Verwaltungsgericht Münster Urteil, 10. Sept. 2015 - 3 K 1656/14
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Der Bescheid des Betriebsleiters des Abwasserwerks der Beklagten vom 2. 7. 2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
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Der Bescheid des Betriebsleiters des Abwasserwerks der Beklagten vom 2. 7. 2014 wird aufgehoben.
2Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
4T a t b e s t a n d
5Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks N.------------straße 0, Gemarkung U.-, Flur 00, Flurstück 000. Für dieses Grundstück ist im Bebauungsplan Nr. I---00.0 „Industrie- und Gewerbegebiet I. “ eine gewerbliche Nutzung festgesetzt. Es hat eine Fläche von 0.0000 m². Im Herbst 2012 wurde vor dem Grundstück der Klägerin ein Niederschlagswasserkanal verlegt, so dass die Klägerin ihr Grundstück an die Abwasseranlage der Beklagten anschließen konnte, um das anfallende Niederschlagswasser einzuleiten. Mit Bescheid vom 2. 7. 2014, am 4. 7. 2014 mit einfachem Brief zur Post gegeben, zog der Betriebsleiter des Abwasserwerks der Beklagten, das von der Beklagten aufgrund der Betriebssatzung vom 00. 00. 2006 in der Fassung der Änderungssatzung vom 00. 00. 2009 (BS) als Eigenbetrieb geführt wird, die Klägerin zu einem Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 26.307,60 Euro heran. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Beitrag werde als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die Abwasseranlage zu nutzen. Der Bescheid wurde vom Betriebsleiter des Abwasserwerks der Beklagten unterschrieben.
6Am 4. 8. 2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, das Abwasserwerk der Beklagten sei nicht sachlich zuständig für den Erlass des Beitragsbescheids. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung durch das Abwasserwerk selbst. § 2 Abs. 1 EigVO NRW bzw. § 3 Abs. 2 BS reichten hierfür nicht aus, da die Erhebung von Abgaben kein Geschäft der laufenden Betriebsführung darstelle. Durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Kreis C. über die kaufmännische und technische Geschäftsbesorgung für das Abwasserwerk vom 15. 6. 2007 habe die Beklagte dem Kreis C. die Beitragsveranlagung übertragen, so dass der Kreis den Bescheid hätte erlassen müssen. Darüber hinaus lasse § 53 Abs. 1 LWG NRW eine so weitreichende Übertragung der wasserrechtlichen Aufgaben nicht zu.
7Die Klägerin beantragt,
8den Bescheid des Betriebsleiters des Abwasserwerks der Beklagten vom 2. 7. 2014 aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte trägt vor, die in der Betriebssatzung getroffene Vertretungsregel reiche für die Zuständigkeit des Abwasserwerks der Beklagten aus. Ferner beschränke sich die Tätigkeit des Kreises auf die reine Sachbearbeitung. Die Vertretung nach außen verbleibe nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung vom 00.00.2007 bei der Beklagten selbst.
12Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
15Das Gericht hat das Rubrum auf Beklagtenseite von Amts wegen geändert. Nach dem aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO folgenden Rechtsträgerprinzip ist die Stadt H. als diejenige Gebietskörperschaft, deren Behörde (= Betriebsleiter des Abwasserwerks der Stadt H. ) den angefochtenen Beitragsbescheid erlassen hat, der richtige Klagegegner. Durch das am 1. 1. 2011 in Kraft getretene Justizgesetz Nordrhein-Westfalen ist das bis dahin in Nordrhein-Westfalen geltende Behördenprinzip (früher: § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 5 Abs. 2 AGVwGO NRW) abgeschafft worden.
16Der angefochtene Bescheid vom 2. 7. 2014, der auf § 8 KAG NRW i. V. m. §§ 10 ff. der Beitrags- und Gebührensatzung zur Abwasserbeseitigung der Stadt H. vom 21. 12. 2000 in der Fassung der Änderung vom 19. 12. 2013 (Beitrags- und Gebührensatzung – BGS) gestützt worden ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17Der Betriebsleiter des Abwasserwerks der Beklagten war für den Erlass des Beitragsbescheids sachlich nicht zuständig. Zuständig wäre vorliegend der Bürgermeister der Beklagten gewesen, dem gemäß §§ 62 Abs. 3, 41 Abs. 3 GO NRW die sachliche Zuständigkeit für die Geschäfte der laufenden Verwaltung zugewiesen ist.
18Gemäß § 8 KAG NRW können „Gemeinden und Gemeindeverbände“ Beiträge erheben. Diese Vorschrift hindert zwar als solche nicht den Erlass von Beitragsbescheiden durch den Werkleiter eines Eigenbetriebs.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. 11. 1996 – 15 A 1184/96 – juris, Rdn. 5.
20Nach dem Grundsatz des § 41 Abs. 3 GO NRW erlässt aber der Bürgermeister als Geschäfte der laufenden Verwaltung auch Beitragsbescheide. Um von diesem Grundsatz abzuweichen, bedarf es einer Aufgabenübertragung auf das Organ, das anstelle des Bürgermeisters als Behörde handeln soll. Eine solche abweichende Zuständigkeit des Betriebsleiters für den Erlass von Beitragsbescheiden ergibt sich hier weder aus einer konkreten Aufgabenübertragung in der Eigenbetriebsverordnung, in der Beitrags- und Gebührensatzung oder der Betriebssatzung noch aus einem sonstigen konkreten gemeindlichen Organisationsakt noch aus der in der Betriebssatzung festgelegten allgemeinen Aufgabe der „laufenden Betriebsführung“.
21Die allgemeine Vertretungsbefugnis aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EigVO, dass der Werkleiter des Eigenbetriebs für die Gemeinde handelt, setzt eine bestehende Befugnis zum Handeln voraus, sagt aber noch nichts darüber aus, ob er zuvor auch durch einen gemeindlichen Übertragungsakt zum Erlass von Bescheiden ermächtigt worden ist.
22Die auf der Grundlage des § 8 KAG NRW erlassene Beitrags- und Gebührensatzung enthält beitragsrechtliche Bestimmungen, ohne eine gegenüber dem Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen bzw. der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen abweichende Zuständigkeitszuweisung vorzunehmen.
23Auch die Betriebssatzung der Beklagten für den Eigenbetrieb Abwasserwerk der Stadt H. vom 00.00.2006 enthält keine explizite Ermächtigung des Betriebsleiters zum Erlass eines Beitragsbescheides.
24Ferner existiert kein sonstiger konkreter gemeindlicher Organisationsakt in Form eines Ratsbeschlusses o. ä., mit dem der Erlass von Beitragsbescheiden in Abwasserangelegenheiten dem Betriebsleiter des Abwasserwerks der Beklagten übertragen worden wäre.
25Schließlich ist der Erlass des angefochtenen Beitragsbescheids nicht von der allgemein übertragenen Aufgabe der „laufenden Betriebsführung“ gedeckt, die in § 3 Abs. 2 Satz 4 BS, der wörtlich § 2 Abs. 1 Satz 2 EigVO NRW entspricht, niedergelegt ist. Nach diesen Vorschriften obliegt der Betriebsleitung insbesondere die laufende Betriebsführung. Nach § 3 Abs. 2 Satz 5 BS gehören dazu alle Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung eines einwandfreien Betriebes laufend notwendig sind, insbesondere Einsatz des Personals, Anordnung der notwendigen Instandhaltungsarbeiten und der laufenden Netzerweiterungen, Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Investitionsgütern des laufenden Bedarfs, die Ersatzbeschaffung von Betriebsmitteln und der Abschluss von Werk- und Dienstleistungsverträgen. Nach § 3 Abs. 3 BS werden der Betriebsleitung außerdem folgende Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse übertragen: Stundung von Forderungen, Niederschlagung von Forderungen bis zur Höhe von 3000,00 Euro im Einzelfall, Erlass von Forderungen bis zur Höhe von 200,00 Euro im Einzelfall, Personalangelegenheiten (Einstellung, Höhergruppierung und Entlassung) der Arbeiter im Bereich des TVöD, der Auszubildenden, der aushilfsweise oder geringfügig Beschäftigten und der Angestellten bis Entgeltgruppe 8 TVöD im Rahmen des Stellenplanes, Entscheidung über Vergabe von Lieferungen und Leistungen, sofern Mittel im Wirtschaftsplan bereitgestellt sind und die zugrundeliegende Maßnahme vom Betriebsausschuss bzw. von der Stadtvertretung beschlossen ist, Erwerb von beweglichen Vermögensgegenständen bis zur Höhe von 50.000,00 Euro, soweit die Mittel im Wirtschaftsplan vorgesehen sind, Entscheidung nach §§ 15 und 16 der Eigenbetriebsverordnung über Mehraufwendungen und zu Mehrausgaben bis zu 10% des Ansatzes, höchstens jedoch bis zu 5000,00 Euro.
26Der Erlass des angefochtenen Kanalanschlussbeitragsbescheids nach § 8 KAG NRW stellt sich in Anwendung dieser Vorschriften nicht als ein „Geschäft der laufenden Betriebsführung“ i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 4 BS dar.
27Zur laufenden Betriebsführung gehören gemäß § 3 Abs. 2 Satz 5 BS alle Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes laufend notwendig sind, insbesondere die bereits dargestellten Einzelmaßnahmen. Daraus folgt, dass mit dem Begriff der laufenden Betriebsführung vor allem diejenigen regelmäßig anfallenden Geschäfte erfasst sind, die das „Vorhalten“ der als Eigenbetrieb geführten öffentlichen Einrichtung zur Erfüllung der der Beklagten obliegenden Pflichten zur Abwasserbeseitigung nach § 53 LWG NRW betreffen. Dazu gehören alle im täglichen Betrieb wiederkehrenden Maßnahmen, die typischerweise zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig sind und zur Abwicklung des einzelnen Versorgungsverhältnisses nach vorbestimmten Mustern getroffen werden können.
28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. 12. 1988 – 22 A 1013/88 –, juris, Rdn. 18 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 15. 11. 2002 – 13 K 3588/01 –, juris, Rdn. 18 f. m. w. N.
29Der Erlass eines Beitragsbescheids betrifft nicht das Vorhalten der öffentlichen Einrichtung. Die Beitragserhebung fällt zunächst nicht unter die in § 3 Abs. 2 Satz 5 BS vorgenommene Aufzählung. Sie kann insbesondere nicht unter die „Anordnung der notwendigen Instandhaltungsarbeiten und der laufenden Netzerweiterungen“ gefasst werden. Dies meint lediglich die konkrete „Anordnung“ der genannten Maßnahmen im Vorfeld der durchzuführenden Arbeiten. Die Beitragserhebung ist dagegen ein von der Anordnung getrennt zu betrachtender Vorgang.
30Die Kompetenz zur Beitragserhebung ergibt sich auch nicht aus dem unmittelbaren Sachzusammenhang mit solchen Maßnahmen. Insbesondere besteht kein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen dem Kanalanschlussbeitrag und der laufenden Netzerweiterung. Dass der Anschluss der Grundstücke durch die Herstellung der Leitungen vom öffentlichen Abwasserkanal zum anzuschließenden Grundstück zwingend notwendig für die Beseitigung des im Gemeindegebiet anfallenden Abwassers ist und die Gemeinde diese öffentliche Aufgabe ohne den Ersatz der Herstellungskosten nicht wirtschaftlich durchführen könnte,
31so VG Arnsberg, Urteil vom 15. 11. 2002 – 13 K 3588/01 -, juris, Rdn. 23,
32mag möglicherweise – was das Gericht aber ausdrücklich offenlässt – für die Anforderung des Kostenersatzes nach § 10 KAG NRW gelten, bei dem die genauen Kosten für den konkreten Haus- oder Grundstücksanschluss zu erstatten sind. Es gilt aber nicht aber ohne Weiteres für die hier in Rede stehende Erhebung eines Kanalanschlussbeitrags. Für die Beitragserhebung ist – wie auch für die Erhebung von Gebühren – ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Möglichkeit der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nicht erkennbar.
33Vgl. zu Gebühren OVG NRW, Beschluss vom 24. 10. 2013 – 9 A 2553/11 –, juris, Rdn. 25.
34Über die ausdrücklich aufgeführten Maßnahmen des § 3 Abs. 2 Satz 5 BS hinaus ist die Erhebung eines Kanalanschlussbeitrags auch nicht zur Aufrechterhaltung des Betriebs des Abwasserwerks deshalb notwendig, weil die Beitragserhebung allgemein zur Einnahmeerzielung für den wirtschaftlich selbständig arbeitenden Eigenbetrieb dient.
35So aber Sächs. OVG, Urteil vom 30. 6. 2004 – 5 B 369/03 –, juris, Rdn. 27; Hess. VGH, Urteile vom 19. 9. 2002 – 5 UE 1147/02 –, juris, Rdn. 24, und 2. 3. 1993 – 5 TH 1649/91 –, juris, Rdnr. 3.
36Diese gegenteilige Auffassung der zitierten Rechtsprechung überzeugt nicht, denn das Abwasserwerk der Beklagten besitzt keinen eigenen Haushalt und ist nicht auf die Erzielung eigener Einnahmen zur Existenzsicherung angewiesen. Das Abwasserwerk ist als Eigenbetrieb i. S. d. § 114 Abs. 1 GO NRW ein gemeindliches wirtschaftliches Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit und daher der Gemeinde als Rechtsträger zuzuordnen. Der Eigenbetrieb ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EigVO NRW finanzwirtschaftlich als Sondervermögen der Gemeinde zu verwalten und nachzuweisen. Auch wenn dieses Sondervermögen im Haushalt separat auszuweisen ist, verbleibt es letztlich doch im allgemeinen Haushalt der Gemeinde. Dass nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EigVO NRW auf die Erhaltung des Sondervermögens Bedacht zu nehmen ist und nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EigVO für die dauernde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigenbetriebs zu sorgen ist, richtet sich an die Gemeinde und ist von ihr auch zu beachten. Es führt aber nicht dazu, dass die Beitragserhebung zwingend zur Erzielung von Einnahmen notwendig ist, um den laufenden Betrieb des Abwasserwerks aufrechtzuerhalten. Notfalls muss die Gemeinde vorübergehend aus dem Haushalt finanzielle Unterstützung an das Abwasserwerk leisten.
37Im Gegenteil verdeutlichen die in § 3 Abs. 2 Satz 5 BS aufgezählten Maßnahmen, dass die der Betriebsleitung im Rahmen der laufenden Betriebsführung zugewiesenen Geschäfte die Leistungserbringung zum Gegenstand haben. Dazu gehört nicht die hoheitliche Erhebung von Abgaben.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. 10. 2013 – 9 A 2553/11 –, juris, Rdn. 25; Bay. VGH, Urteile vom 6. 9. 2012 – 20 B 11.2171 –, juris, Rdn. 25, und 25. 1. 2010 – 20 B 09.1553 –, juris, Rdn. 36 (jeweils zu Gebühren).
39Schließlich steht auch die systematische Auslegung von § 3 Abs. 2 Satz 4 BS der Einordnung des Erlasses von Beitragsbescheiden in die „laufende Betriebsführung“ entgegen. So regelt § 6 Abs. 1 Satz 1 BS, dass der Bürgermeister im Interesse der Einheitlichkeit der Verwaltungsführung der Betriebsleitung Weisungen erteilen kann. Dies gilt nach Satz 2 aber nicht für Angelegenheiten der laufenden Betriebsführung, die ausschließlich der Betriebsleitung unterliegen. Würde man die Kompetenz zum Erlass eines wie hier streitgegenständlichen Beitragsbescheids dem Betriebsleiter zuweisen, hätte der Bürgermeister in einem Bereich, in dem hoheitlich durch Erlass von Bescheiden gehandelt wird, also bestandskraftfähige Vollstreckungstitel geschaffen werden, kein Weisungsrecht. Danach dürfte er beispielsweise im gerichtlichen Verfahren einen Bescheid nicht gegen den Willen der Betriebsleitung aufheben, obwohl das Handeln der Betriebsleitung der Stadt zugerechnet wird und diese die richtige Beklagte ist. Eine derartige satzungsrechtliche Regelung kann ersichtlich nicht gewollt sein.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. 10. 2013 – 9 A 2553/11 –, juris, Rdn. 28 (zu Gebühren).
41Eine gegenüber Gebührenbescheiden andersartige Behandlung von kommunalen Abgabenbescheiden nach § 8 KAG NRW ist insoweit nicht angezeigt.
42Aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit muss ohne Zweifel erkennbar sein, wer in der jeweiligen Norm zum Erlass eines Verwaltungsakts berechtigt wird. Hat der Satzungsgeber den Fall – wie hier – nicht eindeutig geregelt, muss es bei der sachlichen Kompetenz des Bürgermeisters nach § 41 Abs. 3 GO NRW bleiben.
43Der Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelung konnte nicht gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 b KAG NRW i. V. m. § 126 AO geheilt werden. Er ist auch nicht gemäߠ§ 12 Abs. 1 Nr. 3 b KAG NRW i. V. m. § 127 AO unbeachtlich, weil dem Betriebsleiter des Abwasserwerks der Beklagten diesachliche Zuständigkeit für den Erlass des Bescheids fehlte.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Die Klage ist zu richten
- 1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde, - 2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.