vorgehend
Landgericht Detmold, 3, Js 442/18
Landgericht Detmold, 2, KLs 28/18

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 22/20
vom
11. Februar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2020:110220B4STR22.20.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 11. Februar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten G. wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 24. September 2019,
a) auch soweit es den früheren Mitangeklagten E. betrifft , im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte G. der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Mitangeklagte E. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind;
b) soweit es die Angeklagte G. betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung (Ziff. 1 Buchst. b) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte G. wegen Beihilfe zum Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung aus dem Urteil des Landgerichts Kleve vom 18. Juni 2018 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Januar 2020 zutreffend näher ausgeführt hat, belegen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils, dass sich die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat. Der Senat hat den Tenor gemäß § 354 Abs. 1 StPO entsprechend abgeändert; daran ist er durch das Verschlechterungsverbot in § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gehindert (vgl. Gericke in KK-StPO, 8. Aufl., § 358 Rn. 18 mwN).
3
2. Der gegen die Angeklagte ergangene Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des Strafrahmens den Strafmilderungsgrund der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Satz 1 BtMG nicht erörtert. Es hat lediglich bei der Bemessung der nachträglichen Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt , „dass sie in dem hier eingezogenen Verfahren Aufklärungshilfe … geleistet hat.“ Dies ist rechtsfehlerhaft, weil es sich nach den Ausführungen im angefoch- tenen Urteil aufdrängt, dass die Angeklagte die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe gerade auch in Bezug auf die hier abgeurteilte Tat erfüllt hat:
4
a) Nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt die fakultative Strafmilderung voraus, dass der Täter durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a BtMG, die mit seiner Tat in Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte. Wird dem Angeklagten eine Mehrzahl von Taten vorgeworfen, so müssen die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe für jede dieser Taten gesondert geprüft werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2014 ‒ 3 StR 429/13, StV 2014, 619). Nicht erforderlich ist, dass die Aufklärungshilfe in dem der jeweiligen Verurteilung zugrunde liegenden Verfahren geleistet wird (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 31 Rn. 41 mwN). Dementsprechend wird hier sowohl bei der Bemessung der nachträglichen Gesamtstrafe als auch in dem von der Strafkammer in vollem Umfang wiedergegebenen einbezogenen Urteil des Landgerichts Kleve vom 18. Juni 2018 ausgeführt, die Angeklagte habe in ihrer ersten zollamtlichen Vernehmung am 30. November 2017 (in dem damaligen Verfahren) die Lagerung von Drogen in der Wohnung des gesondert verfolgten F. offenbart (UA 9 f., 42 f.). Als Lieferanten habe sie zu einem späteren Zeitpunkt den früheren Mitangeklagten E. im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage identifiziert (UA 11, 26). Die in der Wohnung F. gelagerten Drogen (Amphetamin) sind aber Gegenstand der Aburteilung in dem hier vorliegenden Verfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2013 – 1 StR 131/13, StV 2013, 706). Auf UA 27 wird hierzu noch mitgeteilt, dass den Strafverfolgungsbehörden die Lagerung von Drogen in dessen Wohnung zuvor nicht bekannt war. Der Umstand, dass die Angeklagte im Rahmen der Wahllichtbildvorlage – nachdem sie zuvor geständig war – bestritten hat, von den Drogen gewusst zu haben, ändert an dem bereits eingetretenen Aufklärungserfolg ebenso wenig etwas (vgl. BGH, Urteile vom 16. September 2009 – 2 StR 253/09; vom 20. März 2014 – 3 StR 429/13, StV 2014, 619; Beschluss vom 31. März 2015 ‒ 3 StR 21/15) wie ihr prozessuales Verhalten in der dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Hauptverhandlung, in der sie ihre Tatbeteiligung zunächst bestritten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2003 – 2 StR 320/03; Weber, aaO § 31 Rn. 60, 62 mwN).
5
b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben genannten Grundsätze zur Anwendung eines milderen Strafrahmens gelangt wäre und ‒ resultierend daraus ‒ eine niedrigere Einzelstrafe für die von ihr abgeurteilte Tat verhängt hätte. Die Anwendung des § 31 BtMG erfordert eine ‒ dem Tatrichter vorbehaltene ‒ Ermessensentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2018 – 5 StR 251/18, BGHSt 63, 210; Beschluss vom 31. März 2015 ‒ 3 StR 21/15).
6
3. Dies bedingt die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
7
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird zu berücksichtigen haben, dass die Angeklagte nach den Feststellungen zur Person zum Zeitpunkt der hier abgeurteilten Tat entgegen UA 41 noch nicht vorbestraft war. In die neu zu bildende nachträgliche Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB wird auch die Verurteilung der Angeklagten vom 13. Februar 2018 zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen dann einzubeziehen sein, wenn die „inzwischen“ (UA 4) vollständig beglichene Geldstrafe am 18. Juni 2018 noch nicht vollständig erledigt gewesen sein sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2019 ‒ 4 StR 403/19; Beschluss vom 8. Oktober 2019 ‒ 4 StR 421/19 Rn. 11).
8
4. Der Senat hat die Abänderung des Schuldspruchs gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den als Haupttäter abgeurteilten früheren Mitangeklagten E. erstreckt; es ist ausgeschlossen, dass der gegen ihn ergangene Strafausspruch von dem unter Ziffer 1. aufgezeigten Rechtsfehler zu seinem Nachteil betroffen sein könnte.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Bender Quentin

Vorinstanz:
Detmold, LG, 24.09.2019 - 31 Js 442/18 21 KLs 28/18

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(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

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(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 4 2 9 / 1 3
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. März
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2013 im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1. bis 4. und 6. der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen einer Reihe von Betäubungsmittelstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte zwischen September 2009 und September 2010 bei vier Gelegenheiten in den Niederlanden jeweils ein knappes Kilo Marihuana (Wirkstoffgehalt 5%) und verbrachte es nach Deutschland. Den überwiegenden Teil verkaufte er jeweils gewinnbringend, den Rest verbrauchte er selbst (Taten 1 bis 4: jeweils Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Erwerb von Betäubungsmitteln ; Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und acht Monaten). Im Februar 2012 erwarb der Angeklagte in D. von einem nicht näher bezeichneten "Bo. " 100 Gramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 12,4%), von denen der überwiegende Teil zum gewinnbringenden Weiterverkauf und der Rest zum Eigenkonsum bestimmt waren (Tat 6: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln; Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten). Zwei Tage später erwarb der Angeklagte an seinem Wohnort von B. ein knappes Kilo Amphetamin (Wirkstoffgehalt 13,6%). Auch hier waren ein kleiner Teil zum Eigenkonsum und knapp 800 Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Mit einer Teilmenge von 110 Gramm wurde der Angeklagte danach auf dem Weg zu einem Abnehmer von der Polizei festgenommen. Er führte dabei eine Reizgasspraydose mit sich, um sich gegen etwaige ihn angreifende Personen wehren zu können (Tat 5: Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln; Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren). Im Anschluss an die Festnahme wurden Teile des Amphetamins aus Tat 5 sowie des Marihuanas aus Tat 6 in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt.
3
Der Angeklagte hat lediglich die Tat 5 durch eine von ihm bestätigte Verteidigererklärung eingeräumt. Er hatte sich insoweit bereits im Ermittlungsverfahren umfassend eingelassen und auch Angaben zu seinem Lieferanten gemacht. Zu den übrigen Taten hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung geschwiegen. Das Landgericht hat sich von den Taten 1 bis 4 durch andere Beweismittel und von der Tat 5 auch aufgrund von geständigen Angaben des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung überzeugt. Es hat allein bei der Strafzumessung für die Tat 5 den Strafrahmen gemäß § 31 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB verschoben.
4
II. Die Revision ist zum Schuldspruch unbegründet. Dieser wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Auch gegen die Einzelstrafe im Fall 5 ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Das Landgericht hat zu dieser Tat einen Aufklärungsbeitrag des Angeklagten festgestellt und von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 31 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht.
5
III. Der Ausspruch über die weiteren Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat es unterlassen zu prüfen, ob auch insoweit eine Strafrahmenverschiebung wegen geleisteter Aufklärungshilfe vorzunehmen ist. Eine solche kam für die Tat 6 nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG aF (dazu nachstehend 1.) und für die Taten 1 bis 4 nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB aF (dazu nachstehend 2.) in Betracht.
6
1. Nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung setzt die fakultative Strafmilderung voraus, dass der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Wird dem Angeklagten eine Mehrzahl von Taten vorgeworfen, so müssen die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe für jede dieser Taten gesondert geprüft werden (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 31 Rn. 63; vgl. auch BT-Drucks. 17/9695, S. 7 linke Spalte).
7
a) Dabei ist "die Tat" im Sinne von § 31 BtMG, zu der Aufklärungshilfe geleistet werden muss, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur der dem Angeklagten im einzelnen Strafverfahren vorgeworfene einheitliche geschichtliche Lebensvorgang. Der "eigenständige" - weil von § 264 StPO losgelöste - Tatbegriff im Sinne von § 31 BtMG umfasst vielmehr auch die Betäubungsmitteltaten anderer Personen, die als rechtlich selbständig zu werten und nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 1 unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien; Beschluss vom 2. November 1993 - 1 StR 602/93, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 2). Denn Zweck der Vorschrift ist gerade auch die Aufklärung strafrechtlich relevanten Verhaltens Dritter jenseits der dem "Kronzeugen" angelasteten Tat im prozessualen Sinne; es soll ein Anreiz zur Mithilfe bei der Aufklärung und Verfolgung auch anderer gewichtiger Betäubungsmitteldelikte geboten werden, weshalb auch diejenigen die Vergünstigung einer Strafmilderung erhalten sollen, die zur Aufdeckung weiterer Straftaten beitragen.
8
b) Zwischen der aufgedeckten Tat und den Taten des Angeklagten muss allerdings über den Wortlaut von § 31 BtMG in der zur Tatzeit geltenden Fassung hinausgehend ein Zusammenhang bestehen.
9
(1) Diese von der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO) seit jeher geforderte und seit dem 1. August 2013 auch von § 31 BtMG in der Fassung des 46. Strafrechtsänderungsgesetzes - Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe - vom 10. Juni 2013 (BGBl. I S. 1497) ausdrücklich vorgesehene Einschränkung soll sicherstellen, dass die Privilegierung des "Kronzeugen" mit dem Grundsatz schuldangemessenen Strafens (§ 46 StGB) dadurch in einem nachvollziehbaren Einklang steht, dass der Bezug zwischen der offenbarten Tat und der Tat des "Kronzeugen" geeignet ist, zumindest mittelbar das Maß des Vorwurfs zu reduzieren, der dem "Kronzeugen" für dessen eigene Tat zu machen ist (vgl. dazu die Begründung zur Beschränkung von § 46b StGB, BT-Drucks. 17/9695 S. 6).
10
(2) Ein solcher Zusammenhang, d.h. ein innerer und verbindender Bezug zwischen der eigenen und der offenbarten Tat (vgl. BT-Drucks. 17/9695 S. 8 rechte Spalte mwN) besteht, wenn der "Kronzeuge" das tatbestandliche Handeln eines Mittäters aufdeckt, wenn sich die aufgedeckte Tat als Teil einer fortgesetzten Handlung des Mittäters erweist, an der der "Kronzeuge" jedenfalls in anderen Handlungsabschnitten beteiligt war (BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO) oder wenn es sich um weitere Geschäfte eines Betäubungsmittellieferanten des "Kronzeugen" handelt (BGH, Beschluss vom 2. November 1993 - 1 StR 602/93, aaO). Er wird auch angenommen für weitere Taten eines Betäubungsmittelkuriers im Auftrag desselben Hintermannes (BGH, Beschluss vom 15. März 1995 - 3 StR 77/95, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 3; Beschluss vom 5. August 2013 - 5 StR 327/13, StV 2013, 707) oder für den Fall, dass neben einer Vielzahl von Taten mit geleisteter Aufklärungshilfe bei zwei Taten der erforderliche Aufklärungserfolg nicht eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 10. April 2013 - 4 StR 90/13, StV 2013, 705, 706).
11
(3) Nach diesen Maßstäben besteht lediglich zwischen den Taten 5 und 6 der für die Anwendung von § 31 BtMG notwendige Zusammenhang. Der Angeklagte hat Teile des erworbenen Amphetamins aus der Tat 5 und die Reste des zwei Tage zuvor erworbenen Marihuanas aus der Tat 6 in seiner Wohnung aufbewahrt, wo sie von der Polizei im Anschluss an die Festnahme des Angeklagten sichergestellt wurden. Damit bilden die beiden Rauschgiftgeschäfte eine prozessuale Tat, was über die Anforderungen an den Zusammenhang sogar hinausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO).
12
(4) Zwischen den Taten 1 bis 4 einerseits und der Tat 5 andererseits fehlt es hingegen an dem erforderlichen Zusammenhang. Die Taten 1 bis 4 lagen mehrere Jahre zurück, betrafen ein anderes Betäubungsmittel und eine andere Tatmodalität. Der allen Taten gleichermaßen innewohnende Umstand ist allein die Tatsache, dass der Angeklagte als Täter des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten ist. Das den Taten zugrundeliegende gleichartige Tatmotiv reicht für den Zusammenhang nicht aus, nachdem weder die Verkäufer noch die Abnehmer identisch waren (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 31 Rn. 43).
13
2. Hinsichtlich der Taten 1 bis 4 hätte das Landgericht indes erwägen müssen, ob der Strafrahmen unter Anwendung von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB aF zu mildern ist.
14
a) Die Anwendung der allgemeinen Kronzeugenregelung nach § 46b StGB ist durch die bereichsspezifische Kronzeugenregelung in § 31 BtMG nicht ausgeschlossen. Bei der Einführung von § 46b StGB hat der Gesetzgeber an der Sonderregelung des § 31 BtMG mit ihrem weiten, die einfache Drogenkriminalität erfassenden Anwendungsbereich festgehalten, weil sich diese be- währt und in der "Drogenszene" als mögliches "Ausstiegsinstrument" fest etabliert habe (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/6268 S. 16). Der Vorrang der Spezialregelung hindert nach den allgemeinen Grundsätzen indes nicht, auf die allgemeine Regelung zurückzugreifen, wenn deren Anwendung für den "Kronzeugen" im Einzelfall günstiger ist (vgl. BT-Drucks. 16/6268 S. 14).
15
b) Danach kommt hier die Anwendung der zur Tatzeit geltenden, weil für den Angeklagten günstigeren (§ 2 Abs. 3 StGB) Fassung von § 46b StGB in Betracht. Diese enthielt nicht die einschränkende Voraussetzung eines Zusammenhangs zwischen der offenbarten und der dem "Kronzeugen" zur Last liegenden Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2010 - 5 StR 182/10, BGHSt 55, 153, 154 f.). Vielmehr war es unter der Geltung des alten Rechtszustands ausreichend, dass sich die Aufklärungshilfe nur auf eine von mehreren, dem "Kronzeugen" zur Last liegenden Taten bezog (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 2013 - 3 StR 8/13, NStZ-RR 2013, 203 und vom 17. September 2013 - 3 StR 209/13 juris Rn. 11).
16
3. Zur Aufklärung der Tat "über den eigenen Tatbeitrag hinaus" ist ein umfassendes Geständnis nicht erforderlich. Die Rechtsprechung hat insoweit ein nur teilweises Einräumen des eigenen Tatbeitrags für ausreichend (BGH, Urteil vom 28. November 1984 - 2 StR 608/84, BGHSt 33, 80; Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 4 StR 547/99, NStZ 2000, 433) und auch ein Leugnen des eigenen Tatbeitrags für die Annahme einer Aufklärungshilfe unschädlich erachtet (Beschluss vom 24. September 2002 - 3 StR 292/02, StraFo 2003, 145 [in einem nicht tragenden Hinweis] sowie Beschlüsse vom 14. April 2011 - 2 StR 34/11, StV 2011, 534 und vom 27. März 2012 - 3 StR 83/12, NStZ-RR 2012, 201 [jeweils für § 46b StGB aF]).
17
4. Über die fünf Einzelstrafen und die Gesamtstrafe muss deshalb erneut befunden werden. Der neue Tatrichter wird bei seiner Entscheidung, ob er von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB zu verschieben, die "aufklärungsspezifischen Kriterien" nach § 46b Abs. 2 Nr. 1 StGB und die "unrechts- und schuldspezifischen Kriterien" nach § 46b Abs. 2 Nr. 2 StGB abzuwägen haben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 426/12, StV 2013, 629, 630).
Becker Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 131/13
vom
23. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 5. November 2012 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Revision hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, ohne dass der Senat über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die (vermeintliche) Versäumung der Frist zur Revisionsbegründung zu befinden hat.
2
1. Dieser Antrag ist gegenstandslos. Die einmonatige Frist (§ 345 Abs. 1 StPO) zur Begründung der Revision war mit dem durch Eingangsstempel der gemeinsamen Einlaufstelle der Justizbehörden Bayreuth nachgewiesenen Eingang der entsprechenden Begründungsschrift der Verteidigerin am 21. Dezem- ber 2012 (Bl. 334 d.A.) gewahrt. Denn das schriftliche Urteil war der Verteidigerin am 21. November 2012 zugestellt worden (Bl. 329 d.A.).
3
2. Die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Der Strafausspruch hält aber rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG entnommen. Das Vorliegen eines minderschweren Falls gemäß § 30 Abs. 2 BtMG hat es geprüft und dabei im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erwogen, ob ein solcher sich aus dem Eingreifen des vertypten Milderungsgrunds gemäß § 31 Satz 1 BtMG ergeben kann. Die Anwendung dieser Vorschrift hat es allerdings mit der Erwägung abgelehnt, der Angeklagte habe „zumindest versucht, Aufklärungshilfe zu leisten, indem er vor der Zeugin KHK’in S. der KPI Hof aussagte“ (UA S. 7); dies reiche „zur Bejahung der Voraussetzungen des § 31 BtMG nicht aus, da hierdurch keine weiteren Taten aufge- deckt werden konnten“ (UA S. 8).
5
b) Diese Ausführungen genügen nicht, um die Anwendbarkeit von § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG auszuschließen. Liegen Angaben eines Angeklagten vor, die möglicherweise Grundlage der Annahme eines Aufklärungserfolges im Sinne der genannten Vorschrift sein können, ist der Tatrichter gehalten, diese in nachvollziehbarer Weise darzulegen, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Aufklärungserfolg zutreffend angenommen oder abgelehnt wurde (Senat, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 309/02, NStZ 2003, 162 f. mwN). Dem wird das angefochtene Urteil weder mit der Bemerkung von der „versuchten Aufklärungshilfe“ noch mit dem Hinweis auf das Ausbleiben der Aufdeckung von „weiteren Taten“ gerecht. Auf welche tatsächlichen Umstände sich das Tatgericht dabei stützt, kann dem Urteil auch in seinem Gesamtzusammenhang nicht entnommen werden. Die bloße Wertung, es habe keine Aufklärungshilfe festgestellt werden können, genügt zur Ermöglichung der revisionsgerichtlichen Überprüfung ersichtlich nicht (BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 3 StR 496/10).
6
c) Das angefochtene Urteil lässt zudem eine rechtsfehlerhafte Ablehnung der Anwendung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG auch insoweit besorgen, als das Landgericht auf das Ausbleiben der Aufdeckung „weiterer Taten“ abgestellt hat. Darauf kommt es jedoch nicht an. Es genügt vielmehr für den erforderlichen Aufklärungserfolg, dass ein Angeklagter wesentlich zur Aufdeckung der Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus beigetragen hat (BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10 und vom 28. Dezember 2011 - 2 StR 352/11, StV 2013, 160). Der in § 31 BtMG verwendete Begriff der „Tat“ ist dabei weder mit dem materiell-rechtlichen Begriff der Tat gemäß §§ 52, 53 StGB noch mit dem prozessualen Tatbegriff (§§ 155, 264 StPO) identisch (vgl. Maier in Münchener Kommentar zum StGB, Band 6, 2. Aufl., § 31 BtMG Rn. 107 f. mwN). Tat gemäß § 31 BtMG ist vielmehr der geschichtliche Vorgang, der das strafbare Verhalten des Angeklagten und strafrechtlich relevante Beiträge anderer Personen umfasst (BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, NStZ 1991, 290 f.). Es genügt daher bereits ein auf die verfahrensgegenständliche Tat in dem vorgenannten Sinne bezogener Aufklärungserfolg, was das Landgericht möglicherweise verkannt hat.
7
d) Das Tatgericht durfte auch nicht im Hinblick auf die in § 31 Satz 2 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 3 StGB angeordnete Präklusion einer erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens geleisteten Aufklärungshilfe von der gebotenen Erörterung der Voraussetzungen des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG absehen. § 31 Satz 2 BtMG ist zwar vorliegend grundsätzlich anwendbar, weil sowohl die Tat als auch der Eröffnungsbeschluss nach dem aufgrund § 316d EGStGB maßgeblichen 1. September 2009 (zum anwendbaren Recht bei vor diesem Zeitpunkt begangenen Taten und danach ergangenem Eröffnungsbeschluss siehe BGH, Beschlüsse vom 17. April 2012 - 3 StR 79/12 und vom 3. Mai 2011 - 3 StR 123/11, NStZ 2012, 44 f.) erfolgten. Die Feststellungen bieten jedoch Anhaltspunkte für eine durch den Angeklagten vor der Eröffnung des Hauptverfahrens möglicherweise erbrachte Aufklärungshilfe. Das Landgericht teilt nämlich im Zusammenhang der Ablehnung der Anwendung von § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG mit, der Angeklagte habe bereits gegenüber einer Polizeibeamtin der Kriminalpolizeiinspektion in Hof ausgesagt. Das lässt eine Aufklärungshilfe während des vorbereitenden Verfahrens möglich erscheinen.
8
e) Es kann weder ausgeschlossen werden, dass angesichts der weiteren von dem Tatgericht in die gebotene Gesamtabwägung des minderschweren Falls zugunsten des Angeklagten einbezogenen Aspekte dieses bei Annahme des vertypten Milderungsgrundes aus § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Satz 2 BtMG entnommen noch, dass es den Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG gemäß § 31 Satz 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB gemildert hätte und so jeweils zu einer geringeren als der jetzt verhängten Strafe gelangt wäre. Der Senat hebt die zum Strafausspruch getroffenen Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter eine umfassende Prüfung der Voraussetzungen des § 31 BtMG und der sich daraus ggf. für die Strafrahmenwahl bei seinem Vorliegen ergebenden Konsequenzen (die von BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 - 5 StR 252/12, NStZ 2013, 50 zu § 30a BtMG vorgegebene Prüfungsreihenfolge gilt auch bei § 30 BtMG) zu ermöglichen.
9
3. Im Übrigen enthält das Urteil keine dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler. Der Senat hat daher auf Antrag des Generalbundesanwalts die weitergehende Revision verworfen. Dazu bedurfte es keiner vorherigen Rück- gabe der Akten an den Generalbundesanwalt. Zwar lag diesem bei seinem Verwerfungsantrag vom 26. März 2013 die von der Verteidigung unter dem Datum vom 1. März 2013 verfasste ergänzende Begründung der erhobenen Sachrüge noch nicht vor. In seinem der Verteidigung bekannt gemachten Schreiben vom 15. April 2013, das dem Senat bei der Beratung vorlag, hält der Generalbundesanwalt aber nach Kenntnisnahme der ergänzenden Revisionsbegründung an seinem Antrag auf Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO fest.
Wahl Rothfuß Cirener Radtke Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 4 2 9 / 1 3
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. März
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2013 im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1. bis 4. und 6. der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen einer Reihe von Betäubungsmittelstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte zwischen September 2009 und September 2010 bei vier Gelegenheiten in den Niederlanden jeweils ein knappes Kilo Marihuana (Wirkstoffgehalt 5%) und verbrachte es nach Deutschland. Den überwiegenden Teil verkaufte er jeweils gewinnbringend, den Rest verbrauchte er selbst (Taten 1 bis 4: jeweils Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Erwerb von Betäubungsmitteln ; Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und acht Monaten). Im Februar 2012 erwarb der Angeklagte in D. von einem nicht näher bezeichneten "Bo. " 100 Gramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 12,4%), von denen der überwiegende Teil zum gewinnbringenden Weiterverkauf und der Rest zum Eigenkonsum bestimmt waren (Tat 6: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln; Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten). Zwei Tage später erwarb der Angeklagte an seinem Wohnort von B. ein knappes Kilo Amphetamin (Wirkstoffgehalt 13,6%). Auch hier waren ein kleiner Teil zum Eigenkonsum und knapp 800 Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Mit einer Teilmenge von 110 Gramm wurde der Angeklagte danach auf dem Weg zu einem Abnehmer von der Polizei festgenommen. Er führte dabei eine Reizgasspraydose mit sich, um sich gegen etwaige ihn angreifende Personen wehren zu können (Tat 5: Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln; Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren). Im Anschluss an die Festnahme wurden Teile des Amphetamins aus Tat 5 sowie des Marihuanas aus Tat 6 in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt.
3
Der Angeklagte hat lediglich die Tat 5 durch eine von ihm bestätigte Verteidigererklärung eingeräumt. Er hatte sich insoweit bereits im Ermittlungsverfahren umfassend eingelassen und auch Angaben zu seinem Lieferanten gemacht. Zu den übrigen Taten hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung geschwiegen. Das Landgericht hat sich von den Taten 1 bis 4 durch andere Beweismittel und von der Tat 5 auch aufgrund von geständigen Angaben des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung überzeugt. Es hat allein bei der Strafzumessung für die Tat 5 den Strafrahmen gemäß § 31 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB verschoben.
4
II. Die Revision ist zum Schuldspruch unbegründet. Dieser wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Auch gegen die Einzelstrafe im Fall 5 ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Das Landgericht hat zu dieser Tat einen Aufklärungsbeitrag des Angeklagten festgestellt und von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 31 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht.
5
III. Der Ausspruch über die weiteren Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat es unterlassen zu prüfen, ob auch insoweit eine Strafrahmenverschiebung wegen geleisteter Aufklärungshilfe vorzunehmen ist. Eine solche kam für die Tat 6 nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG aF (dazu nachstehend 1.) und für die Taten 1 bis 4 nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB aF (dazu nachstehend 2.) in Betracht.
6
1. Nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung setzt die fakultative Strafmilderung voraus, dass der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Wird dem Angeklagten eine Mehrzahl von Taten vorgeworfen, so müssen die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe für jede dieser Taten gesondert geprüft werden (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 31 Rn. 63; vgl. auch BT-Drucks. 17/9695, S. 7 linke Spalte).
7
a) Dabei ist "die Tat" im Sinne von § 31 BtMG, zu der Aufklärungshilfe geleistet werden muss, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur der dem Angeklagten im einzelnen Strafverfahren vorgeworfene einheitliche geschichtliche Lebensvorgang. Der "eigenständige" - weil von § 264 StPO losgelöste - Tatbegriff im Sinne von § 31 BtMG umfasst vielmehr auch die Betäubungsmitteltaten anderer Personen, die als rechtlich selbständig zu werten und nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 1 unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien; Beschluss vom 2. November 1993 - 1 StR 602/93, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 2). Denn Zweck der Vorschrift ist gerade auch die Aufklärung strafrechtlich relevanten Verhaltens Dritter jenseits der dem "Kronzeugen" angelasteten Tat im prozessualen Sinne; es soll ein Anreiz zur Mithilfe bei der Aufklärung und Verfolgung auch anderer gewichtiger Betäubungsmitteldelikte geboten werden, weshalb auch diejenigen die Vergünstigung einer Strafmilderung erhalten sollen, die zur Aufdeckung weiterer Straftaten beitragen.
8
b) Zwischen der aufgedeckten Tat und den Taten des Angeklagten muss allerdings über den Wortlaut von § 31 BtMG in der zur Tatzeit geltenden Fassung hinausgehend ein Zusammenhang bestehen.
9
(1) Diese von der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO) seit jeher geforderte und seit dem 1. August 2013 auch von § 31 BtMG in der Fassung des 46. Strafrechtsänderungsgesetzes - Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe - vom 10. Juni 2013 (BGBl. I S. 1497) ausdrücklich vorgesehene Einschränkung soll sicherstellen, dass die Privilegierung des "Kronzeugen" mit dem Grundsatz schuldangemessenen Strafens (§ 46 StGB) dadurch in einem nachvollziehbaren Einklang steht, dass der Bezug zwischen der offenbarten Tat und der Tat des "Kronzeugen" geeignet ist, zumindest mittelbar das Maß des Vorwurfs zu reduzieren, der dem "Kronzeugen" für dessen eigene Tat zu machen ist (vgl. dazu die Begründung zur Beschränkung von § 46b StGB, BT-Drucks. 17/9695 S. 6).
10
(2) Ein solcher Zusammenhang, d.h. ein innerer und verbindender Bezug zwischen der eigenen und der offenbarten Tat (vgl. BT-Drucks. 17/9695 S. 8 rechte Spalte mwN) besteht, wenn der "Kronzeuge" das tatbestandliche Handeln eines Mittäters aufdeckt, wenn sich die aufgedeckte Tat als Teil einer fortgesetzten Handlung des Mittäters erweist, an der der "Kronzeuge" jedenfalls in anderen Handlungsabschnitten beteiligt war (BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO) oder wenn es sich um weitere Geschäfte eines Betäubungsmittellieferanten des "Kronzeugen" handelt (BGH, Beschluss vom 2. November 1993 - 1 StR 602/93, aaO). Er wird auch angenommen für weitere Taten eines Betäubungsmittelkuriers im Auftrag desselben Hintermannes (BGH, Beschluss vom 15. März 1995 - 3 StR 77/95, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Tat 3; Beschluss vom 5. August 2013 - 5 StR 327/13, StV 2013, 707) oder für den Fall, dass neben einer Vielzahl von Taten mit geleisteter Aufklärungshilfe bei zwei Taten der erforderliche Aufklärungserfolg nicht eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 10. April 2013 - 4 StR 90/13, StV 2013, 705, 706).
11
(3) Nach diesen Maßstäben besteht lediglich zwischen den Taten 5 und 6 der für die Anwendung von § 31 BtMG notwendige Zusammenhang. Der Angeklagte hat Teile des erworbenen Amphetamins aus der Tat 5 und die Reste des zwei Tage zuvor erworbenen Marihuanas aus der Tat 6 in seiner Wohnung aufbewahrt, wo sie von der Polizei im Anschluss an die Festnahme des Angeklagten sichergestellt wurden. Damit bilden die beiden Rauschgiftgeschäfte eine prozessuale Tat, was über die Anforderungen an den Zusammenhang sogar hinausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 608/90, aaO).
12
(4) Zwischen den Taten 1 bis 4 einerseits und der Tat 5 andererseits fehlt es hingegen an dem erforderlichen Zusammenhang. Die Taten 1 bis 4 lagen mehrere Jahre zurück, betrafen ein anderes Betäubungsmittel und eine andere Tatmodalität. Der allen Taten gleichermaßen innewohnende Umstand ist allein die Tatsache, dass der Angeklagte als Täter des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten ist. Das den Taten zugrundeliegende gleichartige Tatmotiv reicht für den Zusammenhang nicht aus, nachdem weder die Verkäufer noch die Abnehmer identisch waren (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 31 Rn. 43).
13
2. Hinsichtlich der Taten 1 bis 4 hätte das Landgericht indes erwägen müssen, ob der Strafrahmen unter Anwendung von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB aF zu mildern ist.
14
a) Die Anwendung der allgemeinen Kronzeugenregelung nach § 46b StGB ist durch die bereichsspezifische Kronzeugenregelung in § 31 BtMG nicht ausgeschlossen. Bei der Einführung von § 46b StGB hat der Gesetzgeber an der Sonderregelung des § 31 BtMG mit ihrem weiten, die einfache Drogenkriminalität erfassenden Anwendungsbereich festgehalten, weil sich diese be- währt und in der "Drogenszene" als mögliches "Ausstiegsinstrument" fest etabliert habe (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/6268 S. 16). Der Vorrang der Spezialregelung hindert nach den allgemeinen Grundsätzen indes nicht, auf die allgemeine Regelung zurückzugreifen, wenn deren Anwendung für den "Kronzeugen" im Einzelfall günstiger ist (vgl. BT-Drucks. 16/6268 S. 14).
15
b) Danach kommt hier die Anwendung der zur Tatzeit geltenden, weil für den Angeklagten günstigeren (§ 2 Abs. 3 StGB) Fassung von § 46b StGB in Betracht. Diese enthielt nicht die einschränkende Voraussetzung eines Zusammenhangs zwischen der offenbarten und der dem "Kronzeugen" zur Last liegenden Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2010 - 5 StR 182/10, BGHSt 55, 153, 154 f.). Vielmehr war es unter der Geltung des alten Rechtszustands ausreichend, dass sich die Aufklärungshilfe nur auf eine von mehreren, dem "Kronzeugen" zur Last liegenden Taten bezog (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Februar 2013 - 3 StR 8/13, NStZ-RR 2013, 203 und vom 17. September 2013 - 3 StR 209/13 juris Rn. 11).
16
3. Zur Aufklärung der Tat "über den eigenen Tatbeitrag hinaus" ist ein umfassendes Geständnis nicht erforderlich. Die Rechtsprechung hat insoweit ein nur teilweises Einräumen des eigenen Tatbeitrags für ausreichend (BGH, Urteil vom 28. November 1984 - 2 StR 608/84, BGHSt 33, 80; Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 4 StR 547/99, NStZ 2000, 433) und auch ein Leugnen des eigenen Tatbeitrags für die Annahme einer Aufklärungshilfe unschädlich erachtet (Beschluss vom 24. September 2002 - 3 StR 292/02, StraFo 2003, 145 [in einem nicht tragenden Hinweis] sowie Beschlüsse vom 14. April 2011 - 2 StR 34/11, StV 2011, 534 und vom 27. März 2012 - 3 StR 83/12, NStZ-RR 2012, 201 [jeweils für § 46b StGB aF]).
17
4. Über die fünf Einzelstrafen und die Gesamtstrafe muss deshalb erneut befunden werden. Der neue Tatrichter wird bei seiner Entscheidung, ob er von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB zu verschieben, die "aufklärungsspezifischen Kriterien" nach § 46b Abs. 2 Nr. 1 StGB und die "unrechts- und schuldspezifischen Kriterien" nach § 46b Abs. 2 Nr. 2 StGB abzuwägen haben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 426/12, StV 2013, 629, 630).
Becker Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 1 / 1 5
vom
31. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
31. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 21. August 2014, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Zumessung der Einzelstrafen in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des jeweiligen Strafrahmens, aus dem es die Strafen entnommen hat, den Strafmilderungsgrund der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Abs. 1 BtMG, den es dem Angeklagten in den Fällen II.1. und II.4. der Urteilsgründe zugebilligt hat, nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorgelegen hätten: Im Fall II.2. der Urteilsgründe habe der Angeklagte seine Gehilfentätigkeit im Ermittlungsverfahren bestritten; im Fall II.5. der Urteilsgründe komme eine Strafmilderung nicht in Betracht, weil seine Angaben nur die Fälle II.1. und II.4. der Urteilsgründe betroffen hätten.
3
Diese Erwägungen zur Versagung des Strafmilderungsgrunds erweisen sich als rechtsfehlerhaft. Soweit die Strafkammer im Fall II.5. der Urteilsgründe die Anwendung des § 31 Abs. 1 BtMG abgelehnt hat, hat sie nicht bedacht, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der aufgedeckten Tat und den Taten des Angeklagten auch dann bestehen kann, wenn sich die aufgedeckten Taten - wie hier die Fälle II.1. und II.4. der Urteilsgründe - als Teil einer Tatserie des Mitangeklagten darstellen, an welcher der die Aufklärungshilfe leistende Angeklagte jedenfalls in Teilabschnitten beteiligt war (BGH, Urteil vom 20. März 2014 - 3 StR 429/13, juris Rn. 10 mwN). Im Fall II.2. der Urteilsgründe durfte das Landgericht die Strafmilderung nicht mit dem Hinweis auf das Leugnen dieser Tat durch den Angeklagten verneinen, weil die Anwendung des § 31 Abs. 1 BtMG nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass ein Angeklagter seinen eigenen Tatbeitrag nur teilweise einräumt oder diesen gar bestreitet (BGH aaO, juris Rn. 16).
4
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben genannten Grundsätze in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe zur Anwendung jeweils eines milderen Strafrahmens gelangt wäreund - resultierend daraus - jeweils niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte. Da die Anwendung des § 31 BtMG eine - dem Tatrichter vorbehaltene - Ermessensentscheidung erfordert (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 31 Rn. 69 mwN), kann der Senat auch nicht nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO in der Sache selbst entscheiden.
5
2. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen und damit im Fall II.5. der Urteilsgründe der Einsatzstrafe bedingt die Aufhebung auch der Gesamtfreiheitsstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind von dem Rechtsfehler hingegen insgesamt nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bislang getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
Schäfer RiBGH Pfister befindet sich Mayer im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Gericke Spaniol

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Bei der Ermessensentscheidung nach § 31 Satz 1 BtMG sind
gemäß § 31 Satz 3 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 2 StGB
alle strafzumessungsrelevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen.
Die Gründe für ein Versäumen des Präklusionszeitpunktes
(§ 46b Abs. 3 StGB) sind ohne Bedeutung.
BGH, Urteil vom 25. September 2018 – 5 StR 251/18
LG Dresden –
ECLI:DE:BGH:2018:250918U5STR251.18.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 251/18
vom 25. September 2018 in der Strafsache gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

ECLI:DE:BGH:2018:250918U5STR251.18.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. September 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 16. Februar 2018 aufgehoben, soweit von Strafe abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen schuldig gesprochen. Von der Verhängung einer Strafe hat es nach § 31 BtMG abgesehen. Gegen die Absehensentscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer hierauf beschränkten Revision. Die getroffene Einziehungsentscheidung hat sie hingegen nicht angegriffen. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge im Wesentlichen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten A. im Zeitraum von Herbst 2015 bis Sommer 2016 gewinnbringend insgesamt anderthalb Kilogramm Marihuana , ein Kilogramm Crystal und 80 Gramm Kokain. Weitere, ebenfalls zum gemeinsamen Weiterverkauf bestimmte 498,3 Gramm Crystal wurden bei A. sichergestellt. Der Erlös aus den Betäubungsmittelgeschäften belief sich auf 60.580 Euro.
3
2. Die Entscheidung, wegen der vom Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG von Strafe abzusehen, hat das Landgericht auf folgende Feststellungen gestützt:
4
Nachdem der Angeklagte auf frischer Tat von der Polizei gestellt und verhaftet worden war, räumte er die abgeurteilten, den Strafverfolgungsbehörden bis dahin lediglich teilweise bekannten Taten umfassend ein. Zudem machte er detaillierte Angaben zu weiteren Tatbeteiligten und dem Lieferanten der tatgegenständlichen Betäubungsmittel. In der Folge offenbarte er Straftaten des in der örtlichen Drogenszene tätigen R. und benannte dessen Abnehmer. Kurz nach Eröffnung des Hauptverfahrens am 22. Januar 2018 gab er Wissen über eine weitere im Betäubungsmittelhandel verstrickte Gruppierung um die gesondert Verfolgten Ri. und K. preis.
5
Die Angaben des Angeklagten führten in Bezug auf die Tatbeteiligten sowie die Gruppe um R. zu Festnahmen, Anklagen und Verurteilungen in erster Instanz.

II.


6
Die Revision ist wirksam auf das Absehen von Strafe beschränkt.
7
1. Das Fehlen von Feststellungen zu den Wirkstoffmengen der verkauften Betäubungsmittel (Marihuana und Kokain) in den Fällen 1 bis 4 stellt die Trennbarkeit von Schuld- und Rechtsfolgenausspruch nicht in Frage. Denn Menge und Preis der verkauften Betäubungsmittel (mindestens je 200 Gramm Marihuana zum Preis von sieben Euro pro Gramm und mindestens je 20 Gramm Kokain zum Preis von 80 Euro pro Gramm) tragen die Feststellung, dass in allen Fällen der Grenzwert zur nicht geringen Menge überschritten war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2018 – 5 StR 622/17 Rn. 10; vom 16. Januar 2003 – 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434).
8
2. Die Einziehungsentscheidung und die – rechtlich bedenkliche – Nichtanordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages (§ 73c StGB) in Form des Erlöses aus den Betäubungsmittelverkäufen sind nicht vom Rechtsmittelangriff erfasst. Zwar wendet sich die Staatsanwaltschaft im Revisionsantrag ohne Einschränkung gegen den Rechtsfolgenausspruch. In den Ausführungen zur Begründung des Rechtsmittels hat sie aber deutlich gemacht, dass allein die Anwendung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG und das darauf beruhende Absehen von Strafe angegriffen werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2017 – 2 StR 47/17, NStZ-RR 2017, 201 mwN).

III.


9
Die Entscheidung des Landgerichts, von Strafe abzusehen, hält rechtlicher Überprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
10
1. Das angefochtene Urteil lässt schon nicht erkennen, dass die Strafkammer diese Entscheidung aufgrund der erforderlichen Gesamtwürdigung vorgenommen hat.
11
Gemäß § 31 Satz 3 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 2 StGB ist bei der Ermessensentscheidung nach § 31 Satz 1 BtMG die geleistete Aufklärungshilfe konkret zur Schwere der Straftat und der Schuld des Täters ins Verhältnis zu setzen. Dabei darf das Tatgericht nicht nur aufklärungsspezifische Kriterien in den Blick nehmen. Es sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalls abzuwägen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 426/12, StV 2013, 629, 630; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rn. 1056, 1793; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 31 Rn. 66 ff.).
12
Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Denn das Landgericht hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten und deren Auswirkungen für sein künftiges Leben darzustellen (UA S. 26 f.). Hingegen ist den Urteilsgründen namentlich nicht zu entnehmen, dass es die erhebliche einschlägige Vorstrafe des Angeklagten, die Tatbege- hung unter laufender Bewährung und den Umfang des teils mit „harten“ Drogen betriebenen Handels in die gebotene Abwägung einbezogen hat.
13
2. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nur insoweit zutreffend angenommen, als der Angeklagte weitere Beteiligte und seine Lieferanten belastet hat. Im Übrigen hat es bei der Beurteilung des Aufklärungserfolges im Sinne dieser Vorschrift einen rechtlich unzutreffenden Maßstab angelegt.
14
a) Betrifft das vom Täter offenbarte Wissen eine unter seiner Beteiligung begangene Tat, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung über die Aufdeckung des eigenen Tatbeitrags hinaus erstrecken (§ 31 Satz 2 BtMG). Das Landgericht hätte daher das Geständnis des Angeklagten hinsichtlich seiner eigenen Beiträge zu den Taten 1 bis 8 nicht als Aufklärungserfolg im Sinne von § 31 Satz 1 BtMG bewerten dürfen (vgl. auch Körner/Patzak/Volkmer, aaO Rn. 39).
15
b) Das Landgericht hat im Übrigen den nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG erforderlichen Zusammenhang zwischen der aufgedeckten und der dem Täter zur Last liegenden Tat zu weit ausgelegt. Der Zusammenhang in diesem Sinn setzt einen inneren und verbindenden Bezug zwischen der eigenen und der offenbarten Tat voraus. Eine derartige Konnexität ist weder hinsichtlich der Taten des gesondert Verfolgten R. noch hinsichtlich derjenigen der Gruppierung um die anderweitig Verfolgten Ri. und K. ersichtlich.
16
aa) Das Landgericht hat den Zusammenhang mit den Taten des gesondert Verfolgten R. und dessen Abnehmern mit der Begründung angenommen , diese seien zur gleichen Zeit wie der Angeklagte in das örtliche „Betäu- bungsmittelmilieu“ eingebunden gewesen (UA S. 23).Ein derartiges bloß örtliches und zeitliches Zusammentreffen offenbarter und eigener Straftaten genügt aber den zu stellenden Erfordernissen nicht; entsprechend liegt es für die langjährige persönliche Beziehung zwischen dem Angeklagten und R. (vgl. BT-Drucks. 17/9695, S. 9; Schäfer/Sander/van Gemmeren, aaO Rn. 1049a mwN).
17
bb) Eine Verknüpfung der Taten der Gruppierung um die anderweitig Verfolgten Ri. und K. mit den verfahrensgegenständlichen Verfehlungen des Angeklagten ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Sie liegt nach den Feststellungen fern, und zwar auch in zeitlicher Hinsicht. Die vom Angeklagten offenbarten Taten der Gruppierung betreffen den Zeitraum von Ende 2013 bis März 2014 (UA S. 19), wohingegen die abgeurteilten Taten zwischen Herbst 2015 und Sommer 2016 begangen wurden.
18
c) Darüber hinaus hat die Strafkammer die Offenbarungen betreffend die zuletzt genannte Tätergruppe für die Annahme des § 31 Satz 1 BtMG herangezogen , obwohl diese erst nach dem Eröffnungsbeschluss erfolgten und damit präkludiert waren (§ 31 Satz 3 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 3 StGB). Die Vorschriften über die Aufklärungshilfe kommen nur zur Anwendung, wenn der Täter sein Wissen rechtzeitig offenbart. Die Wahrung des Präklusionszeitpunkts stellt dabei schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine zwingende, nicht durch Auslegung korrigierbare Voraussetzung für die Anwendung des § 31 Satz 1 BtMG dar. Auch mit Sinn und Zweck der Präklusionsregelungen wäre es nicht vereinbar, wenn im Einzelfall geprüft werden müsste, auf welche Ursache eine Verspätung zurückzuführen ist. Dem Gericht soll nämlich ermöglicht werden, ermittlungsrelevante Angaben noch vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens überprüfen zu lassen und die Akten gegebenenfalls zum Zweck weiterer Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft zurückzusenden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2010 – 1 StR 538/10, StraFo 2011, 61), wobei maßgebend der Zeitpunktdes Eröffnungsbeschlusses und nicht dessen Zustellung ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2010 – 1 StR 538/10, aaO; vom 5. Oktober 2016 – 3 StR 311/16, NStZ 2017, 298).
19
Eine nicht fristgerechte Aufklärungshilfe kann mithin nur bei der allgemeinen Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, aaO Rn. 32). In diesem Rahmen kann es gewichtet werden, wenn – wie vom Landgericht hier angenommen – die Verspätung auf Umständen beruht, die nicht in die Verantwortungssphäre des Angeklagten fallen.
20
d) Die fehlerhafte Subsumtion der genannten Umstände unter § 31 Satz 1 BtMG legt nahe, dass der Ermessensentscheidung der Strafkammer eine unzutreffende Gewichtung der verschiedenen Aufklärungsbemühungen zugrunde liegt. Zwar sind bei der Ermessensentscheidung nach § 31 Satz 1 BtMG – ebenso wie bei der Milderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 2 StGB (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. Juli 2010 – 5 StR 84/10, NStZ-RR 2010, 305, 306 mwN) – gemäß § 31 Satz 3 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 2 Nr. 2 StGB alle strafzumessungsrelevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 426/12, StV 2013, 629, 630; Schäfer/Sander/van Gemmeren aaO Rn. 1057; Körner/Patzak/Volkmer aaO Rn. 66 ff.), so dass auch eine verspätete Aufklärungshilfe oder nicht unter § 31 Satz 1 BtMG fallende Aufklärungsbemühungen des Täters berücksichtigt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 – 3 StR 513/15). Sie sind aber regelmäßig mit niedrigerem Gewicht einzustellen als Aufklärungsbeiträge im Sinne des § 31 Satz 1 BtMG, auf die gemäß § 31 Satz 3 BtMG in Verbindung mit § 46b Abs. 2 Nr. 1 StGB besonderes Augenmerk („insbesondere“) zu legen ist.
21
3. Schließlich hat das Landgericht bei seiner Entscheidung einen nicht existenten Strafmilderungsgrund einbezogen. Die Strafkammer hat bei der Bestimmung der für die abgeurteilten Taten jeweils verwirkten Strafe die Einziehung von sichergestelltem Bargeld zugunsten des Angeklagten berücksichtigt (UA S. 25) und dabei verkannt, dass die Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB keinen Strafcharakter hat. Die mit ihrer Anordnung verbundene Vermögenseinbuße stellt daher keinen Strafmilderungsgrund dar (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 mwN) und muss somit bei der Strafzumessungsentscheidung außer Betracht bleiben.
22
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Ermessensentscheidung nach § 31 Satz 1 BtMG bei rechtsfehlerfreier Bewertung anders als geschehen ausgefallen wäre. Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da lediglich Wertungsfehler in Frage stehen, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den vom Angeklagten geleisteten Aufklärungsbeiträgen bestehen bleiben. Neue Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

IV.


23
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
24
1. Es werden in den Fällen 1 bis 4 – unter Umständen im Wege der Schätzung – Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der gehandelten Betäubungsmittel zu treffen sein. Denn hierauf kann für eine sachgerechte und schuldangemessene Bemessung der jeweils verwirkten Strafe regelmäßig nicht verzichtet werden (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2018 – 5 StR 622/17aaO; vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247 mwN).
2. Ein – ohnehin nur unter besonders hohen Anforderungen vertretba25 res – Absehen von Strafe nach § 31 Satz 1 BtMG setzt voraus, dass der Angeklagte keine Freiheitstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat. Liegen einem Angeklagten – wie hier – mehrere selbständige Taten zur Last, so muss unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgesichtspunkte für jede Tat gesondert
geprüft werden, ob die Strafgrenze überschritten wäre (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2014 – 3 StR 429/13, StV 2014, 619). Die Milderungsmöglichkeit nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG muss bei dieser Prüfung – was im angefochtenen Urteil womöglich verkannt worden ist (vgl. UA S. 25) – außer Acht bleiben (vgl. Weber , BtMG, 5. Aufl., § 31 Rn. 187).

Sander König RiBGH Dr. Berger ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander
Mosbacher RiBGH Köhler ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 1 / 1 5
vom
31. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
31. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 21. August 2014, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Zumessung der Einzelstrafen in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des jeweiligen Strafrahmens, aus dem es die Strafen entnommen hat, den Strafmilderungsgrund der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Abs. 1 BtMG, den es dem Angeklagten in den Fällen II.1. und II.4. der Urteilsgründe zugebilligt hat, nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorgelegen hätten: Im Fall II.2. der Urteilsgründe habe der Angeklagte seine Gehilfentätigkeit im Ermittlungsverfahren bestritten; im Fall II.5. der Urteilsgründe komme eine Strafmilderung nicht in Betracht, weil seine Angaben nur die Fälle II.1. und II.4. der Urteilsgründe betroffen hätten.
3
Diese Erwägungen zur Versagung des Strafmilderungsgrunds erweisen sich als rechtsfehlerhaft. Soweit die Strafkammer im Fall II.5. der Urteilsgründe die Anwendung des § 31 Abs. 1 BtMG abgelehnt hat, hat sie nicht bedacht, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der aufgedeckten Tat und den Taten des Angeklagten auch dann bestehen kann, wenn sich die aufgedeckten Taten - wie hier die Fälle II.1. und II.4. der Urteilsgründe - als Teil einer Tatserie des Mitangeklagten darstellen, an welcher der die Aufklärungshilfe leistende Angeklagte jedenfalls in Teilabschnitten beteiligt war (BGH, Urteil vom 20. März 2014 - 3 StR 429/13, juris Rn. 10 mwN). Im Fall II.2. der Urteilsgründe durfte das Landgericht die Strafmilderung nicht mit dem Hinweis auf das Leugnen dieser Tat durch den Angeklagten verneinen, weil die Anwendung des § 31 Abs. 1 BtMG nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass ein Angeklagter seinen eigenen Tatbeitrag nur teilweise einräumt oder diesen gar bestreitet (BGH aaO, juris Rn. 16).
4
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Beachtung der oben genannten Grundsätze in den Fällen II.2. und II.5. der Urteilsgründe zur Anwendung jeweils eines milderen Strafrahmens gelangt wäreund - resultierend daraus - jeweils niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte. Da die Anwendung des § 31 BtMG eine - dem Tatrichter vorbehaltene - Ermessensentscheidung erfordert (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 31 Rn. 69 mwN), kann der Senat auch nicht nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO in der Sache selbst entscheiden.
5
2. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen und damit im Fall II.5. der Urteilsgründe der Einsatzstrafe bedingt die Aufhebung auch der Gesamtfreiheitsstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind von dem Rechtsfehler hingegen insgesamt nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bislang getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
Schäfer RiBGH Pfister befindet sich Mayer im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Gericke Spaniol

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 403/19
vom
6. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2019:061119B4STR403.19.1

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. November 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 2. April 2019, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben , dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Münster vom 3. November 2017 und vom 25. September 2018 – unter Auflösung der in dem letztgenannten Urteil gebildeten Gesamtstrafe – zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, wobei von dieser Strafe zwei Monate als vollstreckt gelten. Darüber hinaus hat es ihn im Fall II. 6. der Urteilsgründe wegen eines weiteren Wohnungseinbruchdieb- stahls zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es die Einziehung von Wertersatz angeordnet, ein Tatmittel eingezogen und die in dem Urteil vom 25. September 2018 angeordnete „Fahrerlaubnissperre“ aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten; das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Anwendung des § 55 Abs. 1 StGB in dem angefochtenen Urteil begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Vor den beiden einbezogenen Vorverurteilungen wurde der Angeklagte am 14. März 2017, rechtskräftig seit dem 28. April 2017, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt; ferner wurde ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Das Landgericht teilt den Vollstreckungsstand dieser Entscheidung nicht mit. Daher kann der Senat nicht prüfen, ob die in dem Urteil des Amtsgerichts Münster vom 3. November 2017 abgeurteilten Taten aus den Jahren 2012 und 2013 mit dieser Vorverurteilung gesamtstrafenfähig sind. Käme dem Urteil vom 14. März 2017 insoweit Zäsurwirkung zu, wäre die Entscheidung vom 3. No- vember 2017 gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“; in der Folge wäre hier nur eine einheitliche nachträgliche Gesamtstrafe mit den drei Einzelstrafen aus der Verurteilung vom 25. September 2018 zu bilden. Von daher kann der Senat auch nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch den aufgezeigten Rechtsfehler beschwert ist.
3
2. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO zu verfahren; der Aufhebung zugehöriger Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nach § 462a Abs. 3 StPO zuständige Gericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels zukommt , wird die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen haben.
4
3. Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird vorsorglich auf Folgendes hingewiesen: Sollte die Geldstrafe aus der Entscheidung vom 14. März 2017 – das Fahrverbot ist erledigt – nach der Verurteilung vom 3. November 2017, aber vor dem zuletzt ergangenen Urteil vom 25. September 2018 bezahlt oder sonst erledigt sein, änderte dies nichts an der Zäsurwirkung der Entscheidung vom 14. März 2017. Denn im Zeitpunkt der Verurteilung des Angeklagten am 3. November 2017 zu der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe hätte die Gesamtstrafenlage bestanden; auch haben inzwischen nicht etwa sämtliche hierfür in Betracht zu ziehenden Strafen ihre vollständige Erledigung gefunden (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07; vom 27. März 2014 – 4 StR 574/13; vom 15. April 2014 – 3 StR 123/14; vom 8. Juni 2016 – 4 StR 73/16; vom 10. April 2019 – 4 StR 25/19; vom 8. Mai 2019 – 1 StR 144/19; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 55 Rn. 10).
Quentin Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke
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a) Sollte der neue Tatrichter im Fall III. 1. der Urteilsgründe erneut zu einer Verurteilung gelangen, wird er zu beachten haben, dass der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe mit der Strafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aus dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 29. Mai 2018 (Az.: StA Dort- mund 114 Js 522/17) entgegenstehen könnte, dass die dieser Verurteilung zugrunde liegende Tat am 28. März 2017 und damit vor dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 21. Juli 2017 begangen worden ist. Dies könnte zur Folge haben, dass diese Strafe und die am 29. Mai 2018 noch nicht erledigte Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 21. Juli 2017 gesamtstrafenfähig sind und diesem Urteil deshalb eine Zäsurwirkung zukommt. In diesem Fall bliebe die neu festzusetzende Einzelstrafe für die in der Zeit vom 30. Oktober 2017 bis zum 17. November 2017 begangene neue Tat (Fall III. 1. der Urteilsgründe) isoliert bestehen; eine Auflösung der vom Amtsgericht Dortmund am 29. Mai 2018 aus der Einzelstrafe für die von ihm abgeurteilte Tat vom 28. März 2017 und der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 21. Juli 2017 gebildeten nachträglichen Gesamtstrafe käme dann ebenso wenig in Betracht wie eine Einbeziehung einer dieser Gesamtstrafenbildung zugrunde liegenden Einzelstrafe.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.