Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Mai 2016 - M 4 K 16.30561

bei uns veröffentlicht am06.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom 03. Mai 2016 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 und ihrer Ergänzung vom 24. März 2016 einer Erledigungserklärung generell zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- einzustellen.

Die Kostenentscheidung ist nicht nach der der allgemeinen Regelung in § 161 Abs. 2 VwGO vorhergehenden spezielleren Regelung des § 161 Abs. 3 VwGO zu treffen, sondern nach § 161 Abs. 2 VwGO.

Nach § 161 Abs. 3 VwGO fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zwar liegt ein Fall des § 75 VwGO vor, da der Kläger im Dezember 2014 einen Asylfolgeantrag gestellt hat und der stattgebende Bescheid vom31. Dezember 2015 ist (zugegangen nach Angabe des Bevollmächtigten am 14.04.2016; Klageerhebung 18.03.2016). Damit war die (Drei-Monats-)Frist des § 75 Satz 2 VwGO eingehalten und die Klage unabhängig davon zulässig, ob ein zureichender Grund vorlag, dass die Behörde noch nicht entschieden hat (vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Lfg. Oktober 2014, § 75 Rn. 7).

Aber die weitere Voraussetzung, dass der Kläger mit der Bescheidung seines Antrags vor Klageerhebung rechnen durfte, ist nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung nämlich dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Klägerseite dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, Urteil vom 23.7.1991 - 3 C 56.90 - NVwZ 1991, 1180, 1181 - juris Rn. 9). So verhält es sich hier.

Das Gericht geht davon aus, dass die Belastung oder richtigerweise Überlastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge seit Sommer 2014 allgemein und auch der Klägerseite bekannt war und ist. Folge ist, dass die Behandlung der vorliegenden Anträge nur schleppend voran ging.

Im vorliegenden Fall trifft es auch nicht zu, dass das Bundesamt den Antrag des Klägers „liegengelassen“ hätte. Vielmehr war ihm bekannt, dass das Verfahren, wenn auch sehr langsam, weiter betrieben wurde.

Durfte der Kläger sonach mit einer Entscheidung über den Asylantrag vor Klageerhebung nicht rechnen, verbleibt es bei der Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 22.5.2003 - 2 K 412/3 - juris Rn. 7f.). Danach ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Der Umstand allein, dass die Beklagte dem Antrag teilweise stattgegeben und sich insoweit in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, rechtfertigt hier nicht, ihr die Kosten des Verfahrens vollständig aufzulegen. Denn das Bundesamt hat das Verfahren des Klägers nicht liegengelassen, sondern mangels ausreichender Kapazitäten „nur“ nicht mit der wünschenswerten Beschleunigung betrieben. Daher war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis der (Anerkennungs-)Bescheid ergehen würde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.