Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Feb. 2006 - 13 K 53/06

bei uns veröffentlicht am23.02.2006

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 07.04.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.02.2004 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 22.01.2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Am 22.01.2003 beantragte die Mutter des am 10.11.2002 geborenen Klägers für diesen Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Am 20.02.2003 erklärte die Mutter des Klägers beim Kreisjugendamt S – Beistandschaft –, sie benenne als Vater des Klägers einen ausländischen Staatsangehörigen namens ..., dessen Adresse sie derzeit nicht angeben könne; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 12 der Behördenakten Bezug genommen.
Danach erklärte die Mutter des Klägers ebenfalls am 20.02.2003 bei der Unterhaltsvorschusskasse des Kreisjugendamtes: Der Vater des Kindes sei ihr bekannt. Es handele sich hierbei um ihren Ex-Freund aus .... Sie habe sich endgültig am 20.02.2002 von ihm getrennt. Die Trennung von ihm habe sie davor schon öfters versucht, er habe sie aber nicht in Ruhe gelassen. Sie habe mit ihm zusammengelebt. In dieser Zeit sei sie von ihm geschlagen und in die Wohnung eingesperrt worden. Da er es nicht zugelassen habe, dass sie ihn verlasse, habe sie abgewartet, bis sie im Februar 2002 habe zur Kur gehen können. Die Kur sei genehmigt worden, weil sie durch den psychischen Druck, der von diesem auf sie ausgeübt worden sei, unter Depressionen und Essstörungen gelitten habe. Nach ihrer Kur sei ihr von Freunden erzählt worden, dass ihr Ex-Freund angedroht habe, sie zu erwischen und dann umzubringen. Daraufhin habe sie bei der Polizei in vorgesprochen. Herr ... von der Kriminalpolizei habe ihr von einer Anzeige abgeraten, da kein akuter Vorfall vorliege. Sie sei dann zu ihren Großeltern in ... gezogen. Von dort nach .... Nachdem ihr bekannt geworden sei, dass er ihre Adresse wisse, sei sie nach ... verzogen, um sicher vor ihm zu sein. Er wisse nicht, dass er der Vater ihres Kindes sei, da sie behauptet habe, es sei von einem anderen Mann. Die Feststellung der Vaterschaft zu ihrem Kind hätte für sie psychisch unerträgliche Auswirkungen, da sie der Vater des Kindes weiterhin terrorisieren würde. Er würde sich an ihr rächen wollen, er habe sie auch schon mit dem Messer angegriffen. Vermutlich würde er das Kind in sein Heimatland, den Libanon, entführen. Er habe ihr erzählt, dass er bereits in Jugendhaft wegen Körperverletzung in ... in Haft gewesen sei. Ebenfalls sei er in ... in Haft gewesen. Er habe auch behauptet, dass er ein psychologisches Gutachten ausgestellt bekommen habe wegen Aggressivität und Unzurechnungsfähigkeit. Sie bitte von einer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Vaterschaftsfeststellung abzusehen.
In einem Vermerk über ein Telefongespräch am 24.02.2003 mit Herrn ..., Kriminalpolizei wurde in den Akten festgehalten: Auf Anfrage, ob Frau ... wegen ihres Ex-Freundes bei ihm gewesen sei, habe Herr ... angegeben, dass sie im Zusammenhang mit einer anderen Sache bei ihm gewesen sei und ihn gebeten habe, auf keinen Fall ihre Adresse an ihren Ex-Freund weiterzugeben. Polizeischutz sei ihr in dieser Sache nicht angeboten worden. Auf Anfrage, ob der Ex-Freund von Frau ... als aggressiv oder gewalttätig einzuschätzen sei, gab er an, dass dieser Ex-Freund schon zwei- bis dreimal wegen Körperverletzung aufgefallen sei. Mehr könne er dazu nicht sagen. Weitere Angaben solle man doch bitte bei Frau ... einholen.
In einem weiteren Vermerk über ein Telefongespräch mit Frau ... vom 11.03.2003 wurde festgehalten, Frau ... habe beim Kreissozialamt vorgesprochen. Sie habe glaubhaft gemacht, dass bei einer Vaterschaftsfeststellung sie und das Kind vom Kindsvater gefährdet seien. Die Sozialhilfeleistungen würden für Mutter und Kind weitergewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das beim Kreissozialamt gefertigte Protokoll vom 11.03.2003 (Behördenakten Blatt 22) Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 07.04.2003 lehnte das Landratsamt S den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt. Gemäß § 1 Abs. 3 UVG i.V.m. den einschlägigen Richtlinien bestehe ein Anspruch auf Leistungen nicht, wenn sich der Elternteil, bei dem das Kind lebe, weigere, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Ausnahmsweise könne die Mitwirkungspflicht nur dann entfallen, wenn besondere und unerträgliche Auswirkungen nachvollziehbar vorgetragen würden. Das bedeute, es müssten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unerträglichen Konfliktsituation für den allein erziehenden Elternteil geben. Das Vortragen der Befürchtungen der Mutter des Klägers (für den Fall einer) Vaterschaftsfeststellung bilde noch keinen hinreichenden Grund, die ihr mögliche Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft gänzlich abzulehnen.
Am 30.04.2003 erhob die Mutter des Klägers Widerspruch zur Niederschrift beim Kreisjugendamt und erklärte hierbei: Sollte der Vater ihres Kindes erfahren, dass er der Vater sei, müsse sie davon ausgehen, dass er ihr das Kind zwangsweise entziehen würde und er sich an ihr rächen würde. Diese Rache würde sicherlich in körperliche Gewalt ausarten. Wenn der Vater des Kindes in Rage sei, kenne er keine Grenzen mehr. Ihre Befürchtungen bestünden deshalb, weil er sie während ihres Zusammenlebens mehrmals misshandelt habe. Dafür könne sie auch Zeugen benennen. Dies habe sie am 11.03.2003 bereits beim Kreissozialamt zu Protokoll gegeben. Weitere Angaben habe sie heute bei der Beistandschaft beim Kreisjugendamt in Schwäbisch Hall angegeben. (Bei den Akten Blatt 23 befindet sich die Mehrfertigung der Niederschrift über eine Aussage der Mutter des Klägers beim Kreisjugendamt – Beistandschaft –, in der sie erklärte, ihre frühere Angabe, dass sie den Vater nicht kenne, entspreche nicht der Wahrheit. In Wirklichkeit handele es sich um einen libanesischen Staatsangehörigen, der sie während ihrer Beziehung wiederholt geschlagen und bedroht habe. Sie befürchte eine Entführung des Kindes bzw. eine Bedrohung durch ihn und wünsche ausdrücklich nicht, dass Schritte zur Feststellung der Vaterschaft unternommen würden).
Auf Frage, weshalb sie zunächst falsche Angaben gemacht habe, gab sie anlässlich der Widerspruchsbegründung an: Durch das Kreissozialamt sei sie aufgefordert worden, für das Kind Unterhaltsvorschussleistungen zu beantragen. Sie habe zunächst die Befürchtung gehabt, dass durch das Jugendamt der Kindsvater auf jeden Fall angeschrieben würde, deshalb habe sie zunächst falsche Angaben zu dem Kindsvater gemacht. Auf Frage, wie lange sie mit dem Vater des Kindes zusammen gewesen sei: Von Oktober 2001 bis Mitte Februar 2002. Auf Frage, ob sie ihn nach der Trennung nochmals getroffen habe: Nach der Trennung habe sie ihn nur noch zweimal zufällig beim Einkaufen getroffen. Es bestehe keinerlei Kontakt mehr zu ihm und sie pflege auch keinen Kontakt zu seinen Freunden und Bekannten. Die Feststellung der Vaterschaft hätte für sie unerträgliche Auswirkungen. Ihre Befürchtungen seien keine leichtfertigen Behauptungen. Ihre Ängste und Befürchtungen hätten sich durch die bisherigen Erfahrungen mit dem Kindsvater bestätigt. Sie bitte um Aufhebung des Ablehnungsbescheides und darum, sie von einer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Vaterschaftsfeststellung zu befreien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Nach § 1 Abs. 3 UVG bestehe ein Anspruch auf Leistungen nicht, wenn der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bezeichnete Elternteil sich weigere,... bei der Feststellung der Vaterschaft ... mitzuwirken. Die Ausschlussgründe gälten ohne Einschränkung, insbesondere als auch, soweit eine entsprechende Mitwirkungspflicht nach § 65 SGB I ausgeschlossen wäre. Ausnahmsweise könne die Mitwirkungsverpflichtung nur dann entfallen, wenn den Einzelfall betreffende besondere und unerträgliche Auswirkungen nachvollziehbar vorgetragen würden. Das bedeute, es müsse Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unerträglichen Konfliktsituation auf Seiten der Auskunftspflichtigen geben. Von Anfang an seien von der Kindsmutter bei der Unterhaltsvorschussbehörde, Beistandschaft sowie beim Kreissozialamt widersprüchliche Angaben zum vermeintlichen Vater ihres Sohnes gemacht worden. Die von der Kindesmutter gemachten widersprüchlichen Angaben hätten das Landratsamt Schwäbisch Hall nicht in die Lage versetzt, ihre Auskünfte auch nur begrenzt auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der Widerspruch sei deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
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Am 16.03.2004 hat der Kläger Klage erheben lassen. Zur Begründung werden die bisherigen Angaben zu einer begründeten Furcht vor dem Kindesvater wiederholt und erläutert. Des Weiteren wird geltend gemacht, hier lägen die Voraussetzungen für das ausnahmsweise Entfallen der Mitwirkungspflicht vor. Die Kindsmutter habe den Einzelfall betreffende besondere unerträgliche Auswirkungen nachvollziehbar vorgetragen, wenn sie den Namen des Kindsvaters preisgebe und an der Vaterschaftsfeststellung mitwirke. Es hätten deshalb Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unerträglichen Konfliktsituation vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.12.2005 Bezug genommen.
11 
Der Kläger lässt beantragen,
12 
den Bescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 07.04.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.02.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die am (22).01.2003 beim Kreisjugendamt – Unterhaltsvorschusskasse – Schwäbisch Hall beantragte Gewährung von Leistungen nach dem UVG zu bewilligen.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung macht er geltend: Gemäß § 1 Abs. 1 UVG bestehe bei einer Weigerung, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, ein Anspruch auf Leistungen nicht. Ausnahmsweise könne die Mitwirkungspflicht laut einschlägigen Richtlinien nur dann entfallen, wenn den Einzelfall betreffende besondere unerträgliche Auswirkungen nachvollziehbar vorgetragen würden. Die Klägerin habe den Namen des vermeintlichen Vaters nicht benannt. Die Angaben der Klägerin hätten deshalb nicht überprüft werden können. Nachfragen bei den benannten Zeugen oder bei der Polizei hätten nicht durchgeführt werden können, da der vermeintliche Vater des Kindes der Beklagten nicht bekannt sei. Laut Auskunft der (Mutter des Klägers) habe diese mit dem vermeintlichen Vater ihres Kindes für einige Zeit in ... gelebt. Seit der Trennung von ihm lebe sie mit dem Kind in Wallhausen. Dieser Wohnort liege nur wenige Kilometer von ... entfernt. Eine Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt sei nicht beantragt worden. Die Klägerin müsse damit rechnen, dass der vermeintliche Vater ihres Kindes auch ohne ein Anschreiben des Amtes für Jugend und Bildung vermuten werde, dass er der Vater des Kindes sei. Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten keine weiteren Schutzmaßnahmen gegen den vermeintlichen Vater des Kindes, außer der Nichtfeststellung der Vaterschaft, angegeben. Die Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unerträglichen Konfliktsituation auf Seiten der Klägerin seien nicht ausreichend. Die Mitwirkungspflicht der Mutter entfalle nicht durch die bloße Befürchtung einer Kindesentführung.
16 
In der mündlichen Verhandlung hat die Mutter des Klägers im Einzelnen erläutert, weshalb sie Angst habe, dass der Vater des Kindes ihr etwas antun und das Kind entführen könne. Auf Nachfrage hat sie auch angegeben, ihrer Kenntnis nach wisse er bis heute nicht, dass er der Vater sei. Bei einer Begegnung habe sie zwar Blickkontakt mit ihm gehabt, sei ihm aber aus Angst ausgewichen. Auf Nachfrage hat sie erklärt, bei dieser Begegnung auf der Straße sei sie nicht in Begleitung des Kindes gewesen. Im Freundeskreis gebe sie an, dass der Vater des Kindes in ... wohne, also jemand anderes sei. Dies werde auch geglaubt, da der Kläger eine blonde Haarfarbe und blaue Augen habe. In der Kur habe sie seinerzeit noch einen Anruf vom Vater des Kindes über das Handy entgegengenommen. Als sie erfahren habe, dass sie schwanger sei, habe sie das Handy weg getan und keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt.
17 
Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung weiter geltend gemacht, die gesetzliche Regelung sehe im Falle der Nichtmitwirkung bei der Vaterschaftsfeststellung zwingend die Versagung von Unterhaltsleistungen vor.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Stuttgart und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 22.01.2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – UVG – in der vom Beklagten im Einzelnen noch zu errechnenden gesetzlichen Höhe zu gewähren.
20 
Der bei seiner alleinerziehenden Mutter lebende Kläger hat gemäß § 1 Abs. 1 UVG Anspruch auf Unterhaltsleistung, da er das... Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig ist, und er nicht Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch das Gericht hat keinen Anlass zu zweifeln.
21 
Zwar besteht nach § 1 Abs. 3 UVG ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz dann nicht, wenn der ledige Elternteil, bei dem das Kind lebt, sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft des anderen Elternteils mitzuwirken.
22 
Der Beklagte nimmt jedoch zu Unrecht an, dass die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift gegeben sind.
23 
Denn gemäß § 1 Abs. 3 UVG ist die Leistung dann zu versagen, wenn der alleinerziehende Elternteil nicht das seinerseits Mögliche und Zumutbare tut, um den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil festzustellen und durchsetzen zu lassen. So hat der Gesetzgeber diese Norm verstanden, wie sich aus der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 3 des Entwurfs des Unterhaltsvorschussgesetzes ergibt (BT-Drucksache 8/1952, S. 7). Diese Vorstellung des Gesetzgebers ist auch im Wortlaut der Norm hinreichend zum Ausdruck gekommen, da der Anspruchsausschluss ein qualifiziertes Nichtstun, nämlich ein "sich weigern" voraussetzt.
24 
Auch das Bundesverwaltungsgericht geht deshalb davon aus, dass die ledige Mutter eine Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 UVG im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren trifft und verweist hierzu ausdrücklich auf die oben angegebenen Gesetzesmaterialien (BVerwG, Urt. v. 21.11.1991, BVerwGE 89, 192). Dieser Auslegung folgt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 15.04.1992 – 6 S 634/90 –.
25 
Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch die Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes wie auch die angefochtenen Bescheide entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht von der Möglichkeit ausgehen, dass die Mitwirkungsverpflichtung ausnahmsweise entfallen kann.
26 
Im vorliegenden Fall ist der Mutter des Klägers die Mitwirkung bei einer Vaterschaftsfeststellung nicht zumutbar. Sie beruft sich dabei nicht auf eine bloße Willensentscheidung, sondern trägt den Einzelfall betreffende besondere und unerträgliche Auswirkungen nachprüfbar und nachvollziehbar vor, (vgl. hierzu Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ziffer 1.10.1; vgl. weiter die Antwort der Bundesregierung vom 17.04.1998 auf eine kleine Anfrage wegen der Persönlichkeitsrechte im Unterhaltsvorschussgesetz – BT-Drucksache 13/10417 –).
27 
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin ihre Konfliktlage wahrheitsgemäß dargestellt hat. Sie hat durch substantiierte Angaben im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren nachvollziehbar dargelegt, dass vom Vater ihres Kindes eine Entführung des Klägers sowie Leibesgefahren für sie selbst drohen. Zwar hat sie zunächst am 20.02.2003 beim Kreisjugendamt Schwäbisch Hall – Beistandschaft – andere Angaben gemacht und behauptet, sie könne die Adresse des von ihr mit Vornamen benannten Vaters derzeit nicht angeben. Sie hat jedoch während des Verwaltungsverfahrens und auch vor Gericht diese falsche Angabe richtig gestellt und mit der Furcht vor einer Entführung des Klägers und vor eigener Bedrohung im Falle einer Vaterschaftsfeststellung begründet. Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin behaupteten Konfliktslage, nämlich ihrer Furcht vor Bedrohung des Klägers und ihrer selbst durch den Vater des Klägers, sind danach nicht mehr begründet. Die Angaben der Klägerin werden schließlich durch die im Aktenvermerk vom 24.02.2003 festgehaltene Mitteilung des Herrn ..., Kriminalpolizei ..., gestützt. Ergänzend ist weiter darauf hinzuweisen, dass auch das Kreissozialamt ausweislich eines Vermerkes vom 11.03.2003 der Mutter des Klägers geglaubt hat, dass bei einer Vaterschaftsfeststellung sie und das Kind vom Kindsvater gefährdet sind. Schließlich ist auch kein sonstiges Verhalten der Mutter des Klägers festzustellen, das gegen ihre Behauptung sprechen könnte, sie treffe weiterhin Vorkehrungen dafür, dass dem Vater des Klägers die Vaterschaft nicht bekannt wird.
28 
Die Berechnung der zu gewährenden Unterhaltsleistungen ist im Einzelnen vom Beklagten noch vorzunehmen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfrei.
30 
Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 22.01.2003 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – UVG – in der vom Beklagten im Einzelnen noch zu errechnenden gesetzlichen Höhe zu gewähren.
20 
Der bei seiner alleinerziehenden Mutter lebende Kläger hat gemäß § 1 Abs. 1 UVG Anspruch auf Unterhaltsleistung, da er das... Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig ist, und er nicht Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch das Gericht hat keinen Anlass zu zweifeln.
21 
Zwar besteht nach § 1 Abs. 3 UVG ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz dann nicht, wenn der ledige Elternteil, bei dem das Kind lebt, sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft des anderen Elternteils mitzuwirken.
22 
Der Beklagte nimmt jedoch zu Unrecht an, dass die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift gegeben sind.
23 
Denn gemäß § 1 Abs. 3 UVG ist die Leistung dann zu versagen, wenn der alleinerziehende Elternteil nicht das seinerseits Mögliche und Zumutbare tut, um den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil festzustellen und durchsetzen zu lassen. So hat der Gesetzgeber diese Norm verstanden, wie sich aus der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 3 des Entwurfs des Unterhaltsvorschussgesetzes ergibt (BT-Drucksache 8/1952, S. 7). Diese Vorstellung des Gesetzgebers ist auch im Wortlaut der Norm hinreichend zum Ausdruck gekommen, da der Anspruchsausschluss ein qualifiziertes Nichtstun, nämlich ein "sich weigern" voraussetzt.
24 
Auch das Bundesverwaltungsgericht geht deshalb davon aus, dass die ledige Mutter eine Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 UVG im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren trifft und verweist hierzu ausdrücklich auf die oben angegebenen Gesetzesmaterialien (BVerwG, Urt. v. 21.11.1991, BVerwGE 89, 192). Dieser Auslegung folgt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 15.04.1992 – 6 S 634/90 –.
25 
Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch die Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes wie auch die angefochtenen Bescheide entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht von der Möglichkeit ausgehen, dass die Mitwirkungsverpflichtung ausnahmsweise entfallen kann.
26 
Im vorliegenden Fall ist der Mutter des Klägers die Mitwirkung bei einer Vaterschaftsfeststellung nicht zumutbar. Sie beruft sich dabei nicht auf eine bloße Willensentscheidung, sondern trägt den Einzelfall betreffende besondere und unerträgliche Auswirkungen nachprüfbar und nachvollziehbar vor, (vgl. hierzu Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ziffer 1.10.1; vgl. weiter die Antwort der Bundesregierung vom 17.04.1998 auf eine kleine Anfrage wegen der Persönlichkeitsrechte im Unterhaltsvorschussgesetz – BT-Drucksache 13/10417 –).
27 
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin ihre Konfliktlage wahrheitsgemäß dargestellt hat. Sie hat durch substantiierte Angaben im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren nachvollziehbar dargelegt, dass vom Vater ihres Kindes eine Entführung des Klägers sowie Leibesgefahren für sie selbst drohen. Zwar hat sie zunächst am 20.02.2003 beim Kreisjugendamt Schwäbisch Hall – Beistandschaft – andere Angaben gemacht und behauptet, sie könne die Adresse des von ihr mit Vornamen benannten Vaters derzeit nicht angeben. Sie hat jedoch während des Verwaltungsverfahrens und auch vor Gericht diese falsche Angabe richtig gestellt und mit der Furcht vor einer Entführung des Klägers und vor eigener Bedrohung im Falle einer Vaterschaftsfeststellung begründet. Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin behaupteten Konfliktslage, nämlich ihrer Furcht vor Bedrohung des Klägers und ihrer selbst durch den Vater des Klägers, sind danach nicht mehr begründet. Die Angaben der Klägerin werden schließlich durch die im Aktenvermerk vom 24.02.2003 festgehaltene Mitteilung des Herrn ..., Kriminalpolizei ..., gestützt. Ergänzend ist weiter darauf hinzuweisen, dass auch das Kreissozialamt ausweislich eines Vermerkes vom 11.03.2003 der Mutter des Klägers geglaubt hat, dass bei einer Vaterschaftsfeststellung sie und das Kind vom Kindsvater gefährdet sind. Schließlich ist auch kein sonstiges Verhalten der Mutter des Klägers festzustellen, das gegen ihre Behauptung sprechen könnte, sie treffe weiterhin Vorkehrungen dafür, dass dem Vater des Klägers die Vaterschaft nicht bekannt wird.
28 
Die Berechnung der zu gewährenden Unterhaltsleistungen ist im Einzelnen vom Beklagten noch vorzunehmen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfrei.
30 
Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 VwGO).

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Feb. 2006 - 13 K 53/06 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 65 Grenzen der Mitwirkung


(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus eine

Referenzen

(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.
ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.
ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

(2) Behandlungen und Untersuchungen,

1.
bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2.
die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3.
die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,
können abgelehnt werden.

(3) Angaben, die dem Antragsteller, dem Leistungsberechtigten oder ihnen nahestehende Personen (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, können verweigert werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.