Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 13. Juni 2019 - W 8 S 19.50543

bei uns veröffentlicht am13.06.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste am 7. Mai 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte ein Asylgesuch und stellte am 15. Mai 2019 einen förmlichen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 22. Mai 2019 erklärten die schweizerischen Behörden mit Schreiben vom 5. Juni 2019 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung in die Schweiz wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 21 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Am 12. Juni 2019 erhob der Antragsteller im Verfahren W 8 K 19.50542 zu Protokoll der Urkundsbeamtin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Verfahren:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Zur Begründung verwies der Antragsteller auf seine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und brachte im Wesentlichen weiter vor: Er könne unter keinen Umständen in die Schweiz zurückkehren. Obwohl er alle Unterlagen beigebracht und alles gesagt habe, sei er abgelehnt worden. Er verstehe nicht, warum er wieder dorthin solle. Es würde sich nichts ändern. Es würden wieder dieselben Personen über ihn negativ entscheiden. Er wolle, dass über seinen Antrag im nationalen Verfahren in Deutschland entschieden werde, da er kein Vertrauen mehr in die Schweiz und die dortigen Abläufe habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 18.50542) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 5. Juni 2019 begehrt.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO - betreffend die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids - ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 5. Juni 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.

Die Schweiz ist gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig (vgl. § 34a, § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG). Die Schweizer Behörden haben ausdrücklich ihre dahingehende Zuständigkeit bejaht.

Die Schweiz nimmt - obwohl sie kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (insoweit ist die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unscharf) - an den Regelungen der Dublin-Verordnungen teil (vgl. Abkommen v. 26.10.2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrages sowie Notenaustausch vom 14.8.2013 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Dublin III-VO zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist). Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 des Abkommens wendet die Schweiz die Dublin-Verordnungen in ihren Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an und umgekehrt. Bezugnahmen auf die Mitgliedsstaaten schließen die Schweiz ein, Art. 1 Abs. 5 des Abkommens (vgl. VG Arnsberg, U.v. 5.10.2018 - 12 K 10049/17.A - juris; VG Greifswald, B.v.6.12.2017 - 6 B 2236/17 As HGW - juris; OVG Berlin-BBG, U.v. 22.1.2016 - OVG 3 B 2.16 - Asylmagazin 2017, 115).

Die Überstellung in die Schweiz ist auch nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a AsylG). Außergewöhnliche Umstände die möglicherweise für einen Selbsteintritt gemäß § 3 Abs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend weder substanziiert vorgebracht noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. OGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u.a. - NVWZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das Asylsystem der Schweiz an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt wären.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im Asylsystem der Schweiz, zumal der Kläger dahingehend nicht Substanziiertes vorgebracht hat. Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in der Schweiz keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung und finanzielle Unterstützung, sofern sie bedürftig sind (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Schweiz, v. 16.11.2017, S. 8 ff.). Die Schweiz beachtet die Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Insofern besteht kein Anlass zu zweifeln, dass die Schweiz die rechtlichen Vorgaben einhält (vgl. m.w.N. VG Lüneburg, B.v. 1.3.2019 - 8 B 44/19 - juris; VG Würzburg, B.v. 1.3.2019 - W 8 S 19.50160 - juris; U.v. 16.1.2018 - W 8 K 17.50655 - juris; B.v. 9.11.2017 - W 4 S 17.50715; VG Düsseldorf, B.v. 21.1.2019 - 22 L 3215/18.A - juris; B.v. 20.3.2018 - 22 L 79/18.A - juris; VG Leipzig, U.v. 19.9.2018 - 6 K 445/18.A - juris; VG München, B.v. 12.7.2018 - M 18 S 18.51044 - juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 4.1.2018 - 6a L 3589/17.A - juris; B.v. 22.11.2017 - 6a L 3327/17.A - juris; VG Greifswald, B.v. 6.12.2017 - 6 B 2236/17 As HGW - juris). Der Umstand, dass das Schweizer Recht keinen förmlichen Schutzstatus wie den subsidiären Schutz ausdrücklich kodifiziert enthält, führt nach dem Vorstehenden zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass hier beim Antragsteller Gründe für die Gewährung internationalen Schutzes vorlägen, die nach Schweizer Recht nicht zu einer Schutzgewährung führen würden, obwohl sie nach europäischem Unionsrecht vom subsidiären Schutz erfasst wären (siehe näher VG Düsseldorf, B.v. 21.1.2019 - 22 L 3215/18.A - juris).

Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft keinen Gebrauch von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin III-VO gemacht hat.

Das Vorbringen des Antragstellers, er habe kein Vertrauen mehr in die Schweiz und die dortigen Abläufe, sein Antrag sei abgelehnt worden, obwohl er alle Unterlagen beigebracht und alles gesagt habe, bei einer Rückkehr würde wieder negativ entschieden werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn auch die Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers in der Schweiz, verbunden mit einer ihm möglicherweise drohenden Abschiebung in sein Heimatland, führt nicht zu einer Zuständigkeit der Antragsgegnerin verbunden mit einer nochmaligen Prüfung seines Schutzbegehrens in Deutschland (vgl. VG Lüneburg, B.v. 1.3.2019 - 8 B 44/19 - juris m.w.N.). Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid schon zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem Antragsteller freistehe, einen Folgeantrag in der Schweiz zu stellen. Nach der Systematik der Dublin-Regelung sei davon auszugehen, dass die Schweiz der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Prüfung des Asylbegehrens nachkomme. Dass bestandskräftig abgelehnte Asylbewerber mit ihrer Abschiebung in ihr Heimatland zu rechnen hätten, sei kein hier relevanter Mangel des Asylverfahrens und auch im Übrigen nicht menschenrechtswidrig. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in der Schweiz ein rechtstaatliches Erst- und gegebenenfalls auch Folgeverfahren durchgeführt wird. Der Asylbewerber hat insbesondere kein Wahlrecht, sich den Mitgliedsstaat auszusuchen, in dem er sich bessere Chancen oder angenehmere Aufenthaltsbedingungen erhofft. Relevant sind allein die Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates nach der Dublin III-VO, nach denen die vom Antragsteller genannten Gründe keine Rolle spielen.

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich.

Im Ergebnis hat der Antragsteller keinen Anspruch, dass die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung vorläufig ausgesetzt wird.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger ist algerischer Staatsangehöriger, der sich im Wesentlichen aus gesundheitlichen Gründen gegen eine Dublin-Entscheidung des Bundesamtes für ... mit Abschiebungsanordnung in die Schweiz wendet.

Nach den Erkenntnissen der Beklagten lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Wiederaufnahmeersuchen vom 15. September 2017 erklärten die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 25. September 2017 ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 2017 ordnete die Beklagte die Abschiebung des Klägers in die Schweiz an (Nr. 1). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf achtzehn Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 2).

Am 18. Oktober erhob der Kläger Klage und beantragte,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten (Gesch.Z. 7212976-221) vom 4. Oktober 2017, zugestellt am 11. Oktober 2017, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren fortzuführen und das Vorliegen der Voraussetzungen für Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz festzustellen.

Eine Klagebegründung wurde trotz Ankündigung nicht eingereicht.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2017,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 4. Januar 2018 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Die Beteiligten erklärten jeweils ihr Einverständnis, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Vorbringen der Klägerseite führt zu keiner anderen Beurteilung, zumal der Kläger entgegen seiner Ankündigung seine Klage bislang nicht begründet hat.

Ergänzend wird angemerkt:

Die Schweiz ist gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO zuständig für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Die Schweizer Behörden haben ausdrücklich ihre dahingehende Zuständigkeit bejaht.

Die Schweiz nimmt – obwohl sie kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (insoweit ist die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid fehlerhaft) – an den Regelungen der Dublin-Verordnungen teil (vgl. Abkommen v. 26.10.2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrages sowie Notenaustausch vom 14.8.2013 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Dublin III-VO zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist). Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 des Abkommens wendet die Schweiz die Dublin-Verordnungen in ihren Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an und umgekehrt. Bezugnahmen auf die Mitgliedsstaaten schließen die Schweiz ein, Art. 1 Abs. 5 des Abkommens (vgl. VG Greifswald, B.v.6.12.2017 – 6 B 2236/17 As HGW – juris; OVG Berlin-BBG, U.v. 22.1.2016 – OVG 3 B 2.16 – Asylmagazin 2017, 115).

Die Überstellung in die Schweiz ist auch nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34 a AsylG). Außergewöhnliche Umstände die möglicherweise für einen Selbsteintritt gemäß § 3 Abs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend weder substanziiert vorgebracht noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. OGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. – NVWZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das Asylsystem der Schweiz an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt wären.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im Asylsystem der Schweiz, zumal der Kläger dahingehend nicht Substanziiertes vorgebracht hat. Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in der Schweiz keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung und finanzielle Unterstützung, sofern sie bedürftig sind (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Schweiz, v. 16.11.2017, S. 8 ff.). Die Schweiz beachtet die Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Insofern besteht kein Anlass zu zweifeln, dass die Schweiz die rechtlichen Vorgaben nicht einhält (vgl. m.w.N. VG Greifswald, B.v.6.12.2017 – 6 B 2236/17 As HGW – juris; VG Gelsenkirchen, B.v.22.11.2017 – 6a L 3327/17.A – juris; VG Würzburg, B.v. 9.11.2017 – W 4 S 17.50715).

Des Weiteren sind auch so keine Anhaltspunkte ersichtlich, die sonst einer Überstellung in die Schweiz entgegenstünden (vgl. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG). Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich – vorgebracht wurden zuletzt psychische Probleme (persönliche Schizophrenie) –, die in der Schweiz nicht behandelt bzw. nicht weiterbehandelt werden könnten. Ärztliche Atteste wurden keine vorgelegt, geschweige denn qualifizierte ärztliche Bescheinigungen im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG. Die medizinische Versorgung in der Schweiz deckt auch psychische Erkrankungen sowie die Behandlung durch einen Psychiater ab (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Schweiz, v. 16.11.2017, S. 11).

Schließlich bestehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse, die die Beklagte selbst zu berücksichtigten hätte. Insbesondere eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde vom Kläger nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich .

Die Entscheidung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in vertretbarer Weise ermessensfehlerfrei die Befristung des Einreiseverbotes auf 18 Monate festgesetzt, da es sich um eine wiederholte Befristung handelt. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen werden (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I.    aus I1.     wird abgelehnt.

Der Eilantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) angedrohte Abschiebung in die Schweiz im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.

Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige und am ... geboren. Die Antragstellerin reiste am ... in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am ... ein Asylgesuch und stellte am ... einen förmlichen Asylantrag.

Aufgrund einer Eurodac-Recherche vom ... ermittelte das Bundesamt Treffer für Italien der Kategorie 2 vom 25. Oktober 2016 und einen Treffer für die Schweiz der Kategorie 1 vom 14. November 2017.

Am ... erfolgte die Anhörung der Antragstellerin zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, sowie am ... die Anhörungen gemäß § 25 AsylG und zur Zulässigkeit des Asylantrages. Die Antragstellerin führte insbesondere aus, dass sie ihr Heimatland im April bzw. Juni 2016 verlassen habe und am 25. Oktober 2016 in Italien angekommen sei. Sie habe dort ein Jahr gelebt. Die ersten vier Monate habe sie in einem Camp verbracht. Eine ihr unbekannte Frau habe sie mit Versprechungen dazu gebracht, von Nigeria nach Italien zu reisen. Nachdem die Frau in Italien sie und ihre Eltern mit dem Tod bedroht habe, sei sie aus dem italienischen Camp weggegangen. Sie habe sich dann von Januar bis März 2017 prostituiert, um ihre Reisekostenschuld in Höhe von 35.000 € abzuarbeiten. Anschließend sei sie zu ihrem Mann nach Bologna geflüchtet. Seitdem habe sie keinen Kontakt mehr zu den Frauen gehabt. Im September 2017 sei sie dann aus Italien ausgereist. Am 14. November 2017 sei sie in der Schweiz gezwungen worden, gegen ihren Willen einen Asylantrag zu stellen. Sie habe dort eine Anhörung im Asylverfahren gehabt, jedoch keine Entscheidung erhalten. Am ... sei sie nach Deutschland weiter gereist. Die Antragstellerin gab an, dass sie ihren Ehemann in Nigeria 2012 geheiratet habe. Seine Ausreise im Jahr 2012 sei nicht geplant gewesen, sondern es habe ein Vorfall gegeben. Hinsichtlich der weiteren Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.

Das Bundesamt stellte am ... ein Aufnahmegesuch nach Art. 18 Absatz 1 Buchst. b Dublin-III-VO an die Schweiz. Mit Schreiben der schweizerischen Dublin-Behörde vom ... stimmte diese einer Wiederaufnahme der Antragstellerin zu.

Mit Bescheid vom ..., zugestellt am ..., lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2 des Bescheids), ordnete die Abschiebung in die Schweiz an (Nr. 3 des Bescheids) und befristet das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 9 Monate (Nr. 4 des Bescheids). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin erhob am 12. April 2018 Klage zur Niederschrift beim Verwaltungsgericht München und beantragte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... aufzuheben (Verfahren M 18 K 18.51043).

Zudem beantragte sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung nahm die Antragstellerin Bezug auf ihre Angaben beim Bundesamt.

Das Bundesamt legte die Behördenakte elektronisch vor, eine Antragstellung unterblieb.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 18 K 18.51043) sowie auf die Behördenakte im Verfahren der Antragstellerin wie des traditionell angeheirateten Ehemannes (Az. …*) Bezug genommen.

II.

Der gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage ist unbegründet, da die Hauptsacheklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Entfaltet ein Rechtsbehelf gegen die Klage - wie hier - von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Gemäß der §§ 34a Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Die Schweiz ist nach summarischer Prüfung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. den Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin-III-VO) zuständiger Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers. Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Gemäß Art. 13 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO ist derjenige Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in dem sich der Antragsteller zuletzt vor der Antragstellung aufgehalten hatte, wenn die Zuständigkeiten aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin-III-Verordnung nicht (mehr) zutreffen. Ausgehend vom Vortrag des Antragstellers und nach dem EURODAC-Treffer der Kategorie 2 reiste die Antragstellerin im Oktober 2016 getrennt von ihrem Ehemann in Italien ein und stellte am 14. November 2017 einen Asylantrag in der Schweiz. Das Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland wurde fristgerecht am 23. März 2018 gestellt (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-Verordnung). Die schweizerischen Behörden akzeptierten eine Überstellung gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO).

Die Zuständigkeit ist nach summarischer Prüfung auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung in die Schweiz nicht an Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO scheitern würde. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechte-Charta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für der Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GrC) ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - a.a.O.).

Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin im Falle einer Abschiebung in die Schweiz infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GrC ausgesetzt wäre.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art.17 Dublin-III-VO notwendig machen, sind nicht ersichtlich.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine Abschiebung in die Schweiz nicht gemäß § 34a Abs. 1 AsylG durchgeführt werden kann.

Nach summarischer Prüfung der Hauptsache ist eine Überstellung auch nicht wegen des Vorliegens eines Abschiebeverbots nach § 60 Absätze 5 und 7 AufenthaltsG undurchführbar.

Ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK ist nicht ersichtlich. Zwar geht das Gericht nach summarischer Prüfung davon aus, dass traditionell geschlossene Ehen im Herkunftsstaat, soweit sie in diesem als wirksam erachtet werden, durchaus zur Eigenschaft als Familienangehöriger nach Art. 2 lit. g Dublin-III-Verordnung führt. Unter welchen Voraussetzungen eine wirksame und anzuerkennende Eheschließung im Sinne von Art. 2 lit. g Dublin-III-Verordnung angenommen wird, ist in der Verordnung nicht genauer festgelegt, eine europarechtliche Auslegung des Ehebegriffes durch den EUGH nach summarischer Prüfung noch nicht erfolgt. Um Wertungswidersprüche innerhalb des europäischen Rechtssystems zu vermeiden, ist anzunehmen, dass im Rahmen der europäischen Asylpolitik ein einheitlicher Ehebegriff sowohl für die Dublin-III-Verordnung als auch im Rahmen der Richtlinien, die die materielle Prüfung von Asylanträgen in den verschiedenen Mitgliedsstaaten harmonisieren sollen, anzuwenden ist. Eine mit Art. 2 lit. g Dublin-III-Verordnung gleichlautende Vorschrift findet sich in Art. 2 lit. j erster Spiegelstrich der Richtlinie 2011/95/EG. Relevant wird diese Definition für Art. 23 der Richtlinie, der das deutsche Recht aus § 26 AsylG (Familienasyl) europarechtlich überformt. Nach summarischer Prüfung könnte daher zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen darauf abzustellen sein, ob die Eheschließung nach § 26 AsylG anerkannt werden müsste. Nach dieser Vorschrift bemisst sich die Gültigkeit einer Eheschließung nach dem Recht des Herkunftsstaates (vgl. Art. 13 Abs. 1 EGBGB; BeckOK Ausländerreicht, 18. Edition, zu § 26 Rn. 8). In Nigeria werden traditionell geschlossene Ehen nach summarischer Prüfung im gesamten Staatsgebiet staatlich anerkannt und können (nach-)beurkundet werden (EASO COI Report Nigeria - Country on Focus, Juni 2017, S. 41f.).

Der Vortrag der Antragstellerin, eine traditionelle Ehe mit F.S. bereits 2012 in Nigeria geschlossen zu haben, ist jedoch nicht glaubhaft gemacht worden.

Die Antragstellerin ist mit ihrem Ehemann F.S. (Az: …*) gemeinsam in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sie habe diesen bereits im Jahr 2012 in Nigeria traditionell geheiratet. Sie seien alte Jugendfreunde und kennen sich schon sehr lange. Aus der Bundesamtakte von F.S. ergeben sich hierzu, außer dem Vortrag traditionell mit der Antragstellerin verheiratet zu sein, keine weiteren Hinweise. Bei den Anhörungen gaben die Antragstellerin sowie F.S. jedoch durchwegs unterschiedliche Adressen im Heimatland an. So lebte die Antragstellerin nach der einen Angabe offiziell in Ada/Abia State/Nigeria bei ihrer Mutter, habe jedoch zuletzt mit ihrer Schwester in Rumokoro City in einem Einzimmerappartement zur Miete gewohnt. Später in derselben Anhörung erklärte die Antragstellerin, zuletzt bei ihrer Mutter gewohnt zu haben, jedoch häufig bei einer Freundin in Runmokoro City gelebt zu haben. Die Antragstellerin sei im Juni 2016 wegen falscher Versprechungen einer Menschenhändlerin zusammen mit Freundinnen nach Europa aufgebrochen. F.S. erklärte, dass er in Lagos gelebt habe, bis er 2012 aufgrund eines Unfalls bei dem er ein kleines Kind im Straßenverkehr getötet habe, nach Ibadan geflohen sei. Dort habe er gelebt bis er Anfang 2015 nach Europa gereist sei.

Es ist mithin nicht substantiiert vorgetragen, wo und wie die Antragstellerin ihren Partner kennengelernt hatte, wo die Hochzeit stattfand und es fand mangels örtlicher Übereinstimmung der Angaben kein gemeinschaftliches Leben in Nigeria statt. Es ergeben sich vielmehr erhebliche Zweifel an einer Heirat und an einem gemeinsamen Familienleben in Nigeria. Die Antragstellerin gab selbst an, dass F.S. Nigeria bereits 2012 nach dem Vorfall mit dem Motorrad verlassen habe. Es erscheint fraglich, warum F.S. bei seiner Flucht nach Ibadan seine Ehefrau nicht mitgenommen haben soll.

Die Antragstellerin reist am ... in Italien ein und sei nach ihrer eigenen Aussage (bei unterschiedlichen Zeitangaben) wohl im März 2017 aus der Prostitution zu ihrem Ehemann nach Bologna geflohen. Wo und wie sie wieder Kontakt zu F.S. aufbauen habe können bzw. warum sie sich gegen ihren Willen mehrere Monate zwangsprostituierte, anstatt sofort nach der Einreise zu ihrem Mann zu reisen, ist nicht dargelegt. Im Gegenteil erklärte die Antragstellerin in der Anhörung, dass sie ein „netter Kunde“ dazu überredet habe, aus der Prostitution zu fliehen. Deshalb sei sie nach Deutschland gereist. F.S. reiste bereits am ... in Italien ein und war nach eigenen Angaben bis August 2017 in Österreich, bevor er wieder nach Italien überstellt worden sei. Erst bei Einreise in die Schweiz im November 2017 ergeben sich auf Basis von Eurodac-Treffern gesichert gemeinsame Reisen der Antragstellerin mit F.S..

In Zusammenschau aller Indizien geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin F.S. entweder erst im Laufe des Jahres 2017 in Italien kennenlernte, sodass keine Ehe im Herkunftsland bestand, die nach Art. 8 EMRK schützenswert wäre oder zwar einen traditionelle Eheschließung in Nigeria 2012 stattfand, jedoch eine schützenswerte gelebte Ehegemeinschaft zwischen 2012 und mindestens März 2017 nicht bestanden hat.

Weitere Anhaltspunkte, die ein Abschiebeverbot in die Schweiz begründen könnten, sind nicht vorgetragen.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I.    aus I1.     wird abgelehnt.

Der Eilantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.