Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er hat nach eigenen Angaben die Tätigkeit eines ... ohne Abschlussprüfung erlernt.

In D... schloss der Kläger die Oberschule mit der 12. Klasse ab und besuchte vor seiner Flucht kurze Zeit die ...oberschule.

Er reiste am ... Februar 1992 in das Bundesgebiet ein.

Mit Bescheid vom 16. Juni 1994, rechtskräftig seit 10. Mai 2001, wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt (Blatt 66 – 74 der Behördenakte).

Ab 5. Oktober 2001 wurden dem Kläger Duldungen wegen fehlender Reisedokumente erteilt, letztmals bis 20. Dezember 2012.

Mit Schreiben vom ... Juli 2004 beantragte die Bevollmächtigte eine Aufenthaltserlaubnis für den Kläger.

Mit Bescheid vom 13. September 2005 wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 11. März 2005 abgelehnt (Blatt 234 – 239 der Behördenakte). Eine beim Bayerischen Verwaltungsgericht dagegen erhoben Klage, Az.: M 26 K 05.3443, wurde mit Urteil vom 23. März 2006 abgewiesen (Blatt 297 – 307 der Behördenakte). Ein Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Dezember 2006 abgelehnt.

Am ... Oktober 2012 beantragte der Kläger erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Am 28. September 2012 wurde dem Kläger eine bis 18. Dezember 2012 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG erteilt (Blatt 74 der Behördenakte).

Am ... Dezember 2012 stellte die Bevollmächtigte des Klägers einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Am 20. Dezember 2012 wurde dem Kläger eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt, letztmalig verlängert am 28. April 2016 bis 25. Juli 2016.

Mit Schreiben vom .... Juli 2013 teilte das Jobcenter München der Beklagten mit, dass der Kläger seit 1. Mai 2013 SGB-II-Leistungen beziehe.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Arbeitsvertrag, eine aktuelle Bestätigung des Arbeitgebers über Art und Dauer der Beschäftigung, Gehaltsnachweise der letzten drei Monate, eine aktuelle Bestätigung, dass keine Leistungen nach dem SGB II bezogen werden und einen Nachweis über den aktuellen Mietzins vorzulegen (Blatt 24 der Behördenakte).

Mit Schreiben vom 12. April 2016 forderte die Beklagte den Kläger erneut auf entsprechende Unterlagen vorzulegen und hörte ihn zur geplanten Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis an (Blatt 39 der Behördenakte).

Mit Schreiben vom ... April 2016 übersandte die Bevollmächtigte eine Arbeitgeberbestätigung von „...“ vom 10. April 2016, eine Bestätigung vom Jobcenter München vom .... April 2016, dass der Kläger zurzeit keine SGB II-Leistungen beziehe, und einen Mietvertrag.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 18. Dezember 2012 abgelehnt, der Kläger zur Ausreise aufgefordert, die Abschiebung nach Äthiopien angedroht und für den Fall von Abschiebungshindernissen die Abschiebung ausgesetzt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit gemäß § 104 a Abs. 5 Satz 3 AufenthG Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104 a Abs. 1 Satz 1 und §§ 23 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 104 a Abs. 1 Satz. 2 AufenthG sei. Dem Kläger sei durch die mehrmalige Ausstellung von Fiktionsbescheinigungen die Chance ermöglicht worden, eine Arbeitsstelle zu finden und damit den Lebensunterhalt nachhaltig zu sichern. Er habe sich während dieser Zeit nicht bemüht, eine Arbeitsstelle zu finden. Zwar habe der Kläger am .... Januar 2016 sowie am ... April 2016 durch seine Bevollmächtigte eine Arbeitgeberbestätigung sowie eine Mitteilung des Jobcenters vorgelegt, Gehaltsnachweise und ein Arbeitsvertrag fehlten aber. Somit sei die Sicherung des Lebensunterhalts offensichtlich nicht erfüllt. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen eines anderweitigen Anspruchs auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vor. Für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1, 2 und 3 AufenthG fehle es an einem positiven Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, in dem die Asylberechtigung zuerkannt, die Flüchtlingseigenschaft anerkannt oder Abschiebungsverbote festgestellt worden seien. § 25 Abs. 4 AufenthG komme nicht zur Anwendung, da der Kläger einen dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet begehre. Es bestünden auch keine schützenswerten familiären Bindungen des Klägers im Bundesgebiet, so dass auch hieraus keine dringenden humanitären Gründe ersichtlich seien. Für § 25 Abs. 5 AufenthG fehle es an der vollziehbaren Ausreisepflicht. Für § 25 b AufenthG fehle es wiederum an der überwiegenden Sicherung des Lebensunterhalts.

Die Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom .... Juni 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage und beantragte,

unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Mai 2016, Az.: ..., die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2016 hat die Beklagte beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom .... Juli 2016 hat die Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage ausgeführt, dass der Kläger seit dem 10. Mai 2016 unbefristet, ungekündigt und ohne Probezeit bei seinem Arbeitgeber zu einem Nettoeinkommen in Höhe von 923,48 € beschäftigt sei. Zudem habe er seit Juli 2016 einen Nebenjob, bei dem er 200,- € verdiene. Sein Lebensunterhalt sei gesichert, da seine Miete 485,- € betrage. Die Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis lägen somit vor.

Mit Schreiben vom 28. September 2016 führte die Beklagte aus, dass der Kläger vom 1. Mai 2013 bis 31. März 2016 Leistungen nach dem SGB II bezogen habe. Die am .... Dezember 2015 vorgelegte Arbeitgeberbestätigung sei in die Zeit dieses Leistungsbezuges gefallen. Diesbezügliche Gehaltsnachweise seien nicht vorgelegt worden. Gemäß des Schreibens der Klägerbevollmächtigten befinde sich der Kläger seit 10. Mai 2016 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit einem Nettoeinkommen von 923,- €. Seine Miete betrage aktuell 485,- €. Somit verblieben dem Kläger nach Abzug der Miete nur ca. 430,- € zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Dies sei nur minimal mehr als der anzusetzende Regelbedarf gemäß SGB II. Bzgl. eines Nebenjobs mit 200 € Verdienst sei bisher nichts vorgelegt worden. Die Prognose hinsichtlich der dauerhaften Sicherung des Lebensunterhaltes des Klägers falle weiterhin negativ aus.

Mit Schreiben vom ... Januar 2017 führte die Klägerbevollmächtigte aus, es sei zwar richtig, dass der Kläger Sozialleistungen bezogen habe. Er befinde sich aber bereits seit den neunziger Jahren in Deutschland. Angesichts der Dauer des Aufenthaltes und seiner eindeutigen Bemühungen Fuß zu fassen, sei der Sozialleistungsbezug nicht ausschlaggebend. Dem Schreiben liegt ein Arbeitsvertrag vom ... November 2016 mit der „... GmbH“ bei, nach der der Kläger seit 28. November 2016 unbefristet als ... zu einer monatlichen Nettovergütung von 1.200,- Euro angestellt ist, weiter eine Gehaltsabrechnung für den Dezember 2016 nach dem der Kläger 776,20 Euro netto verdient hat.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 3. Mai 2017 wurde der Kläger aufgefordert, eine aktuelle Lohnabrechnung der vergangenen Monate vorzulegen.

Im Rahmen der Ladung wurde der Kläger mit Schreiben vom 4. April 2017 nochmals aufgefordert, Gehaltsnachweise für die Zeit ab Januar 2017, eine aktuelle Arbeitgeberbestätigung sowie einen Arbeitsvertrag für den Nebenjob vorzulegen.

Zur mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2017, zu der der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 4. April 2017 geladen wurde, ist der Kläger nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2017 entschieden werden, obwohl der Kläger nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Kläger ist form- und fristgerecht geladen worden.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die Ablehnung seines Antrages im Bescheid vom 13. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Gemäß § 25 b AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Die im Rahmen des § 25 b Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu prüfende Tatbestandsvoraussetzung der nachhaltigen Integration wird dabei in Satz 2 Nummer 1 bis 5 durch regelhafte Voraussetzungen näher bestimmt.

Eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 b Abs. 1 Satz 1 AufenthG scheitert daran, dass die Voraussetzungen des § 25 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AufenthG nicht vorliegen.

Einen ausreichenden Nachweis bzgl. seiner Einkünfte, die eine Prognose für die überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts im o.g. Sinn ermöglichen, hat der Kläger nicht vorgelegt. Hierfür genügt zwar grundsätzlich ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis, durch das der Lebensunterhalt gesichert werden kann. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte zum Nachweis eines derartigen Arbeitsverhältnisses die Vorlage der vollständigen letzten Gehaltsabrechnungen sowie einer aktuellen Arbeitgeberbestätigung verlangt. Die Beklagte kann die sachdienlichen Nachweise verlangen, die erforderlich sind, um die Überzeugungsgewissheit zu erlangen, dass die Voraussetzung des § 25 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG erfüllt ist. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, dass konkret die von der Beklagten angeforderten Unterlagen vorzulegen sind, bedarf es hierfür nicht. Die von der Beklagten angeforderten Unterlagen sind zur Prüfung der Sicherung des Lebensunterhalts sachdienlich. Die Höhe der derzeitigen Einkünfte zeigen die aktuellen Gehaltsabrechnungen. Schließlich dient eine Arbeitgebererklärung zum Nachweis dafür, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht, um die Dauerhaftigkeit der Einkünfte prognostizieren zu können. Dass jeweils Originale vorzulegen sind, dient der Fälschungssicherheit. Der Kläger hat bislang lediglich eine Gehaltsabrechnung für den Dezember 2016 vorgelegt und eine Kopie des Arbeitsvertrages. Die vorgelegte Arbeitgeberbestätigung vom 19. April 2016 stimmt hinsichtlich des Arbeitgebers nicht mit der zuletzt vorgelegten Kopie des Arbeitsvertrages vom 28. November 2016 überein. Allein die rückschauende Betrachtung ermöglicht vorliegend aber - vor allem vor dem Hintergrund, dass der Kläger in der Vergangenheit oft den Arbeitgeber wechselte und über Jahre Sozialleistungen bezog - noch nicht die Prognose der dauerhaften Sicherung des Lebensunterhalts.

Ein atypischer Sachverhalt, aufgrund dessen von der Voraussetzung des § 25 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG abzusehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es ist nicht unverhältnismäßig, insbesondere im Falle des Klägers auch nicht unzumutbar, an der Voraussetzung festzuhalten. Der Gesetzgeber bringt durch § 25 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG zum Ausdruck, dass die Sicherung des Lebensunterhalts und hinreichende mündliche Deutschkenntnisse als Ausdruck einer nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 b AufenthG als eine Voraussetzung von grundlegendem staatlichem Interesse anzusehen ist. Ausnahmen von der Regel sind daher grundsätzlich eng auszulegen. Ein Ausnahmefall ist nur bei besonderen, atypischen Umständen gegeben, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels muss aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten sein (BVerwG, U.v. 30. 4. 2009 – 1 C 3.08 – juris, BayVGH, U.v. 19.12.2015 – 19 B 15.1066 – juris Rn. 43, B.v. 24.4.2014 – 10 ZB 14.528 – juris Rn. 7 m.w.N.).

Atypische Umstände liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein etwaiges – auf seinen langjährigen Aufenthalt in Deutschland gründendes – Vertrauen des Klägers auf ein weiteres Recht auf Verbleib im Bundesgebiet schutzwürdig wäre. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet ein gewichtiges, aber nicht das allein entscheidende Kriterium zur Bestimmung eines vom Regelversagungsgrund abweichenden Ausnahmefalls ist (vgl. zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG: OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 31.8.2009 – 2 M 132/09 – juris Rn. 4). Vielmehr muss der Ausländer die ihm durch einen langen Aufenthalt gegebene Gelegenheit auch genutzt haben, sich wirtschaftlich und sozial so zu integrieren, dass eine Verfestigung seiner Lebensverhältnisse im Bundesgebiet eingetreten ist und ihn eine Beendigung des Aufenthalts besonders hart treffen würde. Zu der langjährigen Dauer des Aufenthalts müssen also noch besondere Umstände hinzutreten (vgl. zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG: BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 10 CS 13.1449 – juris Rn. 22).

Schützenswerte familiäre oder anderweitige Bindungen hat der Kläger nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich. Auch beruflich hat sich der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland nicht integriert. Er hat über Jahre Sozialleistungen bezogen und häufig den Arbeitgeber gewechselt.

Die Beklagte hat auch zutreffend angenommen, dass die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes verstößt. Dem Kläger ist es zumutbar, sich in seinem Heimatland eine Existenz aufzubauen. Vor seiner Einreise 1992 lebte der Kläger 19 Jahre in seinem Heimatland.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu, die im Übrigen auch nicht beantragt war. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG scheitert bereits daran, dass der Kläger keinen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet im Sinne dieser Vorschrift bezweckt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG setzt u.a. voraus, dass die Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Hierfür liegen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte vor.

Auch die auf § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung und die auf § 50 AufenthG gestützte Ausreisefrist begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 12 K 16.2612

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 12 K 16.2612

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 12 K 16.2612 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 50 Ausreisepflicht


(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 12 K 16.2612 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2017 - M 12 K 16.2612 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2015 - 19 B 15.1066

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 19 B 15.1066 Im Namen des Volkes Urteil vom 9. Dezember 2015 (VG Würzburg, Entscheidung vom 27. Januar 2014, Az.: W 7 K 13.365) 19. Senat Sachgebiet

Referenzen

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 19 B 15.1066

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Dezember 2015

(VG Würzburg, Entscheidung vom 27. Januar 2014, Az.: W 7 K 13.365)

19. Senat

Sachgebietsschlüssel: 600

Hauptpunkte:

Aufenthaltsrecht

Eigenständiges Aufenthaltsrecht des geschiedenen

Ehegatten nach einem Jahr (hier: verneint)

Ausweisungsgrund

Ausweisungsinteresse

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, ...

- Beklagte -

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen Ausländerrechts;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Januar 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 19. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Thumann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof König aufgrund mündlicher Verhandlung am 24. November und am 9. Dezember 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Januar 2014 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 26. August 1950 geborene Kläger (vietnamesischer Staatsangehöriger) reiste im Jahr 1991 in das Bundesgebiet ein. Ein Asylverfahren sowie ein Asylfolgeverfahren blieben erfolglos. Die am 19. Juli 2002 mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossene Ehe des Klägers wurde am 24. September 2010 geschieden. Die letzte dem Kläger wegen dieser Ehe erteilte Aufenthaltserlaubnis war bis zum 2. Mai 2012 gültig. Vor deren Ablauf (am 20. April 2012) beantragte der Kläger die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Am 23. Februar 2012 verurteilte das Amtsgericht S. den Kläger wegen eines Vergehens des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tatmehrheit mit einem Vergehen der Nötigung, dieses in Tateinheit mit einem Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung und einem Vergehen der Bedrohung, in Tateinheit mit einem Vergehen der Beleidigung in Tatmehrheit mit einem Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 4. Oktober 2012 rechtskräftig. Festgesetzt wurde eine Bewährungszeit von vier Jahren. Den Gründen des Urteils ist zu entnehmen, dass der Kläger an einem nicht mehr genauer zu bestimmenden Tag im Februar 2006 seine am 27. August 1991 geborene Adoptivtochter (die Nichte seiner damaligen Ehefrau) sexuell missbraucht und diese im September sowie Dezember 2009 geschlagen, bedroht und beleidigt hat.

Mit Bescheid vom 4. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf „Erteilung“ einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 1), forderte ihn unter Fristsetzung auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Nr. 3) und drohte ihm die Abschiebung nach Vietnam oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Nr. 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis stehe vor allem die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Der Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sei gegeben. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liege kein Ausnahmefall vor. Der Umstand, dass der Kläger mit seinem Opfer in einem Haushalt gelebt habe, begründe keinen Ausnahmefall. Dies gelte auch für die Tatsache, dass sich der Kläger seit 1991 im Bundesgebiet aufhalte. Besonders schützenswerte familiäre Bindungen lägen im Bundesgebiet nicht vor. Selbst bei Annahme eines Ausnahmefalls wegen des über 20-jährigen Aufenthaltes wäre nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Ablehnung des Verlängerungsantrags ebenfalls geboten. Im Übrigen stehe der Erteilung eines Aufenthaltstitels § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, da der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert sei. Nicht in Betracht komme auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.

Am 29. April 2013 erhob der Kläger gegen den Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht und trug zur Begründung vor, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG, hilfsweise nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Soweit die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien, lägen in seiner Person Umstände vor, die die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls rechtfertigten. Bezüglich der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gelte es zu berücksichtigen, dass eine aktuelle Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gegeben sei. Der Ausweisungsgrund sei daher unbeachtlich. Aufgrund der konkreten und individuellen Situation des Klägers sei es ausgeschlossen, dass er nochmals vergleichbare oder andere Straftaten begehen werde. Jedenfalls ergebe sich eine Ausnahme von dieser Regelerteilungsvoraussetzung aus der langen Aufenthaltszeit des Klägers, seinem fortgeschrittenen Alter, seiner schlechten Gesundheit, seinen familiären Bindungen in Deutschland (zwei Nichten) und Europa (zwei Söhne in Tschechien) sowie der Tatsache, dass er in Vietnam keine Möglichkeit habe, sein wirtschaftliches Auskommen zu sichern.

Mit Urteil vom 27. Januar 2014 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2013 aufgehoben und diese verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Bescheid der Beklagten sei insoweit rechtswidrig, als diese zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass einem Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG entgegen stünden. Da die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auch bei Vorliegen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen jedoch grundsätzlich im Ermessen stehe, sei die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen gewesen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG stehe der Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen, da ein atypischer Ausnahmefall vorliege. Zwar habe der Kläger in der Vergangenheit trotz Rente und eines Nebenverdienstes bereits öffentliche Leistungen bezogen und dürfte nach der insoweit anzustellenden Prognose auch zukünftig auf solche Leistungen (ergänzend) angewiesen sein. Allerdings bestehe bei ihm wegen einer Schwerbehinderung von 50% eine volle Erwerbsminderung. Diese vom Kläger unverschuldete Erwerbsunfähigkeit und die damit verbundene Unfähigkeit, seinen Lebensunterhalt vollständig aus eigenen Mitteln zu bestreiten, begründe beim Kläger zusammen mit den Umständen, dass er sich bereits in einem fortgeschrittenen Alter befinde, er sich seit über 20 Jahren im Bundesgebiet aufhalte und seit August 2002 hier auch seinen rechtmäßigen Aufenthalt habe, einen Ausnahmefall. Auch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG könne dem Kläger nicht entgegen gehalten werden. Es könne dahinstehen, ob der Ausweisungsgrund dabei überhaupt noch aktuell sei, da der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen eine Tat vom Februar 2006 zugrunde liege. Jedenfalls sei auch insoweit von einem Ausnahmefall auszugehen. Der Kläger halte sich seit 1991 ununterbrochen im Bundesgebiet auf, sein Aufenthalt sei seit August 2002 auch durchgehend rechtmäßig gewesen. In den über 20 Jahren seines Aufenthalts sei der Kläger abgesehen von der bereits genannten Verurteilung lediglich zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Diebstahl). Schwerer wiege die Verurteilung vom 23. Februar 2012. Die Kammer gehe davon aus, dass die begangenen Straftaten, die dieser Verurteilung zugrunde lägen, den besonderen familiären Umständen geschuldet gewesen seien. Eine entsprechende Gefährdungslage bestehe durch die Scheidung des Klägers von seiner Ehefrau sowie der damit einhergehenden auch räumlichen Trennung von seiner Adoptivtochter nicht mehr und werde im Hinblick auch auf das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch nicht wieder eintreten. Zu berücksichtigen gelte es dabei zudem, dass die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs erst 6 Jahre nach der eigentlichen Tatbegehung erfolgt sei. Zwar sei es in der Folgezeit im Jahr 2009 noch zweimal zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit der Adoptivtochter und der damaligen Ehefrau gekommen, eine auch nur annähernd so schwere Verfehlung habe der Kläger jedoch seit 2006 nicht mehr begangen. Auch hier könnten schließlich der besondere Umstand, dass der Kläger zu 50% schwerbehindert sei und bei ihm eine volle Erwerbsminderung vorliege, sowie eine gewisse Entfremdung von seinem Heimatland aufgrund des über 20 Jahre währenden Aufenthalts im Bundesgebiet nicht unberücksichtigt bleiben.

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, der Lebensunterhalt des Klägers sei nicht gesichert. Die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei nicht wegen eines Ausnahmefalls unbeachtlich. Dafür reiche, anders als das Verwaltungsgericht meine, die volle Erwerbsminderung des Klägers nicht aus, zumal der Kläger demnächst das gesetzliche Rentenalter erreiche. Es sei auch zweifelhaft, woher das Verwaltungsgericht die Erkenntnis nehme, es liege eine unverschuldete Erwerbsunfähigkeit vor. Auch könne der Kläger trotz rechtlicher Erwerbsminderung tatsächlich arbeiten und ein gewisses Einkommen erzielen. Hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nehme das Verwaltungsgericht ebenfalls unrichtig eine Ausnahme an. Trotz rechtskräftiger Verurteilung wegen sexueller Nötigung leugne der Kläger die Straftat nach wie vor. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Gericht zu der Annahme habe gelangen können, dass die begangenen Straftaten sich auf das soziale Umfeld des Klägers beschränkten. Die Geschädigte der Straftaten habe sich gerade einmal sechs Monate im Familienverband des Klägers befunden, als es zu den Straftaten gekommen sei. In diesem kurzen Zeitraum seien noch keine solchen familiären Bindungen entstanden, die sich nennenswert vom bloßen außerfamiliären Kontakten unterschieden. Es handele sich um keine Straftaten, die ein familiäres Umfeld voraussetzten. Das Verwaltungsgericht habe die Annahme einer Atypik einseitig auf den persönlichen Eindruck gestützt, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemacht habe. Auch der zeitliche Abstand zwischen Tatbegehung und rechtskräftiger Verurteilung rechtfertige keine Ausnahme von der Regel. Die Beklagte habe im wohlverstandenen Sinne des Klägers die Rechtskraft des Strafurteils abgewartet. Die Schwerbehinderung des Klägers mit einem Grad der Behinderung von 50% und die Erwerbsminderung könnten eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht rechtfertigen. Auch mit der Schwerbehinderung und der Erwerbsminderung sei dem Kläger die Begehung von Sexualstraftaten und sonstigen Straftaten möglich. Ebenso wenig könne hier der Aufenthalt des Klägers seit dem Jahr 1991 im Bundesgebiet eine Ausnahme rechtfertigen. Der Kläger spreche bis heute so gut wie kein Wort Deutsch. Er habe sich weder in die Gesellschaft integriert noch hier soziale Bindungen aufgebaut. Berücksichtige man nur den rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers seit August 2002, so ergebe sich ein deutliches Mehrgewicht für die Straftaten. Weiter sei zu beachten, dass das (letzte) Strafverfahren aufgrund der Leugnung der Taten durch den Kläger länger als üblich gedauert habe. Hätte der Täter die Taten zugegeben, wäre die Einholung von psychologischen Gutachten und die Auseinandersetzung mit diesen entbehrlich gewesen. Insofern könne auch die Dauer des Strafverfahrens nicht eine dem Kläger vorteilhafte Ausnahme rechtfertigen. Völlig außer Acht gelassen habe das Gericht die Tatsache, dass der Kläger keine schützenswerten familiären Bindungen im Bundesgebiet besitze. Auch könne er aus der ihm zustehenden Rente in Vietnam seinen Lebensunterhalt mit einem überdurchschnittlichen Einkommen bestreiten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Januar 2014 aufzuheben

und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, er beziehe derzeit keine ergänzenden öffentlichen Leistungen zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes, er sei vielmehr als Küchenhilfe erwerbstätig. Er sei auch nicht mehr straffällig geworden.

Die Vertreterin des öffentlichen Interesses teilt die Auffassung der Beklagten, stellt jedoch keinen Antrag.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 4. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO), weshalb das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 AufenthG, hilfsweise gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG; er hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, über sein Begehren erneut zu entscheiden.

Hinsichtlich § 31 AufenthG zielt das Begehren des Klägers auf die Ermessensvorschrift des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, nachdem die in § 31 Abs. 1 AufenthG geregelten, der Gewinnung einer eigenständigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage dienenden 12 Monate infolge des Ablaufs der letzten ehebedingten Aufenthaltserlaubnis am 2. Mai 2012 bereits seit mehr als 2 Jahren verstrichen sind (vgl. BVerwG, U. v. 22.06.2011 - 1 C 5/10 - juris, Rn. 13).

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 hat der Kläger auch den seit 1. August 2015 in Kraft befindlichen § 25b AufenthG angesprochen. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 hat er allerdings deutlich machen lassen, dass er damit keine Änderung des Streitgegenstands herbeiführen wollte (zum Ausweisungsinteresse, das nach § 25b Abs. 2 Nr. 1 AufenthG auch diesem Aufenthaltstitel entgegensteht, vgl. nachfolgend Nr. 1).

Der Kläger erfüllt die für beide Anspruchsgrundlagen geltende Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht, wonach kein Ausweisungsinteresse bestehen darf (1.). Der Kläger erfüllt die für den Anspruch aus § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG geltende Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht, wonach der Lebensunterhalt gesichert sein muss (2.). Auch dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 25 Abs. 5 AufenthG steht die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen. Von ihr kann zwar insoweit abgesehen werden (§ 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG). Es fehlt jedoch an einer Grundlage für eine solche Ermessensausübung zugunsten des Klägers, denn die in Frage kommenden Absehens-Gründe sind, soweit sie nicht identisch sind mit den für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung in Frage kommenden Gründen, die nach der zutreffenden Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifen (vgl. Nr. 2 lit. b), an den Schwierigkeiten zu orientieren, denen sich aus humanitären Gründen aufgenommene Personen bei der Erfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gegenübersehen (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 5 AufenthG Rn. 135) und denen der Kläger zu keinem Zeitpunkt gegenübergestanden hat. Die Erwerbsminderung des Klägers hat andere Ursachen und sie hat Erwerbsmöglichkeiten belassen, die der Kläger nach der zutreffenden Auffassung der Beklagten nur teilweise und mit Blick auf Sozialleistungen genutzt hat und nutzt (vgl. Nr. 2 lit. a, dd und lit. b). Im Übrigen steht dem Kläger der Anspruch nach § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG auch deshalb nicht zu, weil seine Ausreise nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (vgl. die Ausführungen mit Blick auf Art. 8 EMRK unter Nr. 1 lit. a, aa, bbb).

1. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Ermessensvorschrift des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Das hier als Regelversagungsgrund festgelegte Ausweisungsinteresse liegt vor (a) und es fehlt an einem atypischen Sachverhalt, auf den der Regelversagungsgrund nicht anzuwenden wäre (b).

a) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in der mit Wirkung vom 1.8.2015 durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.2015 - BGBl. I S. 1386 - geänderten Fassung - AufenthG n. F. -, die wegen der vorliegenden Verpflichtungsklage anzuwenden ist). Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses finden sich in § 53 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 AufenthG n. F., die allerdings gemäß Art. 9 des Gesetzes vom 27. Juli 2015 erst am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Diese derzeit bestehende Rechtslage wirft die Frage auf, ob solche noch nicht in Kraft gesetzten Bestimmungen zur Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. herangezogen werden können, oder ob trotz der Neufassung dieser Bestimmung zur Zeit noch die zu ihrer Altfassung entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze anzuwenden sind, da die begriffliche Bezugnahme ins Leere geht. Diese Frage kann vorliegend aber offen bleiben, weil sowohl im erstgenannten Fall (aa) als auch im anderen Fall (bb) die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. vorliegen.

aa) Ein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. liegt bei Heranziehung der §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 AufenthG n. F. vor.

Es ist zwar nicht vollkommen eindeutig, ob das Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. bei dieser Auslegung bereits dann vorliegt, wenn das in § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. genannte öffentliche Interesse an der Ausweisung (das im Ausweisungsfall noch mit den privaten Belangen - dem Bleibeinteresse - abgewogen werden müsste) gegeben ist (hierzu lit. aaa), oder erst dann, wenn als Ergebnis der in § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. vorgesehenen Abwägung die Ausweisung verfügt werden könnte (hierzu lit. bbb). Dies kann aber offen bleiben, denn vorliegend hat das Bleibeinteresse des Klägers kein Gewicht, das das öffentliche Ausweisungsinteresse überwiegt. Allerdings spricht für eine Auslegung des Begriffs „Ausweisungsinteresse“ in § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. im Sinne eines öffentlichen Interesses an der Ausweisung, dass der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern (Stand 7.4.2014, www.ggua.de, recherchiert im August 2015) sowohl im Rahmen des § 5 AufenthG als auch für die Überschrift des § 54 AufenthG noch den Begriff „öffentliches Aufenthaltsinteresse“ verwendet hat (vgl. die Änderungsvorschläge Nrn. 4 und 27, S. 8 und 13 ff. des Referentenentwurfs), dass die Begründungen hierzu (S. 34 ff. und S. 43 ff. des Referentenentwurfs) die Absicht belegen, insoweit die bisherigen Strukturen aufrechtzuerhalten, und dass auch die zum Teil zum 1. August 2015 und zum Teil zum 1. Januar 2016 in Kraft tretende Neufassung - auch wenn sie insoweit den Begriff „Ausweisungsinteresse“ ohne das Beiwort „öffentlich“ gebraucht - dadurch, dass sie den Textgehalt des § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. in die Begriffe „Ausweisungsinteresse“ und „Bleibeinteresse“ aufspaltet (vgl. § 54 Abs. 1 a. A. sowie § 55 Abs. 1 a. A. AufenthG n. F.), darauf hindeutet, dass der Begriff des Ausweisungsinteresses nicht das Ergebnis der in § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. beschriebenen Abwägung bezeichnet. Dafür spricht weiter, dass die Bundesregierung in der Gesetzesentwurfsbegründung die Umformulierungen in § 5 AufenthG lediglich als „Folgeänderung zur Neuordnung des Ausweisungsrechts in den §§ 53 ff.“ bezeichnet (BT-Drs.18/4097, S. 35) und die Begriffe „Ausweisungsinteresse“ und „öffentliches Ausweisungsinteresse“ in § 54 AufenthG gleichsetzt (BT-Drs. 18/4097, S. 50 bis 52). Dementsprechend spricht vieles dafür, unter einem Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. einen Tatbestand zu verstehen, der in dem erst ab 1. Januar 2016 geltenden § 54 AufenthG n. F. definiert ist (so auch Maor in Kluth/Heusch, Beck`scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand 1.8.2015, § 5 AufenthG Rn. 8), und demgemäß von einem Ausweisungsinteresse dann auszugehen und dieses zu bejahen ist, wenn der Aufenthalt des Ausländers im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG n. F die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik gefährdet (so VGH Baden-Württemberg, B. v. 25.8.2015 - 11 S 1500/15 - juris), ohne dass zu prüfen ist, ob im konkreten Fall eine Ausweisungsverfügung rechtmäßig und frei von Ermessensfehlern erlassen werden könnte.

aaa) Wegen der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers vom 23. Februar 2012 liegt gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG n. F. ein schwerwiegendes (öffentliches) Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist das sich aus der strafrechtlichen Verurteilung des Amtsgerichts S. vom 23. Februar 2012 ergebende Ausweisungsinteresse noch beachtlich.

Ein Ausweisungsinteresse ist so lange beachtlich, wie aktuell eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist, mithin noch erheblich ist (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG Nr. 5.1.2.2, Maor in Kluth/Heusch, a. a. O., Stand 1.8.2015, § 5 AufenthG Rn. 11). Der Umstand, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist, schließt eine aktuelle Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht aus (vgl. zur alten Rechtslage BayVGH, B. v. 3.1.2007 - 24 CS 06.2634 - juris; Huber, AufenthG, Stand 2010, § 5 Rn. 6). Auch ist das Ausweisungsinteresse unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes nicht verbraucht. Die Beklagte hat dem Kläger keinen Aufenthaltstitel in Kenntnis des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erteilt und auch sonst nicht zu erkennen gegeben, dass sie in den Straftaten des Klägers keinen Ausweisungsgrund (bzw. kein Ausweisungsinteresse) sieht. Auch der Zeitablauf zwischen der Haupttat (2006) und der Verurteilung (2012) führt nicht zum Verbrauch des Ausweisungsinteresses (zum Verbrauch eines Ausweisungsgrundes vgl. Maor in Kluth/Heusch, a. a. O., Stand 1.8.2015, § 5 AufenthG Rn.10).

Die Annahme einer aktuellen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist angesichts von Art, Gewicht und Unrechtsgehalt der Straftaten, die der Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht S. zugrunde liegen, sowie im Hinblick auf sein übriges Verhalten gerechtfertigt. Er hat seine Adoptivtochter, ein zur Tatzeit vierzehnjähriges Mädchen, sexuell missbraucht, in dem er u. a. mit seiner Zunge in das Geschlechtsteil seines Opfers eindrang. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wiegen schwer. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualdelikten stellt wegen der besonderen Empfindlichkeit dieser Personengruppe eine überragend wichtige Aufgabe der Gesellschaft dar. Zur Schwere der Tat trägt weiter bei, dass sie gegenüber einer Schutzbefohlenen begangen worden ist. Hinzu kommt, dass der Kläger nach den als glaubhaft begutachteten Aussagen seines Opfers (Zeugenvernehmung der KPI S. vom 19.9.2009) schon vor und auch nach der zentralen, im Februar 2006 begangenen Tat die körperliche Nähe seines Adoptivkindes gesucht hat, indem er öfters ohne Anklopfen in das Zimmer seines Opfers gekommen ist, um sie „anzuschauen und zu begutachten“, sie zudem mehrfach unsittlich berührt und gestreichelt hat. Im September 2009 hat er dann erneut versucht, sie zu küssen; er hat sie genötigt, körperlich misshandelt und explizit mit dem Tode bedroht, wenn er „nichts verlangen“ dürfe. Im Dezember 2009 hat der Kläger seine Adoptivtochter noch einmal körperlich misshandelt und beleidigt. Angesichts der weiteren Vorfälle in den Jahren 2006 und 2009 teilt der Senat nicht die auf das zentrale Geschehen im Februar 2006 eingegrenzte, ein Augenblicksversagen nahelegende Sichtweise des Verwaltungsgerichts (vgl. Seite 10 des Urteils). Auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Straftaten seien in einem familiären Umfeld geschehen und würden sich nach der Scheidung von der Ehefrau und der Trennung von der Adoptivtochter wohl nicht mehr wiederholen, greift nicht durch. Der Kläger hat in den Terminen vom 3. August 2010, 14. Februar 2012 und 23. Februar 2012 der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht S. die im Februar 2006, September 2009 und Dezember 2009 begangenen Straftaten geleugnet. Noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 27. Januar 2014 hat er gemäß der dort gefertigten Niederschrift erklärt, die Tat nicht begangen zu haben, und ausgeführt, seine Tochter habe manchmal verlangt, dass er sie küsse, vor Gericht habe sie etwas anderes gesagt, er könne das Gegenteil aber nicht beweisen. Insbesondere angesichts der vorliegenden aussagepsychologischen Begutachtung ist eine tatsächliche Grundlage für die Leugnung des Klägers nicht zu erkennen. Er hat sich mit seinen Taten nicht auseinandergesetzt und insbesondere keine psychologische oder medizinische Behandlung zur Abklärung oder Therapie seines sexuellen Fehlverhaltens in Anspruch genommen. Das Rückfallrisiko besteht unabhängig von der Scheidung von der Ehefrau und der Trennung von der Adoptivtochter. Gelegenheiten zum sexuellen Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen können sich dem Kläger jederzeit bieten; insbesondere ist es keineswegs unwahrscheinlich, dass der Kläger erneut Beziehungen zu Personen aufnimmt, in deren Obhut sich Kinder befinden. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf das fortgeschrittene Alter des Klägers greift nicht durch. Der Kläger ist nunmehr 65 Jahre alt. Die Straftaten vom Dezember 2009 hat er im Alter von 59 Jahren begangen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass es in der dazwischenliegenden Zeit bei dem Kläger zu mentalen oder kontitutionellen Veränderungen gekommen ist, die Straftaten der von ihm begangenen Art und Weise unwahrscheinlich machen. Auch ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich seine Persönlichkeitsstruktur in einer das Rückfallrisiko herabsetzenden oder gar beseitigenden Weise geändert haben könnte. Angesichts dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen das vom Ausweisungsverfahren vorausgesetzte Strafurteil erst im Jahr 2012 ergangen ist. Im Übrigen bestehen für eine säumige Verfahrensführung keine Anhaltspunkte. Das vom Kläger unter Druck gesetzte minderjährige Opfer hat sich erst im September 2009 der Polizei offenbart. Die Dauer des Strafverfahrens beruht auf einer umfassenden Beweisaufnahme. Da der Kläger seine Taten geleugnet hat, konnten seinem Opfer die Erstellung eines aussagepsychologischen Gutachtens und das damit verbundene Wiederaufrufen des Tatgeschehens nicht erspart werden. Das Verteidigungsvorbringen des Klägers hat darüber hinaus eine umfangreiche Begutachtung auch seiner Person erforderlich gemacht.

Der Umstand, dass das Amtsgericht S. in seinem Urteil vom 21. Februar 2012 die gegen den Kläger verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat und der Kläger innerhalb der noch laufenden Bewährungszeit bisher nicht erneut straffällig geworden ist, räumt die Anhaltspunkte für vom Kläger ausgehende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 28.1.1997 - 1 C 17.94 - Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr. 10, NVwz 1997, 1119,1120, v. 16.11.2000 - 9 C 6.00 - BverwGE 112, 185,193, Buchholz 402.240 § 51 AuslG Nr. 40 und - soweit ersichtlich - zuletztvom 13.12.2012 - 1 C 20/11 - InfAuslR 2013, 169; vgl. auch Discher in GK AufenthG, Stand Juni 2009, vor §§ 53 ff. Rn. 1241ff) sind zwar die Entscheidungen der Strafgerichte über eine Aussetzung der Strafvollziehung zur Bewährung von tatsächlichem Gewicht und stellen bei der ausländerrechtlichen Prognose ein wesentliches Indiz dar. Eine Bindungswirkung geht von solchen strafgerichtlichen Entscheidungen jedoch nicht aus. Die Prognose, ob der Ausländer eine Gefahr für die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt, die sein Fernhalten rechtfertigt, bestimmt sich nämlich nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten (auch nicht nach dem Gedanken der Resozialisierung) und muss daher von den zuständigen Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten eigenständig getroffen werden. Das nunmehrige Wohlverhalten des Klägers räumt die Anhaltspunkte für von ihm ausgehende Sicherheitsgefahren nicht aus, weil ab dem Jahr 2009 zunächst das Strafverfahren stattgefunden hat, sodann die Bewährungszeit und das ausländerrechtliche Verfahren.

bbb) Ein der Titelerteilung entgegenstehendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n. F. besteht auch dann, wenn es zur Voraussetzung hätte, dass eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Sicherheitsinteresses mit den privaten Interessen des Klägers zu dem Ergebnis kommt, dass eine Ausweisungsverfügung rechtmäßig und ermessensfehlerfrei erlassen werden könnte. Es bestehen keine das öffentliche Interesse überwiegenden privaten Belange. Insbesondere wäre eine Ausweisungsverfügung nicht im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.

Der Kläger ist im Alter von einundvierzig Jahren (im Jahr 1991) in das Bundesgebiet gekommen. Er hat erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen. Zu einer Aufenthaltsbeendigung ist es nicht gekommen, weil er eine Mitwirkung an der für die Rückführung erforderlichen Passausstellung verweigert hat (Bl. 70 ff der Ausländerakte). Auch nach dem bestandskräftigen Abschluss eines Asylfolgeverfahrens ist er seiner Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nachgekommen. Am 12. Januar 2001 (kurz vor dem Ablauf der ihm bis 20.1.2001 gesetzten Frist) hat er gegenüber dem Landratsamt S. erklärt, er wolle (nach der Scheidung von seiner vietnamesischen Ehefrau) nunmehr eine deutsche Staatsangehörige heiraten. Nach der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen G. ist ihm im August 2002 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Im Februar 2006 hat er die im August 2005 eingereiste, im Vorfeld der Einreise von ihm und seiner Ehefrau adoptierte Tochter seiner Schwägerin missbraucht. Angesichts dieser Umstände kann sich der Kläger auf weniger als 4 Jahre im Bundesgebiet berufen, in denen sein Aufenthalt im Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen gestanden und ihn zur Begründung eines Privatlebens im Sinne des Art 8 EMRK befugt hat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im folgenden Gerichtshof) hat festgestellt, dass die Europäische Menschenrechtskonvention Ausländern nicht das Recht zusichert, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten, und dass ein Staat berechtigt ist, die Einreise von Ausländern in sein Hoheitsgebiet und ihren Aufenthalt dort nach Maßgabe seiner vertraglichen Verpflichtungen zu regeln (EGMR, U. v. 18.10.2006 <Üner> Nr. 46410/99 - juris). Demzufolge kommt den nationalen Vorschriften über die Erteilung von Aufenthaltsrechten maßgebliches Gewicht zu. Allerdings kommt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 8 EMRK ein begründetes Vertrauen auf den Fortbestand des Aufenthalts im Bundesgebiet auch dann in Betracht, wenn sich die Zuerkennung eines Aufenthaltsrechts nach den Umständen aufdrängt (vgl. u. a. U. v. 31.1.2006 Nr. 50435/99 - InfAuslR 2006, 298). Vorliegend hat sich vor August 2002 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht aufgedrängt. Bis zum Jahr 2002 hat sich der Kläger zur Durchführung eines Asylverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten, das er mit der unzutreffenden Behauptung, von Verfolgung bedroht zu sein, und u. a. mit der Vorlage gefälschter Unterlagen betrieben hat (zum geringen Gewicht von Asylverfahrenszeiten im Rahmen des Art. 8 EMRK vgl. EGMR, U. v. 8.4.2008 Bw.-Nr. 21878/06 Rn. 76). Ab Februar 2006 hat der Kläger eine gewichtige Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dargestellt und durch den geschaffenen Ausweisungsgrund die ihm in behördlicher Unkenntnis hiervon erteilten Aufenthaltserlaubnisse entwertet. Nachdem der Kläger bis zum Jahr 2002 auf einen Fortbestand seines Aufenthalts im Bundesgebiet nicht vertrauen durfte, hat seine Tätigkeit als Fliesenleger in dieser Zeit nicht zu berücksichtigungsfähigen wirtschaftlichen Bindungen an das Bundesgebiet geführt. In den Jahren 2003 bis 2009 hat der Kläger nicht gearbeitet, vielmehr seinen Lebensunterhalt aus seinem Rentenbezug und dem Einkommen seiner damaligen Ehefrau bestritten. Ab dem Jahr 2009 ist er zwar wieder (in wechselndem Umfang, jedoch nicht vollschichtig) berufstätig gewesen. Die Missbrauchstat hatte hier jedoch bereits stattgefunden, das Ermittlungs-, Straf- und Ausweisungsverfahren war eingeleitet. Die weitgehend fehlenden Deutschkenntnisse des Klägers, die in den Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Tage getreten sind, sprechen ebenfalls gegen starke Bindungen an das Bundesgebiet. Einen zu berücksichtigenden privaten Belang des Klägers stellt allerdings der Umstand dar, dass ihm seit September 2002 die Schwerbehinderten-Eigenschaft mit einem Grad der Behinderung von 50 zuerkannt ist sowie zunächst eine vollständige Erwerbsminderung und - wie in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden ist - nach dem Jahr 2013 eine teilweise.

Der Kläger ist im Bundesgebiet nicht verheiratet, er hat hier keine Kinder. Dem von ihm im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 behaupteten näheren Kontakt seit mehr als 15 Jahren zu seinen beiden in Tschechien wohnenden erwachsenen Söhnen (mit denen er im Bundesgebiet nie zusammengewohnt hat) steht seine eidesstattliche Versicherung vom 22. Mai 2013 (vorgelegt im Verwaltungsgerichtsverfahren) gegenüber, der zufolge jedenfalls bis zu diesem Tag kein engerer Kontakt zu den Söhnen bestanden hat. Auch sein Hinweis auf zwei im Bundesgebiet lebende Nichten begründet nicht die Annahme wesentlicher familiärer Bindungen im Bundesgebiet. Der behauptete wöchentliche Kontakt reicht hierfür nicht aus, so dass die Frage der Richtigkeit dieser Behauptung offen bleiben kann. Gegen sie sprechen die Pauschalität der Behauptung sowie die offensichtliche Unrichtigkeit der Angaben betreffend die Beziehungen zu den Söhnen.

Es ist nicht dargetan, dass sich der Kläger von seinem Heimatland weitgehend entfremdet hätte. Dort hat er vor seiner Ausreise nach Europa 38 Jahre gelebt. Er war in Vietnam nach seinem Vortrag 18 Jahre berufstätig. Dort wohnen nahe Verwandte (zwei Schwestern). Mit seinen im Bundesgebiet erworbenen Rentenansprüchen von voraussichtlich mindestens 343,93 Euro ab dem 1. Januar 2016 (vgl. Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 2.12.2015 an die Beklagte) ist es ihm möglich, in Vietnam finanziell abgesichert zu leben. Hinzu kommen seine in Vietnam erworbenen Rentenansprüche (vgl. Bl. 26, 46 ff, 89 der Verwaltungsgerichtsakte).

Insgesamt bestehen keine das öffentliche Interesse überwiegenden privaten Belange. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, inwieweit die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung von 50 seit September 2002 (und einer sich ab Oktober 2003 anschließenden vollen, sodann nach dem Jahr 2013 teilweisen Erwerbsminderung) medizinisch gerechtfertigt ist. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI kann, wer voll erwerbsgemindert ist, nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten. Der Kläger hat zwar (bezogen auf die entsprechende sozialrechtliche Feststellung) nach dem Bekanntwerden der Straftaten vom Februar 2006 und nach der Trennung von seiner erwerbstätigen Frau wieder gearbeitet, dann aber teilweise (ab dem Jahr 2013 und nunmehr erneut) in einem Ausmaß jenseits der Grenzen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI (5,5 bzw. 5 Stunden am Tag). Im Termin vom 9. Dezember 2015 zur mündlichen Verhandlung ist zur Sprache gekommen, dass die Absenkung der sozialrechtlichen Feststellung einer vollständigen Erwerbsminderung auf eine teilweise im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme einer Tätigkeit von mehr als 3 Stunden am Tag erfolgt ist. Eine gesundheitliche Entwicklung, die der Abänderung zugrunde gelegen haben könnte, hat der Kläger trotz entsprechender Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht genannt. Nach dem Bescheid des Versorgungsamts vom 10. Mai 2004 (Bl. 267 der Ausländerakte) liegen beim Kläger u. a. eine Gebrauchsminderung des rechten Arms, degenerative Veränderungen im Ellenbogen des rechten Arms, eine Nervenschädigung im rechten Arm mit Taubheit/Lähmung sowie körperliche Beschwerden ohne organisch fassbaren Befund vor. Hierzu heißt es in dem neurologischen Gutachten des Dr. M. vom 25.10.2011 (Bl. 241 ff. der Strafakte), dem Kläger gelinge es nur sehr schlecht, eine fast vollständige Gebrauchsunfähigkeit seines rechten Arms und seiner rechten Hand zu zeigen, es spreche mehr dafür, dass die vom Kläger demonstrierte Funktionsstörung der freien Willensbestimmung im Sinne einer Simulation unterliege, selbst ein amputierter Arm könne nicht alleinig Erwerbsunfähigkeit begründen, auch eine im Jahr 2002 operierte Magenerkrankung führe erfahrungsgemäß nicht zur Erwerbsunfähigkeit, letztlich bleibe als möglicherweise relevant und eine Erwerbsunfähigkeit begründend allein die subjektive Schmerzangabe, der Kläger mache keineswegs den Eindruck von Schmerzgequältheit, ohne konkrete plausibilisierende Diagnose könne die alleinige subjektive Angabe von Schmerzen eine Erwerbsunfähigkeit nicht begründen.

bb) Soweit für das Bestehen eines Ausweisungsinteresses auf die Rechtsprechungsgrundsätze zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in der bis zum 31. Juli 2015 geltenden Fassung abzustellen ist, liegen die Voraussetzungen ebenfalls vor. Wie sich aus der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht S. vom 23. Februar 2012 ergibt, hat dieser im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht geringfügig gegen Rechtsvorschriften verstoßen. In einem solchen Fall genügt auch ein vereinzelter Verstoß (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 55 AufenthG Rn. 22, Graßhof in Kluth/Heusch, Beck`scher Onlinekommentar Ausländerrecht, Stand 1.1.2015, § 55 AufenthG Rn. 13, vgl. auch Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG Nr. 55.2.2.2). Durch die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hat der Kläger einen Ausweisungsgrund verwirklicht (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, a. a. O., Rn. 6,7). Das Gesetz in seiner bisherigen Fassung unterstellt, dass vom Kläger bereits deshalb eine künftige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, weil er den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt hat (vgl. Maor in Kluth/Heusch, a. a. O., § 5 AufenthG Rn. 11). Nach den bis zum Inkrafttreten der Neufassung geltenden Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG bereits dann vor, wenn ein Ausweisungsgrund gegeben ist, ohne dass eine Ausweisungsabwägung erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, z. B. U. v. 28.9.2004 - 1 C 10.03 - juris Rn. 13 m. w. N.).

b) Gründe für ein Abweichen von der Regel, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels das Fehlen eines Ausweisungsinteresses voraussetzt, liegen nicht vor. Ein Ausnahmefall ist nur dann gegeben, wenn ein atypischer Geschehensablauf vorliegt, der so bedeutsam ist, dass er das jedenfalls sonst ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrundes beseitigt. Es muss sich um eine Abweichung handeln, die die Anwendung des Regelfalls nach Sinn und Zweck als derart unverhältnismäßig erscheinen lässt, dass es unzumutbar wäre, an ihr festzuhalten (vgl. Maor in Kluth/Heusch, Beck`scher Onlinekommentar Ausländerrecht, Stand 1.1.2015, § 55 AufenthG Rn. 20, vgl. auch Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG Nr. 5.1.2.4). Davon ausgehend unterscheiden sich die Delinquenz des Klägers, die von ihm ausgehenden Gefahren, seine privaten Belange und seine Gesamtsituation nicht von der Mehrzahl der Fälle, in denen das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses (Ausweisungsgrunds) der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei ein Ausnahmefall gegeben, da ein Fortbestehen einer Gefährdungslage durch den Kläger in Anbetracht der aus dem Jahr 2006 stammenden, familiären Umständen geschuldeten Haupttat nicht mehr bestehe, er sich nach einem Aufenthalt von über zwanzig Jahren im Bundesgebiet in einem fortgeschrittenen Alter befinde, zu 50 Prozent schwerbehindert sei und von einer gewissen Entfremdung von seinem Heimatland auszugehen sei. Eine umfassende Einordnung und Abwägung der gegenläufigen Interessen führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass eine Ausnahme von der Regel nicht vorliegt. Bezug genommen wird auf die Ausführungen zu den öffentlichen und privaten Belangen unter aaa) und bbb).

2. Der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im Anschluss an den hier gegebenen Ablauf von einem Jahr nach der spätestens im Jahr 2009 erfolgten Aufhebung der Lebensgemeinschaft mit seiner damaligen Ehefrau steht zudem § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen. Der Lebensunterhalt des Klägers ist nicht gesichert (a) und ein atypischer Sachverhalt, auf den der Regelversagungsgrund nicht anzuwenden wäre, liegt nicht vor (b).

a) Die Prüfung, ob die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt ist, erfolgt durch eine Prognoseentscheidung, im Rahmen derer darüber zu befinden ist, ob der Ausländer seinen Lebensunterhalt einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Von einer Sicherung des Lebensunterhalts im Sinn des § 2 Abs. 3 AufenthG kann insoweit nur ausgegangen werden, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen. Erforderlich ist bei der Prognose eine Abschätzung aufgrund rückschauender Betrachtung, ob ohne unvorhergesehene Ereignisse in Zukunft gewährleistet erscheint, dass der Lebensunterhalt dauerhaft und ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel aufgebracht werden kann (vgl. zusammenfassend Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 5 AufenthG Rn. 25 m. w. N.).

Diese Prognoseentscheidung fällt zulasten des Klägers aus.

aa) Der Kläger war zwischen den Jahren 1994 und 2003 als unselbstständiger Arbeitnehmer, sodann wieder (zunächst in geringem Umfang) ab dem Jahr 2009 erwerbstätig. Vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Oktober 2013 ging er einer Beschäftigung als Küchenhilfe in dem Imbiss T. nach. Zuletzt hat er dort ab dem 1. März 2013 bei einer Arbeitszeit von 25 Stunden in der Woche 600 Euro verdient (Arbeitsvertrag, Bl. 442 ff. der Ausländerakte). In der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 hat er berichtet, dass der Arbeitsvertrag zum 31. Oktober 2015 geendet und er sich im Anschluss daran als arbeitssuchend gemeldet hat. Er hat den Vortrag der Beklagten bestätigt, dass er am 6. November 2015 im Amt für soziale Leistungen der Beklagten vorgesprochen hat, um einen Antrag zu stellen. Er hat einen Arbeitsvertrag vorgelegt, nach dem er nunmehr seit dem 15. November 2015 in einem anderen Betrieb als Küchenhilfe arbeitet mit einem Monatslohn von 1000 Euro brutto. Die in dem Vertrag nicht vermerkte Arbeitszeit beträgt nach seiner Aussage fünf Stunden am Tag.

bb) Der Kläger hat vom 1. Mai 2010 bis zum 31. August 2012 vom Sozialamt des Landratsamts S. Sozialleistungen in Höhe von monatlich 112,00 bis 509,74 Euro erhalten (Bescheinigung des Landratsamtes S. vom 25.11. 2015). Sodann stand er bis Mai 2013 im Leistungsbezug des Amtes für soziale Leistungen der Beklagten (Auszahlungen von 104,49 bis 373,53 Euro). Dieses Amt hat am 16. November 2015 eine Probeberechnung für die künftige Grundsicherung des Klägers vorgelegt (künftiger Auszahlungsbetrag 595,36 Euro). Die Beklagte hat in Anbetracht neuer Erkenntnisse über die künftigen Rentenansprüche des Klägers am 8. Dezember 2015 (allerdings noch in Unkenntnis des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Arbeitsvertrags) mitgeteilt, dass der Kläger in Zukunft voraussichtlich einen Sozialleistungsbedarf von ca. 380 Euro haben werde.

cc) Davon ausgehend wird der Kläger seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet in Zukunft nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen können. Es ist nicht zu erwarten, dass er auf Dauer Arbeitseinkünfte erzielen wird, die seinen Bedarf von ca. 720 Euro decken (vgl. die Probeberechnung der Beklagten vom 16.11.2015). Dies ergibt sich zum einen aus einer rückschauenden Betrachtung auf die geringe Erwerbstätigkeit und den Sozialleistungsbezug des Klägers in den vergangenen Jahren. Ein Bemühen, die verbliebene Erwerbsfähigkeit (vgl. § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI) zur Erzielung von Einkommen zu nutzen, hat der Kläger ab dem Jahr 2004 bis zur Trennung von seiner damaligen Ehefrau, die im Wesentlichen für den Familienunterhalt gesorgt hat, nicht gezeigt. Nach sich steigernden Arbeitstätigkeiten in den Folgejahren hat er sodann Anfang November 2015 im Hinblick auf seinen Renteneintritt und die einvernehmliche Beendigung seiner Tätigkeit als Küchenhilfe zum 31. Oktober 2015 bei der Beklagten einen weiteren Sozialleistungsbezug beantragt. Es ist nachvollziehbar, wenn die Beklagte darauf hinweist, dass die nunmehr aufgenommene Tätigkeit ab dem 15. November 2015 im Zusammenhang damit steht, dass der Kläger das Renteneintrittsalter erst zum 1. Januar 2016 erreicht, und damit ihre Annahme zum Ausdruck bringt, der Kläger werde wegen des dann eintretenden Grundsicherungsanspruchs die Erwerbstätigkeit nicht lange fortsetzen. Beim Bezug von Grundsicherung (§§ 42 ff. SGB XII) sind die Arbeitseinkünfte des Klägers nach §§ 85 ff. SGB XII grundsätzlich einzusetzen. Die Arbeitsaufnahme mag zudem dem ausländerrechtlichen Verfahren geschuldet sein.

dd) Bei der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel auf Dauer gesichert ist, kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer „unverschuldet“ Leistungen nach dem hier anzuwendenden SGB XII in Anspruch nimmt. Eine derartige Einschränkung des Erfordernisses der Lebensunterhaltssicherung ist (anders als im Einbürgerungsrecht oder bei § 9 Abs. 2 S. 3, 6 AufenthG) für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 31 Abs. 4 Satz 2, 8 Abs. 1 AufenthG den gesetzlichen Regelungen, welche den fiskalischen Interessen, die mit dem Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts verfolgt werden, ein großes Gewicht einräumen, nicht zu entnehmen (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 5 AufenthG Rn. 46 m. w. N., Maor in Kluth/Heusch, Beck`scher Online-Kommentar, Ausländerrecht, Stand 1.8.2015, § 5 AufenthG Rn. 20 m. w. N.).

b) Ein atypischer Sachverhalt, auf den der Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht anzuwenden wäre, liegt nicht vor. Es ist nicht unverhältnismäßig, insbesondere im Falle des Klägers auch nicht unzumutbar, an der Regelvoraussetzung festzuhalten. Der Gesetzgeber bringt durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zum Ausdruck, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln im Ausländerrecht als eine Voraussetzung von grundlegendem staatlichen Interesse anzusehen ist. Ausnahmen von der Regel sind daher grundsätzlich eng auszulegen. Ein Ausnahmefall ist nur bei besonderen, atypischen Umständen gegeben, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels muss aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten sein (BVerwG, U. v. 30. 4. 2009 - 1 C 3.08 - juris, BayVGH, B. v. 24.4.2014 - 10 ZB 14.528 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Atypische Umstände, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Recht beseitigen, liegen nicht vor. Der Umstand, dass der Ausländer zur Sicherung seines Lebensunterhalts aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen (etwa Alter oder Gebrechen) nicht in der Lage ist, ist kein derartiger atypischer Umstand (vgl. OVG Berlin, U. v. 21.5.2012 - 2 B 8.11 - juris Rn. 23 m. w. N., Maor in Kluth/Heusch, a. a. O., Stand 1.8.2015, § 5 AufenthG Rn. 20 m. w. N., Heilbronner, AuslR, Stand September 2013, § 5 AufenthG Rn.18). Ein solches Hindernis liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag künftig bei einer Arbeitszeit von 5 Stunden am Tag ein Einkommen von 1000 Euro im Monat erzielen will. Damit bringt er zum Ausdruck, dass weder sein Alter noch die festgestellte Schwerbehinderung einer eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts entgegenstehen. Ebenso wenig kann deshalb ein Ausnahmefall angenommen werden, weil der Kläger aufgrund seiner Schwerbehinderung ab dem Jahr 2004 nur noch beschränkt Erwerbseinkünfte erzielen und deshalb umfangreichere Rentenansprüche nicht erwerben konnte. Der Kläger konnte zwar als Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Von dieser Möglichkeit hat er aber während des ehelichen Zusammenlebens mit seiner damaligen Ehefrau keinen Gebrauch gemacht. Er hat vielmehr von deren Einkünften und seiner Rente gelebt. Diese Umstände sprechen gegen das Vorliegen eines atypischen Falls, weil der Kläger kein Bemühen gezeigt hat, seine verbliebene Erwerbsfähigkeit zur Erzielung von Einkommen zu nutzen. Auch der langjährige Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet als solcher begründet keinen Ausnahmefall, nachdem das Erwerbsverhalten des Klägers während seines Aufenthalts nicht unberücksichtigt bleiben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 708 ff ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.