Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Okt. 2016 - M 12 K 16.139

20.10.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am ... August 1989 in ... geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige.

Ihr wurde am .... Juni 1997 erstmals eine bis 9. August 2005 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Am 14. Oktober 2005 erhielt die Klägerin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Am .... April 2015 hat die Klägerin in ... ein Kind geboren, das die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Anlässlich der Prüfung, ob das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, wurde geprüft, ob die Niederlassungserlaubnis der Klägerin aufgrund von Auslandsaufenthalten in der Türkei erloschen ist.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom .... Juni 2015 wurde mitgeteilt, die Klägerin habe sich zu keinem Zeitpunkt länger als sechs Monate im Ausland aufgehalten. Die Aufenthalte seien lediglich dem Umstand geschuldet gewesen, dass sich die Klägerin in der Türkei zunächst verlobt und dann am .... Juni 2014 ihren Ehemann geheiratet habe. Sie habe niemals die Absicht gehabt, zu ihrem Ehemann in die Türkei zu ziehen. Vielmehr sollte mittelfristig der Familiennachzug des Ehemannes nach Deutschland erfolgen. Da der Ehemann in der Türkei selbstständig sei und einen eigenen Betrieb führe, benötige der Familiennachzug noch etwas Zeit. Die Klägerin sei in München geboren und habe - bis auf ihre Auslandsaufenthalte - ausschließlich in Deutschland gewohnt und könne sich auch ein Leben in der Türkei nicht vorstellen. Bei der Klägerin handele es sich um die dritte Generation in Deutschland. Das Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 sei nicht erloschen. Unstrittig dürfe sein, dass der Klägerin vor ihrer Ausreise im Jahr 2013 ein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Satz 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 zugestanden habe. Die Klägerin habe im Zeitraum vom .... November 2013 bis .... März 2015 zum einen das Bundesgebiet nicht für einen erheblichen Zeitraum verlassen, zum anderen habe ein berechtigter Grund vorgelegen. Ein „nicht unerheblicher Zeitraum“ könne nur dann angenommen werden, wenn das Bundesgebiet für 12 aufeinanderfolgende Monate verlassen worden sei. Nicht ausreichend sei, wenn sich der Betroffene zwar mehrfach, aber jeweils weniger als ein Jahr außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten habe. Bereits aus diesem Grund habe die Klägerin ihre Rechte aus Art. 7 ARB 1/80 nicht verloren. Ein Verlassen des Aufnahmestaates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe könne nur dann angenommen werden, wenn der Familienangehörige zu erkennen gebe, dass er den Integrationszusammenhang nicht mehr aufrechterhalten wolle. Es bedürfe daher einer Einzelfallbetrachtung, bei der insbesondere der Ausreisezweck und die objektiv feststellbaren Umstände der Ausreise zu würdigen seien. Berechtigte Gründe lägen in der Regel dann vor, wenn der Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedsstaat unter anderem die Verfolgung anerkennenswerter Interessen zugrunde liege. Ein derartig anerkennenswerter Grund sei im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Mai 2014 gerade darin gesehen worden, dass die Ehefrau zu ihrem in der Türkei lebenden Ehemann immer wieder ausgereist sei, um den Familiennachzug nach Deutschland vorzubereiten. Beigefügt waren dem Schreiben die Versicherungsverläufe der Eltern der Klägerin sowie ihres Großvaters bei der Deutschen Rentenversicherung, des Weiteren eine Bestätigung des Jobcenters ... vom .... Juni 2015, dass die Klägerin seit dem 31. Mai 2013 keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hat und die Familie der Klägerin keinen Antrag auf SGB II-Leistungen gestellt hat. Darüber hinaus wurde der Mutterpass der Klägerin sowie eine Aufnahmebestätigung der ... Krankenkasse über den Beginn der Mitgliedschaft am .... März 2015 vorgelegt.

Aus dem Bescheid des Jobcenters ... vom .... Juli 2013 ergibt sich, dass die Klägerin vom 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013 SGB II-Leistungen bezogen hat.

Mit Schreiben vom .... September 2015 hat der Klägerbevollmächtigte weiter ausgeführt, der Lebensunterhalt der Klägerin und ihres Kindes sei durch den in der Türkei lebenden Ehegatten gesichert. Es werde darauf verwiesen, dass die Klägerin seit dem 31. Mai 2013 keine Leistungen zum Lebensunterhalt beziehe.

Mit Schreiben vom 21. September 2015 teilte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, die der Klägerin am 14. Oktober 2005 erteilte Niederlassungserlaubnis sei kraft Gesetzes gemäß § 51 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 AufenthG am 28. März 2013 erloschen, da ihre Ausreise nicht aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grund erfolgt sei. Die Klägerin sei ausgereist, um sich zunächst zu verloben, habe am .... Juni 2014 in der Türkei geheiratet und dort mit ihrem Ehemann zusammengelebt und somit ihren Lebensmittelpunkt in die Türkei verlegt. Rechte aus Art. 7 ARB 1/80 habe die Klägerin nicht erworben. Dies würde voraussetzen, dass sie mit einem Elternteil in der Zeit vom .... August 1989 bis .... August 1992 zusammengelebt habe und dieser Elternteil in diesem Zeitraum dem regulären Arbeitsmarkt angehört habe. Dies sei nicht der Fall. Ihr Vater sei am .... Januar 1991 in das Bundesgebiet eingereist. Mit ihrer Mutter habe sie in diesem Zeitraum zwar zusammengelebt; diese habe jedoch nicht dem regulären Arbeitsmarkt angehört. Laut Rentenversicherungsverlauf habe die Mutter der Klägerin in der Zeit vom .... April 1985 bis .... Dezember 1986 eine Beschäftigung ausgeübt. Vom 3. September 1987 bis .... August 1988 seien Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Unterbrechungen gemeldet. Ab dem .... August 1988 bis .... Februar 1992 seien Zeiten gemeldet für Kindererziehung, Schwangerschaft und Mutterschutz. Ab dem .... März 1992 bis 19. September 1992 seien erneut Zeiten der Arbeitslosigkeit gemeldet.

Am .... Oktober 2015 hat der Klägerbevollmächtigte erklärt, dass die Klägerin mit ihrem Kind im August in die Türkei ausgereist sei. Die Abmeldung in München werde veranlasst.

Mit Schriftsatz vom .... Januar 2016, bei Gericht am 12. Januar 2016 eingegangen, hat der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 7 ARB 1/80 zu erteilen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom .... September 2016 im Wesentlichen ausgeführt, dass Streitgegenstand nur das Daueraufenthaltsrecht der Klägerin aus Art. 7 ARB 1/80 sei. Aus dem Rentenversicherungsverlauf der Eltern der Klägerin gehe hervor, dass diese immer gearbeitet hätten. Die Mutter der Klägerin sei lediglich aufgrund von Kindererziehung, Krankheit und Arbeitslosigkeit zeitweise keiner Beschäftigung nachgegangen. Dies stelle ihre Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht in Frage (Art. 6 Abs. 2 ARB 1/80). Vom .... März 1992 bis .... Mai 1998 lägen sogar Beschäftigungszeiten ohne Unterbrechung vor, also über sechs Jahre. Es stehe daher außer Frage, dass der Klägerin die Rechtsposition aus Art. 7 Satz 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 zustehe. Auch über ihren Vater würde ihr diese Rechtsposition erwachsen, da der das Recht vermittelnde türkische Arbeitnehmer nicht schon ab Beginn des für die Erfüllung der Voraussetzungen maßgeblichen Zeitraums Arbeitnehmer gewesen sein müsse, sondern ausreichend sei, wenn er im Zeitpunkt des Verlangens des Familienangehörigen auf Zutritt zum Arbeitsmarkt die Arbeitnehmereigenschaft erfülle. Die Rechtsposition habe die Klägerin auch nicht verloren, da sie immer nur zu vorübergehenden Zwecken das Bundesgebiet verlassen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht aufgegeben habe. Zudem liege ein berechtigter Grund vor.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18. Februar 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte erklärt, zumindest konkludent einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gem. § 4 Abs. 5 AufenthG gestellt zu haben. Auch die Beklagte hat bestätigt, dass sie bei ihrem Schreiben vom 21. September 2015 von einer Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG ausgegangen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass im Jahr 2015 ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG gestellt wurde. Über diesen Antrag ist ohne zureichenden Grund in angemessener Frist bislang sachlich nicht entschieden worden.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gem. § 4 Abs. 5 AufenthG ist ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG besteht nicht, da ihr kein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei zusteht.

a) Ein Aufenthaltsrecht aufgrund eigener Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmerin gem. Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) hat die Klägerin nicht erworben, da sie nicht mindestens ein Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung als Arbeitnehmerin bei demselben Arbeitgeber aufweisen kann. Dies wird auch von der Klagepartei nicht bestritten.

b) Ein Aufenthaltsrecht könnte sich daher nur aus Art. 7 ARB 1/80 ergeben. Nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 haben Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

Die Rechte, die Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 verleiht, setzen notwendig das Bestehen eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus, da dem Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis sonst jede Wirkung genommen würde.

Voraussetzung für das Aufenthaltsrecht des Kindes eines türkischen Arbeitnehmers nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 ist, dass der Arbeitnehmer dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates angehört und das Kind dort seit mindestens drei Jahren seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz haben muss.

Dabei setzt Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 entgegen der Auffassung der Klägerin voraus, dass die Arbeitnehmereigenschaft des Familienangehörigen, zu dem der Familiennachzug genehmigt wurde, im Zeitpunkt des Familiennachzugs bestehen und während der ersten drei Aufenthaltsjahre andauern muss (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.2.2012 - OVG 11 S 75.11 - juris). Dies entspricht der Auslegung von Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 durch den Europäischen Gerichtshof, der auf das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen während der ersten drei Jahre des Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat abstellt (vgl. EuGH, U.v. 17.4.1997 - C-351/95 - juris; U.v. 16.6.2011 - C-484/97 - juris). Die Geburt im Bundesgebiet ist dem genehmigten Zuzug gleichzusetzen (EuGH, U.v. 7.7.2005 - C-373/03 - juris).

Im Fall der Klägerin, die im Bundesgebiet geboren ist, kommt es daher auf die ersten drei Jahre nach ihrer Geburt, sprich den Zeitraum vom .... August 1989 bis .... August 1992, an.

Da der Vater der Klägerin erst am .... Januar 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, kann die Klägerin ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 von diesem nicht ableiten.

Mit ihrer Mutter hat die Klägerin zwar über den gesamten maßgeblichen Zeitraum tatsächlich zusammengelebt. Diese hat jedoch zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin nicht (mehr) dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland angehört, so dass die notwendige Arbeitnehmereigenschaft im Zeitpunkt des Familiennachzugs nicht bestanden und somit auch nicht während der ersten drei Aufenthaltsjahre angedauert hat.

Der Begriff der Zugehörigkeit des türkischen Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt bezeichnet im Rahmen der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in dessen Hoheitsgebiet auszuüben (EuGH, U.v. 26.11.1998 - C-1/97 - juris; U.v. 24.1.2008 - C-294/06 - juris).

Ein türkischer Arbeitnehmer gehört trotz einer vorübergehenden Unterbrechung seines Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum, der angemessen ist, um eine andere Beschäftigung zu finden, weiterhin im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats an, und zwar unabhängig davon, welchen Grund die Abwesenheit des Betroffenen vom Arbeitsmarkt hat, sofern diese Abwesenheit vorübergehender Natur ist (EuGH, U.v. 7.7.2005 - C-383/03 - juris). Ein türkischer Arbeitnehmer ist erst dann vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn er objektiv keine Möglichkeit mehr hat, sich in den Arbeitsmarkt wiedereinzugliedern, oder den Zeitraum überschritten hat, der angemessen ist, um nach einer vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden.

Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zum Begriff der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 können auch für die Auslegung von Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 herangezogen werden. Würde dieser Begriff unterschiedlich ausgelegt, je nachdem, ob er im Rahmen von Art. 6 oder von Art. 7 ARB 1/80 betrachtet wird, könnte dies die Kohärenz des Systems beeinträchtigen, das der Assoziationsrat eingerichtet hat, um die Lage der türkischen Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat schrittweise zu festigen (EuGH, U.v. 18.12.2008 - C-337/07 - juris).

Die Mutter der Klägerin ist ausweislich des Rentenversicherungsverlaufs vom .... Juni 2015 (Bl. 14 ff. der Behördenakte) in der Zeit vom .... April 1985 bis .... Dezember 1986 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen und dürfte daher Rechte aus Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben haben. Im Anschluss daran sind bis zum .... September 1987 allerdings keinerlei Zeiten verzeichnet. Vom .... September 1987 bis .... November 1987 sind Zeiten der Arbeitslosigkeit verzeichnet. Danach folgen nach einer weiteren Lücke erst wieder vom .... April 1988 bis .... August 1988 Zeiten von Arbeitslosigkeit. Vom .... August 1988 bis zum .... September 1989 folgen ausschließlich Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung, Schwangerschaft/Mutterschutz.

Zwar führt nach der o.g. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jede vorübergehende Abwesenheit des türkischen Arbeitnehmers vom Arbeitsmarkt zum Ausscheiden aus dem regulären Arbeitsmarkt. Die praktische Wirksamkeit der eingeräumten Rechte umfasst vielmehr auch das Recht auf vorübergehende Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Eine derartige Unterbrechung ist für die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt jedoch nur dann unschädlich, wenn der Betroffene tatsächlich eine neue Arbeit sucht und der Arbeitsverwaltung unter Beachtung der jeweiligen nationalen Vorschriften zur Verfügung steht, um innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine andere Beschäftigung zu finden. Ist dieser nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Assoziationsabkommens zu bestimmende angemessene Zeitraum für eine effektive Beschäftigungssuche überschritten, gehört der Betroffene nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt an. Unter Hinweis auf die insoweit als Leitlinien heranzuziehenden Regelungen für freizügigkeitsberechtigte Gemeinschaftsangehörige ist dabei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Zeitraum von sechs Monaten zur Stellensuche grundsätzlich als ausreichend angesehen worden (vgl. U.v. 26.2.1991 - C-292/89 - juris). Etwas anderes gilt danach in den Fällen, in denen der Betroffene nach Ablauf dieses Zeitraums den Nachweis erbringt, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg eine neue Beschäftigung sucht (OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).

Die Mutter der Klägerin ist im vorliegenden Fall nach Beendigung ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zum .... Dezember 1986 bis zum Beginn des Mutterschutzes am .... August 1988 über eineinhalb Jahre keiner Beschäftigung als Arbeitnehmerin im Bundesgebiet nachgegangen. Damit ist der Zeitraum von sechs Monaten, der im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und insbesondere der erst ein Jahr und acht Monate währenden Beschäftigung im Bundesgebiet ausreichend erscheint, um ein Vielfaches überschritten. Aussichtsreiche Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle während der gesamten Dauer der erheblich länger als sechs Monate währenden Arbeitslosigkeit sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Vielmehr ist festzustellen, dass die Mutter der Klägerin in diesem Zeitraum lediglich etwa acht Monate arbeitslos gemeldet war und damit der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stand. Im Übrigen Zeitraum sind keinerlei Zeiten gemeldet mit der Folge, dass die Mutter der Klägerin in diesen Zeiten der Arbeitsverwaltung nicht zur Verfügung stand, so dass in diesen Zeiträumen nicht von ernsthaften Bemühungen der Mutter der Klägerin um einen neuen Arbeitsplatz ausgegangen werden kann. Insbesondere liegt eine über neunmonatige Unterbrechung im Versicherungsverlauf ohne Arbeitslosigkeitsmeldung nach Beendigung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vor, so dass die angemessene Frist von sechs Monaten zur Arbeitsplatzsuche bereits ohne jedes Bemühen in dieser Richtung verstrichen ist.

Da die Mutter der Klägerin somit zum Zeitpunkt ihrer Geburt wegen Überschreitung des Zeitraums, der angemessen ist, um nach einer vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden, nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik angehört hat, hat die Klägerin Rechte gem. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 nicht erworben. Auf die Frage, ob sie Rechte nach dem ARB 1/80 durch ihre Ausreise in die Türkei verloren hat, kommt es daher nicht mehr an.

3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


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(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

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(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.