Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 01. März 2012 - A 11 K 299/12

bei uns veröffentlicht am01.03.2012

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag des Antragsteller, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2011 anzuordnen, ist unstatthaft. Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Verfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist das Vorliegen eines Verwaltungsaktes; hieran fehlt es, wenn ein Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe noch gar nicht existent ist (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195). So liegt der Fall hier. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2011 ist mangels Bekanntgabe (Zustellung) an den Antragsteller nicht gemäß § 43 VwVfG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wirksam geworden. Der Antragsteller macht selbst geltend, dass ihm der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24.10.2011 durch das Regierungspräsidium Karlsruhe als Abschiebungsbehörde per Fax übermittelt worden sei. Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe setzt jedoch einen Bekanntgabewille der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, voraus, der sich auf die Bekanntgabe gerade dem einzelnen Betroffenen gegenüber beziehen muss. Außerdem muss die Bekanntgabe des Verwaltungsakts von der zuständigen Behörde veranlasst werden. Nicht ausreichend ist, dass Dritte (wie vorliegend das Regierungspräsidium Karlsruhe) den Verwaltungsakt weiteren Personen zur Kenntnis bringen. Das lediglich zufällige Bekanntwerden der Tatsache, dass ein Verwaltungsakt ergangen ist, oder auch des Inhalts des Verwaltungsakts, genügt nicht (vgl. zum Ganzen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 41 Rdnr. 7 m.w.N.). Die Übermittlung des Bescheids vom 24.10.2011 an den Antragsteller durch das Regierungspräsidium Karlsruhe stellt demnach keine ordnungsgemäße Bekanntgabe dar. Liegt aber eine ordnungsgemäße Bekanntgabe nicht vor, ist der Verwaltungsakt vom 24.10.2011 dem Antragsteller gegenüber nicht wirksam geworden, so dass ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO schon mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes nicht statthaft ist.
Da das Gericht gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO nicht an den Wortlaut des gestellten Antrags gebunden ist, ist der gestellte Antrag entsprechend seinem sinngemäßen Begehren, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Überstellung des Antragstellers nach Ungarn auszusetzen, in einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO umzudeuten. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO).
§ 34 a Abs. 2 AsylVfG steht der Statthaftigkeit des vorliegenden Antrags nicht entgegen. Die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung) stellt die Durchführung von Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh dar (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris -). Damit finden die Regelungen des Unionsrechts zum Rechtsschutz (Art. 47 GRCh) auch bei Überstellungen nach der Dublin II-Verordnung Anwendung. Aus dem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, dass alle Entscheidungen einer nationalen Behörde gerichtlich überprüfbar sein müssen, ergibt sich insbesondere im Hinblick auf die Ausübung des Vollzugs der Entscheidung einer nationalen Behörde, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes nationales Gericht in der Lage sein muss, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (vgl. EuGH, Urt. v. 19.06.1990 - C-213/89 - Slg. 1990, I-2433 und Urt. v. 11.01.2001 - C-1/99 - Slg. 2001, I-207). Ein Gericht, das damit nach Unionsrecht eine einstweilige Anordnung erlassen müsste, darf eine nationale Vorschrift, die einen derartigen Rechtsschutz ausschließt, nicht anwenden (vgl. EuGH, Urt. v. 19.06.1990 - C-213/89 - a.a.O. und Urt. v. 13.10.2005 - C-379/04 - Slg. 2005, I-8723).
Ein Anordnungsgrund liegt vor. Es ist davon auszugehen, dass der bereits am 24.10.2011 erlassene und sich in der Bundesamtsakte befindliche Bescheid, mit dem der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig beschieden und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet wurde, demnächst nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 AsylVfG zugestellt wird. Außerdem ergibt sich aus der Bundesamtsakte, dass die Abschiebung des Antragstellers bereits in die Wege geleitet wurde.
Der Antragsteller hat jedoch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller ist am 24.01.2011 mit dem Flugzeug aus dem Iran nach Ungarn gereist und hat sich dort bis Juni 2011 zu Studienzwecken aufgehalten. Ein Asylantrag wurde in Ungarn bislang nicht gestellt. Am 20.06.2011 reiste der Antragsteller in das Bundesgebiet ein und beantragte hier am 06.07.2011 die Gewährung von Asyl. Da der Antragsteller mit einem gültigen ungarischen Visum in den Schengen-Raum eingereist ist, ist Ungarn für die Prüfung des Asylantrags zuständig (Art. 9 Abs. 2 Dublin II-Verordnung). Die ungarischen Behörden haben auch mit Schreiben vom 20.10.2011 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags erklärt. Die vom Antragsteller vorgetragenen Gründe rechtfertigen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht.
Es obliegt den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris -). Wird aufgezeigt, dass systemische Störungen dazu führen, dass Asylanträge nicht einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft und entschieden (Art. 8 Abs. 2 RL 2005/85/EG) sowie die nach Art. 10 RL 2005/85/EG gewährleisteten Verfahrensgarantien für Antragsteller und das Recht auf eine wirksame Überprüfung ablehnender Asylentscheidungen (Art. 23 RL 2005/85/EG) verletzt werden, handelt der Mitgliedstaat, der den Asylsuchenden gleichwohl an diesen Mitgliedstaat überstellt, Art. 4 GRCh zuwider. Sind den Behörden schwerwiegende Mängel des Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund zuverlässiger Berichte internationaler und nichtstaatlicher Organisationen bekannt, darf dem Asylsuchenden nicht die vollständige Beweislast dafür auferlegt werden, dass das dortige Asylsystem nicht wirksam ist; unter diesen Umständen darf sich der ersuchende Mitgliedstaat nicht auf Zusicherungen des ersuchten Mitgliedstaates, dass dem Asylsuchenden dort keine konventionswidrige Behandlung drohen werde, verlassen (vgl. EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - NVwZ 2011, 413). Nach diesen Grundsätzen umfasst die Darlegungslast des Asylsuchenden den Hinweis auf die zuverlässigen Quellen. Macht der Asylsuchende unter Hinweis auf Berichte internationaler Menschenrechtsorganisationen systemische Mängel im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates geltend, ist der um Schutz gebetene Mitgliedstaat verpflichtet nachzuweisen, dass das dortige Asylverfahren wirksam und in der Lage ist, den Asylantrag nach Maßgabe unionsrechtlicher Vorgaben zu behandeln. Kann der um Prüfung des Asylantrags gebetene Mitgliedstaat dies nicht belegen und überstellt er gleichwohl den Asylsuchenden an den zuständigen Mitgliedstaat, verletzt er Art. 4 GRCh.
Der Antragsteller macht geltend, Asylsuchende hätten in Ungarn keinen Zugang zum Asylsystem, sie würden dort inhaftiert und teilweise sogar in ihre Herkunftsländer abgeschoben. In dem dem Klageschriftsatz beigefügten Bericht von „Pro Asyl“ vom 13.01.2011 ist ausgeführt, Flüchtlingen werde an der ungarischen Ost- und damit EU-Außengrenze regelmäßig der Zugang zum Asylverfahren verweigert. Sogar unbegleitete Minderjährige würden innerhalb weniger Stunden in die Ukraine zurückgeschoben. Die in die Ukraine Zurückgeschobenen erwarte dort körperliche Misshandlung und monatelange Haft, ein Asylantrag werde entweder nicht bearbeitet oder abgelehnt. In einem weiteren vorgelegten Bericht von „Pro Asyl“ vom 11.01.2012 ist ausgeführt, die nach der Dublin II-Verordnung aus Deutschland und anderen EU-Staaten nach Ungarn abgeschobenen Asylbewerber würden dort inhaftiert und teilweise in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Außerdem erhielten nach Ungarn überstellte Asylbewerber pauschal eine Ausweisungsanordnung, auch wenn sie einen Asylantrag stellen würden. Wenn die Betroffenen schon bei ihrer ersten Ankunft in Ungarn einen Asylantrag gestellt hätten, werde ihr nunmehriges Asylgesuch als Folgeantrag gewertet mit der Folge, dass sie keinen Rechtsschutz vor Abschiebung bekämen.
Diese Berichte von „Pro Asyl“ deuten zwar auf systemische Mängel des Asylverfahrens für Asylbewerber in Ungarn hin. Aus ihnen kann jedoch im konkreten Fall nicht abgeleitet werden, dass gerade der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden. Da der Antragsteller bei einer Überstellung nach Ungarn nicht aus der Ukraine nach Ungarn einreist, besteht keinerlei Gefahr, dass er in die Ukraine zurückgeschoben wird. Der Antragsteller hat bislang in Ungarn auch keinen Asylantrag gestellt. Er läuft deshalb auch nicht Gefahr, dass sein Asylgesuch nach einer Überstellung nach Ungarn als Folgeantrag gewertet wird. Ihm droht deshalb von Ungarn aus keine Abschiebung, bevor sein Asylantrag dort inhaltlich geprüft wurde. Im Falle des Antragstellers verbleibt somit lediglich die Gefahr, dass gegen ihn nach einer Überstellung nach Ungarn ein Ausweisungsbescheid ergeht und er infolge dessen in Haft genommen wird. Der Erlass eines derartigen Ausweisungsbescheides sowie die Unterbringung in einer Haftanstalt stellen jedoch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh dar, da jedenfalls das Asylgesuch des Antragstellers vor einer Abschiebung aus Ungarn in vollem Umfang geprüft wird. Dass die in Ungarn selbst bestehenden Unterbringungsbedingungen in Haftanstalten unmenschlich sind, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung durch die Bundesrepublik Deutschland notwendig machen könnten, sind nicht geltend gemacht und auch nicht erkennbar.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
11 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 02. Apr. 2012 - A 11 K 1039/12

bei uns veröffentlicht am 02.04.2012

Tenor Der Beschluss vom 01.03.2012 - A 11 K 299/12 - wird geändert.Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig die Überstellung des Antragstellers nach Ungarn auszusetze

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.