Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Juni 2015 - M 4 K 15.30490

23.06.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom 7. Mai 2015 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenpartei hat mit Schreiben vom 15. Juni 2015 zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- einzustellen.

II.

Die Kostenentscheidung ist nicht nach der der allgemeinen Regelung des § 161 Abs. 2 VwGO vorgehenden speziellen Regelung des § 161 Abs. 3 VwGO zu treffen, sondern nach § 161 Abs. 2 VwGO. Nach § 161 Abs. 3 VwGO fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zwar liegt ein Fall des § 75 VwGO vor, da der Kläger mit Schreiben vom 8. August 2014 einen Asylfolgeantrag gestellt hatte, über den zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. April 2015 noch nicht entschieden war. Damit war die (Drei-Monats-)Frist des § 75 Satz 2 VwGO eingehalten und die Klage unabhängig davon zulässig, ob ein zureichender Grund dafür vorlag, dass die Behörde noch nicht entschieden hat (vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Lfg. Oktober 2014, § 75 Rn. 7). Die weitere Voraussetzung, dass der Kläger mit der Bescheidung seines Antrags vor Klageerhebung rechnen durfte, ist jedoch nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung nämlich dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und dem Kläger dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, U.v. 23.07.1991 - 3 C 56.90 - NVwZ 1991, 1180, 1181 - juris Rn. 9). So verhält es sich hier. Dieser Beurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag des Klägers hat dieser am … April 2011 einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. November 2011 rechtskräftig abgelehnt. Mit Schreiben vom 8. August 2014 stellte der Kläger unter Verweis auf die veränderte tatsächliche Lage im Irak einen Asylfolgeantrag. Mit Schreiben vom 9. März 2015 bat der Kläger um Bekanntgabe des Aktenzeichens des Asylfolgeantrags sowie um unverzügliche Entscheidung über den Folgeantrag. Mit am … April 2015 bei Gericht eingegangenen Schreiben erhob der Kläger die Untätigkeitsklage mit dem Antrag festzustellen, „dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen“. Am … April 2015 wurde dem Kläger der stattgebende Bescheid der Beklagten, der das Datum „23.04.2015“ trägt, zugestellt.

Für die Nichtentscheidung innerhalb von knapp neun Monaten liegt (noch) ein sachlicher Grund vor, da die Beklagte wegen des extremen Arbeitsaufkommens und offensichtlicher vorübergehender Überlastung nicht früher entscheiden konnte. Wie aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt ist, hat sich die Zahl der Asylanträge im Jahr 2013 um 65 Prozent und im Jahr 2014 um nochmals 60 Prozent - unvorhersehbar - gesteigert. In absoluten Zahlen stellt sich dies wie folgt dar: 2012 77.651 Asylanträge, 2013 127.023 Asylanträge und 2014 202.834 Asylanträge (vgl. BAMF, Das Bundesamt in Zahlen, Asyl 2014, Stand März 2015, Seite 11; BAMF, Das Bundesamt in Zahlen, Asyl 2013, Stand Juli 2014, Seite 13; jeweils frei abrufbar auf der Webseite des BAMF). Vor allem ab August 2014 stieg die Zahl der Asylanträge beträchtlich (vgl. BAMF, Das Bundesamt in Zahlen, Asyl 2014, Stand März 2015, Seite 11 Tabelle I - 1; BAMF, Das Bundesamt in Zahlen, Asyl 2013, Stand Juli 2014, Seite 14 Abbildung I - 2). Hintergrund war unter anderem das Vorrücken von ISIS bzw. IS im Raum Mosul und im Sindjahr/Shingal-Gebiet (Irak). Mit Beginn des Jahres 2015 stieg unerwartet die Zahl der Asylanträge aus dem Kosovo (vgl. FAZ v. 09.02.2015 „Asylzahlen steigen: Mehr Albaner und Kosovaren kommen“, http://www.f...n...html). Zwar fällt es in den Verantwortungsbereich der Beklagten, permanente organisatorische Unterbesetzung der Behörden zu vermeiden; ein insoweit bestehendes Versäumnis stellt demnach keinen zureichenden Grund dar (vgl. Brink, in: Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 75 Rn. 13). Allerdings hat die Beklagte reagiert und das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhöht. Dieses hat für 2014 rund 300 und für 2015 rund 350 weitere Stellen bewilligt bekommen (vgl. Pressemitteilung des VG Regensburg vom 28.1.2015). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer derart enormen Steigerung der Eingänge über die vergangenen zwei Jahre hinweg wie vorliegend auch aus rein faktischen Gründen nicht sofort geeignetes Personal der betroffenen Behörde zur Verfügung gestellt werden kann. So bedarf es für die Suche nach und Einarbeitung von neuen Personal gewisse Zeit. Auch eine Abordnung kann kurzfristig keine Abhilfe verschaffen, da zum einen die notwendige Sachkunde regelmäßig fehlen wird und zum anderen in andern Behörden wohl keine, jedenfalls nicht im notwendigen Umfang vorhandene, Personalreserve verfügbar ist. Darüber hinaus müssen neue Stellen auch haushaltsrechtlich erst geschaffen werden - auch dies bedingt zwangsläufig eine gewisse Verzögerung.

Diesen sachlichen Grund hätte der Kläger kennen müssen. Die genannten Zahlen des Asylverfahrens können allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden. Auch die Tagespresse (vgl. für viele SZ v. 1.7.2014 „Asylbewerber in München, Flüchtlinge ohne Zuflucht“, http://www.s...de/m...) und der Rundfunk befassen sich seit geraumer Zeit nahezu tagtäglich mit dem Thema „Flüchtlinge/Asyl“. Dies gilt besonders dann, wenn der Kläger durch eine Bevollmächtigte vertreten ist, deren Tätigkeitsschwerpunkt auch auf dem Ausländer-/Asylrecht liegt und die somit die tatsächlichen asylrechtlichen Verwaltungsablaufe und -verhältnisse, jedenfalls in Grund-zügen, kennt oder kennen muss.

Durfte der Kläger sonach mit einer Entscheidung über den Asylfolgentrag vor Klageerhebung nicht rechnen, verbleibt es bei der Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO (Vgl. VG Stuttgart, B.v. 22.5.2003 - 2 K 412/03 - juris Rn. 7 f.). Danach ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Der Umstand, dass die Beklagte dem Antrag stattgegeben hat und sich in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, rechtfertigt hier nicht, ihr die Kosten des Verfahrens vollständig aufzuerlegen. Denn die Beklagte ist ersichtlich nicht durch die Klageerhebung dazu veranlasst worden, dem Antrag stattzugeben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie den Asylfolgeantrag auch verbeschieden hätte, wenn der Kläger abgewartet hätte, bevor er Klage erhoben hat. In diesem Falle wären die Verfahrenskosten, um deren Verteilung es hier geht, gar nicht entstanden. Hier trägt der Bescheid das Datum vom 23. April 2015. Die Klage ist der Beklagten erst mit Schreiben vom 28. April 2015 des Gerichts zugestellt worden. Es ist nichts dafür ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die Beklagte den Bescheid nachträglich rückdatiert hat. Hinzu kommt, dass der erste Asylantrag ursprünglich rechtskräftig abgelehnt wurde. Der Asylfolgeantrag war nur deswegen erfolgreich, weil sich im Sommer 2014 durch das Vorrücken von ISIS bzw. IS im Raum Mosul und im Sindjahr/Shingal-Gebiet die Lage für Yeziden im Irak allgemein verschlechterte, so dass infolge dessen eine Gruppenverfolgung für Yeziden angenommen wurde. Gleichwohl ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Antrag entsprochen hat. Vor diesem Hintergrund entspricht es hier billigem Ermessen die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Juni 2015 - M 4 K 15.30490 zitiert 6 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 61 Räumliche Beschränkung, Wohnsitzauflage, Ausreiseeinrichtungen


(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfun

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.