Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 23. Okt. 2014 - 3 K 13.967

bei uns veröffentlicht am23.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung ... Die Beklagte hat Baumaßnahmen an der ... Straße vorgenommen. Die Beteiligten streiten um einen diesbezüglichen Straßenausbaubeitragsbescheid.

Das Grundstück Fl. Nr. ... grenzt nicht direkt an die ... Straße in W. an. Es liegt in zweiter Reihe, hinter dem Grundstück mit der Fl. Nr. ..., an der ... Straße. Das Grundstück Fl. Nr. ... steht ebenfalls im Eigentum des Klägers. Das Grundstück Fl. Nr. ... ist L-förmig geschnitten. Es liegt am Hang, ca. 8 m höher als die darunter liegende ... Straße. Das Grundstück Fl. Nr. ... grenzt an keine öffentliche Straße an. Es kann ausschließlich zu Fuß über eine innenliegende Treppe durch das Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. ... erreicht werden. Das Grundstück Fl. Nr. ... wird von dem Kläger und seiner Familie, die in dem Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. ... wohnen, als Garten genutzt. Auf dem Grundstück befinden sich eine Überdachung des Treppenzugangs, ein Hundezwinger sowie ein Gartenhaus mit einer Grundfläche von etwa 3,50 m x 2,60 m, das über keine Heizung, keinen Stromanschluss, keine Wasser- und Abwasserleitung sowie keine geschlossenen Fenster verfügt.

Mit Bescheid vom 27. August 2013 erhob die Beklagte für das Grundstück des Klägers Fl. Nr. ... einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.965,91 Euro für die Erneuerung der (Alten) ... Straße von Fl. Nr. ... bis zur Einmündung auf die Staatsstraße ... bei Fl. Nr. ...

Hiergegen ließ der Kläger am 26. September 2013 Klage erheben.

Er beantragte,

den Bescheid vom 27. August 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Kläger werde durch den Straßenausbau kein beitragsrechtlich relevanter Vorteil geboten. Mit dem Grundstück Fl. Nr. ... sei keine Grundstücksnutzung verbunden, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken könne. Das Grundstück sei nicht bebaubar, da dies wirtschaftlich unmöglich sei. Dies ergebe sich daraus, dass es nur unter Inkaufnahme von Mehrkosten in Höhe von ca. 50% im Verhältnis zum Aufwand für die Errichtung eines Gebäudes auf einem konventionellen und vor allem direkt erschlossenen Grundstück bebaut werden könne. Aus der Existenz des Gartenhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. ... könne nichts anderes hergeleitet werden. Wäre dessen Errichtung in einer Gemeinschaftsaktion zwischen Großvater und zwei Enkeln nicht als gemeinsame Freizeitveranstaltung bewertet worden, wäre es in hohem Maße unvernünftig und unwirtschaftlich gewesen, das Gartenhaus zu errichten. Zudem könne von einem tatsächlichen Zugang zu dem Grundstück nicht gesprochen werden, weil dieser nur möglich sei durch ein vorhandenes Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. ... und anschließend über eine Treppe, die einen Höhenunterschied von wenigstens 6 m zu überwinden habe bei einer Steigung von 45 Grad. Eine Zufahrtsmöglichkeit bestehe überhaupt nicht. Dementsprechend werde das Grundstück ausschließlich von den nächsten Familienangehörigen des Klägers und vom Kläger selbst als Garten genutzt. Diese begrenzte Gartennutzung sei allein deshalb möglich, weil die Bewohner des Grundstücks Fl. Nr. ... von diesem Grundstück aus das Grundstück Fl. Nr. ... zu Fuß erreichen könnten. Dies sei völlig unabhängig von der vor Fl. Nr. ... verlaufenden ... Straße. Ein Gartengrundstück habe regelmäßig keinen besonderen Vorteil im Sinne von § 2 der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten, zumal der Ertrag der Obstbäume auf dem Grundstück allein der Selbstversorgung des Klägers und seiner Familie diene und daher nicht über die... Straße transportiert werde.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Das Grundstück Fl. Nr. ... sei beitragspflichtig, da es aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der (Alten) ... Straße einen besonderen Vorteil ziehen könne. Es könne über die angelegte Treppe durch das bestehende Gebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. ..., das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehe, in einer beitragsrechtlich beachtlichen Weise genutzt werden. Es handele sich um ein gefangenes Hinterliegergrundstück, das seine Anbindung an das gemeindliche Straßennetz ausschließlich von der ... Straße her über das Anliegergrundstück Fl. Nr. ... erhalte. Das Grundstück Fl. Nr. ... sei auch bebaubar. Zum einen sei es mit einem größeren Gartenhaus bebaut und werde offensichtlich insgesamt als Garten für das Vorderhaus genutzt. Zum anderen könne auch ein Neubau auf dem Grundstück errichtet werden. Ob ein Eigentümer damit verbundene Mehrkosten in Kauf nehme, sei seine Sache. Aufgrund der Grundstücksabmessungen komme allerdings vermutlich nur eine Bebauung mit zwei Vollgeschossen (ein Geschoss + Dachgeschoss als Vollgeschoss) in Betracht. Deshalb sei von einem Nutzungsfaktor von 1,3 für zwei Vollgeschosse gemäß § 8 Abs. 2 i. V. m. Abs. 7 der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten auszugehen. Zudem setze das Bestehen eines besonderen Vorteils im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts zwar eine Grundstücksnutzung voraus, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit als Anlieger von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken könne. Dabei komme es - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - allerdings nicht darauf an, ob die Straße dem Grundstück die regelmäßige Erschließung vermittele, die für eine zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich sei. Vielmehr genüge im Straßenausbaubeitragsrecht die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit als solche, die im Grundsatz jeder sinnvollen und zulässigen, nicht nur der baulichen oder gewerblichen Nutzung zugute komme. Ob die ausgebaute Ortsstraße subjektiv als ein eigener Vorteil empfunden werde und ob an dieser Einrichtung wegen der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück Interesse bestehe, sei beitragsrechtlich unbeachtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Oktober 2014, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichts- und Behördenakten der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Straßenausbaubeitragsbescheid vom 27. August 2013 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i. d. F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl. S. 404), können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen i. S. d. Art. 46 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz i. d. F. d. Bek. vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch § 6 Gesetz vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 958).

Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind.

Voraussetzung für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist eine gültige Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG. Eine solche Regelung hat die Beklagte mit ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erweiterung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen in der Stadt W. (Ausbaubeitragssatzung - ABS) vom 10. Juli 2007, geändert mit Beschluss vom 3. November 2011, geschaffen. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind nicht ersichtlich; auch in materiell-rechtlicher Hinsicht liegen keine Fehler auf der Hand.

Auf der Grundlage dieser Satzung erweist sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig. Der von der Beklagten verlangte Ausbaubeitrag ist weder dem Grunde nach noch in der Höhe zu beanstanden.

Bei der ... Straße“ handelt es sich um eine eigenständige Erschließungsanlage, die im Süden auf Höhe des Grundstücks Fl. Nr. ... beginnt und im Norden an der Einmündung Staatsstraße ... auf Höhe des Grundstücks Fl. Nr. ... endet.

Der Kläger hat nicht in Frage gestellt, dass es sich bei den Baumaßnahmen an der ... Straße um eine beitragsfähige Straßenausbaumaßnahme i. S. einer Erneuerung gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG handelt. Auch die Höhe des beitragsfähigen Aufwands hat er nicht in Frage gestellt, ebenso wenig die Entscheidung der Beklagten, dass es sich bei der Anlage ... Straße“ um eine Anliegerstraße mit einer Kostenbeteiligung der Beklagten gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1.1 ABS in Höhe von 25% (Fahrbahn) bzw. 20% (Gehwege, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung) handelt.

Die Beklagte hat auch alle bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands zu berücksichtigenden Grundstücksflächen einbezogen. Fehler bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Grundstücksflächen sind nicht ersichtlich. Insbesondere gehört auch das klägerische Grundstück Fl. Nr. ... zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke.

Beitragspflichtig sind gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG i. V. m. § 2 ABS Grundstücke, die aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Einrichtungen einen besonderen Vorteil ziehen können. Dies trifft auf das Grundstück Fl. Nr. ... aus den folgenden Gründen zu:

Für den Sondervorteil im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, § 2 ABS sind zwei Merkmale entscheidend: Zum einen die spezifische Nähe des Grundstücks zu der ausgebauten Ortsstraße, wie sie bei Anliegergrundstücken und ihnen aus dem Blickwinkel einer rechtlich gesicherten Inanspruchnahmemöglichkeit gleichzustellenden Hinterliegergrundstücken gegeben ist, zum anderen eine Grundstücksnutzung, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, als Anlieger von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann. Den Eigentümern, bei denen beide Voraussetzungen vorliegen, kommt der Straßenausbau in einer Weise zugute, die sie aus dem Kreis der sonstigen Straßenbenutzer heraushebt und die Heranziehung zu einem Beitrag rechtfertigt (BayVGH, U. v. 10.7.2003 - 6 N 97.2148 - juris Rn. 27 ff.; U. v. 5.2.2007 - 6 BV 05.2153 - BayVBl. 2007, 597; U. v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189 - juris Rn. 20; B. v. 18.12.2012 - 6 CS 12.2550 - juris Rn. 9). Anders als im Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a Abs. 1 KAG i. V. m. § 127 ff. BauGB) kommt es nicht darauf an, ob die ausgebaute Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung vermittelt, die für eine zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist. Bei der Erhebung eines Straßenausbaubeitrags für eine vorhandene, lediglich erneuerte oder verbesserte Ortsstraße genügt zur Annahme eines Sondervorteils vielmehr bereits die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit als solche. Diese kommt im Grundsatz jeder sinnvollen und zulässigen, nicht nur der baulichen oder gewerblichen Nutzung zugute (BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 6 B 09.1957 - juris Rn. 18; U. v. 15.4.2010 - 6 B 08.1849 - juris Rn. 25; U. v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - juris Rn. 46; B. v. 18.12.2012 - 6 CS 12.2550 - juris Rn. 9).

Diese Anforderungen an einen Sondervorteil sind für das Grundstück des Klägers Fl. Nr. ... erfüllt. Das Grundstück liegt zwar nicht selbst an der ausgebauten ... Straße an. Es handelt sich jedoch um ein sog. gefangenes Hinterliegergrundstück, d. h. ein Hinterliegergrundstück, das ausschließlich über das vorgelagerte Anliegergrundstück eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz hat. Denn das Grundstück erhält seine Anbindung an das gemeindliche Straßennetz allein von der ... Straße mittels fußläufigen Zugangs über das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Anliegergrundstück Fl. Nr. ... und ist ansonsten ohne Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Der Zugang über das Anliegergrundstück Fl. Nr. ... ist auch hinreichend rechtlich gesichert, da das Grundstück Fl. Nr. ... ebenso wie das Hinterliegergrundstück Fl. Nr. ... im Eigentum des Klägers steht. Damit wird dem Hinterliegergrundstück Fl. Nr. ... über das Anliegergrundstück ein Sondervorteil i. S. d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, § 2 ABS vermittelt, so dass das Grundstück beitragspflichtig ist.

Dem steht die besondere Lage des Grundstücks nicht entgegen.

Das Grundstück Fl. Nr. ... ist aufgrund seiner gefangenen Hinterlieger- und Hanglage nur über eine durch das auf dem Grundstück Fl. Nr. ... stehende Gebäude führende Treppe zugänglich. Selbst wenn deshalb die Bebauung des Grundstücks mit mehr Aufwand als bei einem Grundstück ohne die besondere Hang- und Hinterliegerlage des Grundstücks Fl. Nr. ... verbunden ist, schließt dies das Vorliegen eines Sondervorteils für das Grundstück nicht aus. Denn der Sondervorteil i. S. d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, § 2 ABS liegt in der qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit, die im Grundsatz jeder sinnvollen und zulässigen, nicht nur der baulichen oder gewerblichen Nutzung zugute kommt (BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 6 B 09.1957 - juris Rn. 18; U. v. 15.4.2010 - 6 B 08.1849 - juris Rn. 25; U. v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - juris Rn. 46). Auf die Bebaubarkeit eines Grundstücks kommt es somit für die Frage, ob der Ausbau einer Einrichtung dem Grundstück einen Sondervorteil bietet, nicht an. Dass das Grundstück sinnvoll genutzt werden kann, zeigt gerade auch die tatsächliche Nutzung des Grundstücks durch den Kläger und seine Familie, die das Grundstück als Gartengrundstück nutzen. Dieser Nutzung kommt auch die Anbindung an die ... Straße über das Anliegergrundstück zugute, da über die ... Straße und das Anliegergrundstück z. B. für die Bewirtschaftung des Grundstücks Fl. Nr. ... benötigte Gegenstände zu dem Grundstück befördert werden können. Aus dem Vorbringen des Klägers, für eine Bebauung des Grundstücks mit einem Wohnhaus oder einem ähnlich großen Gebäude fielen im Vergleich zu einem Bau auf einem konventionellen Grundstück ohne die besondere Hang- und Hinterliegerlage des klägerischen Grundstücks Mehrkosten von mindestens 50% an, lässt sich daher nicht darauf schließen, dass das Grundstück überhaupt nicht aus Sicht eines „vernünftigen“ Eigentümers sinnvoll und mit zumutbarem finanziellen Aufwand in einer Weise sinnvoll genutzt werden kann, der die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße zugute kommt. Dies zeigt sich wie bereits ausgeführt gerade auch in der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks durch den Kläger. Ob die ausgebaute Ortsstraße subjektiv als ein eigener Vorteil empfunden wird und ob an dieser Einrichtung wegen der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück Interesse besteht, ist beitragsrechtlich unbeachtlich (BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 6 B 09.1957 - juris Rn. 21).

Dass das Grundstück nur zu Fuß zugänglich ist, steht der Annahme eines Sondervorteils ebenfalls nicht entgegen. Den durch Erhebung eines Beitrags auszugleichenden Sondervorteil, eine Straße vom eigenen Grundstück aus und nicht nur als Teilnehmer am allgemeinen Verkehr in Anspruch nehmen zu können, von der Art der Erreichbarkeit des Grundstücks abhängig zu machen, ist ein Gedanke des Erschließungsbeitragsrechts. Er folgt aus der engen Verbindung dieses Rechtsbereichs mit dem Bebauungsrecht. Die nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnende erstmalige Herstellung von Anbaustraßen hat zum Ziel, die an der Straße liegenden Grundstücke hinsichtlich der verkehrsmäßigen Anbindung bebaubar oder in beitragsrechtlich vergleichbarer Weise nutzbar zu machen (Art. 5a Abs. 1 KAG i. V. m. § 129 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB). Dementsprechend hängt die Antwort auf die Frage, ob ein Grundstück erschlossen ist, wesentlich von dessen bebauungsrechtlichem Erschlossensein ab. Dem Straßenausbaubeitragsrecht ist dagegen, wie Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG zeigt, eine Koppelung zwischen der Qualität der Erreichbarkeit des Grundstücks und dessen baulicher Ausnutzbarkeit fremd. Im Rechtsbereich der Beitragserhebung für eine vorhandene, lediglich erneuerte oder verbesserte Ortsstraße reicht es zur Annahme eines auszugleichenden Sondervorteils aus, dass die Straße in qualifizierter Weise, nämlich vom eigenen Grundstück aus, in Anspruch genommen werden und das Grundstück in einer Weise genutzt werden kann, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann (BayVGH, U. v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189 - juris Rn. 19 f.). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Dass das auf dem Anliegergrundstück Fl. Nr. ... stehende Gebäude die Zufahrt zu dem Grundstück Fl. Nr. ... hindert, schließt nicht aus, das Grundstück überhaupt betreten zu können. Im Übrigen sind Zugangs- oder Zufahrtshindernisse auf dem Anliegergrundstück, die der Grundstückseigentümer oder sein Rechtsvorgänger selbst „aus freien Stücken“ errichtet hat, wie insbesondere Gebäude oder Mauern, nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unbeachtlich (BayVGH, U. v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189 - juris Rn. 21; U. v. 8.3.2010 - 6 B 09.1957 - juris Rn. 20). Sie können eine Herausnahme des Grundstücks aus der Beitragspflicht, die zum Nachteil der übrigen Anliegergrundstücke gehen würde, nicht rechtfertigen. Das gilt - anders als bei natürlichen Hindernissen auf dem Anliegergrundstück - auch dann, wenn sich die Beseitigung eines solchen selbst geschaffenen Hindernisses im Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen, der sich mit der (Wieder-)Herstellung der Inanspruchnahmemöglichkeit erzielen lässt, als vergleichsweise kostspielig und deshalb unwirtschaftlich erweist (BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 6 B 09.1957 - juris Rn. 20). Denn es kann nicht im Belieben des Eigentümers stehen, sein Grundstück gegenüber der Straße zu „verschließen“ (BayVGH, U. v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189 - juris Rn. 21).

Das somit beitragspflichtige Grundstück Fl. Nr. ... wurde auch zu Recht zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.965,91 Euro herangezogen. Dies ergibt sich aus § 8 ABS. Nach § 8 Abs. 2 ABS berechnet sich die beitragspflichtige Fläche des Grundstücks nach der Grundstücksfläche, vervielfacht mit einem Nutzungsfaktor. Als in diese Berechnung einzusetzende Grundstücksfläche gilt hier gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 4.1 ABS die Gesamtfläche des Grundstücks, da kein Bebauungsplan besteht und das Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Nicht anwendbar ist dagegen § 8 Abs. 3 Nr. 5 ABS, da das Grundstück nicht in die dort genannte Gruppe von Grundstücksarten fällt. In Ermangelung eines Bebauungsplans bestimmt sich der Nutzungsfaktor nach § 8 Abs. 7 ABS. Diese Vorschrift differenziert zwischen bebauten Grundstücken und unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken. Bei bebauten Grundstücken ist nach § 8 Abs. 7 Nr. 1 ABS für die Bestimmung des Nutzungsfaktors die Höchstzahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse maßgebend. Bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken ist dagegen nach Nr. 2 der Vorschrift die Zahl der auf den Grundstücken in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend. Hier findet § 8 Abs. 7 Nr. 2 ABS Anwendung. Weder die Überdachung des Treppenzugangs, noch der Hundezwinger, noch das Gartenhaus auf dem Grundstück Fl. Nr. ... stellen eine Bebauung im Sinne der vorgenannten Vorschrift dar. Der Nutzungsfaktor dient dazu, die wahrscheinliche Inanspruchnahme der ausgebauten Straße von einem bestimmten Grundstück aus (typisierend) widerzuspiegeln. Auf diese Weise soll der Sondervorteil, der dem Grundstück durch die ausgebaute Straße vermittelt wird, bestimmt werden. Eine Bebauung i. S. d. § 8 Abs. 7 ABS liegt daher nur dann vor, wenn diese einen Verfestigungsgrad erreicht, der einen verlässlichen Schluss auf die wahrscheinliche Inanspruchnahme der ausgebauten Straße von dem Grundstück aus gewährleistet. Dies trifft auf die hier gegebenen Objekte nicht zu. Insbesondere stellt auch das Gartenhaus keine Bebauung i. S. d. § 8 Abs. 7 ABS dar. Das Gartenhaus verfügt nur über eine kleine Grundfläche von etwa 3,50 m x 2,60 m, hat keine Heizung, keinen Stromanschluss, keine Wasserzuleitung und keine Abwasserableitung. Trotz seiner für ein Gartenhaus verhältnismäßig massiven Bauart ist es nicht geschlossen. Nach den Angaben des Klägers kann es nur bei gutem Wetter als Gartenhaus genutzt werden. Daher ist es nicht mit Wohn- oder Betriebsgebäuden vergleichbar, auf die die vorgenannten Satzungsregeln hinsichtlich der vorhandenen Bebauung und der sich daraus ergebenden Vollgeschosszahl grundsätzlich zugeschnitten sind. Daraus folgt, dass sich der Nutzungsfaktor im vorliegenden Fall nach § 8 Abs. 2 i. V. m. Abs. 7 Nr. 2 ABS bestimmt. Maßgebend ist somit die Zahl der auf den Grundstücken in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse. Die Nachbargrundstücke sind mindestens zweigeschossig bebaut. Anzusetzender Nutzungsfaktor ist daher, wie von der Beklagten zutreffend ermittelt, ein Nutzungsfaktor von 1,3. Unter Zugrundelegung dieses Nutzungsfaktors, der Grundstücksfläche des Grundstücks Fl. Nr. ... sowie dem von der Beklagten, soweit ersichtlich, zutreffend ermittelten Aufwand für die Baumaßnahmen errechnet sich ein Beitrag für das Grundstück Fl. Nr. ... von 6.965,91 Euro.

Auf dieser Grundlage erweist sich der angefochtene Beitragsbescheid als rechtmäßig. Er verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 23. Okt. 2014 - 3 K 13.967 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Baugesetzbuch - BBauG | § 133 Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht


(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht f

Baugesetzbuch - BBauG | § 129 Beitragsfähiger Erschließungsaufwand


(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlich

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.