Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 12. Nov. 2008 - 1 L 721/08.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2008:1112.1L721.08.TR.0A
bei uns veröffentlicht am12.11.2008

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.200,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 16. Oktober 2008, mit der für die Dauer von sechs Monaten eine Fahrtenbuchauflage erteilt wurde, wiederherzustellen, ist zulässig, er führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

2

Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie steht in Einklang mit § 80 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Der Antragsgegner hat sich den Ausnahmecharakter des Sofortvollzuges vor Augen geführt und schriftlich ausgeführt, dass hier das öffentliche Interesse den Sofortvollzug deshalb rechtfertigt, weil eine Gefährdung der Verkehrssicherheit zu erwarten wäre, wenn die Halterin des betreffenden Fahrzeugs nicht sofort verpflichtet würde, ein Fahrtenbuch zu führen, um nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften den Fahrer schnell und zuverlässig feststellen zu können.

3

Die im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht hier zu Lasten der Antragstellerin aus. Es überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Verfügung. Nach derzeitiger Lage der Dinge erweist sich die angefochtene Verfügung als rechtmäßig.

4

Gemäß § 31 a Straßenverkehrszulassungsordnung - StVZO - kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage liegen hier vor. Einmalige Verkehrsverstöße können die Anordnung eines Fahrtenbuchs rechtfertigen, wenn ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht vorliegt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Verstoß zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geführt hat. Bereits die erstmalige Begehung eines wenigstens mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes bietet hinreichenden Anlass für eine Fahrtenbuchauflage (BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12/94 - NJW 1995, 2866; OVG Lüneburg, Beschluss vom 08. Juli 2005, 12 ME 185/05 - recherchiert in JURIS). Vorliegend wurde mit dem Fahrzeug der Antragstellerin am 4. Mai 2008 eine in diesem Sinne gewichtige Ordnungswidrigkeit begangen. An jenem Tag wurde mit dem Fahrzeug innerhalb einer geschlossen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 62 km/h (Toleranz berücksichtigt) überschritten. Ein solcher Verstoß gegen § 24 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. §§ 3 Abs. 3 Nr. 1, 42 und 49 Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrsordnung -StVO- wird auf der Grundlage der Ziff. 4.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV i.V.m. Nr. 11.3.9 Bußgeldkatalog - BKat - und § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG mit vier Punkten in das Verkehrszentralregister eingetragen.

5

Die Behörde war nach den Umständen des Einzelfalles auch nicht in der Lage, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Maßgeblich ist, ob bei sachgerechtem und rationellem Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen wurden, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Ist der Fahrzeughalter erkennbar nicht gewillt, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken, müssen weitere wenig Erfolg versprechende und umfassende Aufklärungsmaßnahmen nicht ergriffen werden (BVerwG, Beschluss vom 01. März 1994 -11 B 130/93- recherchiert in juris; VG Ansbach, Beschluss vom 24. Januar 2008 - AN 10 S 07.03546 - ebenfalls recherchiert in JURIS). Vorliegend hat die Behörde die hiernach zur Aufklärung erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen. Sie hat der Antragstellerin einen Anhörungsbogen zugeleitet, auf den die Antragstellerin dergestalt reagiert hat, dass sie angegeben hat, sie benötige zur Identifizierung bessere Fotos, da für den betreffenden Tag mehrere Fahrzeugführer in Betracht kämen. Ihr wurden daraufhin weitere -jedoch ebenfalls etwas undeutliche- Fotos zugeleitet. Weitere Angaben hat die Antragstellerin nicht mehr gemacht. Sie hat insbesondere bis zur Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens auch nicht geltend gemacht, die auf den zusätzlich übermittelten Beweisfotos abgebildete Person nicht zu erkennen. Gleichwohl hat die Stadt ... weitere selbständige Ermittlungen durchgeführt. Sie hat sich Passfotos von zwei mit der Antragstellerin unter dem gleichen Wohnsitz gemeldeten männlichen Familienangehörigen übermitteln lassen und letztlich gegen Herrn ... ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, das eingestellt werden musste, weil dieser den Verstoß bestritten hat und bei einem Fotoabgleich die undeutlichen Fotos nicht eindeutig auf die Täterschaft dieser Person schließen ließen. Weitere Maßnahmen konnte die ermittelnde Behörde nach alledem nicht ergreifen. Die ihr möglichen und zumutbaren Möglichkeiten waren erschöpft.

6

Der Rechtmäßigkeit der Maßnahme steht auch nicht entgegen, dass dem Erfordernis des angemessenen Ermittlungsaufwandes grundsätzlich nur dann Rechnung getragen ist, wenn der Fahrzeughalter unverzüglich - regelmäßig innerhalb von zwei Wochen - von der mit seinem Fahrzeug begangenen Zuwiderhandlung in Kenntnis gesetzt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann ( so schon BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 -VII C 77.74- NJW 1979, 1054 f.). Die Nichteinhaltung der Regelfrist von zwei Wochen schadet jedoch dann nicht, wenn die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. Die Antragstellerin hat sich im Rahmen der Zeugenanhörung weder darauf berufen den Fahrzeugführer auf den zuletzt übersandten Fotos nicht erkennen zu können noch hat sie vorgetragen, sich gerade wegen des damals bereits verstrichenen Zeitraums überhaupt nicht an mögliche Fahrzeugführer erinnern zu können. Sie hat geltend gemacht, es kämen mehrere Personen in Betracht. Das kann aber auch bedeuten, dass sie sich, was durchaus der Fall sein kann, wenn während einer längeren überörtlichen Fahrt mehrfach ein Fahrerwechsel erfolgt, nur nicht erinnern kann, wer gerade zum genauen Tatzeitpunkt an dieser Stelle das Fahrzeug geführt hat. In einem solchen Fall ist das Erinnerungsvermögen nicht zwingend wegen des seit dem Verkehrsvergehen verstrichenen Zeitraums sondern schon wegen der besonderen Umstände einer solchen Fahrt ( ggf. mehrfacher Fahrerwechsel ) getrübt. Jedenfalls hat die Antragstellerin erst mit ihrem Widerspruch auf ihr -angeblich- fehlendes Erinnerungsvermögen hingewiesen. Die Kausalität zwischen der verzögerten Anhörung und der Nichtfeststellung des Fahrzeugführers ist ohnehin schon zu verneinen, wenn sich der Halter des Fahrzeugs nicht schon im Ordnungswidrigkeitenverfahren, sondern erst in dem sich anschließenden, auf eine Fahrtenbuchauflage zielenden Verwaltungsverfahren auf seine fehlende Erinnerung beruft ( Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht a.a.O. ). Hier hat sich die Antragstellerin überdies erst im Verwaltungsverfahren auch auf ihr -angeblich- fehlendes Erkennungsvermögen berufen.

7

Im Übrigen kann eine Fahrtenbuchauflage ohnehin erteilt werden, wenn der Fahrzeughalter den ihm sonst möglichen und zumutbaren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist, was wiederum dann der Fall sein kann, wenn der Halter zu dem -wie offensichtlich hier- bekannten und eingrenzbaren Kreis der überhaupt für den konkreten Verkehrsverstoß in Betracht kommenden Fahrzeugführer keine Angaben macht ( OVG Münster, Beschluss vom 9. Mai 2006 - 8 A 3429/04 -; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. Dezember 2003 -12 LA 442/03- beide recherchiert in JURIS ). Die Antragstellerin hat sich ausweislich ihres Schreibens vom 6. Juni 2008 daran erinnert, dass für den betreffenden Verkehrsverstoß mehrere Fahrzeugführer in Betracht kommen. Sie hat sich lediglich darauf berufen, anhand des zunächst vorgelegten Fotos die Person nicht identifizieren zu können, die zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug geführt hat. Zu den ihr später zugeleiteten Fotos hat sie sich im laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren überhaupt nicht mehr geäußert. Schon bei ihrer Zeugenanhörung wäre sie also zumindest in der Lage gewesen, einen bestimmten - wegen des Tatortes (...) und Tatzeitpunktes (7.25 Uhr) erkennbar auf wenige Personen einschränkbaren - Kreis der potenziellen Fahrzeugführer zu benennen. Das hat sie nicht getan, obwohl sich hieran möglicherweise erfolgreiche Ermittlungen hätten anschließen können. Die Antragstellerin hat nämlich nicht vorgetragen, dass nur die Personen, von denen die Stadt ... bei der Meldebehörde Passfotos angefordert hat, allein als Täter in Betracht kommen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass bei einer Benennung des in Betracht kommenden Täterkreises eine andere Person aus dem Kreis der Familie benannt worden wäre, die auch anhand der undeutlichen Fotos hätte identifiziert werden können, was im Hinblick auf die beiden genannten Personen nicht der Fall war. Die Frage der rechtlichen Auswirkungen eines eventuellen Zeugnisverweigerungsrechtes kann hier von vornherein dahingestellt bleiben, weil die Antragstellerin ein solches im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht geltend gemacht hat. Sie hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass zu dem potenziellen Kreis der Täter nur solche Personen gehören, hinsichtlich derer sie sich auf ein solches Recht berufen könnte. Im Übrigen gibt es kein "doppeltes Recht," einerseits nach einem Verkehrsverstoß die Aussage zu verweigern und zugleich wegen fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben ( Bay. VGH, Beschluss vom 12. Juni 2008 - 11 CS 08.587- m.w.N., recherchiert in JURIS ).

8

Es war auch nicht erforderlich, die Antragstellerin speziell nach dem Kreis der möglichen Täter zu befragen. Wird - wie hier mit dem Anhörungsbogen - nach dem Fahrzeugführer gefragt, so zielt eine solche Frage erkennbar darauf ab, alle möglicherweise weiterführenden Hinweise zur Person des Fahrers zu erfahren ( Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht a.a.O. ).

9

Für die Nichtfeststellung des offensichtlich eng zu begrenzenden Kreises der möglichen Fahrzeugführer war daher nicht das fehlende Erinnerungsvermögen maßgeblich, weshalb die Nichteinhaltung der Regelfrist von zwei Wochen hier nicht schadet. Ob der Täter für die Antragstellerin wegen der Qualität der ihr zugeleiteten Beweisfotos letztlich tatsächlich nicht erkennbar war, wogegen spricht, dass sie sich zu den ihr zuletzt zugeleiteten Fotos im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht mehr geäußert hat, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben.

10

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Führung des Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten angeordnet wurde. Diese Zeitspanne begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Um dies effektiv zu erreichen, ist eine gewisse Dauer der Führung des Fahrtenbuches erforderlich.

11

Der Antrag ist nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

12

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 und Nr. 46.13 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 28 Führung und Inhalt des Fahreignungsregisters


(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts. (2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind 1. für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 40 Bezeichnung und Bewertung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem


Dem Fahreignungs-Bewertungssystem sind die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen.

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Dem Fahreignungs-Bewertungssystem sind die in Anlage 13 bezeichneten Zuwiderhandlungen mit der dort jeweils festgelegten Bewertung zu Grunde zu legen.

(1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt das Fahreignungsregister nach den Vorschriften dieses Abschnitts.

(2) Das Fahreignungsregister wird geführt zur Speicherung von Daten, die erforderlich sind

1.
für die Beurteilung der Eignung und der Befähigung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen oder zum Begleiten eines Kraftfahrzeugführers entsprechend einer nach § 6e Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung,
2.
für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen,
3.
für die Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, begehen oder
4.
für die Beurteilung von Personen im Hinblick auf ihre Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung der ihnen durch Gesetz, Satzung oder Vertrag übertragenen Verantwortung für die Einhaltung der zur Sicherheit im Straßenverkehr bestehenden Vorschriften.

(3) Im Fahreignungsregister werden Daten gespeichert über

1.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte wegen einer Straftat, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist, soweit sie auf Strafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt erkennen oder einen Schuldspruch enthalten,
2.
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte, die die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine isolierte Sperre oder ein Fahrverbot anordnen, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, sowie Entscheidungen der Strafgerichte, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen,
3.
rechtskräftige Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit
a)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist und gegen die betroffene Person
aa)
ein Fahrverbot nach § 25 angeordnet worden ist oder
bb)
eine Geldbuße von mindestens sechzig Euro festgesetzt worden ist und § 28a nichts anderes bestimmt,
b)
nach den § 24 Absatz 1, § 24a oder § 24c, soweit kein Fall des Buchstaben a vorliegt und ein Fahrverbot angeordnet worden ist,
c)
nach § 10 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, soweit sie in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichnet ist,
4.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare Verbote oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,
5.
unanfechtbare Versagungen einer Fahrerlaubnis,
6.
unanfechtbare oder sofort vollziehbare
a)
Entziehungen, Widerrufe oder Rücknahmen einer Fahrerlaubnis,
b)
Feststellungen über die fehlende Berechtigung, von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen,
7.
Verzichte auf die Fahrerlaubnis,
8.
unanfechtbare Ablehnungen eines Antrags auf Verlängerung der Geltungsdauer einer Fahrerlaubnis,
9.
die Beschlagnahme, Sicherstellung oder Verwahrung von Führerscheinen nach § 94 der Strafprozessordnung,
10.
(weggefallen)
11.
Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 und 2,
12.
die Teilnahme an einem Aufbauseminar, an einem besonderen Aufbauseminar und an einer verkehrspsychologischen Beratung, soweit dies für die Anwendung der Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a) erforderlich ist,
13.
die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, soweit dies für die Anwendung der Regelungen des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4) erforderlich ist,
14.
Entscheidungen oder Änderungen, die sich auf eine der in den Nummern 1 bis 13 genannten Eintragungen beziehen.

(4) Die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden teilen dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mit. Die Datenübermittlung nach Satz 1 kann auch im Wege der Datenfernübertragung durch Direkteinstellung unter Beachtung des § 30a Absatz 2 bis 4 erfolgen.

(5) Bei Zweifeln an der Identität einer eingetragenen Person mit der Person, auf die sich eine Mitteilung nach Absatz 4 bezieht, dürfen die Datenbestände des Zentralen Fahrerlaubnisregisters und des Zentralen Fahrzeugregisters zur Identifizierung dieser Personen verwendet werden. Ist die Feststellung der Identität der betreffenden Personen auf diese Weise nicht möglich, dürfen die auf Anfrage aus den Melderegistern übermittelten Daten zur Behebung der Zweifel verwendet werden. Die Zulässigkeit der Übermittlung durch die Meldebehörden richtet sich nach den Meldegesetzen der Länder. Können die Zweifel an der Identität der betreffenden Personen nicht ausgeräumt werden, werden die Eintragungen über beide Personen mit einem Hinweis auf die Zweifel an deren Identität versehen.

(6) Die regelmäßige Verwendung der auf Grund des § 50 Abs. 1 im Zentralen Fahrerlaubnisregister gespeicherten Daten ist zulässig, um Fehler und Abweichungen bei den Personendaten sowie den Daten über Fahrerlaubnisse und Führerscheine der betreffenden Person im Fahreignungsregister festzustellen und zu beseitigen und um das Fahreignungsregister zu vervollständigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.