Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Apr. 2016 - M 1 K 15.3169

bei uns veröffentlicht am12.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die unter dem ... Juni 2014 beantragte Baugenehmigung für eine Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 472/23 Gem. ... zu erteilen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage.

Unter dem Datum des ... Juni 2014 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Berchtesgadener Land die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer einseitigen, unbeleuchteten Werbeanlage zum Plakatieren von Fremdwerbung auf dem westlich der ... Straße liegenden Grundstück FlNr. 472/23 der Gemarkung ... Die Werbeanlage soll eine Fläche von 3,75 x 2,75 m erhalten und 1,3 m hoch aufgeständert sein.

Die Beigeladene verweigerte aufgrund Beschlusses ihres Bau- und Umweltausschusses vom 1. Juli 2014 mit Stellungnahme vom 6. August 2014 das Einvernehmen, weil sich das Vorhaben in die überwiegend durch Wohnnutzung geprägte Umgebung nicht einfüge. Das Landratsamt kam aufgrund einer Ortseinsicht am 10. September 2014 zu dem Ergebnis, der geplante Standort liege in einem Mischgebiet. Es forderte die Beigeladene daher mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 auf, nochmals über die Erteilung des Einvernehmens zu entscheiden. Die Beigeladene blieb mit Beschluss ihres Bau- und Umweltausschusses vom 18. November 2014 sowie Schreiben vom 25. November 2014 und 29. Januar 2015 an das Landratsamt bei der Verweigerung des Einvernehmens. Bisher bestünden keine vergleichbaren Anlagen und die geplante Werbeanlage führe mit der Gefahr der Häufung solcher Anlagen und der negativen Vorbildwirkung zu einer Beeinträchtigung des Ortsbilds. Der Staatsstraße komme trennende Wirkung zu; die westlich liegende Bebauung sei als faktisches allgemeines Wohngebiet (WA) zu klassifizieren.

Das Staatliche Bauamt stimmte der Errichtung der Anlage mit Schreiben vom 4. November 2014 unter Auflagen zu.

Das Landratsamt hörte die Klägerin mit Schreiben vom ... August 2014, ... März und ... Juli 2015 zur Ablehnung der beantragten Baugenehmigung an. Die Klägerin erbat mit E-Mail vom ... September 2014 und Schreiben vom ... Juli 2015 den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids.

Am ... Juli 2015 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Beklagen zu verpflichten, ihr die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich auf das Vorliegen eines faktischen allgemeinen Wohngebiets und die rechtmäßige Einvernehmensversagung der Beigeladenen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 12. April 2016. Die westlich der 5 bis 7 m breiten ... Straße liegenden Grundstücke sind überwiegend wohngenutzt, auf den östlich davon liegenden Grundstücken existiert Wohn- und Gewerbenutzung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen, hinsichtlich der weiteren Augenscheinsfeststellungen auf das Protokoll.

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

Sie ist als Untätigkeitsklage nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, weil kein zureichender dafür Grund vorliegt, dass über den Antrag auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch nicht entschieden wurde.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erlass der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO prüft die Bauaufsichtsbehörde insbesondere die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 Baugesetzbuch (BauGB).

2. Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässig.

Das Baugrundstück liegt im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB.

Das Vorhaben ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig, denn es fügt sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Das Vorhaben fügt sich weiter gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art in das vorhandene faktische Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO ein. Anders als der Beklagte und die Beigeladene stuft das Gericht die nähere Umgebung, die die Bebauung entlang der ... Straße bis zur ...-Straße im Norden und zur ...straße im Süden umfasst, nicht als faktisches allgemeines Wohngebiet, sondern als faktisches Mischgebiet ein. Diese Gebietseinstufung basiert maßgeblich auf dem Umstand, dass das Gericht der ... Straße keine trennende Wirkung beimisst. Die Frage, ob einer Straße trennende Wirkung zukommt, kann nur nach dem Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Nov. 2015, § 34 Rn. 24). Nach den Erkenntnissen des Augenscheins kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der circa 5 bis 7 m breiten ... Straße im Bereich des Vorhabengrundstücks ungeachtet ihrer Verkehrsbedeutung und -frequenz deshalb keine trennende Wirkung zukommt, weil sie den Eindruck einer zusammengehörigen und homogenen Bebauung auf beiden Straßenseiten nicht unterbricht. Die diesseits und jenseits vorhandene Bebauung weist vergleichbare Strukturen auf, wobei die Baukörper überwiegend straßennah und in einer gewissen Massivität errichtet sind, was den Eindruck der Geschlossenheit unterstreicht. Es entsteht der Eindruck einer zusammengehörigen, nicht durch die Straße unterbrochenen städtebaulichen Struktur. Zudem existieren auf beiden Straßenseiten nur niedrige und schmale Gehwege. Angesichts dieser Einordnung der Straße ist die Bebauung westlich und östlich der ... Straße für die Beurteilung der Gebietsart maßgeblich und die gewerbliche Nutzung östlich der ... Straße (...bank, Maschinenring, Elektroladen) mit zu berücksichtigen. Das Nebeneinander von Wohnen und größeren, nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben führt zu einer Einordnung als Mischgebiet i. S. v. § 6 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO).

In dem vorliegenden Mischgebiet ist die geplante Werbetafel als nicht störende gewerbliche Nutzung (vgl. BVerwG, U. v. 3.12.1992 - 4 C 27.91 - DVBl 1993, 439 - juris Ls. 2; BayVGH, U. v. 11.12.2007 - 14 B 06.2880 - juris Rn. 14) allgemein zulässig (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 1 BauNVO). Auf die von der Beigeladenen rekurrierte negative Vorbildwirkung kommt es daher nicht mehr an, weil diese nur bei sich nicht in den Rahmen der näheren Umgebung einfügenden Vorhaben und der Frage, ob diese dennoch zulässig sind oder zu städtebaulichen Spannungen führen, relevant wird (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 34 Rn. 31).

3. Da bauplanungsrechtliche Gründe dem Vorhaben nicht entgegenstehen, war die Beigeladene zur Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB verpflichtet. Das rechtswidrig verweigerte Einvernehmen steht deshalb dem Anspruch der Klägerin auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass der beantragten Baugenehmigung nicht entgegen, sondern ist gemäß Art. 67 Abs. 1 BayBO zu ersetzen.

4. Der beantragten Baugenehmigung stehen auch nicht Gründe der Verkehrssicherheit entgegen. Nach Art. 14 Abs. 2 BayBO dürfen bauliche Anlagen und ihre Benutzung die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs nicht gefährden. Dies ist bei der beantragten Werbetafel nicht der Fall. Wegen der nur statischen Werbung ist ihre Ablenkungswirkung als gering zu erachten. Dementsprechend hat das Staatliche Bauamt mit Stellungnahme vom 4. November 2014 sein Einverständnis zum Aufstellen der Werbetafel erklärt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs).

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Referenzen

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.