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| Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter an Stelle der Kammer entscheiden (§ 87 a VwGO). |
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| Die zulässige Klage ist im Umfang des Tenors begründet. Die Klägerin hat in diesem Umfang Anspruch auf weitere Kassenleistungen. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; im Übrigen sind sie rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). |
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| Der Anspruch auf Kassenleistungen ist in der Satzung der Beklagten (Satzung) geregelt; dabei ist maßgebend die Satzung in der Fassung, die zu dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem die Aufwendungen entstanden sind, für die die Kassenleistungen begehrt werden. Dies ist vorliegend der 11.10.2010. |
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| Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Satzung haben die Mitglieder für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 der Satzung festgelegten Leistungen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sind Aufwendungen erstattungsfähig, wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Aufwendungen nach den §§ 31 bis 42 der Satzung sind nur aus Anlass einer Krankheit erstattungsfähig (§ 30 Abs. 1 Satz 3 der Satzung). Die erstattungsfähigen Höchstsätze ergeben sich aus den Leistungsordnungen, die Bestandteil der Satzung sind (§ 30 Abs. 1 Sätze 4 und 5 der Satzung). Die Mitglieder der Gruppe B 1 erhalten Leistungen nach der Leistungsordnung B (§ 30 Abs. 1 Satz 7 der Satzung). |
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| Aufwendungen für ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungen sind erstattungsfähig (§ 31 Abs. 1 der Satzung bzw. § 32 Abs. 1 der Satzung). Die Rechnungen müssen nach der Gebührenordnung für Ärzte (§ 31 Abs. 3 Satz 4 der Satzung) bzw. nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (§ 32 Abs. 3 der Satzung) erstellt sein. |
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| Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei den Nrn. 1, 7 und 491 GOÄ statt des in der Rechnung angesetzten Faktors 2,3 nur den Faktor 1,9 als erstattungsfähig angesehen hat. Dies entspricht der Leistungsordnung B Ziffer 2 Nr. 1 1. a). Die Voraussetzungen für Erhöhung der erstattungsfähigen Höchstsätze nach Leistungsordnung B Ziffer 2 Nr. 1 1. g) lagen insoweit nicht vor. |
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| Nach § 6 Abs. 2 GOÄ können selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Dabei ist unstreitig, dass die im Falle der Klägerin durchgeführte Liposuktion nicht als solche in das Gebührenverzeichnis der GOÄ aufgenommen ist. |
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| Bei dem Vergleich der Art der ärztlichen Leistungen sind einerseits die äußeren Merkmale der Verrichtung (Untersuchungsobjekt, Untersuchungstechnik, Behandlungstechnik), anderseits die inneren Merkmale (Schwierigkeit der Leistung) zu berücksichtigen (vgl. Brück, Kommentar zur GOÄ, 3. Aufl. § 6 RdNr. 3). |
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| Nach dem von der Beklagten eingeholten Ärztlichen Gutachten von I. C. vom 18.12.2010 war es zulässig, die Nr. 2404 GOÄ [Exzision einer größeren Geschwulst (z. B. Ganglion, Fasziengeschwulst, Fettgeschwulst, Lymphdrüse, Neurom)] analog für die durchgeführte Fettabsaugung anzusetzen. Darin wurde zusätzlich der analoge Ansatz der Nr. 2454 GOÄ [Operative Entfernung von überstehendem Fettgewebe an einer Extremität] befürwortet. Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat dagegen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es läge näher, die Nrn. 2452 [Exstirpation einer Fettschürze - einschließlich plastischer Deckung des Grundes -], 2453 [Operation des Lymphödems einer Extremität] und 2454 GOÄ analog anzuwenden, und hat hierzu auch eine Beispiels-Liquidation vorgelegt. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an Denn die durchgeführte Liposuktion entspricht der Art nach eher den durch Nrn. 2452 bis 2454 GOÄ erfassten ärztlichen Leistungen. |
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| Nr. 2404 GOÄ erfasst die (einzelne) Exzision einer größeren Geschwulst, z. B. einer Fettgeschwulst. Bei der Klägerin wurde aber nicht eine Fettgeschwulst, d.h. ein Lipom (vgl. Wikipedia zu Lipom), diagnostiziert, sondern eine Lipohyperplasie, d. h. ein Lipödem (www.rmmc-wiesbaden.de). Dies ist etwas ganz anderes, nämlich eine übermäßige Fettgewebsvermehrung, und passt besser zu den in den Nrn. 2452 bis 2454 GOÄ erwähnten Krankheitsbildern. Bei der durchgeführten Behandlung kam es auch nicht zu einer Vielzahl einzelner, getrennter Eingriffe, was den vielfachen Ansatz der Nr. 2404 GOÄ rechtfertigen könnte, sondern zu einer einheitlichen Entfernung von 5 Litern Fettgewebe. Auch dies passt besser zu den Nrn. 2452 bis 2454 GOÄ, bei denen auch Entfernung von Fett(gewebe) genannt wird. |
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| Auch der Vergleich der Schwierigkeit der ärztlichen Leistungen nach Nr. 2404 GOÄ und nach Nrn. 2452 bis 2454 GOÄ spricht für den analogen Ansatz der Nrn. 2452 bis 2454 GOÄ. Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt: Die Liposuktion an sich ist schwierig. Man braucht hierfür viel Erfahrung. Man kann sie eigentlich nur einem Facharzt überlassen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Sonde in die richtige Fettschicht eingeführt werden muss. Exzisionen dagegen sind einfacher durchzuführen. Sie können schon von einem Assistenzarzt durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, um welche (Körper-) Massen es geht. Hierzu hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung angegeben: Die Menge an Fettgewebe, die bei der durchgeführten Liposuktion entfernt wurde, ist erheblich größer als die Menge von 60 einzelnen Exzisionen. |
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| Für den zu berücksichtigenden Aufwand kann die - als Abrechnungsbeispiel vorgelegte - Liquidation des gerichtlichen Sachverständigen herangezogen werden. Die bei den darin herangezogenen Nrn. 2452 und 2453 GOÄ analog angesetzten Faktoren müssen allerdings an die nach § 5 GOÄ zulässige Bemessung der Gebühren angepasst werden. Dagegen kann der Betrag von 4.829,05 EUR, den die V.-Clinic in der Rechnung vom 26.04.2011 in Rechnung gestellt hat, nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden; denn beim System der Fallpauschalen handelt es sich um ein gegenüber dem System der Gebührenordnung für Ärzte völlig unterschiedliches Abrechnungssystem. Daraus ergibt sich folgender Gebührenansatz, der anstelle des 60-fachen analogen Ansatzes der Nr. 2404 GOÄ im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteile vom 13.05.2004, BGHZ 159, 142, und vom 21.12.2006, BGHZ 170, 252; vgl. a. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 49.07 -): |
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Nr. 2452 A GOÄ Faktor 3,5 Anzahl: 3 |
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Nr. 2453 A GOÄ Faktor 3,5 Anzahl: 2 |
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| Dabei ergibt sich der Faktor 3,5 aus der Schwierigkeit der ärztlichen Leistung, wie sie in dem von der Beklagten eingeholten Ärztlichen Gutachten von I. C. vom 18.04.2011 dargelegt wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 GOÄ). Die Anzahl ergibt sich aus der Änderung des Faktors. Die Verdoppelung des Betrags von 1.675,80 EUR ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, die in der Liquidation genannte "Große Region" wäre bei der Klägerin zweimal angefallen, nämlich für jedes Bein. |
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| Zieht man den für den 60-fachen analogen Ansatz der Nr. 2404 GOÄ von der Beklagten bisher als erstattungsfähig angenommenen Betrag von 1.658,16 EUR (904,14 EUR + 754,02 EUR) von 3.351,60 EUR ab, verbleibt ein Betrag von 1.693,44 EUR, der zusätzlich erstattungsfähig ist. Dabei sind die Voraussetzgen der Ziffer 2 Nr. 1 1. g) der Leistungsordnung B erfüllt. Daraus errechnet sich bei einem Bemessungssatz für Kassenleistungen von 50 % ein Anspruch der Klägerin auf weitere Kassenleistungen von 846,72 EUR. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 und Abs. 4, 161 Abs. 1 VwGO. Der Klägerin werden nach § 155 Abs. 4 VwGO Kosten des Verfahrens in Höhe von 396,71 EUR auferlegt, die durch ihr Verschulden zusätzlich entstanden sind. Es handelt sich dabei um die Kosten, die die Beklagte im Verfahren 12 K 3707/11 zahlen musste. |
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| Die Klägerin hatte am 14.10.2011 Untätigkeitsklage erhoben, die hier unter dem Az. 12 K 3707/11 geführt wurde. Während der Anhängigkeit dieser Untätigkeitsklage erließ die Beklagte den ausstehenden Widerspruchsbescheid vom 21.10.2011. Das übliche weitere Verfahren wäre unter diesen Umständen gewesen, den Widerspruchsbescheid in die anhängige Untätigkeitsklage einzuführen und die - ohnehin als Verpflichtungsklage zu führende - Untätigkeitsklage als Verpflichtungsklage weiterzuführen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.12.1983, Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 10). Dieses Verfahren ist einfach und kostengünstig, weil Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltskosten nur einmal anfallen. Dieses Verfahren wäre deshalb auch hier sachgerecht gewesen. Das Verfahren, wie es die Klägerin gewählt hat, ist allerdings nicht unzulässig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.12.1983, a.a.O.). Es ist aber mit zusätzlichen Verfahrenskosten verbunden. Es ist sachgerecht, dass die Klägerin diese Mehrkosten trägt. |
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| Daraus ergibt sich für die Kostenabrechnung Folgendes: |
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| Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin 195 EUR. Von dem über diesen Betrag hinausgehenden Teil der Gerichtskosten tragen die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5. |
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| Von den außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin 201,71 EUR. Von dem über diesen Betrag hinausgehenden Teil der außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5. |
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| Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor. |
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