweit auf die rückwirkende Anwendung neuen materiellen Rechts zuungunsten des Täters beschränkt ist, wobei sowohl die rückwirkende Strafbegründung als auch die rückwirkende Strafverschärfung hiervon erfasst wird (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135 Rn. 67 ff.; Kammerbeschluss vom 22. August 1994 – 2 BvR 1884/93, NJW 1995, 315; Beschluss vom 26. Februar 1969 – 2 BvL 15/68 Rn. 72, BVerfGE 25, 269, 284 ff.).
7
b) Im vorliegenden Fall hat sich das Gesetz seit der Tatbegehung geändert. § 95 Abs. 3 Nr. 2 lit. b i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AMG ist zum 17. Dezember 2015 außer Kraft getreten. Das dort geregelte Unrecht – Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken – ist jedoch seitdem in § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen Doping im Sport (Anti-Doping-Gesetz) erfasst.
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c) Dieses neue Recht erweist sich aber für den Angeklagten im konkreten Einzelfall nicht als günstiger. Denn eine Betrachtung des alten und neuen Gesetzes als jeweils Ganzes ergibt keine Begünstigung des Angeklagten durch das neue Recht. So hat zwar § 95 Abs. 3 Nr. 2 lit. b AMG für die Fälle der gewerbsmäßigen Begehung einen besonders schweren Fall vorgesehen, der einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren eröffnete. Bei Entfallen der Regelwirkung sah der Normalstrafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Im neuen Gesetz ist für die gewerbsmäßige Begehung allerdings ein Qualifikationstatbestand vorgesehen, der den Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren enthält (§ 4 IV Nr. 2 lit. b Anti-Doping-Gesetz), für den Fall der Annahme eines minder schweren Falls steht ein abgesenkter Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren zur Verfügung (§ 4 V Anti-Doping-Gesetz).
9
Damit verbleibt es bei der Anwendbarkeit des zur Tatzeit geltenden Rechts.
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3. Jedoch hat das Landgericht diese Strafzumessungsregel auf Feststellungen des Urteils im ersten Rechtsgang gestützt, die – weil hier allein den Strafausspruch betreffend – durch den Beschluss des Senats im ersten Revisionsverfahren mit aufgehoben waren (vgl. jeweils zur gewerbsmäßigen Begehung BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2012 – 3 StR 156/12, wistra 2012, 356; vom 22. April 2008 – 3 StR 52/08; allgemein zu besonders schweren Fällen und vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teil- rechtskraft 18; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 353 Rn. 20 unter Bezugnahme auf die oben zitierten Entscheidungen, die diese Ansicht jedoch nicht tragen; abw. noch bis zur 57. Aufl.). Den Strafzumessungserwägungen fehlt insoweit die tatsachengestützte Grundlage und eine eigene Bewertung dieser Tatsachen.
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a) Hebt das Revisionsgericht ein Urteil in Anwendung des § 353 Abs. 2 StPO im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen auf, so bezieht sich diese Aufhebung auf solche Umstände tatrichterlicher Sachverhaltsfeststellung , die ausschließlich die Straffrage betreffen. Hinsichtlich des nicht beanstandeten Schuldspruchs tritt Teilrechtskraft ein. Tatrichterliche Feststellungen , die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelrelevante Umstände zugleich für Schuld- und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten und sind für das weitere Verfahren bindend (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 363/15, StV 2017, 520; vom 10. Juni 2015 – 1 StR 217/15 und vom 29. September 2009 – 3 StR 301/09, NStZ-RR 2010, 74; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340; kritisch Grünwald JR 1980, 303, 305; ders. JZ 1966, 106, 109; Kemper, Horizontale Teilrechtskraft des Schuldspruchs, 1993).
12
Eine Bindung des neuen Tatgerichts an das insoweit teilweise aufgehobene Urteil besteht in der Regel hinsichtlich festgestellter Sachverhaltsumstände , in denen die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftat gefunden worden sind und an solche Bestandteile der Sachverhaltsschilderung , aus denen das frühere Tatgericht im Rahmen der Beweiswürdigung seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten abgeleitet hat. Hierunter sollen solche Umstände fallen, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben, zum Beispiel die Umstände schildern, die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 363/15, StV 2017, 520; Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182; Beschluss vom 29. September 2009 – 3 StR 301/09, NStZ-RR 2010, 74; Urteil vom 30. November 2005 – 5 StR 344/05, NStZ-RR 2006, 317; Beschlüsse vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, StV 1999, 417 und vom 11. Dezember 1986 – 1 StR 574/86, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 1; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4StR 642/81, BGHSt 30, 340; Beschluss vom 17. Dezember 1971 – 2 StR 522/71, BGHSt 24, 274; enger BGH, Urteil vom 6. Mai 1981 – 2 StR 105/81: Umstand bezieht sich auch auf den Schuldspruch; BGH, Urteil vom 24. März 1981 – 1 StR 688/80, NStZ 1981, 448: untrennbar mit dem Schuldspruch verbunden ; vgl. auch LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 353 Rn. 29 ff.). Es kann von den Schuldspruch lediglich illustrierenden, ihn aber nicht beeinflussenden Tatsachen gesprochen werden (vgl. Bruns, Teilrechtskraft und innerprozessuale Bindungswirkung des Strafurteils, 1961, S. 58, 81 ff. mwN und mit einer kritischen Darstellung der die Bindungswirkung ausweitenden Entwicklung der Rechtsprechung).
13
Insoweit darf der neue Tatrichter keine neuen, den bisherigen widersprechende Feststellungen treffen und seiner Entscheidung zugrunde legen (BGH, Beschlüsse vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 454/95, NStZ-RR 1996, 203; vom 21. Oktober 1987 – 2 StR 345/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 4 und vom 21. Mai 1987 – 2 StR 166/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 2). Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit und damit notwendigen Widerspruchsfreiheit der Entscheidung, der unabhängig davon Gültigkeit beansprucht, ob ein Urteil über die Schuld- und Straffrage gleichzeitig entscheidet , oder ob nach rechtskräftigem Schuldspruch die Strafe aufgrund einer zum Strafausspruch erfolgreichen Revision neu festgesetzt wird (BGH, Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 585/14; Beschlüsse vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359 und vom 19. Dezember 1956 – 4 StR 524/56, BGHSt 10, 71, 74; diff. Kemper aaO S. 322, 329). Der neue Tatrichter muss die bestehen gebliebenen Feststellungen deswegen weder wiederholen noch hierauf Bezug nehmen (BGH, Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 585/14, NStZ 2015, 600; Beschluss vom 13. Mai 2003 – 1 StR 133/03, StraFo 2003, 384; Urteil vom 24. September 1987 – 4 StR 413/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft

3).


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b) Das Merkmal der gewerbsmäßigen Begehung nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b AMG ist – anders als bei der Ausgestaltung der Gewerbsmäßigkeit als Qualifikationstatbestandsmerkmal, wie z.B. in § 152a Abs. 3 StGB oder § 4 Abs. 4 Nr. 2 lit. b Anti-Doping-Gesetz – kein tatbestandsbegründendes und mithin den Schuldspruch unmittelbar tragendes Element. Es handelt sich nach der Gesetzestechnik um ein Regelbeispiel für einen Straferschwerungsgrund (Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 47 mwN). Zwar charakterisieren solche Regelbeispiele ähnlich wie selbständige Qualifikationstatbestände einen erhöhten, in der Regel zur Strafrahmenverschiebung führenden Unrechts- und Schuldgehalt. Dennoch sind die Merkmale der Regelbeispiele keine Tatbestandsmerkmale, da ihre Indizwirkung durch das Hinzutreten von besonderen strafmildernden Umstände entkräftet werden kann (grundsätzlich hierzu BGH, Urteil vom 31. März 2004 – 2 StR 482/03, NJW 2004, 2394). Damit handelt es sich auch nicht um den Schuldspruch tragende Feststellungen. Infolgedessen muss für sie gelten, was für andere Umstände gilt, welche die Strafbarkeit erhöhen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359 und vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 18).
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c) Die gewerbsmäßige Begehung nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b AMG stellt jedenfalls im hier vorliegenden Fall auch keinen doppelrelevanten Umstand in dem beschriebenen Sinne dar.
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aa) Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand eine doppelrelevante Tatsache darstellt, kommt es neben der besonderen Lage des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1981 – 1 StR 688/80, NStZ 1981, 448; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359 mit der Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; Ernemann in Festschrift für Meyer-Goßner, S. 619, 622) auf die Trennbarkeit von den bindenden Feststellungen an (BGH, Urteil vom 24. März 1981 – 1 StR 688/80, NStZ 1981, 448: untrennbar mit dem Schuldspruch verbunden; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359; gegen die Annahme einer Trennbarkeit Kemper aaO S. 201 ff., 257 ff. mwN, der selber von „100 % Doppelrelevanz“ und einem umfassenden Beweiserhebungsgebot zum Strafzumessungssachverhalt ausgeht). Die Bestimmung, ob es sich um einen Umstand handelt, der der Tatausführung das entscheidende Gepräge gibt, es mithin im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreibt, wird dabei von dem Grundsatz der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Urteilsgründe überwölbt und daran ausgerichtet. Hierin liegt der Unterschied zum prozessualen Tatbegriff nach § 264 StPO, der der Bestimmung der Reichweite der Kognitionspflicht des Gerichts und des bei Aburteilung eintretenden Strafklageverbrauchs dient (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016 – 3 StR 186/16, StraFo 2017, 26 mwN; Radtke in Hohmann/Radtke, StPO, § 264 Rn. 6 ff.). Geschichtlicher Vorgang in einem von der inneren Einheit der Urteilsgründe – und nicht wie beim prozessualen Tatbegriff von der Vermeidung einer unnatürlichen Aufspaltung ei- nes einheitlichen Lebensvorganges – geprägten Sinne sind danach die den Schuldspruch näher beschreibenden Feststellungen über die einzelnen, auch außertatbestandlichen Tatmodalitäten, die Handlungsabläufe und die Identität der Handelnden, die über das Mindestmaß an Tatsachen hinausgehen, ohne das der Schuldspruch überhaupt keinen Bestand hätte (BGH, Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340; enger noch RG, Urteil vom 29. Januar 1935 – 4 D 981/34, RGSt 69, 110, 114). Ist es danach möglich, einen Umstand herauszulösen und insoweit abweichende Feststellungen zu treffen , ohne die innere Einheit der Urteilsgründe in Frage zu stellen, wird es sich in der Regel nicht um eine doppelrelevante Tatsache handeln.
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bb) Dem entspricht es, dass eine Beurteilung, ob der Strafschärfungsgrund des gewerbsmäßigen Handelns gegeben ist, in der Regel möglich ist, ohne dass die bestandskräftigen Feststellungen hierdurch berührt werden. Denn die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen sind nach der „Denkfolge“, die das Gericht bei derEntscheidung einzuhalten hat, abtrennbar (vgl. zur gleichgelagerten Frage der Beschränkbarkeit des Rechtsmittels, BGH, Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48). Die gewerbsmäßige Begehung hat auf das eigentliche Tatbild keinen Einfluss, ist für die Tatausführung nicht entscheidend prägend, so dass die innere Einheit der Urteilsgründe ohne eine Bindungswirkung grundsätzlich nicht gefährdet ist. Das unterscheidet dieses Regelbeispiel auch von den Regelbeispielen des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 4 StGB, die Umstände des äußeren Tatgeschehens als strafschärfendes Merkmal erfassen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359: Doppelrelevanz in der Regel gegeben [zur Beschränkbarkeit des Rechtsmittels]; vgl. aber auch BGH, Beschluss vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teil- rechtskraft 18: Doppelrelevanz für Voraussetzungen und Anwendbarkeit besonders schwere Fälle pauschal abgelehnt).
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cc) Eine solche, eben nicht durch die Tat im Sinne von § 264 StPO geprägte Auslegung des Begriffs der doppelrelevanten Tatsachen wird belegt durch die diesbezügliche Handhabung der Voraussetzungen und der Anwendbarkeit des § 21 StGB durch die Rechtsprechung. Danach sind die Feststellungen zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit ausschließlich dem Rechtsfolgenausspruch zugehörig (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 – 3StR 363/15, StV 2017, 520; vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 II Teilrechtskraft 18 und vom 10. Mai 1995 – 2 StR 160/95, BGHR StPO § 353 II Teilrechtskraft 16; kritisch hierzu Ernemann in Festschrift für Meyer-Goßner, S. 619, 622). Zwar handelt es sich bei den Voraussetzungen des § 21 StGB um Umstände, die im Rahmen des konkreten geschichtlichen Vorkommnisses nach § 264 StPO im Sinne eines zeitlich abgeschlossenen Vorgangs verwirklicht sind. Sie sind aber – jedenfalls solange das Revisionsgericht bei der vorhergehenden Entscheidung eine Beeinflussung des Schuldspruchs durch Annahme von nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit ausschließen konnte – vom Schuldspruch in der Regel widerspruchsfrei trennbar und für das Gepräge der Tatausführung nicht entscheidend. Eine vom ersten Urteil abweichende Beurteilung der Voraussetzungen des § 21 StGB würde das Tatgeschehen nicht im Sinne eines anderen geschichtlichen Vorgangs umschreiben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. November 2005 – 5 StR 344/05, NJW 2006, 3794; Beschlüsse vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, StV 1999, 417 und vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 454/95, NStZ-RR 1996, 203). Es mag zwar im Einzelfall denkbar sein, dass die neu festgestellten Anknüpfungspunkte für die Voraussetzungen des § 21 StGB den bindenden Feststellungen zum Tathergang (vgl. BGH aaO; Beschlüsse vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, NStZ 1999, 149 und vom 3. November 1998 – 4 StR 523/98, NStZ 1999, 154; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340) hierzu widersprechen, an solchen Feststellungen wäre das Tatgericht allerdings schon nach den allgemeinen Regeln im Hinblick auf die innere Einheit der Urteilsgründe gehindert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 18).
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d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass subjektive Elemente der Tatbegehung wie Beweggründe bzw. das tatauslösende Moment (BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182; Beschlüsse vom 16. Mai 2002 – 3 StR 124/02, NStZ-RR 2003, 101 und vom 11. Dezember 1987 – 2 StR 635/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 5; Urteile vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340 und vom 6. Mai 1981 – 2 StR 105/81; zum Motiv BGH, Urteil vom 24. März 1981 – 1 StR 688/80, NStZ 1981, 448; Beschluss vom 23. Februar 1978 – 2 StR 728/78 hatte die Frage der Doppelrelevanz des Tatmotivs noch offengelassen) als doppelrelevante Tatsachen anzusehen sind, die trotz Aufhebung des Strafausspruchs das neu zuständige Tatgericht binden. Dafür, dass die Gewerbsmäßigkeit nach der bisherigen Rechtsprechung hiervon nicht erfasst sein soll, spricht schon, dass die diese betreffenden und eine Bindungswirkung insoweit eindeutig verneinenden Entscheidungen (BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2012 – 3 StR 156/12, wistra 2012, 356 und vom 22. April 2008 – 3 StR 52/08; vgl. allgemein zu besonders schweren Fällen BGH, Beschluss vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 18) zu keinem Zeitpunkt aufgegeben oder relativiert worden sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182: weitgehende Formulierung hinsichtlich der Bindungswirkung: nur insoweit keine Bindung als nicht zum Tatgeschehen gehörend; Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 363/15, StV 2017, 520 [sog. Rückläufer zu 3 StR 139/14]: Feststellungen zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehören nur zum Rechtsfolgenausspruch).
20
Zwar handelt es sich bei der Gewerbsmäßigkeit auch um eine Handlungsmotivation. Denn gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Ob die Angeklagten gewerbsmäßig gehandelt haben, beurteilt sich nach ihren ursprünglichen Planungen sowie ihrem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihnen jeweils anzulastenden Tatzeitraum (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 181). Demnach hebt sich die Gewerbsmäßigkeit als Handlungsmotivation aber von den von der Bindungswirkung erfassten subjektiven Elementen der Tatbegehung ab. Während letztere das Tatgeschehen maßgeblich prägen, von ihm als geschichtlichen Vorgang nicht loslösbar sind, ohne denselben umzuschreiben , gilt dies für die Gewerbsmäßigkeit in der Regel nicht. Das liegt daran , dass der maßgebliche Bezugspunkt für die zugrunde liegende besondere subjektive Einstellung des Täters – anders als das Merkmal des Eigennutzes (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1981 – 1 StR 688/80, NStZ 1981, 448) oder die Gewinnabsicht (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1987 – 2 StR 635/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 5) – nicht die konkrete Tat ist, sondern darüber hinausreicht. Der besondere Unrechtsgehalt liegt gerade in der auf die Begehung weiterer Taten gerichteten Planung. Die die Gewerbsmäßigkeit begründenden Umstände können deswegen in der Regel hinzugedacht oder hinweggedacht werden, ohne dass der den Schuldspruch tragende Geschehensablauf hiervon berührt würde.
21
Solchen Feststellungen freilich, die darauf hinausliefen, der Angeklagte habe bei den Taten nicht mit der Absicht gehandelt, Einkünfte zu erzielen, würde die Bindungswirkung entgegenstehen. Denn der Tatbestand des Inverkehrbringens ist ausweislich der Feststellungen des ersten Urteils durch Verkauf der Substanzen verwirklicht worden. Dieser Umstand gehört damit zu den den Schuldspruch tragenden, das Tatgeschehen prägenden und mithin bindenden Feststellungen. Ob aber dieser Verkauf von der Absicht getragen war, zukünftig weitere solche Taten zu begehen, um sich hieraus eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen, kann das neu zuständige Tatgericht regelmäßig und auch im vorliegenden Fall prüfen und bewerten, ohne sich mit dem bindend gewordenen Teil der Feststellungen in Konflikt zu setzen.
Graf Jäger Cirener Radtke Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 247/18
vom
10. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:101018B4STR247.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten U. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 8. Januar 2018, soweit es diese Angeklagte betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 3 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision der Angeklagten U. sowie die Revisionen der Angeklagten T. und D. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. Jedoch wird die Urteilsformel dahin berichtigt, dass gegen den Angeklagten T. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 18.000 € angeordnet wird, und ferner dahin klargestellt, dass der Angeklagte D. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilt ist.
3. Die Angeklagten T. und D. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten ver- urteilt und gegen ihn „die Einziehung eines Geldbetrages von 18.000 € ange- ordnet“. Die Angeklagte U. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten D. hat es der „Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen“ schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Sämtliche Angeklagte beanstanden mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts. Während dieRevision der Angeklagten U. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg hat, sind die Rechtsmittel der Ange- klagten T. und D. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Die Verurteilung der Angeklagten U. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II. 3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Feststellungen ein täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten nicht belegen.
4
Der Senat schließt sich dem Generalbundesanwalt an, der in seiner Antragsschrift vom 12. Juli 2018 insoweit u.a. das Folgende ausgeführt hat: „Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt eigennütziges Handeln voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschlüsse vom 26. August 1992 – 3 StR 299/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 34; vom 6. November 2012 – 2 StR 410/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 150 mwN). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will (BGHSt 34, 124, 125 f.; BGH StV 2012, 414; BGH NStZ 2013, 550).
Hiervon ausgehend ist ein eigennütziges Handeln der Angeklagten den Feststellungen nicht zu entnehmen. Danach verdiente der Mitangeklagte T. sein Geld fast ausschließlich mit Betäbungsmittelgeschäften (UA S. 19), kümmerte sich bei den Taten II. 1 und 2 allein um den ge-
winnbringenden Weiterverkauf und erzielte einen näher bezifferten Gesamterlös (UA S. 20). Ausführungen zum Motiv der Angeklagten enthält das Urteil nicht. Ein persönlicher Vorteil lässt sich auch nicht aus der Gesamtheit der Urteilsgründe erkennen. Allein der Umstand, dass die Angeklagte mit dem Mitangeklagten T. liiert war, reicht hierfür nicht aus, zumal sie im Tatzeitraum aus einem Arbeitsverhältnis eigene Einkünfte hatte (UA S. 19). Auch der Umstand, dass sich die Angeklagte mit der außergerichtlichen Einziehung eines in ihrer Geldbörse aufgefundenen – den Kurierlohn übersteigenden – Geldbetrages von 1.115 Euro einverstanden erklärt hat (UA S. 20 f.), ist unergiebig. Denn die Herkunft dieses Geldbetrages, aus der möglicherweise Rückschlüsse hätten ge- zogen werden können, bleibt offen.“
5
2. Die rechtsfehlerhafte Annahme eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge führt auch zur Aufhebung der tateinheitlich erfolgten – an sich rechtsfehlerfreien – Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 3 StR 262/11, Rn. 26). Der Senat verweist die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück, das auch die in diesem Fall zu verhängende Einzelstrafe und die Gesamtstrafe neu festzusetzen hat. Er vermag nicht auszuschließen, dass in einer neuen Verhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die ein täterschaftliches Handeln der Angeklagten belegen.

II.


6
1. Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten U. ergeben.
7
2. Die Verurteilungen der Angeklagten T. und D. weisen insgesamt keinen diese Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundes- anwalts Bezug, dessen Anregungen zur Berichtigung der Einziehungsentscheidung hinsichtlich des Angeklagten T. und zur Klarstellung des Schuldspruchs hinsichtlich des Angeklagten D. er ebenfalls folgt.

III.


8
Der Senat sieht sich mit Blick auf die Darstellung der Vorverurteilungen der Angeklagten T. und D. zu dem Hinweis veranlasst, dass eine Wiedergabe von Vorstrafen im vollen Wortlaut regelmäßig überflüssig ist und das Urteil unnötig belastet: Eine kurze, prägnante Zusammenfassung genügt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1996 – 1 StR 288/96; Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 268).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 1 7 / 1 5
vom
26. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. Oktober 2015, in der Sitzung am 26. Oktober 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 13. März 2015 dahin geändert , dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 171 Fällen sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 176 Fällen, in 171 Fällen davon in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen, in der sich die Verfahrensbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses des Angeklagten auf eine Strafuntergrenze von vier Jahren und neun Monaten und eine Strafobergrenze von fünf Jahren und drei Monaten geeinigt haben.
3
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
4
Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


5
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte ist wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Er veräußerte von der Wohnung seiner Freundin aus im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 Betäubungsmittel , vor allem Marihuana, und konsumierte dort gemeinsam mit anderen von ihm übergebene Betäubungsmittel. Er selbst konsumierte in diesem Zeitraum bis kurz vor seiner Inhaftierung nur synthetische Cannabisprodukte und kein Marihuana. Bei der Wohnungsdurchsuchung konnte eine geringe Menge an Marihuana und ein Briefchen, in dem sich Methamphetamin befunden hatte, sichergestellt werden.
7
Das Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 10 % THC veräußerte er im Grammbereich im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 in 171 Fällen an minderjährige Abnehmer, deren Alter ihm jeweils bekannt war und die regelmäßig zwischen 12 und 15 Euro je Gramm bezahlten; in fünf weiteren Fällen veräußerte er Marihuana an erwachsene Abnehmer.
8
Zu einem geringen Teil verkaufte er das Marihuana zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiter, ließ sich dann als Gegenleistungen Raumpflegedienste und Babysitterdienste für seinen am 11. Juni 2014 geborenen Sohn erbringen. Dabei handelte er in der Absicht, diese Abnehmer dauerhaft in seinem Kundenstamm zu halten, um mit ihnen fortan auch lukrative bzw. mit größeren Gewinnspannen versehene Geschäfte tätigen zu können.
9
Durch den Verkauf des Marihuanas wollte sich der Angeklagte, der als Auszubildender bei der Firma McDonald´s nur 670 Euro an Ausbildungsvergütung bezog und mit seiner Freundin zusammen wohnte, aber Schulden in Höhe von 1000 bis 1500 Euro hatte, eine zusätzliche Einkommensquelle verschaffen, um dadurch seinen eigenen Konsum von synthetischen Cannabisprodukten zu finanzieren. Hiervon konsumierte er regelmäßig etwa 15 Gramm innerhalb von zwei bis drei Tagen.
10
Im Einzelnen fanden folgende 171 Verkäufe von Marihuana an minderjährige Abnehmer statt:
11
Von Juni 2014 bis zum 18. September 2014 verkaufte der Angeklagte monatlich und damit in mindestens vier Fällen jeweils 2,4 Gramm Marihuana für 30 Euro an die beiden 14-jährigen Mädchen K. und H. .
12
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15-jährige F. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm. Der Grammpreis betrug 12 Euro. In weiteren zehn Fällen erhielt sie jeweils eine Konsumeinheit unentgeltlich, da sie sich um das Baby des Angeklagten kümmerte und die Wohnung aufräumte.
13
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15jährige Hö. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm zu je 12 Euro je Gramm.
14
Anfang des Jahres 2014 veräußerte der Angeklagte 1 bis 1,5 Gramm zu 15 bis 20 Euro an die 15-jährige L. oder S. .
15
Im Zeitraum Ende Juli/Anfang August 2013 veräußerte der Angeklagte in mindestens drei Fällen je 1 bis 2 Gramm zu 12 Euro je Gramm an die 16-jährige J. .
16
Von September 2013 bis zum 18. September 2014 erwarb der 15- bzw. 16-jährige G. vom Angeklagten fünf Mal monatlich und damit in mindestens 60 Fällen Marihuana zu je 10 bis 20 Euro und einem Grammpreis von 12 Euro je Gramm.

17
Im Zeitraum von März 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 16- bzw. 17-jährige Lu. in mindestens zehn Fällen Marihuana zu einem Preis von 12 Euro je Gramm.
18
Im Zeitraum von Juli 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 17-jährige Gü. in mindestens zwei Fällen je etwa 3 Gramm Marihuana zu je 40 Euro.
19
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 2,5 Gramm Marihuana für 30 Euro an einen 16- oder 17-jährigen Jugendlichen mit dem Vornamen Si. .
20
In der Zeit vom 9. Juli 2013 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in 60 Fällen jeweils 1 bis 2 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von 10 Euro an die 15- bzw. 16-jährige Hi. .
21
Im Zeitraum von März 2014 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in zwei Fällen je 1 Gramm Marihuana zu je fünf Euro an die 15- bis 16jährige Fi. . In zwei weiteren Fällen überließ er ihr eine geringe Menge Marihuana als Gegenleistung dafür, dass sie ihm half, die Wohnung aufzuräumen.
22
Am 10. September 2014 beauftragte der Angeklagte telefonisch den 17-jährigen Gü. , sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umzusehen. Der Angeklagte wollte dadurch weitere Abnehmer für Marihuana akquirieren. Gü. wurde jedoch nicht tätig.
23
In fünf Fällen veräußerte der Angeklagte Marihuana an erwachsene Abnehmer :
24
Am 3. September 2014 veräußerte er 2,15 Gramm Marihuana für 25 Euro an V. .
25
Mitte 2014 veräußerte er an A. 1 Gramm Marihuana für 10 bis 20 Euro.
26
Mitte September 2014 veräußerte er 4 Gramm Marihuana für 40 Euro an Kö. .
27
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 4 Gramm Marihuana für 50 Euro an R. .
28
Im August 2014 veräußerte er an T. Marihuana für 20 bis 25 Euro.
29
Dieses Geschäft findet sich in den Urteilsgründen allerdings nicht in den Feststellungen. Alle notwendigen Details wie Abnehmer, Preis, Menge und Tatzeit sind jedoch der Beweiswürdigung (UA S. 14) zu entnehmen. Diese Tat wird auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung erwähnt und es wird eine Einzelstrafe verhängt.
30
2. Die Strafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung nicht nur die Fälle, in denen der Angeklagte das für durchschnittlich 10 Euro je Gramm eingekaufte Marihuana für 12 Euro weiter verkaufte, als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet, sondern auch die, in denen er zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiterveräußert hat. Zur Überzeugung der Kammer diente die Überlassung der Betäubungsmittel in diesen Fällen der Sicherung und Konsolidierung seines Kundenstamms. Das Telefonat mit Gü. sei Beleg dafür, dass der Angeklagte danach strebte, seinen Betäubungsmittelhandel auszubauen und seinen Umsatz auf längere Sicht gesehen zu steigern. Dafür spräche auch das geringe Einkommen des Angeklagten als Auszubildender und die Tatsache, dass er mit Ausnahme des Drogenhandels über keine weiteren Einkünfte verfügt hätte und für den Barunterhalt seines Sohnes habe aufkommen müssen. Auch in den Fällen, in denen der Angeklagte Abnehmern Marihuana im Gegenzug dafür überlassen habe, dass sie sich um seinen Sohn kümmerten und die Wohnung aufräumten, sei ein Handeltreiben gegeben, denn er habe eine Dienstleistung in Gestalt von Babysitten und Raumpflege erlangt, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht würde und daher monetärem Entgelt gleichstünde.
31
Die Strafkammer war auch davon überzeugt, dass der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte, soweit er Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der Angeklagte habe glaubhaft eingeräumt, dass die Abgabe der Betäubungs- mittel dazu diente, seinen Konsum von „Kräutermischungen“ zu finanzieren und sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu seiner Ausbildungsvergütung zu verschaffen. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse sei diese zusätzliche Einnahmequelle von erheblichem Gewicht. Auch die in der Wohnung aufgefundenen Druckverschlusstüten und die vom Angeklagten aufgestellten Regeln, wie sich seine „Kunden“ in der Wohnung zu verhalten hätten, sprächen dafür, dass der Angeklagte sich auf eine Vielzahl von Kunden eingestellt hatte. Das Telefonat mit dem minderjährigen Gü. , der sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umsehen sollte, spräche ebenfalls für Gewerbsmäßigkeit. Es zeige, dass der Angeklagte seinen Kundenstamm habe erweitern und sich weitere Einnahmequellen habe erschließen wollen. Auch der zeitliche Rahmen von Juli 2013 bis Mitte September 2014, in welchem der Angeklagte Betäubungsmittel an die Abnehmer veräußerte und die Vielzahl der einzelnen Abnehmer sprächen stark für das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Abgabe der Betäubungsmittel. Gewerbsmäßigkeit setze auch nicht voraus, dass der Täter nur Bargeld anstrebte, es reichten auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen. Damit sei auch bei den Abnehmern von Gewerbsmäßigkeit auszugehen, die Gegenleistungen erbracht hätten, welche für gewöhnlich – wie Babysitten und Raumpflege – nur gegen Entgelt erbracht würden. Außerdem habe die Abgabe der Betäubungsmittel in diesen Fällen auch der Sicherung seines Kundenstamms und der Bindung der Abnehmer an ihn gedient, damit diese auch weiterhin Drogen von ihm bezögen, auch wenn es sich hierbei nur um Kleinstmengen handelte. Dass der Angeklagte bei diesen Abnehmern derzeit noch keinen Gewinn erzielt habe, spräche nicht gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit, weil es nur auf die Gewinnerwartung des Täters, also auf den Gewinn ankäme, den er erzielen wolle.
32
3. Bei der Strafzumessung ist die Strafkammer, soweit die Abnehmer in den Tatzeiträumen Geburtstag hatten, zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese jeweils das neu erreichte Lebensalter bereits im gesamten Tatzeitraum erreicht hatten. Soweit sie bereits 16 oder 17 Jahre alt waren , hat die Strafkammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, 2 BtMG angenommen. Waren die minderjährigen Abnehmer erst 14 oder 15 Jahre alt, verblieb es bei dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. Für diese 35 Fälle hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, für die 136 minder schweren Fälle eine Frei- heitsstrafe von einem Jahr, verhängt. Soweit die Abnehmer volljährig waren, hat die Strafkammer auf Geldstrafe erkannt; insoweit ist sie davon ausgegangen, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels (§ 29 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BtMG) entkräftet ist. Soweit sich der Angeklagte nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat, hat die Kammer unter Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes des Versuchs einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.

II.


33
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
34
Eine formgerechte Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
35
1. Die rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts hält einer Nachprüfung stand.
36
a) Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG)
37
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN).

38
Die Überzeugung der Strafkammer, der Angeklagte habe eigennützig gehandelt, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eigennützigkeit ist nach den Feststellungen auch in den Fällen gegeben, in denen der Angeklagte Marihuana zum Einkaufspreis oder darunter abgegeben hat oder ihm als Gegenleistung anderweitige Dienste erbracht wurden. Um eine bloße Gefälligkeit handelte es sich nicht, denn er handelte mit dem Ziel, die Abnehmer zu binden und mit ihnen später lukrativere Geschäfte abzuschließen.
39
b) Die Strafkammer hat auch die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG hinreichend dargetan.
40
Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 12).
41
Auch ein Kleindealer, der sich mit dem Verkauf kleiner Konsummengen Mittel zur Befriedigung seiner Sucht beschafft, kann gewerbsmäßig handeln (st. Rspr.; vgl. Patzak aaO § 29, Teil 26, Rn. 15, 17).
42
Zwar kann die Gewerbsmäßigkeit, die sich auch auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann, dann einer eingehenden Begründung bedürfen , wenn in Anbetracht der Abgabemengen und der Tatfrequenz nur von einem geringen Gewinn auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 f. und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212). So liegt der Fall hier aber nicht. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung im September 2014 in 176 Fällen an minderjährige Abnehmer und in fünf weiteren Fällen an erwachsene Abnehmer Marihuana regelmäßig für 12 Euro bis 15 Euro je Gramm bei einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 10 Euro verkauft hat oder ihm bei niedrigeren Verkaufspreisen konkrete Gegenleistungen zugewendet wurden oder er durch den günstigen Preis seine Abnehmer an sich binden wollte, um zukünftig lukrativere Geschäfte abschließen zu können. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Schulden und geringes Einkommen ) legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
43
c) Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
44
Gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelt ein Täter dann, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 – 2 StR 575/95, NStZ 1996, 285, 286). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Rauschgiftgeschäften mit Minderjährigen erzielen will, sondern es reicht aus, dass er sich fortlaufende Einnahmen auch aus derartigen Geschäften verschaffen will.

45
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er sich durch den wiederholten Verkauf von Marihuana an minderjährige Abnehmer eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zur Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums verschaffen wollte. Dass der Angeklagte auch zumindest bedingten Vorsatz hatte, liegt nahe, weil er insgesamt in 171 Fällen Marihuana an Minderjährige verkauft hat, diese also sein Hauptabnehmerkreis waren.
46
d) Die vom Landgericht vorgenommene Bewertung, dass die 176 Verkaufsfälle zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen, hält sachlichrechtlicher Prüfung stand. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Möglichkeit von Bewertungseinheiten nicht erörtert hat.
47
Durch den Begriff der Bewertungseinheit werden alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen (st. Rspr.; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 409 mwN).
48
Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 mwN; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).
50
Solche Anhaltspunkte fehlen. Die Strafkammer ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von fünf bis zehn Gramm Marihuana ausgegangen , die nahezu vollständig zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen waren; nur ein geringfügiger Teil wurde in der Wohnung konsumiert oder verschenkt.
51
Dass die von dem Angeklagten verkauften Kleinmengen sämtlich oder auch nur mehrere von ihnen aus einer einheitlich erworbenen Vorratsmenge stammen, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Erwerbsvorgänge nicht festgestellt werden konnten.
52
Der Angeklagte hat angegeben, dass er sämtliche „Marihuanaprodukte“ von einer Person, welche er namentlich nicht nennen wolle, erworben habe. Er würde mit Marihuana und Kräutermischungen handeln, die er zu einem Grammpreis von durchschnittlich 10 Euro erworben habe, „mal mehr, mal weni- ger“. Der Einkaufspreis für Marihuana sei nicht immer konstant gewesen, habe aber seiner Einschätzung nach im Durchschnitt 10 Euro betragen. Er habe wöchentlich 5 bis 10 Gramm Marihuana erworben.

53
Eine genaue Zuordnung des in unterschiedlichen Mengen eingekauften Marihuanas zu den zeitlich nicht näher festgelegten Einzelverkäufen, die mengenmäßig ebenfalls nicht mehr genau festgestellt werden können, lässt diese Einlassung und lassen auch die Angaben der einzelnen Käufer, soweit sie ermittelt werden konnten, nicht zu.
54
Der Zweifelssatz gebietet es nicht, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass diese ganz oder teilweise aus einer einheitlich erworbenen Menge stammen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass jeweils eine gewisse – freilich kaum konkret quantifizierbare – Anzahl der abgeurteilten Verkaufs - bzw. Abgabemengen aus einheitlichen Vorräten stammen könnten, kann kein unverhältnismäßiger Aufwand verlangt werden, um eventuell eine Bewertungseinheit festzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281; zusammenfassend Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN). Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass naheliegende Aufklärungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden wären; vielmehr steht aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Erkenntnissen der Telefonüberwachungen und den Angaben der Abnehmer, soweit sie ermittelt werden konnten, fest, dass die Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
55
Der Frage, unter welchen Umständen dann gleichwohl im Wege einer Schätzung Feststellungen hinsichtlich einer (oder mehrerer) Bewertungseinheit (en) zu treffen sind (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.), braucht der Senat hier nicht nachzugehen.
56
Die Feststellungen zur Menge des abgegebenen Marihuanas sind nicht annähernd deckungsgleich mit den Feststellungen zur Menge des erworbenen Marihuanas. Vielmehr ist, wie schon die unterschiedlichen Mengen von erworbenem und abgegebenem Rauschgift zeigen, insgesamt nur ein begrenzter Teil der auf Erwerb und Abgabe bezogenen Handlungen des Angeklagten erfasst.
57
Es fehlen somit tatsächliche Grundlagen für eine tragfähige Schätzung dafür, welche und wie viele der zahlreichen abgegebenen Einzelmengen jeweils aus einem Erwerbsvorgang stammen und wie dies abzugrenzen und zeitlich einzuordnen wäre. Es käme daher lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht, die rechtlich aber nicht zulässig ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344 und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; Beschlüsse vom 26. Mai 2000 – 3StR 162/00, NStZ 2000, 540, 541 und vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281).
58
e) Allerdings kann unerlaubtes (gewerbsmäßiges) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG nicht in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht werden. Denn der Grundtatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG tritt einschließlich der in § 29 Abs. 3 BtMG enthaltenen Zumessungsregeln hinter einem der in §§ 29a, 30 und 30a BtMG aufgeführten Verbrechenstatbestände, hier also des § 29a Abs. 1, § 30 BtMG, zurück. Die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG behält aber für die Strafbemessung innerhalb des in dem Qualifikationstatbestand vorgesehenen Strafrahmens Bedeutung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 1993 – 4 StR 509/93, NStZ 1994, 39 und vom 21. Dezember 1995 – 1 StR 697/95, StV 1996, 267; Patzak, aaO, § 30, Teil 6, Rn. 69 mwN).
59
2. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die Strafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält rechtlicher Nachprüfung stand.
60
Die Strafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGH, Urteile vom 24. März 1999 – 3 StR 556/98, wistra 1999, 297, 298 und vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568).

61
Soweit das Landgericht in 171 Fällen Tateinheit zwischen unerlaubtem (gewerbsmäßigem) Handeltreiben und unerlaubter (gewerbsmäßiger) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angenommen hat, ist die Strafzumessung dennoch fehlerfrei, weil die Erfüllung des Tatbestands des gewerbsmäßigen Handeltreibens im Sinne des § 29 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in der Strafbemessung berücksichtigt werden darf.
62
Der Senat hat den Tenor entsprechend geändert. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

III.


63
Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 12. August 2013 mit den Feststellungen

aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafabteilung des Amtsgerichts Waiblingen

zurückverwiesen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 12. August 2013 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und die Tat des Angeklagten rechtlich als gewerbsmäßiges unerlaubtes Handeltreiben nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG gewertet.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte verkaufte an einem nicht feststellbaren Tag zwischen dem 17. Januar 2012 und dem 21. Januar 2012 in W. dem H. 50 Gramm Marihuana durchschnittlicher Qualität (Wirkstoffgehalt an THC mind. 5%) gewinnbringend zum Preis von insgesamt 380,- Euro. Der Angeklagte bot auch in der Folgezeit H. den Verkauf von Marihuana an, wozu es jedoch nicht mehr kam, da H. keinen Bedarf hatte. Der Angeklagte handelte in der Absicht, sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einem erheblichen Umfang zu erschließen.
Im Rahmen der Strafzumessung ist das Amtsgericht von dem Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG ausgegangen und hat das Regelbeispiel des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG als erfüllt angesehen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte fristgerecht Rechtsmittel eingelegt. Nach Zustellung des Urteils hat er innerhalb der Frist zur Begründung der Revision das Rechtsmittel als Sprungrevision bezeichnet und „auf den Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der seitens der Verteidigung bestrittenen Frage der Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens“ beschränkt. Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts; er wendet sich insbesondere dagegen, dass im angefochtenen Urteil keine näheren Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens getroffen worden seien. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision des Angeklagten ist begründet (§ 349 Abs. 4 StPO).
1.
Das angefochtene Urteil unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat.
Zwar könnten die vom Amtsgericht unter II. getroffenen knappen Feststellungen im Falle einer Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch eine noch ausreichende tatsächliche Grundlage für die rechtliche Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs - auch soweit es um die Gewerbsmäßigkeit des Handelns geht - bilden. Die Feststellungen sind nicht in einem solchen Umfang dürftig, unvollständig, unklar oder widersprüchlich, dass sie keine hinreichende Grundlage für eine entsprechende Prüfung bilden könnten (vgl. BGHSt 33, 59; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 16).
Allerdings hat der Angeklagte seine Revision nicht vorbehaltlos auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Ausweislich der Revisionsbegründung will er sein Rechtsmittel auf den „Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der […] Frage der Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens“ beschränken. Er wendet sich damit auch gegen die Feststellungen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen ergibt, unter denen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG (Gewerbsmäßigkeit) in der Regel ein besonders schwerer Fall des Handeltreibens gegeben ist. Diese Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich um doppelrelevante Umstände handelt. Denn eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch kann nicht wirksam vorgenommen werden, wenn Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, dass ein die Strafbarkeit erhöhender oder mindernder Umstand einen untrennbaren Teil der Schuldfrage - einen sog. doppelrelevanten Umstand - bildet und sich der Anfechtende bei verständiger Würdigung seines Rechtsmittelbegehrens (auch) dagegen wendet, dass in dem angefochtenen Urteil eine solcher Umstand angenommen oder nicht angenommen wurde (BGHSt 29, 359, 366).
10 
Ob es sich bei dem Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit um einen doppelrelevanten Umstand i. S. der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 29, 359) handelt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt:
11 
Nach Ansicht des OLG Celle (Beschluss vom 31. Januar 2001 - 32 Ss 103/00 -, juris Rn. 10), dem das OLG Karlsruhe (NStZ-RR 2004, 271, 272) gefolgt ist, und des Kammergerichts (Beschluss vom 4. April 2012 - 1 Ss 377/11 -, juris Rn. 3) handelt es sich bei den Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit - in den Entscheidungen ging es um Diebstahl (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) bzw. Betrug (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) - um doppelrelevante Umstände. Dies wird damit begründet, dass die Feststellungen Ziele und Beweggründe des Täters umschreiben und bereits deshalb in der Regel nicht nur den Strafausspruch, sondern auch den Schuldspruch berühren.
12 
Nach der Gegenposition, die vom OLG Düsseldorf (OLGSt § 318 StPO Nr. 8), vom OLG Köln (NStZ-RR 2003, 298, 299) und dem OLG Brandenburg (Beschluss vom 16. März 2009 - 1 Ss 6/09 -, juris Rn. 16) vertreten wird und der sich auch ein Teil des Schrifttums (Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rn. 14) angeschlossen hat, kommt der Gewerbsmäßigkeit (OLG Düsseldorf: Diebstahl; OLG Köln und OLG Brandenburg: jeweils Betrug) kein doppelrelevanter Charakter zu. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit beschreibe keine äußere Modalität, die so beschaffen sei, dass durch ihre Verwirklichung das tatbestandsmäßige Handeln in Gang gesetzt oder in seiner konkreten Ausprägung bestimmt werde. Durch das Merkmal „gewerbsmäßig“ würden vielmehr außerhalb des vom objektiven und subjektiven Tatbestand umrissenen Bereichs der Schuldfrage liegende Verhältnisse beschrieben, die ausschließlich die Straffrage beträfen (OLG Düsseldorf aaO). Das OLG Köln verweist darauf, dass die Gewerbsmäßigkeit durch ein subjektives Moment außerhalb des Tatbestands, nämlich die Absicht der Verschaffung einer dauerhaften Einnahmequelle durch wiederholte Tatbegehung, begründet werde, so dass entsprechende Feststellungen keine auch den Schuldspruch tragenden doppelrelevanten Tatsachen darstellten (OLG Köln a.a.O.).
13 
Nach Auffassung des Senats hängt die Beantwortung der Frage, inwieweit der Gewerbsmäßigkeit des Handelns doppelrelevanter Charakter zukommt, entscheidend von dem jeweiligen Grundtatbestand ab. Jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) bilden die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit i.S. des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG doppelrelevante Umstände, die den Schuldspruch des unerlaubten Handeltreibens i.S. der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 29, 359, 368 f.) „tragen“, indem sie der Tatausführung - nämlich der eigennützigen, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichteten Tätigkeit - das entscheidende Gepräge geben und damit Grundlage auch des Schuldspruchs sind. Gewerbsmäßig handelt, wer sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (vgl. nur BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 5 m.w.N.). Die Feststellung, dass der Täter beabsichtigte, sich aus der wiederholten Tatbegehung eine entsprechende Einnahmequelle zu verschaffen, beinhaltet denknotwendig, dass der Täter auch bei der verfahrensgegenständlichen Tat mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat. Die Gewinnerzielungsabsicht ist zugleich eine tatbestandliche Voraussetzung der Begehungsform „Handeltreiben“; denn „Handeltreiben“ mit Betäubungsmitteln setzt voraus, dass der Angeklagte eigennützig handelt, was nur bei einem Täter zu bejahen ist, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere die Erzielung von Gewinn ankommt (BGHSt 28, 308, 309; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 303 m.w.N.). Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von den Fallgestaltungen, in denen - wie etwa bei Diebstahl, Betrug, Urkundenfälschung oder Geldwäsche - das Gesetz für gewerbsmäßiges Handeln einen besonders schweren Fall vorsieht (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB; §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB; §§ 267 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB; §§ 261 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 StGB), eine Eigennützigkeit oder Gewinnerzielungsabsicht aber keine zwingende Voraussetzung des Grundtatbestands ist.
14 
Die Feststellung, dass sich der Angeklagte durch den Verkauf von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen wollte, kennzeichnet daher nicht nur das maßgebliche Motiv des Angeklagten als Teil des den Schuldspruch begründenden Tathergangs - was teilweise für die Annahme der Doppelrelevanz bereits für ausreichend gehalten wird (vgl. BayObLG, NStZ-RR 2003, 209, 210) -, sondern deckt sich unter dem Gesichtspunkt der Gewinnerzielungsabsicht mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Handeltreibens und steht daher mit dem Schuldspruch in einem unlösbaren Zusammenhang.
15 
Die Beschränkung der Revision des Angeklagten ist daher unzulässig; das Rechtsmittel ist als in vollem Umfang eingelegt zu behandeln (LR-Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 67), es ergreift damit auch den Schuldspruch.
2.
16 
Das Urteil hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Überprüfung der vorgenommenen Beweiswürdigung zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht stand.
a)
17 
Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehensablauf zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Demnach hat das Revisionsgericht die subjektive Überzeugung des Tatrichters von dem Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts grundsätzlich hinzunehmen (LR-Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 177 m.w.N). Ebenso ist es ihm verwehrt, seine eigene Überzeugung an die Stelle der tatgerichtlichen Überzeugung zu setzen. Allerdings kann und muss vom Revisionsgericht überprüft werden, ob die Überzeugung des Tatrichters in den getroffenen Feststellungen und der ihnen zugrunde liegenden Beweiswürdigung eine ausreichende objektive Grundlage findet. Die entsprechenden Grundlagen müssen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Deshalb müssen die Urteilsgründe des Tatgerichts erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Tatrichter gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH, StV 2002, 235 m.w.N.; NJW 2003, 2179).
b)
18 
Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Amtsgerichts im Hinblick auf die für das Vorliegen der Voraussetzungen des Handeltreibens und die für das Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens erforderlichen Feststellungen nicht gerecht. Die Annahme des Amtsgerichts, der Angeklagte habe zum einen die 50 Gramm Marihuana gewinnbringend verkauft und zum anderen sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einem erheblichem Umfang erschließen wollen, beruht angesichts der festgestellten Umstände nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage.
19 
Einen gewichtigen Umstand für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht stellen die Preise dar, zu denen der Angeklagte das Marihuana eingekauft und verkauft hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16. September 2002 - 2 Ss 769/02 -, juris Rn. 20). Das Urteil teilt hinsichtlich des Einkaufspreises, zu dem die verkauften 50 Gramm Marihuana vom Angeklagten beschafft worden waren, nichts mit. Dem Urteil lassen sich auch sonst keine hinreichend tragfähigen Umstände entnehmen, die allein oder bei einer Gesamtschau als objektive Grundlage den Schluss auf den für Handeltreiben erforderlichen Eigennutz des Angeklagten sowie die Absicht, sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen, zulassen könnten. Als solche Umstände kommen insbesondere in Betracht: die Begleitumstände bei Anbahnung und konkreter Abwicklung des verfahrensgegenständlichen Verkaufsvorgangs sowie Art, Häufigkeit und Inhalt der erwähnten weiteren Kontaktaufnahme(n) und Verkaufsbemühungen des Angeklagten in der Folgezeit (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 2 RVs 2/13 -, juris Rn. 8 f.); von Relevanz können bei der Gesamtwürdigung nicht zuletzt auch etwaige schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten im Tatzeitraum sein (vgl. auch BGH, NStZ-RR 2008, 212; Beschluss vom 22. August 2013 - 1 StR 378/13 -, juris Rn. 8). Wenn in Anbetracht von Abgabemengen und Tatfrequenz von einem nur geringen Gewinn auszugehen ist, ist die Annahme von Gewerbsmäßigkeit i.S. des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG zwar nicht ausgeschlossen, weil sich diese auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann; in einem solchen Fall bedarf die Annahme der Gewerbsmäßigkeit allerdings einer eingehenden Begründung (BGH, NStZ-RR 2008, 212; NStZ-RR 2012, 279).
3.
20 
Aufgrund der Darlegungsmängel in der Beweiswürdigung konnte das angefochtene Urteil aufgrund der Sachrüge keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil war daher nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und gemäß § 354 Abs. 2 StPO an eine andere Strafabteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.
III.
21 
Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den BGH nach § 121 Abs. 2 GVG liegen nicht vor, weil der Senat mit seiner Entscheidung nicht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweicht. Soweit ersichtlich liegt bislang keine Entscheidung eines Oberlandesgerichts zur Frage vor, ob den Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Doppelrelevanz zukommt. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang vertretenen Auffassungen zur Doppelrelevanz des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit befassen sich nur mit den Konstellationen des Diebstahls und des Betrugs. Wie oben unter II. 1. dargestellt beruht die rechtliche Begründung dafür, dass die Feststellungen hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln doppelrelevant sind, auf den spezifischen Tatbestandsvoraussetzungen des Handeltreibens i.S. von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG. Da nach den Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 21. Oktober 1980 (BGHSt 29, 359, 369) nur aufgrund der besonderen Lage des Einzelfalls gesagt werden kann, welche erstinstanzlichen Feststellungen doppelrelevant sind, wird mit der vorliegenden Entscheidung weder eine bestimmte Gesetzesbestimmung anders als durch ein anderes Oberlandesgericht ausgelegt noch ein Rechtsgrundsatz, der in gleicher Weise in mehreren Gesetzesbestimmungen enthalten ist, anders als von einem anderen Oberlandesgericht aufgefasst (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 121 GVG Rn. 8).
IV.
22 
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
23 
Zur rechtlichen Bezeichnung der Tat, die in die Urteilsformel aufzunehmen ist (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO), gehört bei Taten, die sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden können, die Angabe der Schuldform (Meyer-Goßner, a.a.O., § 260 Rn. 24). Dies gilt auch bei unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, da hier neben vorsätzlichem Handeln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Var. 3 BtMG) auch die fahrlässige Begehungsweise (§ 29 Abs. 4 BtMG) mit Strafe bedroht ist (vgl. zum fahrlässigen Handeltreiben: Weber, a.a.O., § 29 Rn. 2036).
24 
Bei § 29 Abs. 3 BtMG handelt es sich nicht um einen eigenständigen Tatbestand, sondern um eine Strafzumessungsregel. Sind bei einer Strafzumessungsregel die Voraussetzungen eines Regelbeispiels erfüllt, begründet dies lediglich eine Indizwirkung dafür, dass ein besonders schwerer Fall vorliegt und die Anwendung des erhöhten Strafrahmens veranlasst ist. Diese Indizwirkung des Regelbeispiels kann durch andere Umstände, die den Unrechts- und Schuldgehalt des Regelbeispiels kompensieren, ausgeräumt werden (BGHSt 23, 254, 257; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 91 m.w.N.). Liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Annahme eines Regelbeispiels vor, ist daher zur Bestimmung des maßgebenden Strafrahmens stets eine Gesamtwürdigung aller für die Strafzumessung wesentlichen Umstände vorzunehmen. Dabei kommt es darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (BGHSt 23, 254, 257; 29, 319, 322).
25 
Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit einer Entkräftung der Regelwirkung und der Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung bewusst gewesen ist. Lassen die Urteilsgründe dies nicht erkennen, ist die revisionsgerichtliche Prüfung, ob der Tatrichter eine solche Prüfung vorgenommen hat, nicht möglich. Dann kann zugleich in der Regel auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens auf rechtfehlerhaften Erwägungen beruht. Eine Erörterung in den Urteilsgründen, ob die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräftet wird, ist zwar nicht erforderlich, wenn die Anwendung des normalen Strafrahmens fern liegt. Dies ist aber nicht der Fall, wenn - wie im hier angefochtenen Urteil - bei der Strafzumessung ausschließlich Strafmilderungsgründe aufgeführt werden.
7
aa) Soweit das Landgericht bei der Strafzumessung das vom Angeklag- ten gehandelte Amphetamin als eine „sogenannte weiche Droge mit einem nicht so erheblichen Missbrauchspotential“ bezeichnet hat (UA S. 15), schließt der Senat aus, dass die Strafzumessung auf einer rechtlich bedenklichen Gefährlichkeitseinstufung von Amphetamin beruht (zum Stufenverhältnis von sogenannten harten Drogen wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack über Amphetamin , das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt, bis hin zu sogenannten weichen Drogen wie Cannabis vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 2017 – 3 StR 97/17, Rn. 13 [insofern nicht abgedruckt in NStZ-RR 2017, 310]; vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ 2016, 614, 615; vom 26. März 2014 – 2 StR 202/13, Rn. 20).