Verwaltungsgericht Münster Beschluss, 30. Aug. 2016 - 9 L 1186/16
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
1. Durch einstweilige Anordnung wird vorläufig bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren festgestellt, dass die Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Mitte, Bereich Hammer Straße, an den Adventssonntagen 04.12.2016, 10.12.2017, 09.12.2018 und 08.12.2019 nicht auf Grund der „Ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt Münster über das P. der Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Mitte, Bereich Hammer Straße, am 2. Advent für die Kalenderjahre 2016 bis 2019“ vom 13.05.2016 (Amtsblatt Münster 59. Jahrg./ Nr. 10 vom 20.05.2016, S. 92) in dem dort ausgewiesenen Standortbereich geöffnet sein dürfen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Beschlusstenor zu 1. binnen drei Tagen nach Rechtskraft dieses Beschlusses ortsüblich bekannt zu machen und ihn desweiteren der Aktions- und Werbegemeinschaft Hammer Strasse e. V., vertreten durch Herrn C, I Str. 32, 48153 Münster, binnen derselben Frist schriftlich bekannt zu geben.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Der Antrag der Antragstellerin, soweit er nach Trennung den Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens bildet, hat Erfolg.
31. Der Antrag, gerichtet auf eine einstweilige Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO mit dem in der Antragsschrift umschriebenen Inhalt, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Gericht verweist insoweit auf die hierauf bezogenen Ausführungen in seinen Beschlüssen gleichen Rubrums vom 27. Juli 2016 – 9 L 1099/16 – und vom 8. August 2016 - 9 L 1100/16 -, ferner auf die Gründe des die Beteiligten ebenfalls betreffenden Beschlusses des OVG NRW vom 15. August 2016 – 4 B 887/16 -, die hier ebenfalls gelten.
42. Der Antrag ist auch begründet. Die Ordnungsbehördliche Verordnung vom 13. Mai 2016 über die Zulässigkeit einer Ladenöffnung im von der Verordnung erfassten Stadtbereichszentrum (Teilbereich) Hammerstraße vom Ludgeriplatz bis zur Einmündung der Augustastraße wird von der gesetzlichen Ermächtigung des § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 LÖG NRW offensichtlich nicht gedeckt. Die begehrte einstweilige Anordnung hat demgemäß unter Zugrundelegung des im Verfahren der vorliegenden Art geltenden strengen Maßstabs als dringend geboten zu ergehen.
5Welche Anforderungen nach den Regelungen des LÖG NRW für eine Freigabe von Verkaufsstellen an Sonntagen im Hinblick auf die Wahrung des verfassungsrechtlich geschützten Mindestniveaus des Sonn- und Feiertagsschutzes durch eine Verordnung der örtlichen Ordnungsbehörde zu wahren sind, ist durch die den Beteiligten bekannte Rechtsprechung namentlich des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG NRW,
6zuletzt: Beschluss vom 15. August 2016 – 4 B 887/16 -, juris und nrwe mit weiteren Nachweisen,
7geklärt. Hierauf wird verwiesen.
8In Anwendung dieser Grundsätze, denen das Gericht folgt, ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bereits offensichtlich dem rechtlichen Erfordernis nicht Rechnung getragen hat, sich abschätzend – prognostisch – Gewissheit darüber zu verschaffen, dass die für die Ladenöffnung als Anlass herangezogenen „Weihnachtsmärkte in Münster“ in ihrer öffentlichen Wirkung, d. h. in ihrer Wirkung auf das Besucheraufkommen gerade in dem durch die Verordnung zur Ladenöffnung freigegebenen Bereich der Hammer Straße, derart prägend sind, dass sie dort gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit einer Ladenöffnung im Vordergrund stehen, mithin dass der anzunehmende Besucherstrom, den die Weihnachtsmärkte für sich genommen auslösen würden, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen in den von der Verordnung erfassten Bereich kämen.
9Die dem Gericht vorgelegten Verfahrensakten der Antragsgegnerin zeigen in dieser Hinsicht nichts auf. Soweit in der Beschlussvorlage V/0255/2016 der Verwaltung zur Ratssitzung vom 11. Mai 2016 unter Aufgreifen der Hinweise der Antragstellerin vom 2. März 2016 zur räumlichen - einer prägenden Wirkung der Veranstaltungen nach ihrer Meinung entgegenstehenden - Distanz zwischen dem Bereich Hammer Straße und dem Zentrum von Münster mit den dort gelegenen Weihnachtsmarktstandorten Aegidii, Rathaus, Lamberti, Kiepenkerl und Giebelhüüskesmarkt ausgeführt hat, diese Bedenken würden nicht geteilt, weil „die Vielzahl der innerstädtischen Weihnachtsmärkte bereits eine lange Tradition hätten, zu der regelmäßig mehrere tausend Besucher und Besucherinnen aus Münster, dem Umland, der gesamten Bundesrepublik Deutschland sowie aus den benachbarten Ländern anreisten, die Weihnachtsmärkte somit das Potential hätten, für die beiden Zonen des Stadtbezirks Münster-Mitte als Anlass im Sinne des LÖG NRW herangezogen zu werden“, geht dies an dem Erfordernis einer Abschätzung dazu, ob, in welcher Zahl und aufgrund welcher Motivation die Besucher an dem 2. Adventssonntag gerade den erfassten Bereich der Hammer Straße aufsuchen würden, vorbei. Dass das aus Gründen der Weihnachtsmärkte diesen Bereich aufsuchende Publikum zahlenmäßig jedenfalls in ungefährer Größenordnung die Personenzahl übersteigen würde, die die Hammer Straße an diesem Tag allein wegen der geöffneten Verkaufsstellen aufsuchen werde, ist damit erst recht nicht abgeschätzt worden. Im gerichtlichen Verfahren ist von der Antragsgegnerin ebenfalls nichts vorgetragen worden, was auf eine im Normsetzungsverfahren durchgeführte Prognose mit dem erforderlichen Inhalt hindeuten könnte. Sie beschränkt sich insoweit darauf, hervorzuheben, dass die Hammer Straße als Verkaufsstraße ein im Advent von den örtlichen Gewerbetreibenden außergewöhnlich liebevoll geschmücktes Eingangstor zur Altstadt sei, durch das viele Gäste zu den Weihnachtsmärkten strömten, so dass auch hier die Kundschaft nicht durch die geöffneten Geschäfte die Sonntagsruhe störe, sondern ohnehin schon da sei, ohne von geöffneten Geschäften erst auf den Weg gebracht zu werden. Auch diese Anmerkung geht an dem notwendigen Inhalt der vom Normgeber anzustellenden Prognose vorbei.
10Ist das Gericht demgemäß wegen des Fehlens jeglicher konkreter und nachvollziehbarer inhaltlicher Anknüpfungspunkte nicht in der Lage, eine auch nur summarische Überprüfung dazu vorzunehmen, ob die streitige Verordnung materiell das Ergebnis einer rechtskonformen Abschätzung ist, geht dies zu Lasten der Antragsgegnerin. Das Gericht ist auch nicht dazu berufen, anstelle der Antragsgegnerin eine eigene Prognose vorzunehmen.
11Soweit in der Rechtsprechung,
12zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2016 - 4 B 887/16 -, a.a.O.,
13in Fällen einer – wie hier - fehlenden Abschätzung durch den Normgeber eine nachgehende Prüfung dazu vorgenommen worden ist, ob das Fehlen einer prognostischen Abschätzung der Gemeinde auf das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens ersichtlich deshalb ohne Einfluss gewesen ist, weil der gegenüber der anlassgebenden Veranstaltung nachgeordnete Charakter der sonntäglichen Ladenöffnung offen zu Tage liegt, führt auch dies nicht zu einem für die Antragsgegnerin günstigen Ergebnis. Es ist nämlich nicht offenkundig, dass die Weihnachtsmärkte in Münster für die vorgesehene Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen längs der Hammer Straße zwischen Ludgeriplatz und Einmündung der Augustastraße einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden hinreichenden Anlass für Besucher darstellen, diesen Bereich gerade oder jedenfalls schwerpunktmäßig motiviert durch die Weihnachtsmärkte in der Altstadt aufzusuchen. Im Gegenteil spricht vieles gegen eine solche Annahme.
14Dabei bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Prüfung, in welchem Umfang die Weihnachtsmärkte an den insgesamt fünf Standorten der Altstadt von Münster ein adventssonntägliches Publikumsaufkommen auslösen und welche Motivationen an diesem Tag für die Mehrheit dieses Publikums bestimmend wären, die Stadt aufzusuchen. Es drängt sich nämlich nicht auf, dass die die Weihnachtsmärkte in der Altstadt ausmachenden Aktivitäten den Bereich der Hammer Straße hinsichtlich des sonntäglichen Publikumsaufkommens dort mitprägen oder sonst einen hierfür beachtlichen räumlichen oder funktionalen Bezug aufweisen würden. Wie geklärt ist, entfaltet die Ladenöffnung nur dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint. Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld der Veranstaltung (hier: des Marktes) begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Zwar mag bei Märkten größeren Umfangs oder besonderer Attraktivität der räumliche Bereich der Ausstrahlungswirkung, in dem die Verkaufsöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird, je nach Lage der Dinge auch über das nahe Umfeld des Marktes und seiner Veranstaltungsflächen hinausgehen. Diese etwa anzunehmende Ausstrahlungswirkung muss sich jedoch prognostisch auch auf die jeweiligen Besucherströme und deren Motivation, den von der Verordnung räumlich erfassten Bereich aufzusuchen, auswirken. Dies drängt sich hier schon mit Blick auf die Entfernungen zwischen den Standorten des Weihnachtsmarkts und dem Bereich Hammer Straße nicht auf. Selbst wenn man dabei auf den nördlichen Anfang des von der Verordnung erfassten Bereichs (Ludgeriplatz/Beginn Hammer Straße) abstellen wollte, beträgt die Entfernung zu den nächstgelegenen Teilbereichen des Weihnachtsmarkts (Aegidiimarkt bzw. Rathaus) je nach Wahl der fußläufigen Verbindung 750 Meter und mehr. Hinzutritt, dass der nördliche Anfang der Hammer Straße von dem Altstadtbereich optisch und funktional deutlich durch den Grüngürtel der Promenade und den großflächigen Ludgeriplatz mit seinem Kreisverkehr, der auch von Fußgängern umrundet werden muss, abgegrenzt ist. Gebäude mit Ladengeschäften befinden sich in nennenswerter Zahl erst jenseits – südlich – des Ludgeriplatzes. Diese räumlich-funktionalen Beziehungen sind auch ersichtlich Grundlage der eigenständigen Darstellung des Bereichs Hammer Straße in dem Einzelhandelskonzept der Stadt als Standorttyp B „Stadtbereichszentrum /Teilbereich“ mit eigener, von dem Standorttyp A „City/Innenstadt/Haupteinkaufsbereich“ unterschiedener Qualität geworden. Die von der Aktions- und Werbegemeinschaft Hammer Straße e. V. in ihrem Gesuch um Eröffnung eines verkaufsoffenen Sonntags zum jeweiligen 2. Adventssonntag an die Antragsgegnerin vom 4. Februar 2016 gegebene Begründung zeigt nichts Gegenteiliges auf. So ist dort im Anschluss an den auf die Innenstadt bezogenen Antrag der Initiative Starke Innenstadt Münster und des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen ausgeführt worden: „An diesem verkaufsoffenen Sonntag besuchen sehr viele auswärtige Menschen die Stadt Münster und gerade in der Adventszeit die vier großen Weihnachtsmärkte. Viele dieser Besucher kommen auch über die Hammer Straße in die Innenstadt. Jahr für Jahr wird die Hammer Straße durch die Weihnachtsbeleuchtung schon als eine wichtige Einfallstraße zur Innenstadt kenntlich gemacht und versucht auf diese Weise die Besucher in weihnachtliche Stimmung zu versetzen. Die Kaufleute der Hammer Straße möchten sich an den geplanten verkaufsoffenen Sonntagen beteiligen, auch um das gemeinsame Erscheinungsbild zu unterstreichen und den an diesem Tage zu erwartenden vielen Besuchern auch die lokalen Geschäfte bekannt zu machen. Die Weihnachtsmärkte in Münster sind ein wesentlicher Besuchermagnet und die örtlichen Geschäfte runden das Gesamtbild der Stadt Münster in der vorweihnachtlichen Zeit ab. …..“ Dass auswärtige – insbesondere motorisierte - Besucher zum Teil die Innenstadt über die Hammer Straße erreichen und dabei von einer weihnachtlichen Beleuchtung begleitet werden, ist für die Frage, in welchem Maß und aufgrund welcher Motivation der Personenkreis, der später an dem Sonntag den Bereich Hammer Straße und die dortigen Geschäfte aufsuchen mag, nicht ergiebig. Eigene Marktstände mit weihnachtlichem Gepräge sind im Verlauf der Hammer Straße nach Lage der Akten jedenfalls nicht vorhanden.
15Erweist sich die streitbetroffene Verordnung mithin schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich fehlerhaft, beeinträchtigt auch ihre – hier über mehrere Jahre gehende - Umsetzung die Antragstellerin konkret in ihren Rechten.
16Die Anordnung unter Ziffer 2 dieses Beschlusses sichert die effektive Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung.
17Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
1. Durch einstweilige Anordnung wird vorläufig bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren festgestellt, dass die Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Hiltrup, Ortsteil Hiltrup, am Sonntag, 21.08.2016, nicht auf Grund der „Ordnungsbehördlichen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten der Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Hiltrup, Ortsteil Hiltrup“ vom 18.03.2016 (Amtsblatt Münster 59. Jahrg./ Nr. 7 vom 24.03.2016, 64) in den in der Verordnung mit C „Hiltrup-West (Meesenstiege)“, D „Hiltrup-Ost (Osttor)“ und D „Hiltrup-Ost (Am Roggenkamp)“ ausgewiesenen Standortbereichen geöffnet sein dürfen.
2. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Beschlusstenor zu 1. binnen drei Tagen nach Rechtskraft dieses Beschlusses ortsüblich bekannt zu machen und desweiteren dem X Hiltrup e. V., 48165 Münster-Hiltrup, binnen derselben Frist schriftlich den Beschlusstenor zu 1. bekannt zu geben.
4. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
5. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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21.1. Das Gericht legt das auf einen vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO bezogen geltend gemachte Begehren der Antragstellerin, soweit es nach dem Trennungsbeschluss des Gerichts vom 21. Juli 2016 Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist, dahin aus, dass hiermit eine vorläufige Feststellung allein mit dem Inhalt begehrt wird, dass die von der Ordnungsbehördlichen Verordnung der Antragsgegnerin vom 18. März 2016 über das Offenhalten der Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Hiltrup, Ortsteil Hiltrup, räumlich erfassten Verkaufsstellen nicht auf der Grundlage dieser Verordnung an dem dort bestimmten Sonntag, dem 21. August 2016, anlässlich des 6. Hiltruper Weinfestes in dem gestatteten Zeitraum von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr, geöffnet sein dürfen. Eine Erstreckung des Eilrechtsschutzbegehrens auf den in der Verordnung ebenfalls einbezogenen, bei Antragstellung am 1. Juli 2016 bereits in der Vergangenheit liegenden und damit durch gerichtliche Eilentscheidung von vornherein nicht mehr beeinflussbaren Sonntag, den 22. Mai 2016 mit dem 23. Hiltruper Frühlingsfest, ist bei sachgerechtem Verständnis des Rechtsschutzgesuchs sowohl ausgeschlossen als auch ersichtlich nicht gewollt.
31.2. Der so verstandene Antrag ist, was die Antragsgegnerin auch nicht in Zweifel zieht, zulässig. Auf der Basis der Rechtsprechung des OVG NRW (Beschluss vom 10. Juni 2016 - 4 B 504/16 -, juris und nrwe), der das Gericht für das vorliegende Verfahren folgt, ist das Eilrechtsschutzgesuch mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und in Ermangelung der landesrechtlichen Eröffnung eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 VwGO einschließlich eines hierauf bezogenen Eilverfahrens gemäß § 47 Abs. 6 VwGO in Gestalt eines auf eine (vorläufige) Feststellung gerichteten Begehrens nach § 123 VwGO statthaft. Die Antragstellerin – hier deren Bezirk Münsterland, Fachbereich Handel (Einzel- und Großhandel) - als Gewerkschaft, die nach ihren Statuten im Handel tätige Arbeitnehmer vertritt und die nach eigener Klarstellung 695 in Münster wohnende Mitglieder des Fachbereichs Handel hat, wovon in Münster 372 Mitglieder im Handel beschäftigt sind, ist antragsbefugt. Sie kann nach der Rechtsprechung des OVG NRW einschließlich der dort in Bezug genommenen weiteren gerichtlichen Beurteilungen,
4vgl. zur Antragsbefugnis in ähnlich gelagerten Normenkontrollverfahren ferner Thür. OVG, Beschluss vom 7. März 2016 – 3 EN 123/16 -,
5geltend machen, durch die Bestimmungen der hier verfahrensbetroffenen und auf § 6 Abs. 1 und 4 des Ladenöffnungsgesetzes NRW gestützten Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein. § 6 Abs. 1 LÖG NRW konkretisiert insoweit auf der Ebene des einfachen Rechts den verfassungsrechtlichen Auftrag zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV und ist zugleich darauf ausgerichtet, den Grundrechtsschutz, hier den aus Art. 9 GG folgenden Schutz gegenüber auch mittelbaren Beeinträchtigungen der koalitionsmäßigen Betätigung, zu stärken. Einer weiteren Glaubhaftmachung dahin, gerade an dem streitgegenständlichen Sonntag seien eigene gewerkschaftliche Veranstaltungen geplant, bedarf es nicht. Auch ist für das vorliegende Verfahren die Glaubhaftmachung entbehrlich, dass Mitglieder der Antragstellerin gerade in Handelsbetrieben beschäftigt sind, die sich an der von der streitbetroffenen - auf den Ortsteil Hiltrup bezogenen - Verordnung eröffneten Ladenöffnungsmöglichkeit beteiligen könnten. Insoweit ist mit dem OVG NRW zu berücksichtigen, dass – wie die weiteren von der Antragstellerin im Ausgangsverfahren 9 L 1000/16 angegriffenen Verordnungen der Stadt Münster belegen – die für das Stadtgebiet erfolgten Normierungen insgesamt einen nach der Fläche durchaus erheblichen Umgriff aufweisen und damit die in der Stadt Münster im Handel beschäftigten Mitglieder der Antragstellerin merklich betreffen.
6Der Erhebung eine Klage in einem Hauptsacheverfahren vor Einleitung eines Eilrechtsschutzgesuches nach § 123 VwGO bedarf es nicht.
7Eine Beiladung von Unternehmen, die möglicherweise oder auch naheliegend von der durch die betreffende Verordnung gestatteten sonntäglichen Öffnung ihrer Verkaufsstellen Gebrauch machen könnten, hält das Gericht aus der in dem Beschluss des OVG NRW vom 10. Juni 2016 a.a.O. selbständig herausgestellten Erwägung, wonach auch jenseits prozessualer Bindungswirkungen bei den betreffenden Gewerbetreibenden grundsätzlich rechtstreues Verhalten zu unterstellen ist, nicht für geboten oder nach Ermessen für sachdienlich. Entweder machen diese Gewerbetreibenden von einer sonntäglichen Öffnung ihrer Verkaufsstellen im Hinblick auf eine gerichtliche – wenn auch im Eilverfahren vorläufig ergangene - Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Verordnung von sich aus keinen Gebrauch oder die an die gerichtliche Entscheidung gebundene Antragsgegnerin geht ihnen gegenüber als Ordnungsbehörde wegen dann festzustellender Verstöße gegen das generelle Sonntagsöffnungsverbot vor. Durch die unter Ziffer 3 des Beschlusstenors ergänzend getroffene Anordnung wird zusätzlich sichergestellt, dass den betroffenen Betrieben und der Allgemeinheit das Ausscheiden einer Ladenöffnung an diesem Tage bekannt ist.
82. Der Antrag ist in dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
92.1 Der in Verfahren der vorliegenden Art anzuwendende gerichtliche Prüfungsmaßstab für die Begründetheit des prozessual auf § 123 Abs. 1 VwGO gestützten, in der Sache aber weitgreifend einem Eilrechtsschutzgesuch gemäß § 47 Abs. 6 VwGO angenäherten Gesuchs ist mit der Rechtsprechung des OVG NRW in dem vorbezeichneten Beschluss vom 10. Juni 2016 geklärt. Danach müssen unter Anlegung eines besonders strengen Maßstabes die für die begehrte einstweilige Anordnung sprechenden Gründe grundsätzlich so schwer wiegen, dass deren Erlass unabwendbar erscheint. Den Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens, insbesondere soweit sie sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits deutlich absehen lassen, kommt dabei wesentliche Bedeutung zu. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass ein entsprechendes Hauptsacheverfahren voraussichtlich unzulässig oder unbegründet ist, kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten sein. Erweist sich ein entsprechendes Hauptsachegesuch jedoch als zulässig und als voraussichtlich begründet, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass eine bis zu einer Hauptsachenentscheidung die Norm „suspendierende“ Eilentscheidung zu ergehen hat, insbesondere, wenn unter Berücksichtigung sämtlicher betroffener Belange oder Rechte gewichtige Nachteile zu besorgen sind, die eine vorläufige gerichtliche Regelung oder Feststellung als unaufschiebbar geboten erscheinen lassen. Lassen sich die Erfolgsaussichten allerdings im Eilverfahren noch nicht zuverlässig abschätzen, so hat eine die Dringlichkeit und die Schwere der jeweiligen Betroffenheiten einbeziehende Folgenabschätzung stattzufinden.
102.2 Von diesem Prüfungsmaßstab ausgehend erweist sich der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die Regelung in der angegriffenen Verordnung vom 18. März 2016, soweit sie für Sonntag, den 21. August 2016, eine zeitlich beschränkte Öffnung von Verkaufsstellen in dem durch textliche Benennung und zeichnerische Darstellung bestimmten Standortbereich B „Stadtbereichszentrum Hiltrup-Mitte (Marktallee)“ ermöglicht, als nicht dringend geboten oder gar unerlässlich. Gegenteiliges hat jedoch in Bezug auf die weiteren von der Verordnung für den 21. August 2016 erfassten Teilbereiche C „Grundversorgungszentrum Hiltrup-West (Meesenstiege)“, D „Nahbereichszentrum Hiltrup-Ost (Osttor)“ und D „Nahbereichszentrum Hiltrup-Ost (Am Roggenkamp)“ zu gelten.
112.2.1 Es kann bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sicher beurteilt werden, dass die Verordnung, soweit sie sich auf den durch zeichnerische Darstellung festgesetzten Bereich B „Hiltrup-Mitte (Marktallee )“ bezieht, den in § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW bestimmten gesetzlichen Anforderungen gerecht wird, sie damit wirksam ist und auch in einem Hauptsacheverfahren Bestand haben wird.
12Nach § 6 Abs. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- oder Feiertagen bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. § 6 Abs. 4 LÖG NRW ermächtigt die zuständige örtliche Ordnungsbehörde u. a. dazu, die Tage nach Absatz 1 durch Verordnungen freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. Innerhalb einer Gemeinde dürfen nach Absatz 1 insgesamt nicht mehr als elf Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden.
13Das OVG NRW hat - auf der Basis der bereits umfänglich thematisch einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - hinsichtlich der Gültigkeitsvoraussetzungen für eine Verordnung nach § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW Folgendes hervorgehoben:
14„Diese Bestimmung hat, wie die bundesrechtliche Vorgängerregelung des § 14 LadSchG, den Anlassbezug für die Sonn- und Feiertagsöffnung ausdrücklich deshalb aufgegriffen, um dem verfassungsrechtlich verbürgten Sonn- und Feiertagsschutz und den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. – (BVerfGE 125, 39) Rechnung zu tragen.
15Vgl. Gesetzentwurf zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes, LT-Drs. 16/1572, S. 15, sowie der mehrheitlich beschlossene Änderungsantrag, LT-Drs. 16/2704.
16Zur Wahrung des verfassungsrechtlich geschützten Mindestniveaus des Sonn- und Feiertagsschutzes haben Sonn- und Feiertage regelhaft erkennbar Tage der Arbeitsruhe zu sein. Eine Ladenöffnung ist wegen der durch sie ausgelösten, für jedermann wahrnehmbaren Geschäftigkeit, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird, geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Kunden. Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist.
17Vgl. BVerfG, Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. –, BVerfGE 125, 39 = juris, Rn. 150 ff., 157 f.; BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 22.
18Zu dem in § 14 LadSchlG vorausgesetzten Anlassbezug hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine einschränkende Auslegung erforderlich ist, um dem verfassungsrechtlich geforderten Regel-Ausnahme-Verhältnis zu entsprechen. Die auch von § 6 Abs. 1 LÖG NRW geforderte Tatbestandsvoraussetzung „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ ist danach mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint. Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. …..“
19Das beschließende Gericht folgt diesen Grundsätzen und gelangt dabei auf der Basis des derzeitigen bereits detaillierten Sach- und Streitstandes unter Einschluss des Ergebnisses eigener ergänzender Ermittlungen und der ohnehin gegebenen gerichtlichen Kenntnis der betreffenden Örtlichkeiten zu folgendem Ergebnis:
20Das für den Samstag, 20. August 2016 und Sonntag, 21. August 2016 vorgesehenen „6. Hiltruper Weinfest“ stellt eine örtliche Veranstaltung dar, an die eine sonntägliche Ladenöffnungsmöglichkeit nach Maßgabe des § 6 LÖG NRW angeknüpft werden kann.
21Sie ist von dem X Hiltrup e. V. in seinem Antrag an die Antragsgegnerin vom 22. Januar 2016, gerichtet auf die Eröffnung einer sonntäglichen Öffnungszeit am 21. August 2016, wie folgt beschrieben worden:
22„Hiltrup ist ein attraktiver Stadtteil Münsters, der sich nicht nur als Wohnstandort großer Beliebtheit erfreut, sondern auch ein beliebter Einkaufsstandort, nicht nur für die Hiltruper Bürger und Bürgerinnen, ist. Die Kaufleute wie auch die sonstigen Gewerbetreibenden in Hiltrup sind sehr bemüht durch ein attraktives Angebot die Beliebtheit des Stadtteils zu erhalten und weiter auszubauen. Auch die Events in Zusammenhang mit verkaufsoffenen Sonntagen erfreuen sich großer Beliebtheit weit über die eigenen Stadtgrenzen hinaus. Die verkaufsoffenen Sonntage haben jeweils ein Motto, das sich als „roter Faden“ bewährt hat und dazu beiträgt, dass sich das jeweilige Event als Stadtteilfest und nicht als Aneinanderreihung verschiedener Einzelveranstaltungen diverser Akteure wahrgenommen wird.“
23Zu dem 6. Hiltruper Weinfest wird hierzu konkretisierend angeführt: „ Wie auch in den letzten Jahren wollen wir das Weinfest in 6. Auflage feiern. Die Erfolge und Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass dieses Fest mit seinen kulinarischen Köstlichkeiten passend zum und rund um das Thema Wein die Hiltruper Bürgerinnen und Bürger in sommerlicher Atmosphäre unterhält und begeistert. Zusätzlich sorgt dafür die Live Musik auf der Bühne an der St. Clemenskirche. Das Motto „Genuss für alle Sinne“ findet nicht nur auf dem Weinfest an der St. Clemenskirche statt, sondern zieht sich über die komplette N.----allee . Unsere Mitglieder begeistern auch hier die Besucher an zwei Tagen mit besonderen Aktionen und außergewöhnlichem Ambiente.“
24Das 6. Hiltruper Weinfest ist entsprechend im Internet (xxx und xxx) wie folgt angekündigt worden: 20.08.2016, 12.00 – 23.55 Uhr, 21.08.2016, 12.00 – 19.00 Uhr (verkaufsoffener Sonntag von 13.00 – 18.00 Uhr): „Gaumenschmaus für jedermann und am Samstag Abend mit Live Musik im Herrlichen Ambiente der Clemenskirche an der N.----allee .“
25Zu dem diesjährigen Weinfest und den vorjährigen gleichgerichteten Veranstaltungen wird etwa auf die Berichterstattung u. a. in der Tagespresse (xxx und xxx) sowie auf den Hinweis unter xxx verwiesen. In dem letzteren Hinweis ist ausgeführt worden: „Genuss für alle Sinne! Der X Hiltrup lädt zur Weinprobe ein: Im Schatten der St. Clemens-Kirche präsentieren die lokalen Weinanbieter und deren Winzer ein reiches Angebot an Weinen verschiedener Anbaugebiete. Die Hiltruper Gastronomen sorgen für das leibliche Wohl mit kleinen Leckereien, Spezialitäten sowie Kaffee und Kuchen, während von der Bühne auf dem Kirchplatz Jazz- und Swing-Live-Musik erklingt. Das ist Genuss pur bis in den späten Abend bei Kerzenschein vor dem illuminierten Kirchenportal. Ein verkaufsoffener Sonntag im Stadtteil Hiltrup ist angedacht.“
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27Ausgehend von dieser Beschreibung sowie des Umstandes, dass das Weinfest mit bereits seiner 6. Wiederauflage einen festen Platz im Publikumsinteresse hat, drängt es sich für das Gericht auf, dass die – insgesamt zweitägige – Veranstaltung nicht nur einen Anlassbezug für eine temporäre Sonntagsöffnung nach § 6 LÖG NRW bietet, sondern mit diesem Veranstaltungsinhalt auch der sonntägliche Teil in der öffentlichen Wahrnehmung und der Publikumsattraktivität vornehmlich geprägt wird. Die Ladenöffnung hat nach den Gesamtumständen gegenüber der anlassgebenden Veranstaltung mit ihrem räumlichen und thematischen Bezug und dem hierdurch ausgelösten besonderen Publikumsinteresse einen bloßen Annexcharakter. Das Besucheraufkommen wird bezogen auf den Bereich beidseits der Marktallee einschließlich der in der Verordnung angrenzend erfassten Gebiete des „Stadtbereichszentrums Hiltrup-Mitte (Marktallee )“ maßgeblich und sich geradezu aufdrängend von dem Veranstaltungsangebot des Winzerfestes ausgelöst. Die sonntägliche - zeitbegrenzte - Ladenöffnung bleibt dagegen nach dem Gesamtgepräge deutlich im Nachrang der anzunehmenden Besuchermotivation, Wein und passende Speisen kennen zu lernen. Der Eindruck einer typisch werktäglichen Geschäftstätigkeit der Ladenöffnung mit einem bloß wirtschaftlichen Umsatzinteresse der Ladeninhaber stellt sich für die betreffende Zeit demgegenüber auf der Hand liegend für den beschriebenen räumlichen Bereich nicht ein. Was den räumlichen Umgriff auf das Gebiet von Hiltrup-Mitte betrifft, das entsprechend im „Einzelhandelskonzept Münster- Leitlinien der räumlichen Entwicklung“ als Standortbereich Typ B „Stadtbereichszentrum“ dargestellt worden ist, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Vielmehr bestätigt in diesem Zusammenhang das Einzelhandelskonzept der Stadt Münster die maßgeblich prägende Wirkung der Veranstaltung auf den dort bezeichneten Bereich des Zentrums Hiltrup-Mitte. Zwar hat es in seinem rechtlichen Hauptanwendungsbereich und seiner Hauptzielrichtung einen anderen Ansatz, nämlich gerichtet auf einen die Stadtstruktur gerade für den Bereich des Handels betreffenden planerischen Entwicklungs- und Orientierungsrahmen. Die in das Einzelhandelskonzept eingeflossenen Feststellungen belegen aber zugleich die funktionalen und strukturellen Gegebenheiten, die den jeweils erfassten Bereich auch sonst kennzeichnen. Der Bereich B 9 des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes der Stadt Münster, der auch der hier verfahrensbetroffenen Verordnung nach § 6 LÖG NRW zugrunde gelegt worden ist, wird in eben diesem räumlichen Umgriff beidseits der Marktallee von der Kreuzung Westfalenstraße im Westen bis zum Bahnhof/Bahnhofsvorbereich und den einbezogenen Teilen längs der Westfalenstraße und der Straße Hohe Geest als der zentrale Versorgungsbereich des Stadtbezirkszentrums Hiltrup mit zentrenprägenden Einrichtungen/Angeboten und durchweg beiderseits geschlossenen Lauflagen angeführt. Gerade diese funktionalen Bezüge tragen ohne weiteres die Beurteilung, dass auch ein die Veranstaltung des Weinfestes besuchender Personenkreis diesen Bereich insgesamt als Einheit erfasst und entsprechend veranstaltungsbezogen aufsuchen wird. Einer weitergehenden, möglicherweise sogar extern und vorlaufend durchzuführenden „empirischen“ Erhebung zu den jeweiligen „Besucherströmen“ als Prognosegrundlage und Hilfsmittel der Abschätzung für den Rat der Antragsgegnerin hat es jedenfalls bei diesen Sachgegebenheiten – einschließlich der dem Rat bekannten Ausbildungen der Veranstaltung in den Vorjahren – nicht bedurft. Das Gericht kann aus der vom OVG NRW im Beschluss a.a.O. wiedergegebenen und mitgetragenen Beurteilung des BVerwG
28in seinem Urteil vom 11. November 2015 – 8 CN 2.14 -, juris,
29wonach - bei Anerkennung einer nur eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der gemeindlichen Prognose zu der Attraktivität von Veranstaltungen - „zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden könne“, nicht ableiten, dass einer Entscheidung des Rates nach § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW stets und losgelöst vom Einzelfall aus Rechtsgründen eine solche empirische Befragung oder andere formalisierte Erhebungen vorauszugehen hätten, um eine rechtskonforme Entscheidung zu eröffnen. Bereits die dortige Formulierung „beispielsweise kann“ belegt das Gegenteil und zeigt auch im Kontext zur Überzeugung des beschließenden Gerichts auf, dass je nach Fallsituation und den - tragfähigen - Erkenntnissen des Rates aus anderem Zusammenhang die Sachkunde des Rates für eine sachgerechte Abschätzung allein hinreichend sein kann. So liegt es, wie ausgeführt, hier in Bezug auf das nunmehr zum 6. Mal an diesem Ort mit dem im Wesentlichen gleichliegenden Veranstaltungskonzept geplante Hiltruper Weinfest.
30Ist nach alledem die angegriffene Verordnung, soweit sie eine Regelung für den Bereich B „Hiltrup- Mitte (Marktallee )“ enthält, mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit beanstandungsfrei, ist der darauf bezogene Antrag der Antragstellerin abzulehnen.
312.2.2 Anders verhält es sich jedoch in Bezug auf die Bereiche C „Hiltrup-West (Meesenstiege), D „Hiltrup-Ost (Osttor)“ und D „Hiltrup-Ost (Am Roggenkamp)“, für die die streitbetroffene Verordnung ebenfalls am 21. August 2016 aus Anlass des 6. Hiltruper Weinfestes eine sonntägliche Ladenöffnung gestattet. Es kann bereits auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes sicher angenommen werden, dass für diese Bereiche aus Anlass des 6. Hiltruper Weinfestes die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW für eine Freigabe der sonntäglichen Verkaufstätigkeit am 21. August 2016 nicht vorliegen, die streitige Verordnung mithin insoweit fehlerhaft und nichtig ist. Diese Bereiche werden nach allen dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten auch nicht ansatzweise von den in Hiltrup-Mitte längs der Marktallee stattfindenden Veranstaltungsaktivitäten des Weinfestes mitgeprägt oder in sonstiger Weise hierauf bezogen räumlich oder funktional einbezogen.
32Das „Grundversorgungszentrum C Hiltrup-West“, im Wesentlichen umgrenzt von der westlichen Fortsetzung der Straße „An der alten Kirche“ im Norden, der „Meesenstiege“ im Osten und dem Bereich um den „Helene-Weigel-Weg“ im Süden, lässt mit den dortigen Geschäften und Märkten schon angesichts der durchaus erheblichen fußläufigen Entfernung zu dem Veranstaltungsbereich des Weinfestes in dem Stadtbezirkszentrum (etwa 1,5 km) keine räumliche, aber auch keine funktionale Beziehung erkennen, die aus der Sicht eines Besuchers des Weinfestes greifbar wäre oder auch nur naheliegen könnte. Dieser Bereich, der nach den funktionsbezogenen Feststellungen in dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Münster ein kompakt geplanter und entwickelter Zentraler Versorgungsbereich Typ C (Stadtteil-/Grundversorgungszentrum) ist, der im Zusammenhang mit der Stadtteilentwicklung Hiltrup-West realisiert worden ist, wird – so das Einzelhandelskonzept – dominiert von namentlich genannten Verbrauchermärkten, einigen Fachmärkten und –betrieben sowie einzelnen sonstigen Dienstleistern. Der Standorttyp C umfasst überwiegend die zentralen Kernlagen in den Außenstadtteilen. Ein wie immer zu verstehender anlassbezogener Bezug zu dem Weinfest wird daraus nicht ersichtlich. Dass einzelne Lebensmittelmärkte auch Wein in ihrem Sortiment haben, kann hier keine Relevanz haben. Die Antragsgegnerin hat trotz entsprechenden Vorbringens der Antragstellerin, die auf das Fehlen jeglicher räumlicher Nähe zum Veranstaltungsbereich des Weinfestes hingewiesen hat, nichts vorgetragen, was einen anzunehmenden Funktionsbezug zu dem Weinfest nahelegen könnte. Sie beschränkt sich vielmehr darauf mitzuteilen, die Stadtteilfeste in Hiltrup erfreuten sich großer Beliebtheit und seien der eigentliche Magnet für die hohen Besucherzahlen, weshalb auch hier Einkäufe nicht der eigentliche Anlass, sondern nur willkommene Abrundung des Ausflugs zu den Festen sei. Damit ist jedoch ein hier beachtlicher Funktionsbezug oder eine mitprägende Wirkung des Weinfestes zu dem fernab an der Meesenstiege in separater Lage gelegenen Geschäftsbereich C nicht aufgezeigt. Das Gericht ist demgemäß zu der Beurteilung gelangt, dass sich eine dortige sonntägliche Verkaufstätigkeit ungeachtet des Weinfestes in keiner Hinsicht von der dortigen allgemeinen werktäglichen Tätigkeit unterscheiden würde. Dass der Bereich C an der Meesenstiege im Einzelhandelskonzept der Stadt als eigener Versorgungsbereich dargestellt ist, ist als solches im vorliegenden Zusammenhang unergiebig. Mögliche Erwägungen des Rates, die allein in Richtung auf eine gleichmäßige wirtschaftliche Partizipation aller Verkaufsstellen im Stadtbezirk an dem Besucheraufkommen des Weinfestes gingen, wären hier nicht weiterführend.
33Diese Beurteilungen zum fehlenden Anlassbezug und zur fehlenden räumlich-funktionalen Beziehung zu dem Weinfest im Bereich der Marktallee haben auch für die in die Verordnung weiter einbezogenen Bereiche Hiltrup-Ost/Osttor und Hiltrup-Ost/Am Roggenkamp zu gelten. Diese Bereiche, die im Einzelhandelskonzept der Stadt separat und in deutlichen Abstand von Hiltrup-Mitte (fußläufig etwa 1,8 km bzw. 2,5 km) sowie getrennt durch den Dortmund-Ems-Kanal liegend als Nahbereichszentren des Typs D geführt werden, haben ersichtlich ebenfalls keinen Funktionsbezug zu dem Weinfest. Von einer „Umfeldlage“ mit Ausstrahlungswirkung und einer Erkennbarkeit zum Veranstaltungsgeschehen kann schlechterdings nicht gesprochen werden. Auch insoweit trägt die Antragsgegnerin nichts vor, was Gegenteiliges nahelegen könnte. Letztlich bestätigen die vom Rat bei seiner Entscheidung zu der streitbetroffenen Verordnung einbezogenen früheren Ratsbeschlüsse „Leitlinien zur Genehmigungspraxis bei der Freigabe von Verkaufssonntagen nach dem Ladenschlussgesetz“ diese Bewertung. In der von der Antragsgegnerin eingereichten Beschlussvorlage V/0691/2005 vom 22. August 2005 wird unter IV. ausgeführt: „Verkaufsoffene Sonntage sind daher nur in solchen Bereichen zu genehmigen, die im Einzelhandelskonzept als Standortbereiche für die Einzelhandelsentwicklung vorgesehen sind und bei denen es sich nicht um dezentrale, verkehrsgünstig gelegene Fachmarktstandorte handelt……Bei dem letztgenannten Standorttyp (Anmerkung: gemeint Typ D) wird das Interesse zur Durchführung eines verkaufsoffenen Sonntags voraussichtlich eher gering sein, da es sich dort i.d.R. um die Standortgemeinschaft nur weniger, versorgungsstrukturell aber bedeutsamer, Geschäfte der Grundversorgung handelt.“
34Erweist sich damit die streitbetroffene Verordnung in den auf die vorgenannten Teilbereichen C (Hiltrup-West/Meesenstiege), D (Hiltrup-Ost/Osttor) und D (Hiltrup-Ost/Am Roggenkamp) nach dem anzulegenden Prüfungsmaßstab als fehlerhaft, ist dies antragsentsprechend vorläufig festzustellen.
35Das Gericht beschränkt seine Feststellung auf diese Regelungsbereiche, da – wie ausgeführt – die Verordnung hinsichtlich des Bereichs Hiltrup-Mitte/Marktallee beanstandungsfrei ist und keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Rat der Antragsgegnerin die Verordnung nur einheitlich mit allen dort erfassten Ortsbereichen erlassen hätte. Der Regelungsinhalt der Verordnung erscheint vielmehr als objektiv und auch nach dem anzunehmenden Willen des Normgebers teilbar, nämlich hier gerade was den Bereich betrifft, in dem das 6. Hiltruper Weinfest mit entsprechender Ausstrahlungswirkung tatsächlich stattfinden soll und denjenigen Bereichen, die keinen Bezug zu der Veranstaltung aufweisen.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Das Gericht hält es für geboten, angesichts des Umfangs des wechselseitigen Obsiegens bzw. Unterliegens die Verfahrenskosten den Beteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen.
37Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 VwGO, wobei das Gericht mit dem OVG NRW wegen der einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommenden Wirkung der erstrebten Entscheidung von einer Reduzierung des Auffangstreitwertes absieht.
Tenor
1. Durch einstweilige Anordnung wird vorläufig bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren festgestellt, dass die Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Hiltrup, Ortsteil Hiltrup, am Sonntag, dem 27.11.2016, nicht auf Grund der „Ordnungsbehördlichen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten der Verkaufsstellen im Stadtbezirk Münster-Hiltrup, Ortsteil Hiltrup, am 27.11.2016 (1. Advent)“ vom 13.05.2016 (Amtsblatt Münster 59. Jahrg./ Nr. 10 vom 20.05.2016, S. 94) in den dort ausgewiesenen Standortbereichen geöffnet sein dürfen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Beschlusstenor zu 1. binnen drei Tagen nach Rechtskraft dieses Beschlusses ortsüblich bekannt zu machen und desweiteren dem X Hiltrup e. V., 48165 Münster-Hiltrup, binnen derselben Frist schriftlich den Beschlusstenor zu 1. bekannt zu geben.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der Antrag der Antragstellerin, soweit er nach Trennung den Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens bildet, hat Erfolg.
31. Der Antrag, gerichtet auf eine einstweilige Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO mit dem in der Antragsschrift umschriebenen Inhalt, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Gericht verweist insoweit auf seine hierauf bezogenen Ausführungen in seinem Beschluss gleichen Rubrums vom 27. Juli 2016 – 9 L 1099/16 – (nicht rk.), an denen festgehalten wird und die hier ebenfalls gelten.
4Von einer Beiladung von Unternehmen, die möglicherweise oder auch naheliegend von der durch die beanstandete Verordnung gestatteten sonntäglichen Öffnung ihrer Verkaufsstellen Gebrauch machen könnten, sieht das Gericht weiterhin aus den ebenfalls im Beschluss vom 27. Juli 2016, a.a.O., angeführten Gründen ab.
52. Der Antrag ist begründet. Die gerichtliche Prüfung im Eilverfahren, die nach ihrem Prüfungsmaßstab weitgreifend dem angenähert ist, der in einem Eilrechtsschutzgesuch gemäß § 47 Abs. 6 VwGO stattzufinden hat, führt zu dem Ergebnis, dass - bei Anlegung dieses besonders strengen Beurteilungsrahmens - die für die begehrte einstweilige Anordnung sprechenden Gründe so schwer wiegen, dass der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung unabweisbar erscheint. Dies folgt unter Berücksichtigung sämtlicher betroffener Belange oder Rechte daraus, dass ein von der Antragstellerin einzuleitendes und auf die Feststellung der Fehlerhaftigkeit der hier betroffenen Verordnung zu richtendes Hauptsachegesuch bereits nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglichen gerichtlichen Überprüfung als mit ganz hoher, wenn nicht sogar sich aufdrängender Wahrscheinlichkeit erfolgreich erscheint.
6Nach § 6 Abs. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- oder Feiertagen bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. § 6 Abs. 4 LÖG NRW ermächtigt die zuständige örtliche Ordnungsbehörde u. a. dazu, die Tage nach Absatz 1 durch Verordnungen freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. Innerhalb einer Gemeinde dürfen nach Absatz 1 insgesamt nicht mehr als elf Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden.
7Das OVG NRW hat - auf der Basis der bereits umfänglich thematisch einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - hinsichtlich der Gültigkeitsvoraussetzungen für eine Verordnung nach § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW Folgendes hervorgehoben:
8„Diese Bestimmung hat, wie die bundesrechtliche Vorgängerregelung des § 14 LadSchG, den Anlassbezug für die Sonn- und Feiertagsöffnung ausdrücklich deshalb aufgegriffen, um dem verfassungsrechtlich verbürgten Sonn- und Feiertagsschutz und den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. – (BVerfGE 125, 39) Rechnung zu tragen.
9Vgl. Gesetzentwurf zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes, LT-Drs. 16/1572, S. 15, sowie der mehrheitlich beschlossene Änderungsantrag, LT-Drs. 16/2704.
10Zur Wahrung des verfassungsrechtlich geschützten Mindestniveaus des Sonn- und Feiertagsschutzes haben Sonn- und Feiertage regelhaft erkennbar Tage der Arbeitsruhe zu sein. Eine Ladenöffnung ist wegen der durch sie ausgelösten, für jedermann wahrnehmbaren Geschäftigkeit, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird, geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Kunden. Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. –, BVerfGE 125, 39 = juris, Rn. 150 ff., 157 f.; BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 22.
12Zu dem in § 14 LadSchlG vorausgesetzten Anlassbezug hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine einschränkende Auslegung erforderlich ist, um dem verfassungsrechtlich geforderten Regel-Ausnahme-Verhältnis zu entsprechen. Die auch von § 6 Abs. 1 LÖG NRW geforderte Tatbestandsvoraussetzung „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ ist danach mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint. Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.“
13Das beschließende Gericht folgt (weiterhin) diesen Grundsätzen und gelangt dabei auf der Basis des derzeitigen Sach- und Streitstandes unter Einschluss des Ergebnisses eigener ergänzender Ermittlungen in allgemein zugänglichen Quellen und der ohnehin gegebenen gerichtlichen Kenntnis der betreffenden Örtlichkeiten zu dem Ergebnis, dass die streitbetroffene Verordnung mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit diesen Anforderungen nicht gerecht wird und sie deshalb in einem Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben wird.
14Der Rat der Antragsgegnerin hat nach allen dem Gericht vorgelegten Vorgängen und Unterlagen im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung keine rechtskonforme Prognose oder Abschätzung dazu angestellt, ob die auch für den 27. November 2016 (1. Advent) vorgesehene Veranstaltung „11. Hiltruper Lichterfest“, anlässlich derer eine sonntägliche Ladenöffnung ermöglicht wird, hinsichtlich ihrer Attraktivität und damit hinsichtlich des zu erwartenden Besucheraufkommens maßgeblich prägend sein wird, ob also diese Veranstaltung und nicht die an diesem Tage gestattete zeitweise Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort bieten würde.
15Nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festzustellenden Sachstand, der bezogen auf die Veranstaltung und das hierauf bezogene Normsetzungsverfahren als im Wesentlichen vollständig erscheint, lässt sich nicht feststellen, ob der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Beschlussfassung über die hier zu prüfende Verordnung überhaupt in eine Abschätzung dazu eingetreten ist, welches Besucheraufkommen anlässlich der Veranstaltung am 1. Advent 2016 prognostisch zu erwarten ist. Erst recht lässt sich keine rechtskonforme Abschätzung des Rates dazu feststellen, ob die Veranstaltung an dem Adventssonntag voraussichtlich ein Besucheraufkommen aus sich heraus generieren wird, welches ein durch die sonntägliche Ladenöffnung ausgelöstes Besucheraufkommen prognostisch übersteigen würde, die Veranstaltung selbst also das Besucherinteresse hauptsächlich prägt und die Ladenöffnung demgegenüber einen bloßen Annexcharakter hätte. Die dem Gericht vorgelegten Verwaltungs- und Ratsvorgänge, von deren Vollständigkeit auszugehen ist, enthalten bezogen auf die nach dem Gesetz vorzunehmende Abschätzung sowie deren etwaigen Gegenstand und Inhalt keinerlei Angaben, Feststellungen oder auch nur Hinweise. Die Beschlussvorlage V/0255/2016 spricht das vorbezeichnete Abschätzungserfordernis nicht an. Sie enthält vielmehr unter zusammenfassender Wiedergabe des Ergebnisses der zuvor durchgeführten Anhörung der betroffenen Stellen und Organisationen allein Ausführungen zu den aus der Sicht der Verwaltung geltenden gesetzlichen Voraussetzungen nach § 6 LÖG NRW, ohne allerdings das höchstrichterlich hervorgehobene Abschätzungserfordernis zu erwähnen.
16Soweit in der Ratsvorlage V/0255/2016 ausgeführt worden ist, die in der auf früheren Ratsbeschlüssen beruhende „Leitlinie zur Genehmigungspraxis bei der Freigabe von Verkaufssonntagen nach dem Ladenschlussgesetz aufgeführten Eckpunkte werden eingehalten“, dürfte dies ebenfalls schwerlich geeignet sein, eine vom Rat der Antragsgegnerin bezogen auf die hier zu betrachtenden Gegebenheiten vorgenommene Abschätzung - mit welcher inhaltlichen Zielrichtung auch immer - aufzuzeigen. Der in Bezug genommene Ratsbeschluss vom 21. September 2005, dessen Beschlussvorlage V/0691/2005 auf Anforderung des Gerichts vorgelegt worden ist, enthält unter II. „Rechtliche Rahmenbedingungen“ bezogen auf das damals geltende Ladenschlussgesetz folgende Ausführungen: „ ….Nach der einschlägigen Rechtsprechung müssen die jeweiligen Veranstaltungen allerdings einen hohen auswärtigen Besucherstrom anziehen, der es erwarten lässt, dass die Angebote der geöffneten Verkaufsstellen in einem auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten relevanten Maße in Anspruch genommen werden. Dies bedeutet, dass nicht jedes Straßenfest oder jeder Markt gleichzeitig Grundlage für eine Sonntagsöffnung sein kann, vielmehr muss der Veranstalter glaubhaft den hohen zu erwartenden Besucherstrom begründen.“ Dass hiermit das dem Rat obliegende Abschätzungserfordernis entsprechend dem geltenden Recht überhaupt angesprochen worden ist, ist fernliegend. Jedenfalls würde damit das nach dem LÖG NRW einzuhaltende Abschätzungsprogramm verfehlt, wenn sich dieses an der Inanspruchnahme der geöffneten Verkaufsstellen durch einen anzunehmenden Besucherstrom und dem dadurch generierten wirtschaftlichen Ertrag ausrichten würde.
17Die gleichfalls in der genannten Ratsvorlage angesprochenen Ausweisungen in dem „Einzelhandelskonzept Münster – Leitlinien der räumlichen Entwicklung“ verhalten sich zu der Frage nach einer abschätzenden Prognose der hier in Rede stehenden Art ebenfalls nicht. Schließlich lässt sich auch aus den Ausführungen der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren kein greifbarer Anhaltspunkt dafür entnehmen, der Rat der Antragsgegnerin habe bei seiner Beschlussfassung eine Abschätzung dazu vorgenommen, was die Besucher zum Aufsuchen der Örtlichkeit an diesem Adventssonntag veranlassen könnte. Sie beschränkt sich vielmehr auf die pauschale Behauptung, die Stadtteilfeste in Hiltrup erfreuten sich großer Beliebtheit und seien der eigentliche Magnet für die hohen Besucherzahlen, weshalb auch hier Einkäufe nicht den eigentlichen Anlass für das Kommen, sondern nur eine willkommene Abrundung des Ausflugs zu den Festen seien. Die Vorbereitenden seien davon überzeugt, dass auf der Basis ihrer Traditionsveranstaltung Lichterfest tausende Menschen nach Hiltrup kämen und in einem besonderen Flair die adventliche Stimmung aufsaugen würden.
18Das Gericht kann im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen lassen, ob – ggf. je nach Fallgestaltung - das Fehlen einer dokumentierten Abschätzung durch den Rat in Bezug auf das zu erwartende Publikumsaufkommen an dem hier zur Ladenöffnung bestimmten Sonntag und/oder in Bezug auf die jeweiligen Motive der Besucher zum Aufsuchen der Ortslage dazu führen kann, dass die streitbetroffenen Verordnung als schon im Normsetzungsvorgang fehlerhaft erscheint.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 2015 – 8 CN 2.14 - sowie BayVGH, Urteil vom 18. Mai 2016 – 22 N 15.1526 -, jeweils juris.
20Für das vorliegende Eilverfahren entscheidungstragend ist jedenfalls, dass das Gericht nach Lage des Falles und insbesondere bei Fehlen jeglicher konkreter und nachvollziehbarer inhaltlicher Anknüpfungspunkte nicht in der Lage ist, eine auch nur summarische Überprüfung dazu vorzunehmen, ob die in der betreffenden Verordnung ermöglichte sonntägliche Ladenöffnung materiell das Ergebnis einer vom Rat der Antragsgegnerin rechtskonform vorgenommenen Prognose ist. Dies geht zulasten der Antragsgegnerin. Das BVerwG a.a.O. hat hierzu klargestellt, dass das Gericht keine eigene Prognose vornehmen darf, es vielmehr darauf beschränkt ist zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene und nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegende Prognose schlüssig und - gemessen an den bei der Gesetzesanwendung auch zu beachtenden verfassungsrechtlichen Maßstäben - vertretbar ist.
21Es ist bereits nicht ersichtlich, auf welche inhaltliche Ausgestaltung der Veranstaltung „11. Hiltruper Lichterfest“ am 27. November 2016 der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Beschlussfassung am 11. Mai 2016 abschätzend abgehoben haben könnte.
22Der X Hiltrup e. V. hat in seinem unter dem 22. Januar 2016 datierten und bei der Antragsgegnerin am 29. Januar 2016 eingegangenen Antrag, für den Sonntag, 27. November 2016, im Rahmen des 11. Hiltruper Lichterfestes eine fünfstündige Ladenöffnung zwischen 13.00 Uhr und 18.00 Uhr zu ermöglichen, Folgendes ausgeführt:
23„Hiltrup ist ein attraktiver Stadtteil Münsters, der sich nicht nur als Wohnstandort großer Beliebtheit erfreut, sondern auch ein beliebter Einkaufsstandort, nicht nur für die Hiltruper Bürger und Bürgerinnen, ist. Die Kaufleute wie auch die sonstigen Gewerbetreibenden in Hiltrup sind sehr bemüht durch ein attraktives Angebot die Beliebtheit des Stadtteils zu erhalten und weiter auszubauen. Auch die Events in Zusammenhang mit verkaufsoffenen Sonntagen erfreuen sich großer Beliebtheit weit über die eigenen Stadtgrenzen hinaus. Die verkaufsoffenen Sonntage haben jeweils ein Motto, das sich als „roter Faden“ bewährt hat und dazu beiträgt, dass …das jeweilige Event als Stadtteilfest und nicht als Aneinanderreihung verschiedener Einzelveranstaltungen diverser Akteure wahrgenommen wird. …
24Am 28.11.2015 hat zum 10. mal das Hiltruper Lichterfest statt gefunden. Dabei wurde es zum 3 mal durch den Landlust Winterzauber des Landwirtschaftsverlages und zum 2 mal durch den Hiltruper Kulturbahnhof begleitet. Die Zusammenarbeit hat sofort Früchte getragen und ist zu einem sehr erfolgreichen Fest mit stark überregionalem Zulauf vom Niederrhein bis Ostwestfalen und zur holländischen Grenze geworden. Das Zusammenführen dieser Veranstaltungen ergab in der Wahrnehmung aller Hiltruper Bürger und auswärtigen Besucher eine besondere Attraktivität für den Stadtteil Hiltrup. Unter diesem Aspekt ist in diesem Jahr ebenfalls ein gemeinsamer Termin für diese Veranstaltung am 26. + 27.11.2016 geplant. Da die Hiltruper Einkaufsvielfalt über die Maße hinaus durch ihre vielen inhabergeführten Geschäfte lebt, ist es wichtig, diese in ihrer Arbeit und in ihrem Bestreben für Hiltrup, mit einem verkaufsoffenen Sonntag zu unterstützen. …Gerade für auswärtige Besucher ist die Kombination der Einkaufsmöglichkeit mit dem besonderen Flair eines Stadtteilfestes eine besondere Attraktion.“
25Das so bezeichnete Veranstaltungskonzept konnte der Rat der Antragsgegnerin im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung nicht zugrunde legen. Das „Team Landlust Winterzauber“ hatte nämlich bereits mit einer am 8. Februar 2016 erstellten und offenbar am 19. Februar 2016 in das Internet eingestellten Mitteilung (xxx) darauf hingewiesen, dass diese von ihm in den letzten drei Jahren durchgeführte Weihnachtsmarkt-Veranstaltung nunmehr nicht mehr fortgeführt wird. Es spricht vieles dafür, dass dem Rat der Antragsgegnerin bzw. jedenfalls einzelnen Ratsmitgliedern der Wegfall der Veranstaltung „Landlust Winterzauber“ auch bekannt war. So hatte die CDU-Ratsfraktion in einer unter dem 12. Mai 2016 datierten Mitteilung „Neuigkeiten“ ihres Ratsherrn für Hiltrup-Mitte (xxx) die Entscheidung des Rates vom 11. Mai 2016 zu einem verkaufsoffenen Sonntag am Lichterfest 2016 gerade deshalb als ganz wichtig hervorgehoben, nachdem der Winterzauber-Weihnachtsmarkt durch den Landwirtschaftsverlag eingestellt worden sei.
26Davon, dass diese nunmehr weggefallene, in den drei Vorjahren den Samstag und den Sonntag umfassende Veranstaltung „Landlust Winterzauber“ für eine Abschätzung des Publikumsinteresses für das Jahr 2016 unerheblich wäre, kann ersichtlich – auch unter Anerkennung eines gewissen prognostischen Beurteilungsfreiraums der Antragsgegnerin - nicht ausgegangen werden. Jene Veranstaltung hatte nämlich in den Vorjahren über das jeweilige gesamte Advent-Wochenende mit ihren eigenen Veranstaltungsinhalten ein ganz erhebliches Besucheraufkommen ausgelöst. Das Team „Winterzauber Landlust“ hat hierzu in der genannten Verlautbarung von Februar 2016 von über 20.000 Besuchern gesprochen. Die Presseberichterstattung zu der Veranstaltung am 28. und 29. November 2015 (etwa xxx, xxx, xxxl) bestätigt die gerade von dieser Veranstaltung ausgehende Attraktivität. In der auf das Jahr 2014 bezogenen Presseberichterstattung (etwa xxx, xxx) ist ebenfalls darauf hingewiesen worden, dass für das Jahr 2014 „eine große Chance für Hiltrup vertan worden sei“, weil „gerade der Winterzauber sehr viele Besucher von auswärts anlocke“. „Wenn mehrere 1000 Besucher am Wochenende zum Landlust Winterzauber kämen, seien die Kaufleute zumindest am Sonntag dazu verdonnert, tatenlos zuzuschauen“, nachdem für dieses Jahr eine sonntägliche Ladenöffnung abgelehnt worden sei. Bezogen auf das Jahr 2013 ist in der örtlichen Presse (xxx) auf folgende Äußerungen verwiesen worden: „Viele werden kommen, die ansonsten vielleicht nicht den Weg nach Hiltrup finden würden.“
27Auch sonst kann das Gericht nicht feststellen, dass die Gestattung einer Ladenöffnung an dem 1. Advent 2016 nach Wegfall der Veranstaltung „Landlust Winterzauber“ den hieran zu stellenden materiellen Anforderungen an eine rechtskonforme Prognoseentscheidung jedenfalls im Ergebnis genügen würde. Die Antragsgegnerin hat gegenüber dem Gericht bestätigt, dass bis zum Jahre 2014 einschließlich das Hiltruper Lichterfest nur an Samstagen mit eigenen Veranstaltungen und Aktionen präsent war. Die Überprüfung einer auf den Sonntag bezogenen prognostischen Ableitung des Besucherinteresses gerade für diese Veranstaltung, die der Rat nicht vorgenommen hat, ist dem Gericht damit auch nicht möglich. Sonstige tragfähige Erkenntnisquellen hierzu sind nicht ersichtlich.
28Soweit die Antragsgegnerin nunmehr im gerichtlichen Verfahren ergänzend auf Nachfrage des Gerichts ausgeführt hat, welche Veranstaltungsinhalte nach dem aktuellen Stand vom X Hiltrup e. V. und dem Kulturbahnhof geplant seien, woran deren Überzeugung geknüpft sei, dass auf der Basis der Traditionsveranstaltung Lichterfest mit einem neuen und erweiterten Konzept tausende von Besuchern nach Hiltrup kommen würden, der zwischenzeitliche Wechsel der vorbereitenden Personen oder Institutionen deshalb belanglos sei, da der Rat auch in der Hoffnung auf noch rechtzeitige Vorbereitungen anderer Akteure die anlassbezogenen Freigaben habe beschließen können, geht dies schon in rechtlicher Hinsicht fehl. Die in eine Entscheidung nach § 6 LÖG NRW einzubeziehende Abschätzung des Publikumsinteresses und seiner maßgeblichen Auslöser kann nur auf der Grundlage des Inhalts und Gepräges dieser Veranstaltung getroffen werden, wie sich diese im Entscheidungszeitpunkt des hierzu berufenen Rates darstellen. Die Gestattung einer Sonntagsöffnung für einen bloßen „Veranstaltungsmantel“, der nach den Vorstellungen und Möglichkeiten des Veranstalters erst zu einem späteren Zeitpunkt mit seinen wesentlichen Inhalten gefüllt werden solle, ist dem geltenden Recht fremd. Im Übrigen würde eine solche Sicht auch den bereits vom Rat früher formulierten Leitlinien widersprechen, die als Maßstab der Entscheidung des Rates das Veranstaltungskonzept des Veranstalters mit dem davon ausgelösten Besucherstrom anführen.
29Erweist sich die streitbetroffenen Verordnung schon aus den vorbezeichneten Gründen als mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit rechtsfehlerhaft, kommt es nicht einmal mehr darauf an, dass auch ihr räumlicher Geltungsbereich, jedenfalls soweit er die drei Bereiche außerhalb von Hiltrup-Mitte erfasst, die in die Verordnung im Anschluss an die Darstellungen des Einzelhandelskonzepts Münster mit Typ „C“ und „D“ einbezogen worden sind, mangels einer dort festzustellenden Mitprägung durch das Lichterfest fehlerhaft ist. Das Gericht verweist insoweit auf seine Beurteilungen in seinem Beschluss vom 27. Juli 2016 – 9 L 1099/16 -, die in gleicher Weise für das hier in Rede stehende Lichterfest zutreffen.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 VwGO, wobei das Gericht mit dem OVG NRW wegen der einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommenden Wirkung der erstrebten Entscheidung von einer Reduzierung des Auffangstreitwertes absieht.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 27.7.2016 hinsichtlich seiner Ziffern 2 und 4 geändert.
Durch einstweilige Anordnung wird vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren festgestellt, dass auch diejenigen Verkaufsstellen im Stadtbezirk N. -I. , Ortsteil I. , am Sonntag, den 21.8.2016, nicht aufgrund der Ordnungsbehördlichen Verordnung der Antragsgegnerin über das Offenhalten der Verkaufsstellen im Stadtbezirk N. -I. , Ortsteil I. , für das Kalenderjahr 2016 vom 18.3.2016 (Amtsblatt der Stadt N. Nr. 7 vom 24.3.2016, S. 64) geöffnet sein dürfen, die sich in dem in der Verordnung ausgewiesenen Standortbereich B „I. -Mitte (N1.----allee )“ befinden.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Beschlusstenor zu 1. binnen zwei Tagen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses öffentlich bekannt zu machen und desweiteren dem Wirtschaftsverbund I. e. V., 48165 N. -I. , binnen derselben Frist schriftlich den Beschlusstenor zu 1. bekannt zu geben.
3. Unter Einbeziehung der teilweise rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Kostenentscheidung trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
4. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
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1. Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
2Sie ist nicht deshalb teilweise unzulässig, weil damit der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts insgesamt und mithin auch insoweit angefochten worden wäre, als das Verwaltungsgericht die begehrte einstweilige Anordnung erlassen hat. Trotz Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Beschränkung des Rechtsmittels in der Beschwerdeschrift ergibt sich aus der zugleich erfolgten Begründung der Beschwerde mit hinreichender Deutlichkeit, dass diese von Anfang nur insoweit eingelegt worden ist, als das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat. Das hat die Antragstellerin inzwischen auch ausdrücklich klargestellt.
3Die Beschwerde ist aus von der Antragstellerin dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) begründet.
4Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (auch) insoweit stattgeben geben müssen, als sich die Antragstellerin dagegen wendet, dass aufgrund der umstrittenen Rechtsverordnung der Antragsgegnerin Verkaufsstellen, die sich in dem in der Rechtsverordnung ausgewiesenen Standortbereich B „I. -Mitte (N1.----allee )“ befinden, am Sonntag, den 21.8.2016, anlässlich des 6. I1. Weinfestes in der Zeit von 13:00 bis 18:00 Uhr geöffnet sein dürfen. Insoweit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig [dazu a)] und begründet [dazu b)].
5a) Der Antrag ist, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, zulässig.
6aa) Er ist statthaft. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Rechtmäßigkeit einer auf § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 LÖG NRW gestützten Rechtsverordnung über die Freigabe verkaufsoffener Sonn- oder Feiertage als Vorfrage im Rahmen eines Feststellungsbegehrens gegenüber dem Normgeber geklärt werden und ist vorläufiger Rechtsschutz für derartige Feststellungsbegehren im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu gewähren.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 11 ff., m. w. N.
8bb) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die angegriffene Bestimmung der umstrittenen Rechtsverordnung in ihren Rechten verletzt zu sein. Dafür reicht ihr Vortrag aus, dass die Bestimmung mit der Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 LÖG NRW nicht vereinbar ist. Diese Vorschrift ist auch dem Schutz des Interesses von Vereinen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun zu dienen bestimmt und ist in diesem Sinne drittschützend. Die dort geregelten Voraussetzungen für den Erlass einer Rechtsverordnung konkretisieren auf der Ebene des einfachen Rechts den verfassungsrechtlichen Auftrag zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV. Dieser Schutzauftrag ist auch darauf ausgerichtet, den Grundrechtsschutz, insbesondere auch den der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG), zu stärken.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 15 f., m. w. N.
10Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit kann auch mittelbaren Beeinträchtigungen der koalitionsmäßigen Betätigung entgegen gehalten werden.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.1.2010 – 8 C 19.09 –, BVerwGE 136, 54 = juris, Rn. 47.
12Daher kann sich eine Gewerkschaft, die glaubhaft gemacht hat, verschiedene Mitglieder seien in Verkaufsstellen beschäftigt, die möglicherweise von der Befugnis zur Sonntagsöffnung Gebrauch machen werden, darauf berufen, die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung hätten nicht vorgelegen und die Verordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 15 f., m. w. N.
14Das ist bei der Antragstellerin, deren satzungsmäßiger Organisationsbereich u. a. im Handel tätige Arbeitnehmer umfasst und die im Bezirk Münsterland 6.949 im Einzelhandel beschäftigte Mitglieder hat, von denen in N. 695 wohnhaft und 372 beschäftigt sind, nicht zweifelhaft.
15Außerdem kann sich die hier in Rede stehende Sonntagsöffnung jedenfalls insoweit negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken, als davon auch der Bereich ihrer Mitgliederwerbung bezogen auf solche im Einzelhandel tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer betroffen ist, die – ohne bereits bestehende Mitgliedschaft – an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.
16Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 17.
17Auch kann die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt sein, dass durch den freigegebenen verkaufsoffenen Sonntag der Charakter des Sonntags als Tag der Arbeitsruhe verändert wird.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 19.
19Die rechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die gemeindeübergreifende Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage von § 6 LÖG NRW ergeben kann. Die vorgesehene Normsetzungsbefugnis der Gemeinden (§ 6 Abs. 4 Satz 1 LÖG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 OBG NRW) birgt die Gefahr in sich, dass – über das Jahr gesehen – ein „Flickenteppich“ sonntäglicher Ladenöffnungen entsteht, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 19 f., m. w. N.
21cc) Der Senat sieht – in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht – von einer Beiladung von Verkaufsstelleninhabern, die von der umstrittenen Möglichkeit der Sonntagsöffnung möglicherweise Gebrauch machen werden, ab. Effektiver Eilrechtsschutz ist ohne eine solche Beiladung möglich, da auch jenseits einer prozessualen Bindungswirkung grundsätzlich rechtstreues Verhalten zu unterstellen ist: Entweder machen die Verkaufsstelleninhaber von einer gerichtlich suspendierten Möglichkeit zur Sonntagsöffnung von sich aus keinen Gebrauch oder die an die gerichtliche Entscheidung gebundene Antragsgegnerin geht ihnen gegenüber als Ordnungsbehörde gegen festgestellte Verstöße gegen das Sonntagsöffnungsverbot vor.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 22.
23b) Der Antrag ist auch begründet.
24Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da der Sache nach die Gültigkeit einer Rechtsnorm vorübergehend suspendiert werden soll, können für eine derartige Entscheidung nach § 123 VwGO allerdings keine anderen Maßstäbe gelten als für eine normspezifische einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO. Für diese ist allgemein anerkannt, dass eine Interessenabwägung unter Anlegung eines besonders strengen Maßstabs vorzunehmen ist. Die für die einstweilige Anordnung sprechenden Gründe müssen danach grundsätzlich so schwer wiegen, dass deren Erlass unabweisbar erscheint.
25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.3.2012 – 5 B 892/11 –, NVwZ-RR 2012, 516 = juris, Rn. 9 f., und vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 24 f.; Thür. OVG, Beschluss vom 7.3.2016 – 3 EN 123/16 –, juris, Rn. 16 f.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.10.2002 – 8 S 2210/02 –, juris, Rn. 33, m. w. N.
26Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich die jeweils in Rede stehende untergesetzliche Norm schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich unwirksam erweist, und ihre Umsetzung den Antragsteller so konkret beeinträchtigt, dass die einstweilige Anordnung deshalb dringend geboten ist.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 26 ff., m. w. N.
28So liegt es hier.
29Die umstrittene Verordnungsbestimmung über die Zulässigkeit der Sonntagsöffnung am 21.8.2016 im Standortbereich B „I. -Mitte (N1.----allee )“ anlässlich des 6. I1. Weinfestes ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 LÖG NRW offensichtlich nicht gedeckt. Die Antragsgegnerin ist dem Erfordernis, sich prognostisch Gewissheit darüber zu verschaffen, dass die öffentliche Wirkung des Weinfestes gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund steht, offensichtlich nicht nachgekommen. Auf eine solche Prognose konnte offensichtlich auch nicht verzichtet werden, da eine Ergebnisrichtigkeit der umstrittenen Verordnungsbestimmung nicht offenkundig ist.
30Nach § 6 Abs. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- oder Feiertagen bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. § 6 Abs. 4 LÖG NRW ermächtigt die zuständige örtliche Ordnungsbehörde u. a. dazu, die Tage nach Absatz 1 durch Verordnungen freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken.
31Diese Bestimmung hat, wie die bundesrechtliche Vorgängerregelung des § 14 LadSchlG, den Anlassbezug für die Sonn- und Feiertagsöffnung ausdrücklich deshalb aufgegriffen, um dem durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV verfassungsrechtlich verbürgten Sonn- und Feiertagsschutz und den diesbezüglichen Erwägungen des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. – (BVerfGE 125, 39) Rechnung zu tragen.
32Vgl. hierzu um zum Folgenden OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 33 ff., m. w. N.
33Zur Wahrung des verfassungsrechtlich geschützten Mindestniveaus des Sonn- und Feiertagsschutzes haben Sonn- und Feiertage regelhaft erkennbar Tage der Arbeitsruhe zu sein. Eine Ladenöffnung ist wegen der durch sie ausgelösten, für jedermann wahrnehmbaren Geschäftigkeit, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird, geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Kunden. Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist.
34Vgl. BVerfG, Urteil vom 1.12.2009 – 1 BvR 2857 u. a. –, BVerfGE 125, 39 = juris, Rn. 150 ff., 157 f.; BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 22.
35Zu dem in § 14 LadSchlG vorausgesetzten Anlassbezug hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine einschränkende Auslegung erforderlich ist, um dem verfassungsrechtlich geforderten Regel-Ausnahme-Verhältnis zu entsprechen. Die auch von § 6 Abs. 1 LÖG NRW geforderte Tatbestandsvoraussetzung „aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ ist danach mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint. Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 23 ff.
37Der Antragsgegnerin waren diese für eine verfassungskonforme Anwendung auch von § 6 Abs. 1 LÖG NRW geltenden Maßstäbe bereits bei Erlass der umstrittenen Rechtsverordnung bekannt, nachdem sie bereits zuvor in dem eine weitere Sonntagsöffnungs-Verordnung betreffenden Anhörungsverfahren von der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2015 und deren zentrale Aussagen hingewiesen worden war. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin diese Vorgaben offensichtlich nicht beachtet und keine prognostische Einschätzung vorgenommen, ob das 6. I1. Weinfest, anlässlich dessen die umstrittene Sonntagsöffnung vorgesehen ist, für sich genommen einen Besucherstrom erwarten lässt, der die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen.
38Dass sie eine derartige Prognose nicht angestellt hat, räumt die Antragsgegnerin ausdrücklich ein. Dies ergibt sich auch aus den zum Normerlassverfahren vorgelegten Verwaltungsvorgängen. Diese enthalten keinen Hinweis darauf, dass die durch das Weinfest einerseits und eine Ladenöffnung anderseits jeweils für sich ausgelösten Besucherströme auch nur ihrer ungefähren Größenordnung nach abgeschätzt und in Relation zueinander gesetzt worden wären. Das gilt namentlich auch insoweit, als in der der Rechtsverordnung zugrunde liegenden Beschlussvorlage festgestellt wird, die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 6 LÖG NRW würden erfüllt, insbesondere seien Anlässe vorhanden. Die mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz bestehende Anforderungen an die prägende Wirkung anlassgebender Veranstaltungen finden sich darin nicht wieder. Sie haben auch keinen Niederschlag in der von der Antragsgegnerin im Jahr 2005 aufgestellten und später fortgeschriebenen „Leitlinie zur Genehmigungspraxis bei der Freigabe von Verkaufssonntagen nach dem Ladenschlussgesetz“ gefunden, zu der es in der Beschlussvorlage zu der streitigen Rechtsverordnung heißt, ihre Eckpunkte seien eingehalten. Die Leitlinie formuliert als „rechtliche Rahmenbedingungen“ einer Freigabe der Sonntagsöffnung, dass
39„die jeweiligen Veranstaltungen allerdings einen hohen auswärtigen Besucherstrom anziehen [müssen], der es erwarten lässt, dass die Angebote der geöffneten Verkaufsstellen in einem auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten relevanten Maße in Anspruch genommen werden. Dies bedeutet, dass nicht jedes Straßenfest oder jeder Markt gleichzeitig Grundlage für eine Sonntagsöffnung sein kann, vielmehr muss der Veranstalter glaubhaft den hohen zu erwartenden Besucherstrom begründen.“
40Abgesehen davon, dass danach nicht der durch die anlassgebende Veranstaltung ausgelöste Besucherstrom als solcher, sondern die bei gleichzeitiger Ladenöffnung zu erwartenden Geschäftsumsätze bzw. -erträge ausschlaggebend sein sollen, werden die gesetzlichen Anforderungen an die zu stellende Prognose damit auch deshalb schon im Ansatz verfehlt, weil keine vergleichende Gegenüberstellung des zu erwartenden veranstaltungsbedingten Besucheraufkommens mit der Anzahl der Personen erfolgt, die voraussichtlich allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen käme.
41Der Senat lässt offen, ob allein schon das vollständige Fehlen einer eigenen prognostischen Abschätzung der Antragsgegnerin dazu, ob das Weinfest für den öffentlichen Charakter des betroffenen Sonntags prägend sein wird, weil es selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung übersteigt, die Rechtswidrigkeit und Ungültigkeit der umstrittenen Verordnungsbestimmung zur Folge hat. Davon wäre auszugehen, wenn es sich bei der zu treffenden gemeindlichen Prognose um eine zwingende Anforderung an den Normsetzungsvorgang handelte, die ungeachtet einer etwaigen Ergebnisrichtigkeit der jeweiligen Rechtsverordnung stets gewahrt sein müsste.
42Vgl. auch – gleichfalls offenlassend – Bay. VGH, Urteil vom 18.5.2016 – 22 N 15.1526 –, juris, Rn. 38 (zu § 14 LadSchlG).
43Hier konnte auf eine solche Prognose jedenfalls deshalb nicht verzichtet werden, weil nicht offenkundig ist, dass die gesetzlichen Anforderungen des § 6 Abs. 1 LÖG NRW an eine anlassgebende Veranstaltung zumindest im Ergebnis eingehalten sind.
44Der Senat ist insoweit auf die Feststellung offenkundiger Ergebnisrichtigkeit beschränkt.
45Vgl. im Ergebnis ebenso Bay. VGH, Urteil vom 18.5.2016 – 22 N 15.1526 –, juris, Rn. 32, 39, 51 ff. (zu § 14 LadSchlG).
46Er hat nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die eine Veranstaltung erfüllen muss, um aufgrund ihrer prägenden Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages einen hinreichenden Anlass für eine sonntägliche Ladenöffnung zu liefern, trotz Fehlens einer diesbezüglichen prognostischen Abschätzung der Antragsgegenerin offenkundig erfüllt sind. Denn das Gericht darf insoweit keine eigene Prognose vornehmen, sondern hat lediglich zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über der Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene gemeindliche Prognose schlüssig und vertretbar ist.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 –, GewArch 2016, 154 = juris, Rn. 36 (zu § 14 LadSchlG).
48Danach ist es nicht Aufgabe des Gerichts, nachträglich die Grundlage für die dem Normgeber bei Erlass der Rechtsverordnung obliegende Prognose zu schaffen. Lediglich dann, wenn der gegenüber der anlassgebenden Veranstaltung nachgeordnete (Annex-)Charakter der sonntäglichen Ladenöffnung offen zu Tage liegt und deshalb das Fehlen einer eigenen prognostischen Abschätzung der Gemeinde auf das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens ersichtlich ohne Einfluss gewesen ist, lässt sich die Ergebnisrichtigkeit der Rechtsverordnung im gerichtlichen Verfahren feststellen.
49Vorliegend kann bereits auf der Grundlage der dem Senat im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Informationen sicher beurteilt werden, dass jedenfalls nicht offenkundig ist, dass das 6. I1. Weinfest einen hinreichen Anlass für die am 21.8.2016 zwischen 13:00 bis 18:00 Uhr vorgesehene Sonntagsöffnung sämtlicher Verkaufsstellen in dem in der Rechtsverordnung ausgewiesenen Standortbereich B „I. -Mitte (N1.----allee )“ darstellt.
50Ausweislich seiner Ankündigung im Internet (www.muenster-hiltrup.de/freizeit-kultur-tourismus/hiltruper-hoehepunkte, letzter Zugriff am 11.8.2016) handelt es sich bei dem 6. I1. Weinfest um eine zweitägige Veranstaltung, die am Samstag, den 20.8.2016, von 12:00 bis 23:55 Uhr und am Sonntag, den 21.8.2016, von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr auf dem Platz vor der St. D. -Kirche in N. -I. stattfindet. Angekündigt werden „Gaumenschmaus für jedermann und am Samstagabend mit Live-Musik im herrlichen Ambiente der Clemenskirche an der N1.----allee .“ Veranstalter ist der Wirtschaftsverbund I. e. V., ein der gemeinsamen Interessenwahrnehmung dienender Zusammenschluss ortsansässiger Gewerbetreibender und Freiberufler (www.wirtschaftsverbund-hiltrup.de, letzter Zugriff am 11.8.2016). Dieser hat in seinem an die Antragsgegnerin gerichteten Antrag auf Freigabe u. a. der hier in Rede stehenden Sonntagsöffnung das Weinfest wie folgt beschrieben:
51„Wie auch in den letzten Jahren wollen wir das Weinfest in 6. Auflage feiern. Die Erfolge und Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass dieses Fest mit seinen kulinarischen Köstlichkeiten passend zum und rund um das Thema Wein die I1. Bürgerinnen und Bürger in sommerlicher Atmosphäre unterhält und begeistert. Zusätzlich sorgt dafür Live Musik auf der Bühne an der St. D1. . Das Motto ‚Genuss für alle Sinne‘ findet nicht nur auf dem Weinfest an der St. D1. statt, sondern zieht sich über die komplette N1.----allee . Unsere Mitglieder und Kaufleute begeistern auch hier die Besucher an zwei Tagen mit besonderen Aktionen und außergewöhnlichem Ambiente.“
52Angaben zur Anzahl der auf dem diesjährigen Weinfest auftretenden Anbieter sowie der zu erwartenden Besucher enthält der Antrag nicht. Auch im Übrigen ist den Verwaltungsvorgängen hierzu nichts zu entnehmen. Zur Vorjahresauflage der Veranstaltung, dem 5. I1. Weinfest, berichtete die Presse von sechs Anbietern von Getränken und Speisen (www.wn.de/Muenster/Stadtteile/I. /2077849-Am-Wochenende-lockt-das-5.-I1. -Weinfest-Erlesene-Tropfen-im-Schatten-alter-Baeume, letzter Zugriff am 11.8.2016). Zu den Besucherzahlen hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, laut Medienberichten seien bislang ca. 2.500 Besucher gekommen. In der Presseberichterstattung zum 4. I1. Weinfest im Jahr 2014 ist davon die Rede, „gut 2.500 Besucher dürften sich am Samstag eingefunden haben, am Sonntag war die Zahl dann überschaubarer“ (www.ruhrnachrichten.de/staedte/muenster/ 48165-I. ~/Weinfest-in-I. -Edle-Tropfen-und-andere-Genuesse;art2563, 2453751, letzter Zugriff am 11.8.2016).
53Ausgehend von diesem Zuschnitt des Weinfestes ist jedenfalls nicht offenkundig, dass es einen hinreichenden Anlass für die Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen am 21.8.2016 darstellt. Es drängt sich zumindest nicht auf, dass an dem betreffenden Sonntag die öffentliche Wirkung des Weinfestes gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund steht, weil der Besucherstrom, den das Weinfest für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen käme.
54Insoweit haben die aus den Vorjahren berichteten Besucherzahlen des Weinfestes, selbst wenn sie sachlich richtig sein sollten, nur eine sehr eingeschränkte Aussagekraft. Denn das Fest war bislang stets mit einer Sonntagsöffnung der Ladengeschäfte verbunden. Eine verlässliche Einschätzung dazu, welchen Besucherstrom die Veranstaltung für sich genommen auslöste, lässt sich deshalb auf der Grundlage der Besucherzahlen aus den Vorjahren kaum treffen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass zur Beurteilung der Wirkung des Weinfestes für den öffentlichen Charakter des Sonntages nicht auf die Gesamtzahl der Besucher an beiden Veranstaltungstagen abgestellt werden darf. Jedenfalls das Besucheraufkommen am Samstag ist nicht geeignet, den öffentlichen Charakter des Sonntags zu prägen. Es hat deshalb bei der Beantwortung der Frage, ob das Weinfest als anlassgebende Veranstaltung gegenüber der sonntäglichen Ladenöffnung im Vordergrund steht, außer Betracht zu bleiben.
55Vgl. auch Bay. VGH, Urteil vom 18.5.2016 – 22 N 15.1526 –, juris, Rn. 49 (zu § 14 LadSchlG).
56Entsprechendes gilt für die am Samstagabend geplante Live-Musik-Veranstaltung, da nicht ersichtlich ist, wie diese die Attraktivität des Weinfestes auch noch am Sonntag steigern könnte. An diesem Tag beschränkt sich das Weinfest auf das Getränke- und Speisenangebot der – im Vorjahr: sechs – Anbieter auf dem Platz vor der St. D. -Kirche. Die Veranstaltungsfläche umfasst nach Angaben der Antragsgegnerin ca. 600 qm. Demgegenüber befinden sich in dem Bereich, für den die Freigabe der sonntäglichen Ladenöffnung erfolgen soll, nach der von der Antragstellerin vorgelegten Untersuchung (Junker/Kruse, Potenzialanalyse für weitere Einzelhandelsbausteine im Zentrum N. -I. [Stufe 1], Städtebauliche Wirkungsanalyse geplanter Einzelhandelsansiedlungen im zentralen Versorgungsbereich N. -I. [Stufe 2], August 2011) 95 Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von 19.200 qm. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der Antragsgegnerin, die mitgeteilt hat, nach der jüngsten Erhebung sei von einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 22.700 qm auszugehen (ca. 14.700 qm [N1.----allee inkl. X.--------straße ] und ca. 8.000 qm [N1.----allee bis H.-------straße ]), und entlang der N1.----allee – die nur einen Teil des von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Bereichs bildet – seien 50 bis 60 Verkaufsstellen angesiedelt. Hierin zeigt sich ein deutliches Missverhältnis zwischen der zu erwartenden Anzahl der auf dem Weinfest vertretenen Anbieter und der Veranstaltungsfläche einerseits sowie der Anzahl und Größe der Verkaufsstellen, denen die Ladenöffnung ermöglicht werden soll, anderseits. Die Annahme, das Weinfest hätte gleichwohl eine derart hohe Attraktivität, dass es trotz dieses quantitativen Missverhältnisses für sich genommen einen Besucherstrom erwarten ließe, der die Anzahl der allein aufgrund der Sonntagsöffnung zu erwartenden Besucher überstiege, ist unter Berücksichtigung von Gegenstand und Charakter der Veranstaltung sowie der aus den Vorjahren berichteten Gesamtbesucherzahlen nicht offenkundig gerechtfertigt.
57Erweist sich die umstrittene Verordnungsbestimmung mithin schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offensichtlich unwirksam, beeinträchtigt auch ihre Umsetzung die Antragstellerin so konkret in ihrem verfassungsrechtlich durch die Vereinigungsfreiheit geschützten Recht auf Wahrung des Sonn- und Feiertagsschutzes, dass die einstweilige Anordnung dringend geboten ist. Denn eine rechtskräftige Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren wäre für die Antragstellerin voraussichtlich nicht rechtzeitig zu erlangen. Die Interessen von Verkaufsstelleninhabern, die im Hinblick auf eine Sonntagsöffnung am 21.8.2016 bereits Dispositionen getroffen haben mögen, müssen deshalb zurückstehen. Der Senat sieht keine Möglichkeit, etwa durch eine weitergehende Begrenzung des räumlichen Bereichs zulässiger Sonntagsöffnung nach weiterer Sachverhaltsaufklärung selbst einen Zustand herbeizuführen, der den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 LÖG NRW gerecht wird. Dies ist schon aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich und obliegt im Übrigen der Antragsgegnerin im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose und ihres sich sodann eröffnenden Normsetzungsermessens.
582. Die Anordnung unter Ziffer 2 dient mit Blick auf das unmittelbare Bevorstehen der vorgesehenen Sonntagsöffnung der effektiven (faktischen) Umsetzung der Anordnung unter Ziffer 1.
593. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Hinsichtlich des nicht angefochtenen Teils des Beschlusses des Verwaltungsgerichts bleibt es bei der insoweit rechtskräftigen erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
604. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Dabei geht der Senat von dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG aus,
61vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 48 f., m. w. N.,
62und bewertet den im Beschwerdeverfahren noch streitigen Teil der Sonntagsöffnung in Übereinstimmung mit der in der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zum Ausdruck kommenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts mit der Hälfte dieses Betrages. Von einer weiteren Reduzierung sieht der Senat in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2013, 58) ab, weil wegen des unmittelbar bevorstehenden Termins der Sonntagsöffnung die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird.
63Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.