Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2017 - 8 A 191/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0620.8A191.15.00
bei uns veröffentlicht am20.06.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung eines Abstellraums in eine Garage.

2

Sie sind Eigentümer des Grundstückes B-Straße in A-Stadt (Flurstück ..., Flur ... der Gemarkung ...). Die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstückes S-Straße (Flurstück ..., Flur ... der Gemarkung ...). Beide Grundstücke sind mit einem Wohnhaus bebaut. Die Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 der Gemeinde A-Stadt, welcher hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für das Grundstück der Kläger und das Grundstück der Beigeladenen ein allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzt. An das allgemeine Wohngebiet grenzt im Osten (am F-Weg) ein Gebiet, für welches der B-Plan ein reines Wohngebiet (WR) festsetzt. Nördlich der Straße S-Straße finden sich im Geltungsbereich des B-Plans weitere WA-Festsetzungen.

3

Unter dem 12.09.2013 erhielten die Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Geräte-und Abstellraumes. Der Geräte-und Abstellraum liegt in 1 m Abstand an der Grenze zum Grundstück der Kläger, ist 6,99 m lang, 5,49 m bereit und 2,67 m hoch (vgl. Bl. 6,7 der Beiakte C). An den Geräte-und Abstellraum schließt sich auf dem Grundstück der Kläger der Gartenbereich mit einer Terrasse und sodann im Baukörper das Wohnzimmer an. Das Schlafzimmer der Kläger befindet sich auf der anderen Gebäudeseite.

4

Am 07.03.2014 beantragten die Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren nach § 67 LBO die Nutzungsänderung des Geräte- und Abstellraumes zu einer Garage. Telefonisch wurde im Baugenehmigungsverfahren seitens der Beigeladenen mitgeteilt, dass ein PKW und ein Motorrad untergestellt werden sollten. Beide Fahrzeuge würden nur sehr selten genutzt.

5

Unter dem 25.11.2014 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt.

6

Die Kläger legten gegen die Baugenehmigung vom 25.11.2014 am 21.05.2014 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde dahingehend begründet, dass in Anbetracht der Tatsache, dass sich im südöstlichen Bereich des Grundstücks der Beigeladenen bereits eine Doppelgarage befinde, die nachbarschützende Vorschrift des § 12 Abs. 2 BauNVO verletzt werde. Die Bebauung weise den Charakter eines allgemeinen Wohngebietes auf, weshalb allein der Nutzungsbedarf für ein Einfamilienhaus befriedigt werden dürfe. Hiervon erfasst werde allenfalls eine Doppelgarage zur Unterbringung von 2 Fahrzeugen, in keinem Fall aber eine weitere Doppelgarage. Auch die nachbarschützenden Vorschriften der §§ 55 Abs. 9 und 11 LBO sowie das Gebot der Rücksichtnahme seien verletzt. Der Garagenbau führe von seinem Standort her mit seiner ca. 30 m langen Zufahrt unmittelbar entlang der Grenze des Grundstücks der Kläger mit seiner Kapazität für zwei PKWs zu nicht hinnehmbaren Belästigungen für das nachbarschaftliche Wohnen.

7

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2015 zurückgewiesen. Die Baugenehmigung verstoße nicht gegen § 6 LBO. Innerhalb der Abstandsflächen seien gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 1 LBO Garagen zulässig. Die Einschränkung der Zulässigkeit von Garagen in Wohn- oder Erholungsgebieten gemäß § 12 Abs. 2 BauNVO diene nicht dem Zweck, die Schaffung von Stellflächen für Wohngebäude, Büros oder anderer Hauptnutzungen auf demselben Baugrundstück zu erschweren oder zu begrenzen. Vielmehr sei § 12 Abs. 2 BauNVO gegen die Nutzung von Stellflächen gerichtet, die einem außergebietlichen Bedarf dienen würden. Aufgrund der Darstellung des Bauherrn sei von einem zusätzlichen Bedarf auszugehen. Auch sei es wahrscheinlich, dass die Anzahl der benötigten Stellplätze innerhalb des Gebietes durch die vermehrte Nutzung von Zweit-oder gar Drittwagen innerhalb einer Familie zukünftig ansteigen werde. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 50 Abs. 9 und 11 LBO sei nicht ersichtlich. Weder aus der Widerspruchsbegründung noch aus anderen Erwägungen sei erkennbar, ob und in welchem Ausmaß die Garagenbenutzung über das zumutbare Maß hinausgehe. § 50 Abs. 11 LBO sei nicht nachbarschützend.

8

Die Kläger haben am 25.11.2015 Klage erhoben.

9

Die Kläger wiederholen die Ausführungen aus dem Vorverfahren und machen ergänzend geltend, dass die Terrasse und der Wohnbereich der Kläger vor dem Bau der Doppelgarage ungestört gewesen sei. Da sich auf dem Grundstück der Beigeladenen bereits an der Grenze zum Flurstück .../… eine Doppelgarage befunden habe, hätten die Kläger sogar darauf vertrauen können, dass ihr Gartenbereich von geräuschverursachenden Fahrzeugen verschont bleibe.

10

Der Kläger beantragt,

11

die Baugenehmigung des Beklagten vom 25.11.2014, Registernummer 923-2014, in der Form des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2015, zugestellt am 02.11.2015, aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die angefochtenen Bescheide sowie auf das abgeschlossene Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 8 B 68/13.

15

Die Beigeladenen stellen keinen Sachantrag. Sie machen geltend, dass sich in ihrem Besitz derzeit drei zugelassene Kraftfahrzeuge sowie ein zugelassenes Motorrad befänden. Zur sicheren Unterstellung seien somit mindestens 3 PKW-Stellplätze und ein Motorradstellplatz erforderlich. Der Bedarf nach einer dritten Garage ergebe sich somit schon aus der Nutzung der auf dem Baugrundstück zugelassenen Wohnnutzung. Des Weiteren ergebe sich der Bedarf jedoch auch noch aus dem Baugebiet. Das an das Baugrundstück angrenzende mit 4 Reihenhäusern bebaute Grundstück F-Weg 2-8 besitze nur einen PKW-Stellplatz, obwohl ein Bedarf für mindestens 6 Kfz-Stellplätze vorhanden sei. Die Beigeladenen seien daher schon mehrfach von den Eigentümern des angrenzenden Reihenhausgrundstückes F-Weg 2-8 angesprochen worden, ob nicht die Möglichkeit bestehe, auf dem Grundstück S-Straße eine Garage oder einen Stellplatz anzumieten. Weiterhin sei auch nicht ersichtlich, dass die Nutzung des Gebäudes als Garagengebäude zu unverhältnismäßigen Lärmemissionen führen könne. Seitens der Beigeladenen sei geplant, in der Garage einen 48 Jahre alten Oldtimer unterzustellen. Da dieses Kraftfahrzeug altersbedingt und im Hinblick auf den Werterhalt nicht als Alltagsfahrzeug genutzt werde, sondern äußerst selten gefahren werde, könne es nicht zu unverhältnismäßigen, unzumutbaren Lärmimmissionen kommen. Die Nutzungsänderung in eine Garage sei auch nicht rücksichtslos. Das Wohnhaus der Kläger befinde sich in einer Entfernung von 10 m zu der strittigen Garage und damit relativ weit entfernt. In dem Wohnhaus der Kläger in Richtung auf die strittige Garage befänden sich keine Schlafräume. Im Übrigen werde auf den Beschluss der Kammer vom 08.01.2014 im Eilverfahren – 8 B 68/13 – verwiesen.

16

Die Kammer den Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen. Der Einzelrichter hat die Örtlichkeiten während der mündlichen Verhandlung vom 23 Mai 2017, die vor Ort stattgefunden hat, in Augenschein genommen. Auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend gemäß § 101 Abs. 2 VwGO verzichtet.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Drittanfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist unbegründet. Die Baugenehmigung vom 25.11.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 28.10.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

19

Eine Nachbarrechtsverletzung ergibt sich nicht schon aus einem objektiven Verstoß einer Baugenehmigung gegen das öffentliche Baurecht, sondern nur dann, wenn Rechtsnormen verletzt werden, die zumindest auch dem Schutz der Nachbarschaft dienen, also drittschützende Wirkung haben. Eine solche drittschützende Wirkung vermitteln insoweit nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen oder deren Ausgleich untereinander dienen.

20

Die Baugenehmigung vom 25.11.2014, mit der eine Nutzungsänderung des bereits vorhandenen Abstell- und Geräteraums zu einer Garage genehmigt wurde, verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften.

21

Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Abs. 2-6 nichts anderes ergibt (§ 12 Abs. 1 BauNVO). Eine Verletzung von § 12 Abs. 2 BauNVO ist nicht gegeben. Hiernach sind in allgemeinen Wohngebieten (WA) Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. § 12 Abs. 2 BauNVO vermittelt den Eigentümern ein Nachbarrecht gegen die rechtswidrige Zulassung von Stellplätzen und Garagen, die einen Bedarf decken, der durch die im Baugebiet zugelassene Nutzung nicht gerechtfertigt ist. So kann etwa ein Stellplatz für einen außerhalb des Gebiets gelegenen Gewerbebetrieb oder ein Garagengebäude, das einem anderen Baugebiet dienen soll, abgewehrt werden (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: 124. EL Februar 2017, § 12 BauNVO Rn. 131). Es kommt dabei allein auf den gebietsbezogenen Bedarf an Stellplätzen, nicht indes auf den grundstücksbezogenen Bedarf an. Wo die räumliche Grenze des Baugebiets liegt, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Nicht zum Baugebiet gehören Gebiete mit einer anderen Nutzungsart; so wird beispielsweise der Bedarf eines festgesetzten Wohngebiets auch dann nicht durch den Bedarf von Gewerbebetrieben in einem angrenzenden Mischgebiet verursacht, wenn dieses in demselben Bebauungsplan ausgewiesen ist. Andererseits muss das Baugebiet nicht an die Grenzen des Bebauungsplans enden; grenzt das festgesetzte Wohngebiet an andere Wohngebiete, so gehören auch sie grundsätzlich zum Baugebiet im Sinne von § 12 Abs. 2 BauNVO. Denn auch jenseits einer Plangrenze können notwendige Stellplätze errichtet werden. Äußerste Grenze mag die Entfernung sein, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die Anerkennung der Garage oder des Stellplatzes als notwendig im Sinne des Bauordnungsrechts noch zulässig erscheinen lässt. In quantitativer Hinsicht ist der Bedarf dagegen nicht durch die Anzahl der notwendigen Stellplätze beschränkt. Die Richtzahlen für notwendige Stellplätze geben nur den Mindestbedarf an. Im Zweifel wird man einen Bedarf im Sinne von § 12 Abs. 2 BauNVO annehmen müssen, wenn der Stellplatz als „Zubehör“ zum Wohnen von einem Bewohner des Baugebiets benötigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28/91 –, Rn. 24-26, juris).

22

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe wird § 12 Abs. 2 BauNVO nicht verletzt. Nach Überzeugung des Gerichts dient die streitgegenständliche Garage nicht einem anderen Baugebiet. Das Gericht geht davon aus, dass die Garage von den Beigeladenen selbst zur Unterstellung von vorhandenen Fahrzeugen genutzt und damit als „Zubehör“ zum Wohnen benötigt wird. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Garage einen Bedarf deckt, der durch die im Baugebiet zugelassene Wohnnutzung (unter Einbeziehung der angrenzenden Wohngebiete) nicht gerechtfertigt ist.

23

Ein Verstoß der Baugenehmigung gegen § 50 Abs. 11 S. 1 LBO ist nicht gegeben. Die Vorschrift bestimmt, dass Stellplätze und Garagen von den öffentlichen Verkehrsflächen aus auf möglichst kurzem Weg zu erreichen sein müssen. Die Vorschrift dient der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs und hat somit keine nachbarschützende Funktion. Aus dieser Vorschrift kann ein Nachbar keine Abwehrrechte herleiten (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 03.04.2012 – 8 B 5/12 –).

24

Auch § 50 Abs. 9 S. 1 LBO wird nicht verletzt. Hiernach müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht über das zumutbare Maß hinaus stört. Diese Regelung hat drittschützenden Charakter (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 12.07.2011 – 1 MB 12/11 –). Die Frage, ob eine Störung das zumutbare Maß überschreitet, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Situation ab. Nach dem vor Ort gewonnenen Eindruck ist mit der Garage keine über das zumutbare Maß hinausgehende Störung verbunden. In der Garage wird nicht mehr als ein PKW (und nach den Angaben der Beigeladenen zusätzlich ein Motorrad) abgestellt. Der Abstand der Garage zum Wohngebäude der Kläger ist nicht nur gering (vgl. Bl. 9 der Beiakte A). Das Schlafzimmer der Kläger befindet sich auf der dem Bauvorhaben abgewandten Wohngebäudeseite, weshalb eine Beeinträchtigung der Nachtruhe durch die Garage von vornherein ausscheidet. Auf dem Grundstück der Kläger ist in Richtung der Garage das Wohnzimmer, eine überdachte Terrasse und sodann (teilweise) der Gartenbereich ausgerichtet. Auch dieser Bereich wird jedoch nach Überzeugung des Gerichts durch die Garagennutzung nicht durch Lärm oder Autoabgase unzumutbar beeinträchtigt. Der Vortrag der Kläger erschöpft sich insofern in einer pauschalen Behauptung. Für die von den Klägern behauptete offenkundige und schwerwiegende Beeinträchtigung ihres Erholungs- und Ruhebereichs liegen jedenfalls keine Anhaltspunkte vor (vgl. hierzu bereits VG Schleswig, Beschluss vom 08.01.2014 – 8 B 68/13 -). Die etwa 30 m lange Zufahrt zum Grundstück der Beigeladenen ist nicht Gegenstand der Baugenehmigung vom 25.11.2014 und daher nicht zu berücksichtigen.

25

Ein Abstandsflächenverstoß liegt nicht vor. Die Errichtung einer Garage in den Abstandsflächen ist nach § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 LBO zulässig.

26

Die Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aus § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO. Hiernach sind die in den §§ 2-14 geführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 50 Abs. 9 S. 1 LBO verwiesen. Wenn die Benutzung einer zulässigerweise an der Grenze errichteten Garage im Sinne der einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften – wie vorliegend (s.o.) - die Gesundheit nicht schädigt und durch Lärm und Gerüche das Wohnen in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stört, ist für ein drittschützende Gebot der Rücksichtnahme auf diese nachbarlichen Belange kein Raum (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1985 – 4 CB 49 und 50/85 – LS, juris).

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Sachantrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 03. März 2014 - 8 B 68/13

bei uns veröffentlicht am 03.03.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 12. Juli 2011 - 1 MB 12/11

bei uns veröffentlicht am 12.07.2011

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtl

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(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 89 489,88 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger ist Mitglied des beklagten Versorgungswerks, von dem er seit 1. August 2006 eine vorgezogene Altersrente erhält. Seine Klage auf höhere Rentenbezüge, die - neben Einwänden gegen die Rentenberechnung - vornehmlich darauf gestützt ist, dass die mit der Einführung eines Bemessungsfaktors verbundene Kürzung seiner vorgezogenen Altersrente wegen Verstoßes gegen die Eigentumsgarantie und den Gleichbehandlungsgrundsatz verfassungswidrig sei, haben die Vorinstanzen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen.

2

Die hiergegen gerichtete Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensmangels sind zum Teil nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Im Übrigen liegen sie auch nicht vor.

3

1. Die Grundsatzrüge muss gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO eine bestimmte, für die Berufungsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts bezeichnen und substanziiert darlegen, dass diese Frage - gegebenenfalls weiterer oder erneuter - höchstrichterlicher Klärung bedarf. Sie muss ferner dartun, dass im angestrebten Revisionsverfahren mit dieser Klärung zu rechnen und davon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus zu erwarten ist. Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie wendet sich in erster Linie in der Form einer Berufungsbegründung gegen die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu verfassungsrechtlichen Fragen bezüglich der Rentenanwartschaftsabsenkung durch das beklagte Versorgungswerk. Sie beanstandet die Anwendung von Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG sowie der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303 S. 16) auf den konkreten Fall. Dabei nimmt sie die Richtlinie pauschal in Bezug, ohne einschlägige Bestimmungen und darauf bezogene Fragen zu nennen. Zu Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG arbeitet die Beschwerdebegründung keine klärungsbedürftigen Auslegungsfragen heraus. Dazu genügt es nicht, das Berufungsvorbringen zur - vermeintlich - gebotenen weitergehenden Differenzierung der Kürzung nach dem Lebensalter der Anwartschaftsberechtigten wörtlich wiederzugeben und dem die abweichende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts mit der Behauptung gegenüberzustellen, letztere treffe nicht zu. Der Beschwerdebegründung lässt sich auch nicht entnehmen, inwieweit die Klärung der von ihr aufgeworfenen Fragen unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung ein Revisionsverfahren erfordert. Sie legt nicht dar, dass zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits eine Fortentwicklung der Auslegung gerade des Art. 14 GG, des Art. 3 Abs. 1 GG oder einer bestimmten Vorschrift der Richtlinie 2000/78/EG notwendig wäre, sondern verweist nur auf die Vielzahl von Streitigkeiten über die Grenzen zulässiger Kürzung von Versorgungsanwartschaften hin.

4

Unabhängig von diesen Darlegungsmängeln führen die vom Kläger aufgeworfenen Fragen nicht auf klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

5

a) Die erste vom Kläger für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage,

„ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, wenn ein berufsständisches Versorgungswerk, das aus allen Beiträgen eine einheitliche Rendite erzielt, die Beiträge aus freiwilliger Höherversorgung bei der Verrentung in höherem Maße an dieser Rendite teilhaben lässt als Pflichtbeiträge,"

würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat einen derartigen Sachverhalt nicht festgestellt. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte bei der gesonderten Berechnung der Anwartschaften aufgrund der freiwilligen Leistungserhöhung ab dem Jahre 1978 entsprechend den einschlägigen Satzungsbestimmungen für die Berechnung der vom Kläger im Zeitraum von September 1975 bis 2006 erworbenen Anwartschaften auf Altersente vorgegangen. Die Kürzung nach § 12a der Satzung umfasse auch Ansprüche auf Leistungen aus diesen Beiträgen. Unabhängig davon hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass die Kürzung erworbener Rentenanwartschaften als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit Eingriffscharakter gerechtfertigt ist, wenn sie einem Gemeinwohlziel dient und verhältnismäßig ist, was auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn oder Zumutbarkeit voraussetzt. Außerdem muss der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes gewahrt sein (Urteil vom 21. September 2005 - BVerwG 6 C 3.05 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 350 Rn. 32 f.; Beschluss vom 13. April 2012 - BVerwG 8 B 86.11 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 54). Für den Eigentumsschutz ist maßgeblich, dass die Anwartschaft im Wesentlichen auf Eigenleistung beruht. Das gilt für Anwartschaften aus Beiträgen zur freiwilligen Höherversicherung ebenso wie für Anwartschaften aus Pflichtbeiträgen. Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes verpflichtet dazu, Bestandsrenten zu privilegieren; außerdem rechtfertigt er es, rentennahe Jahrgänge besser zu behandeln, weil diesen sonst nicht mehr Zeit genug bliebe, ihre Altersversorgung auf andere Weise zu ergänzen (Urteil vom 21. September 2005 a.a.O. Rn. 35 f.). Die bloße Werbung für eine Erhöhung der Rentenanwartschaft als Finanzanlage genügt dagegen nicht, einen vergleichbar auf Bestandsgarantie gerichteten Vertrauenstatbestand zu schaffen. Auch der Gleichheitssatz zwingt nicht dazu, Anwartschaften aus freiwilligen Beiträgen besser zu behandeln als Anwartschaften aus Pflichtbeiträgen. Die Deckungslücke, die eine Kürzung zur Existenzsicherung des Versorgungssystems erforderlich machte, bedrohte die Werthaltigkeit sämtlicher Anwartschaften gleichermaßen. Ihre Kürzung durfte an die Ursachen der finanziellen Notlage anknüpfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 - 1 BvR 3588/08 - BVerfGE 128, 138 Rn. 41), von denen die Steigerung der statistischen Lebenserwartung nach den Feststellungen der Vorinstanz Freiwillige und Pflichtbeitragszahler gleichermaßen betraf (vgl. Beschluss vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 8 B 89.12 - juris).

6

b) Die Frage,

„ob eine Kürzung von Rentenanwartschaften durch einen Satzungsgeber eines gesonderten, hierauf gerichteten Parlamentsgesetzes bedarf,"

steht im Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an eine gesetzliche Grundlage zu stellen sind, mit der Rechtsetzungsbefugnisse an Träger funktionaler Selbstverwaltung überantwortet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf die Einrichtung funktionaler Selbstverwaltung als Ausprägung des Demokratieprinzips des Art. 20 Abs. 2 GG mit dem Ziel der Verwirklichung der freien Selbstbestimmung nicht dazu führen, dass der Gesetzgeber sich seiner Regelungsverantwortung entäußert. Überlässt er öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten als Trägern funktionaler Selbstverwaltung bestimmte Aufgaben zur Regelung in Satzungsautonomie, darf er ihnen die Rechtsetzungsbefugnis nicht zur völlig freien Verfügung überlassen. Das gilt insbesondere bei Regelungen, die mit Grundrechtseingriffen verbunden sind. Der Gesetzesvorbehalt weist dem parlamentarischen Gesetzgeber die Entscheidung darüber zu, welche Gemeinschaftsinteressen so wichtig sind, dass Freiheitsrechte des Einzelnen zurücktreten müssen. Im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes, insbesondere die Intensität der Grundrechtseingriffe, ist zu beurteilen, wie weit die gesetzlichen Vorgaben ins Einzelne gehen müssen. Der Parlamentsvorbehalt gewährleistet nicht nur, dass der demokratische Gesetzgeber die Aufgaben und Regelungsgegenstände festlegt, die zur selbstverantworteten Gestaltung freigegeben werden, wobei je nach Grundrechtsberührung engere oder weitere Vorgaben den Satzungsgeber anleiten. Wählt der parlamentarische Gesetzgeber für bestimmte öffentliche Aufgaben eine Organisationsform der Selbstverwaltung, muss er institutionelle Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen der von ihr erfassten Personen treffen. Organisation und Verfahren müssen Gewähr dafür bieten, dass die verfolgten öffentlichen Aufgaben innerhalb der Anstalt für diejenigen, die der Satzungsgewalt unterworfen sind, unter Berücksichtigung ihrer Interessen angemessen wahrgenommen werden. Die Bildung der Organe, ihrer Aufgaben und Handlungsbefugnisse müsse in ihren Grundstrukturen in einem parlamentarischen Gesetz ausreichend bestimmt sein; das Gesetz muss außerdem mittels Vorgaben für das Verfahren der autonomen Entscheidungsfindung eine angemessene Partizipation der Berufsangehörigen an der Willensbildung gewährleisten. Die Organe müssen nach demokratischen Grundsätzen gebildet werden; es sind institutionelle Vorkehrungen vorzusehen, damit die Beschlüsse so gefasst werden, dass nicht einzelne Interessen bevorzugt werden. Das weitgehende Ermessen des Gesetzgebers hinsichtlich der Bildung von Organisationseinheiten und der Auswahl der zu übertragenden Aufgaben findet seine Grenzen darin, dass die von ihm zu setzenden Regelungen über Strukturen und Entscheidungsprozesse, in denen diese Aufgaben bewältigt werden sollen, dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip entsprechen müssen. Der Gesetzgeber hat sicherzustellen, dass sieh die verbindlich und autonom gesetzten Regelungen mit Eingriffscharakter als Ergebnis eines demokratischen Willensbildungsprozesses im Inneren darstellen. Wird durch organisatorische und verfahrensrechtliche Bestimmungen für eine angemessene Interessenberücksichtigung gesorgt, werden die Anforderungen an materiell-rechtliche Regelungen im Gesetz entsprechend verringert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94, 1299/94, 1332/95, 1613/97 - BVerfGE 111, 191 <216 f.>).

7

An diesem rechtlichen Maßstab hat sich das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob das irrevisible Berliner Kammergesetz hinsichtlich der Absenkung der Rentenanwartschaften eine ausreichende parlamentsgesetzliche Legitimation beinhaltet, orientiert. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

8

c) Die Frage,

ob sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Erforderlichkeit einer Kürzung von Rentenanwartschaften darauf beschränken darf, die Daten aus dem von dem jeweiligen Rententräger eingereichten Unterlagen ohne jegliche eigene gerichtliche Überprüfung zu übernehmen,

zielt nicht auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, sondern ist dem Einzelfall verhaftet und beinhaltet in Wirklichkeit den Vorwurf des verfahrensrechtlichen Mangels, dass das Oberverwaltungsgericht den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt habe. Unabhängig davon unterstellt die Beschwerde einen Sachverhalt, der nicht gegeben ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die von der Beklagten eingereichten Unterlagen, darunter das Gutachten eines von der Beklagten beauftragten Versicherungsmathematikers, einer eigenen gerichtlichen Kontrolle unterzogen (vgl. UA S. 22).

9

d) Schließlich wäre die Frage,

„ob eine einheitliche Absenkung von Rentenanwartschaften in einem berufsständischen Versorgungswerk, mit der auf eine gestiegene Lebenserwartung reagiert werden soll, mit Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und mit der Richtlinie 2000/78/EG auch dann zu vereinbaren ist, wenn die jüngeren Geburtenjahrgänge innerhalb des Anstiegs der Lebenserwartung, auf den mit dieser Satzungsänderung reagiert werden soll, einen prozentual stärkeren Anstieg ihrer Lebenserwartung zu verzeichnen hatten als ältere Geburtenjahrgänge,"

in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Die Beschwerde geht von einem anderen als dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt aus. Nach den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat in einem Revisionsverfahren nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden wäre, war die gestiegene statistische Lebenserwartung weder der Anlass noch der einzige Anknüpfungspunkt für die satzungsrechtliche Kürzung der Rentenanwartschaften. Anlass war eine erhebliche, den Fortbestand des Beklagten gefährdende Deckungslücke. Dazu hatten nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen neben der verspäteten Berücksichtigung der gestiegenen statistischen Lebenserwartung auch die in der Vergangenheit erfolgten fehlerhaften Beitrags-Rentenberechnungen sowie erforderliche Abschreibungen auf Immobilien und Kapitalanlagen beigetragen (vgl. UA S. 2). Mit der Kürzung der Rentenanwartschaften sollte die Deckungslücke geschlossen und eine finanzielle Konsolidierung erreicht werden. Sie knüpfte an die Problemfaktoren an und trug damit nicht allein der Steigerung der statistischen Lebenserwartung Rechnung, sondern führte auch die früheren Dynamisierungen und Leistungsverbesserungen zurück, von denen langjährige Beitragszahler wie der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanz besonders profitiert hatten. Die Besserstellung rentennaher Mitglieder, die am 1. Januar 2003 bereits das 57. Lebensjahr vollendet hatten, diente dem Vertrauensschutz.

10

e) Die weiterhin gestellte Frage,

„ob es mit Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, Rentenanwartschaften in einem berufsständischen Versorgungswerk mit dem Zweck der finanziellen Konsolidierung dieses Versorgungswerks vorzunehmen (offenbar gemeint: zu kürzen), Bestandsrenten von einer unmittelbaren Kürzung jedoch auszunehmen,"

ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres zu beantworten. Sie muss bejaht werden, weil schon der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz Veranlassung geben kann, Bestandsrenten bei Kürzung schonender zu behandeln als Rentenanwartschaften; je nach Fallgestaltung kann er sogar gebieten, sie von Kürzungen vollständig auszunehmen (vgl. Urteil vom 21. September 2005 a.a.O. Rn. 35 f.). Die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes im konkreten Fall kann nicht Gegenstand der Grundsatzrüge sein.

11

2. Das angegriffene Urteil leidet auch nicht an Verfahrensmängeln im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

12

a) Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

13

Der Kläger sieht eine solche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) darin, dass sich das angefochtene Urteil nicht mit seinem Vortrag im Berufungsverfahren auseinandergesetzt habe, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Nachprüfung der Rentenberechnung jegliche Dynamisierung infolge einer freiwilligen Höherversicherung außer Acht gelassen. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Klägers zur Kenntnis genommen (vgl. UA S. 7 f.) und sich mit ihm in der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt. Es hat im Einzelnen die rechtlichen Schritte bezüglich der Entwicklung der Beiträge und der daraus resultierenden Anwartschaften dargelegt und bezüglich der gesonderten Berechnung der Anwartschaften aufgrund der freiwilligen Leistungserhöhung im Jahre 1978 dieselbe Vorgehensweise durch den Beklagte festgestellt (vgl. UA S. 13 ff.). Nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu § 24 der Satzung würden die Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Geschäftsjahres auf der Grundlage des von der Vertreterversammlung festgestellten Jahresabschlusses des Vorjahres, der beschlossenen Leistungsverbesserungen des laufenden Jahres und der Vorschriften des von der Aufsichtsbehörde genehmigten technischen Geschäftsplans erhoben bzw. geleistet. Eine Veröffentlichung des technischen Geschäftsplans schreibe weder die Satzung 2007 noch die Satzung 2012 vor. Aufgrund dessen hatte das Oberverwaltungsgericht keine Veranlassung, sich mit der Frage näher zu befassen, ob bei der Rentenberechnung hinsichtlich der freiwilligen Beitragsleistungen eine weitergehende Dynamisierung seitens des Beklagten vorgesehen war, etwa infolge einer erzielten höheren Rendite aufgrund einer freiwilligen Höherversorgung.

14

b) Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör wurde durch das Berufungsgericht auch nicht deshalb verletzt, weil es seinen Beweisantrag abgelehnt hat. Der Kläger hatte beantragt, über seine Behauptung Beweis zu erheben, „dass die jüngeren Geburtenjahrgänge innerhalb des Anstiegs der Lebenserwartung, auf den mit der streitbefangenen Satzungsänderung reagiert werden sollte, einen prozentual stärkeren Anstieg ihrer Lebenserwartung zu verzeichnen hatten, als älteren Geburtsjahrgänge". Das Oberverwaltungsgericht hat die Beweiserhebung abgelehnt, weil es die Beweistatsache als wahr unterstellte; das findet im Prozessrecht eine hinlängliche Stütze. Dass es sich in der angefochtenen Entscheidung dazu in Widerspruch gesetzt habe, hat der Kläger bereits nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise nachvollziehbar begründet. Er beschränkt sich insoweit auf Seite 31 der Beschwerdebegründung auf einen Verweis auf Seite 24, wo der geltend gemachte Widerspruch jedoch ebenfalls nicht dargelegt wird.

15

c) Schließlich liegt auch keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs darin begründet, dass sich das Oberverwaltungsgericht nicht mit dem Vortrag des Klägers auseinandergesetzt habe, die Überschussrückstellung in Höhe von 188 Mio. DM hätte nach der Satzung und auch angesichts der strengen Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG an eine Absenkung von Anwartschaften aufgelöst werden müssen, bevor Anwartschaften gesenkt würden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zeichnete sich zum Zeitpunkt des Beschlusses der Delegiertenversammlung am 20. Juni 2002 bezüglich der Absenkung der Rentenanwartschaften die Verschuldungssituation aufgrund des zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden versicherungsmathematischen Gutachtens bereits als so gravierend ab, dass absehbar war, die Überschussrückstellung würde zur Deckung des vorhandenen Defizits nicht ausreichen. Nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG war die Tatsache, dass die Auflösung der Überschussrückstellung in Höhe von rund 188 Mio. DM nach der streitbefangenen Kürzung erfolgte, nicht entscheidungserheblich.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.

(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.

(3) Unzulässig sind

1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten,
2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.

(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.

(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf
   7.500,-- Euro
festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat gem. § 122 Abs. 2 S. 3 VwGO zunächst Bezug nimmt, abgelehnt.

2

Die im Beschwerdeverfahren dagegen vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung:

3

Die (nachbarschützende) Vorschrift des § 50 Abs. 9 S. 1 LBO, die für die Anordnung von Garagen und Stellplätzen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme konkretisiert, ist aller Voraussicht nach durch das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht verletzt. Zwar ist die Rampe der Ausfahrt der Tiefgarage, die dem Gebäude und Grundstück der Antragstellerin gegenüber liegt, mit der in den Bauvorlagen angegebenen Neigung von 15 Prozent recht steil; das entspricht der höchstzulässigen Neigung von Rampen von Mittel- und Großgaragen (§ 4 Abs. 1 S. 1 der Landesverordnung über den Bau und Betrieb von Garagen vom 30.11.2009, GVOBl. 2009, 873). Dass deswegen die die Tiefgarage verlassenden Autofahrer genötigt würden, über das normale Maß hinaus „Gas zu geben“ - mit der Folge, dass unzumutbare Lärmimmissionen auf das nur wenige Meter entfernte Haus der Antragstellerin einwirkten -, ist jedoch nicht zu erwarten: Das Grundstück der Antragstellerin liegt in einem - im Bebauungsplan Nr. 58 der Gemeinde … als solches ausgewiesenes - Mischgebiet. Die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet betragen tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A); dabei dürfen einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (Ziff. 6.1 der TA Lärm). Dafür, dass diese Werte hier überschritten würden, spricht wenig. Dabei orientiert sich der Senat angesichts dessen, dass kein Lärmgutachten eingeholt worden ist, an der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landes-amts für Umwelt, deren Gegenstand auch Messungen an Tiefgaragenrampen sind (6. überarbeitete Auflage, August 2007). Im Anhang 3 zu dieser Studie werden die von einer Tiefgaragenzufahrt - bei offener Rampe - auf einen Immissionsort, der 5 m neben der Rampe, an deren Ende, gelegen ist, einwirkenden Lärmimmissionen - beispielhaft - berechnet (S. 113 ff). Danach betragen die auf den Immissionsort einwirkenden Beurteilungspegel für den Tagzeitraum von 06:00 bis 22:00 Uhr - unter Berücksichtigung des Zuschlags für die Zeiträume mit erhöhtem Ruhebedürfnis - 58,6 dB(A) im Erdgeschoss und 58,0 dB(A) im Obergeschoss, liegen also unterhalb des Tagesrichtwerts für Mischgebiete von 60 dB(A). Zwar wird hier die Rampe steiler sein als im Beispielsfall (hier - nach den eingereichten Bauvorlagen - 15 Prozent, nach den Angaben der Beigeladenen im Schreiben vom 16.06.2011 tatsächlich 13,56 Prozent auf einer Länge von ca. 11 m, dort: 13 Prozent auf einer Länge von ca. 17 m). Der dadurch entstehende zusätzliche Lärm wird jedoch dadurch mehr als kompensiert, dass im Beispielsfall von 20 Fahrzeugbewegungen (je 10 Ein- und Ausfahrten) / Stunde (h) ausgegangen worden ist. Eine solch hohe Zahl von Fahrzeugbewegungen ist hier nicht zu erwarten. Dafür spricht schon, dass in der streitigen Tiefgarage nur 18 Stellplätze vorhanden sein werden. Geht man ferner davon aus, dass 12 dieser Stellplätze den 12 in dem Gebäude entstehenden Wohnungen zugeordnet werden und nach der Parkplatzlärmstudie die durchschnittliche Bewegungshäufigkeit für solche Stellplätze nur 0,09 / h, die maximale Bewegungshäufigkeit nur 0,13 / h beträgt (Ziff. 5.3, S. 29), wird deutlich, dass hier mit einer weitaus geringeren Zahl von Fahrzeugbewegungen zu rechnen ist. Daran ändert auch nichts, dass im Erdgeschoss des Gebäudes eine Gaststätte mit 32 Sitzplätzen, eine Bäckerei mit Café mit 34 Sitzplätzen und 2 Arztpraxen untergebracht werden sollen. Abgesehen davon, dass für diese gewerblichen und freiberuflichen Nutzungen nur noch 6 Stellplätze verbleiben, könnte ein zu häufiger Wechsel auf ihnen dadurch vermieden werden, dass der Antragsgegner deren Nutzung auf die Inhaber der Gewerbebetriebe bzw. der Praxen und ihre Beschäftigten beschränkte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die o.a. Gesamtbeurteilungspegel von 58,6 bzw. 58,0 dB(A) nicht nur die Geräusche ein- und ausfahrender Fahrzeuge beinhalten, sondern auch die Geräusche, die beim Überfahren der Regenrinne am unteren Ende der Rampe und durch das Öffnen und Schließen des Tores der Tiefgarage entstehen (Ziff. A.3.1.2, S. 117). Diese letzteren Geräusche entstehen nicht, wenn die Regenrinne lärmarm ausgebildet wird, z.B. mit verschraubten Gusseisenplatten, und auch das Garagentor dem Stand der Lärmminderungstechnik entspricht (Ziff. 7.2.4, S. 79, und Ziff. 7.2.5, S. 80, a.E.). Wenn die Beigeladene nicht ohnehin beabsichtigt, die Regenrinne und das Garagentor entsprechend auszuführen, müsste der Antragsgegner ihr das erforderlichenfalls aufgeben. Bei Nichtberücksichtigung der Teilbeurteilungspegel von Regenrinne und Garagentor verbleiben Beurteilungspegel von 54,9 bzw. 53,9 dB(A). Auch die Überschreitung des Nachtrichtwerts von 45 dB(A) ist nicht zu erwarten; denn nachts, d.h. von 22:00 bis 06:00 Uhr, beträgt die durchschnittliche Bewegungshäufigkeit auf Wohnungen zugeordneten Stellplätzen lediglich 0,01 / h (Studie, Ziff. 5.3, S. 29) und zudem soll die Nutzung der Gaststätte nur bis 22:00 Uhr zulässig sein (vgl. die Betriebsbeschreibung). Nachts könnte es allerdings zur Überschreitung des 20 dB(A) - Zuschlags zum Nachtrichtwert von 45 dB(A) für kurzzeitige Geräuschspitzen kommen (vgl. die Berechnung in A.3.1.3, S. 118, nach der für den dortigen Immissionsort ein Maximalpegel von 70,4 dB(A) prognostiziert wird). Abgesehen davon, dass wegen der - wie dargelegt - nachts nur geringen Bewegungshäufigkeit / Stellplatz / h (nach Mitternacht wird sie erfahrungsgemäß gegen Null tendieren) diese Geräuschspitzen nicht häufig, sondern nur ganz vereinzelt auftreten werden, hat das die Antragstellerin als sozialadäquat hinzunehmen: Bereits die Vorbeifahrt eines Pkw in 10 m Entfernung verursacht einen Maximalpegel von ca. 70 dB(A) (Fickert/Fieseler, Komm. zur BauNVO, 10. Aufl., § 15 Rn. 15.2), d.h. solche Werte sind in einer durch Kfz-Verkehr geprägten Umwelt auch nachts nichts Ungewöhnliches. Das gilt sogar für reine und allgemeine Wohngebiete oder der Erholung dienende Sondergebiete, in denen nach § 12 Abs. 2 BauNVO Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf regelmäßig zulässig sind, obwohl bei deren Anfahrt auch derartige Maximalpegel entstehen können. Erst recht sind in einem Mischgebiet solche Maximalpegel „normal“, weil in einem Mischgebiet Stellplätze und Garagen nicht nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf, sondern darüber hinaus zulässig sind. Im vorliegenden Fall spricht gegen die Annahme, dass sich die Maximalpegel unzumutbar auswirken, schließlich, dass nach der Baugenehmigungsakte für das Gebäude der Antragstellerin nach Osten, zur öffentlichen Straße, hin - direkt gegenüber der Tiefgaragenzu- bzw. -ausfahrt - nur die Diele (Erdgeschoss), die Küchen (im Erd- und Dachgeschoss) und ein Abstellraum (Dachgeschoss) angeordnet sind.

4

Diese Raumanordnung im Gebäude der Antragstellerin schließt es auch aus, dass sich die Lichtimmissionen der die Tiefgarage verlassenden Kfz unzumutbar auswirken werden. Das Dachflächenfenster des Wohnzimmers im Dachgeschoss ist nach dem mit der Antragsschrift eingereichten Foto so weit seitlich versetzt, dass es von den Lichtimmissionen nicht betroffen sein wird.

5

Es ist auch nicht zu erwarten, dass das Haus der Antragstellerin verlassende Bewohner durch aus der Tiefgarage ausfahrende Kfz konkret gefährdet würden: Zwischen oberem Ende der Rampe und öffentlichem Straßenraum sind noch ca. 4 m (ebene) Fläche vorhanden, auf der das Einbiegen nach links in die öffentliche Straße bereits eingeleitet werden kann. Die Fläche direkt vor der Tür des Gebäudes der Antragstellerin muss nicht in Anspruch genommen werden (vgl. den dem Schreiben der Beigeladenen vom 16.06.2011 beigefügten Lageplan).

6

Was den Bescheid vom 19. Januar 2009 angeht, mit dem der Beigeladenen die Befreiung von der Einhaltung der Baugrenzen (bezüglich einer Fläche von 7 x 13 m) erteilt worden ist, lässt es der Senat dahingestellt, ob einer der in den Nummern 1 bis 3 des § 31 Abs. 2 BauGB aufgeführten Befreiungstatbestände gegeben ist: Selbst wenn das nicht der Fall, d.h. die Befreiung objektiv rechtswidrig wäre, wäre der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen; denn die Antragstellerin wird durch die Befreiung aller Voraussicht nach nicht in subjektiven öffentlich-rechtlichen Nachbarrechten verletzt. Dafür, dass mit der Festlegung der Baugrenzen auch bezweckt gewesen wäre, Rechte der dadurch (mittelbar) begünstigten Nachbarn zu schützen oder zu verbessern, gibt es keine Anhaltspunkte. Insbesondere der Planbegründung lässt sich dafür nichts entnehmen. Im Übrigen sind bei der Erteilung einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans die nachbarlichen Interessen nur im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen und zu würdigen (BVerwG, Beschl. v. 08.07.1998 - 4 B 64.98 -, BRS 60 Nr. 183). Dieses Gebot ist durch die Befreiung - und die dadurch u.a. ermöglichte Einrichtung einer (Speise-) Gaststätte mit 32 Sitzplätzen und einer Außenterrasse mit einer Fläche von 25,95 m2 - absehbar nicht verletzt. Dafür spricht zunächst, dass Schank- und Speisewirtschaften in Mischgebieten allgemein zulässig sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Zudem sind die Gaststätte selbst und insbesondere die Außenterrasse nicht besonders groß und ist der Betrieb laut der mit den Bauvorlagen eingereichten Betriebsbeschreibung auf die Zeit bis 22:00 Uhr beschränkt. Der Abstand zwischen Außenterrasse und der Südfront des Gebäudes der Antragstellerin ist auch nicht „verschwindend gering“, sondern beträgt im Mittel ca. 15 m.

7

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen, weil ihre Beschwerde keinen Erfolg gehabt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).

8

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Das erscheint deshalb billig, weil die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

9

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren ist gem. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG festgesetzt worden.

10

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.