Verwaltungsgericht München Beschluss, 03. Sept. 2018 - M 18 S 18.1908

bei uns veröffentlicht am03.09.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage M 18 K 18.1889, mit der der Antragsteller den Bescheid des Antragsgegners vom 19. März 2018 angreift.

Der Antragsteller ist ein Verein, der einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rindern führt und dort Übernachtungsmöglichkeiten für Personengruppen bis zu 50 Personen anbietet. Vor allem Kindergärten und Schulgruppen gehören zur Zielgruppe.

Ein Mitarbeiter des Amtes für Lebensmittelüberwachung des zuständigen Landratsamtes führte am … am … am … und am … lebensmittelrechtliche Kontrollen auf dem Betrieb des Antragstellers durch. Neben wenigen, als leicht behebbar einzustufenden Mängeln wurde in allen Kontrollen, außer in der vom … festgestellt, dass eine Dokumentation zur Eigenkontrolle fehle und die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln nicht durchgängig möglich sei. Dies betraf vor allem Rindfleisch, das von den Rindern des eigenen Betriebs beim örtlichen Metzger geschlachtet und dann ohne weitere Kennzeichnung beim Antragssteller für die Gemeinschaftsverpflegung eingefroren wurde.

Am … wurde eine weitere lebensmittelrechtliche Betriebskontrolle durchgeführt. Mit Schreiben vom 2. Februar 2017 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass bei der betrieblichen Eigenkontrolle Mängel festgestellt worden seien. Bei der vorliegenden Betriebsgröße sei ein ausführliches Eigenkontrollsystem gesetzlich vorgeschrieben. Genauere Angaben, welche Informationen das Eigenkontrollsystem erfassen müsse, sind in dem Schreiben aufgeführt. Wie vor Ort besprochen sei nach den Vorgaben der Leitlinie für Gemeinschaftsverpflegungen vorzugehen. Die Notwendigkeit der betrieblichen Eigenkontrolle ergebe sich aus Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 (im Folgenden: HygieneVO).

In dem Schreiben wurde des Weiteren bemängelt, dass Lebensmittel in den Verkehr gebracht worden seien, die nicht durch sachdienliche Dokumentation oder Information ausreichend gekennzeichnet bzw. kenntlich gemacht worden seien, um ihre Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Für das in der Kühlung vorgefundene Rindfleisch und die Wurstwaren hätten keine Lieferscheine bzw. Rechnungen vorgelegt werden können. Eine eindeutige Zuordnung (Rinderpassnummer und Schlachtgewicht) müsse auf den Angaben der Rechnungen/Lieferscheinen möglich sein. Die Rückverfolgbarkeit müsse nach Art. 18 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (im Folgenden: BasisVO) jederzeit ermöglicht werden.

Es seien durch Frostbrand (Eintrocknungen) im Nähr- und Genusswert bzw. Brauchbarkeitswert mehr als unerheblich geminderte Lebensmittel vorrätig gehalten worden (§ 11 Abs. 2 Nr. 2b Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass die oben aufgeführten Mängel umgehend beseitigt werden müssten.

Am 25. Januar 2018 wurde erneut eine lebensmittelrechtliche Betriebskontrolle beim Antragsteller durchgeführt. Dabei wurden im Vergleich zu vorherigen Kontrollen erheblich mehr Mängel, insbesondere die Sauberkeit betreffend, festgestellt. Mit Schreiben vom 25. Januar 2018 wurden die Mängel aufgelistet und der Antragsteller zur umgehenden Beseitigung aufgefordert.

Als Mangel wurde u.a. neben Verunreinigungen festgehalten, dass Rindfleisch, Rinderknochen und Soßen in Verkehr gebracht worden seien, die nicht durch sachdienliche Dokumentation oder Information ausreichend gekennzeichnet bzw. kenntlich gemacht wurden, um ihre Rückverfolgbarkeit zu erleichtern (Art. 18 Abs. 4 der BasisVO). Es seien weiter selbst eingefrorene Lebensmittel ohne Angabe des Einfrierdatums vorrätig gehalten worden, so dass das Alter und damit die Verkehrsfähigkeit nicht zweifelsfrei zu bestimmen gewesen seien (Art. 18 Abs. 1 der BasisVO). Es sei eine rote Eurokiste voller Rinderschinken mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum (24.12.2017) im Kühlschrank vorrätig gehalten gewesen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB). Es seien Lebensmittel mit Frostbrand vorrätig gehalten worden (§ 11 Abs. 2 Nr. 2b LFGB).

Weiter wurde festgestellt, dass eine betriebliche Eigenkontrolle nicht existiere, obwohl sie bei der vorliegenden Betriebsgröße gesetzlich vorgeschrieben sei. Nach beispielhafter Aufzählung des Inhaltes eines Eigenkontrollsystems wurde festgehalten, dass - wie vor Ort besprochen - nach den Vorgaben der Leitlinien für Gemeinschaftsverpflegung vorzugehen sei (Art. 5 Abs. 1 HygieneVO).

Mit E-Mail vom selben Tag wurde der Kontrollbericht vom … dem Antragsteller zugesandt. Als Anhang wurden die Leitlinien für Gemeinschaftsverpflegungen mit übersandt.

Eine lebensmittelrechtliche Nachkontrolle fand am … statt. Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 wurden als noch bestehender Mangel festgehalten, dass eine betriebliche Eigenkontrolle einzuführen und aufrechtzuerhalten sei (Art. 5 Abs. 1 HygieneVO). Es sei kein System und Verfahren zur Feststellung der Lieferanten von Lebensmitteln bzw. Stoffen, die in einem Lebensmittel verarbeitet würden, eingerichtet (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BasisVO).

Mit Schreiben vom 15. Februar 2018 wurde der Antragsteller als Betreiber des Betriebes mit Gemeinschaftsverpflegung zum geplanten Erlass einer lebensmittelrechtlichen Anordnung angehört. In dem Schreiben wurde auf die bei der Betriebskontrolle vom 29. Januar 2018 festgestellten und mit Schreiben vom 31. Januar 2018 mitgeteilten Mängeln Bezug genommen. Ein System der betrieblichen Eigenkontrolle sei nicht eingerichtet gewesen, obwohl dies nach Art. 5 HygieneVO vorgeschrieben sei. Auch kein System bezüglich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Lebensmittelbedarfsgegenständen sei eingerichtet gewesen. Dieses sei nach Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BasisVO zwingend erforderlich. In dem Schreiben wurde im Weiteren sehr detailliert dargestellt, welche Mindestangaben in den beiden Systemen dokumentiert werden müssten.

Der Antragsteller antwortete mit Schreiben vom 28. Februar 2018. In diesem erklärte er, dass es nicht der Richtigkeit entspräche, dass noch nie ein HACCP-Konzept vorgelegen hätte. Ein solches Konzept sei schon vor vielen Jahren mit allen Reinigungsplänen erarbeitet und eingeführt worden. Sie werden von den Mitarbeitern gewissenhaft umgesetzt und vom Führungspersonal kontrolliert und zur Dokumentation abgelegt. Es werde hauptsächlich Rindfleisch aus dem eigenen Betrieb, das extern geschlachtet und verarbeitet werde, verkocht bzw. ausgegeben. Nicht deklarierte Produkte seien aussortiert worden und würden nicht mehr im Gruppenhaus angeboten. Eine Rücksprache mit der Metzgerei über eine genauere Beschriftung der gelieferten Waren sei bereits erfolgt. Eine ausreichende Beschriftung der Wurstwaren liege vor. Eine Wareneingangskontrolle erfolge mit Hilfe des Bestellzettels und auch der Überprüfung der Waren bei Lieferung und vor der Verarbeitung. Bei Bedarf werde aussortiert. Alle zu dokumentierenden Maßnahmen würden in schriftlicher Form mit Datum und Unterschrift des verantwortlichen Mitarbeiters durchgeführt, kontrolliert und zur Nachverfolgung abgelegt. Wöchentlich finde ein Team-Meeting statt, bei der alle Punkte geprüft, besprochen und bei Bedarf nachbearbeitet würden. Die Trennung des 1. Vorsitzenden des Antragstellers und seiner Frau, welche als Hauswirtschaftskraft eingestellt gewesen war, hätten den Betriebsablauf beeinflusst. Durch die Neueinstellung von motiviertem Personal sei dies nun ausgestanden.

In einer internen E-Mail des zuständigen Amts für Lebensmittelsicherheit vom 5. März 2018 erklärte der zuständige Lebensmittelkontrolleur, dass an den vorhandenen Mängeln nach mehreren Kontrollen vor Ort deutlich abzulesen sei, dass die vom 1. Vorsitzenden des Antragstellers beschriebene Situation nicht den Tatsachen entspräche. Nach seiner Einschätzung solle daher ein zwangsgeldbewehrter Bescheid angeordnet werden.

Das Landratsamt erließ am 19. März 2018 einen Bescheid, in dem Folgendes angeordnet wurde:

1. Der Antragsteller hat innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides ein Dokumentationssystem der betrieblichen Eigenkontrolle entsprechend Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 einzurichten und dauerhaft vorzuhalten. Für den Fall der Einlegung eines Rechtsmittels und der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht München ist den mit diesem Bescheid angeordneten Maßnahmen spätestens ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides nachzukommen. Das System muss folgenden Mindestumfang/Mindestinhalt umfassen bzw. folgende Mindestangaben enthalten: (genaue Angaben zur Dokumentation der Reinigung der Betriebsräume, Kontrolle der Temperaturen [Kühl- oder Warmhaltegeräte], Schädlingsbekämpfung, Personalschulungen, Wareneingangskontrolle [stichprobenartige Prüfungen], Dauer der Archivierung).

2. Der Antragsteller hat innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides ein Dokumentationssystem bezüglich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Lebensmittelbedarfsgegenständen entsprechend Art. 18 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 einzurichten und dauerhaft vorzuhalten. Für den Fall der Einlegung eines Rechtsmittels und der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht München ist den mit diesem Bescheid angeordneten Maßnahmen spätestens ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides nachzukommen. Das System muss folgenden Mindestumfang/Mindestinhalt umfassen bzw. folgende Mindestangaben enthalten: (genaue Angaben zu den Punkten Rückverfolgbarkeit und Dauer der Archivierung).

3. Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nrn. 1 und 2 dieses Bescheides wird angeordnet.

4. Falls der Antragsteller den mit diesem Bescheid angeordneten Maßnahmen aus den vorgenannten Nrn. 1 und 2 dieses Bescheides nicht innerhalb der dort genannten Termine/Fristen nachkommt, wird folgendes Zwangsgeld zur Zahlung fällig:

Bezüglich Nr. 1 dieses Bescheides: 1.000,00 Euro, bezüglich Nr. 2 dieses Bescheides: 1.000,00 Euro.

In der Begründung wird dargelegt, dass bei der Betriebskontrolle vom 29. Januar 2018 festgestellt worden sei, dass kein ausreichendes System der betrieblichen Eigenkontrolle nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 sowie auch kein ausreichendes System bezüglich der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Lebensmittelbedarfsgegenständen nach Art. 18 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingerichtet gewesen sei. Auf Grundlage von Art. 54 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 bzw. § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB sei die vorliegende Anordnung in Ziff. 1 und 2 zu erlassen. Mit beiden Systemen solle ein wirkungsvoller Verbraucherschutz sowie ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen in Hinblick auf die Lebensmittel sichergestellt werden. Nachdem keine oder nur unzureichende Kontrollsysteme vorhanden seien, sei die Anordnung der entsprechenden Maßnahmen zur Vorhaltung entsprechender Systeme erforderlich. Eine unangemessene Belastung des Antragstellers sei nicht gegeben. Das öffentliche Interesse an ein hygienisch einwandfreies Inverkehrbringen für Lebensmittel überwiege das Interesse des Betreibers, von den angeordneten Dokumentationspflichten als Lebensmittelunternehmer verschont zu bleiben. Zudem sei eine Gleichbehandlung mit anderen Lebensmittelunternehmern unabdingbar. Der Sofortvollzug habe angeordnet werden müssen, weil eine Abwägung der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Interessen ergeben habe, dass ein besonderes öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung vorliege. Es sei der Öffentlichkeit und den Verbrauchern nicht zumutbar, dass Lebensmittel ohne die dafür vorgesehenen Dokumentationssysteme angekauft, erzeugt, zubereitet und abgegeben würden. Wirtschaftliche oder private Interessen hätten gegenüber der Gefährdung der Gesundheit der Verbraucher zurückzustehen. Auch im Falle einer Folgenabwägung überwiege das Vollzugsinteresse das mögliche Suspensivinteresse. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.

Am 20. März 2018 wurde der Bescheid dem Antragsteller mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schreiben vom 16. April 2018, das am 19. April 2018 per Fax einging, legte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Einspruch bezüglich der Lebensmittelverordnung vom 29. Januar 2018 ein.

Zur Begründung wurde u.a. vorgetragen, dass es nicht der Richtigkeit entspreche, dass der Antragsteller keine betriebsinterne Eigenkontrolle habe oder auch gehabt hätte. Die Mängel der ersten Kontrolle bezüglich der Reinigung und anderer Kleinigkeiten seien umgehend erledigt worden. Aus dem Bescheid ergebe sich, dass die Mängel auch an dem Tag der Nachkontrolle noch vorhanden gewesen seien. Dies entspreche nicht der Richtigkeit. Ein HACCP-Konzept liege seit Gründung der Einrichtung vor und sei entsprechend angepasst worden. Hierbei seien Küche und Reinigung enthalten. Die Verstöße seien nicht so schwerwiegend gewesen, dass dies eine Schließung rechtfertigen würde. Es hingen auch Listen für die Reinigungskräfte aus und ein Schädlingsmonitoring bestehe. Bei der Nachkontrolle habe der zuständige Lebensmittelkontrolleur auch selbst angemerkt, dass jetzt alles in Ordnung sei. Es werde befürchtet, dass die erste Kontrolle dazu verwendet werden solle, dass man den Antragsteller in Zukunft sofort mit Bußgeldern belegen und ihm das Leben schwer machen könne. Dies werde als Gefährdung der Einrichtung gesehen. Nach wie vor würden gewissenhafte betriebsinterne Eigenkontrollen durchgeführt. Eine Gefahr für Gäste bestehe nicht. Daher werde darum gebeten, die nötigen Maßnahmen wie im Schreiben vom 19. März 2018 einzustellen.

Der Antragsgegner erwiderte mit Schreiben vom 2. Mai 2018 und beantragte,

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung werde auf die Bescheidsbegründung verwiesen. Bereits mit Schreiben vom 2. Februar 2017 sei der Antragsteller u.a. auf ein ausführliches Eigenkontrollsystem hingewiesen worden, welches alle relevanten Bereiche miteinbeziehen müsse. In demselben Schreiben sei er bereits auch auf die unzureichende bzw. nicht vorhandene Kennzeichnung der Lebensmittel hingewiesen worden. Eine eindeutige Zuordnung des vorgefundenen Rindfleischs zu den nachgelieferten Lieferscheinen bzw. Rechnungen sei aufgrund der fehlenden Kennzeichnung nicht gewährleistet gewesen. Bei der Vielzahl der verköstigten Gäste - insbesondere Schulklassen - müsse die Verzehrfähigkeit der verwendeten Lebensmittel umso mehr gewährleistet werden. Annähernd gleiche Zustände seien bei der Kontrolle am … … … erneut vorgefunden und moniert worden. Mit E-Mail vom 25. Januar 2018 seien dem Antragsteller zwei Leitlinien übersandt worden. Da die Anforderungen für alle Lebensmittelunternehmer gelten würden, belaste der Bescheid den Antragsteller nicht mehr oder weniger als andere. Nur im jeweiligen Zusammenspiel beider Kontrollsysteme sei auf Dauer ein wirksamer Verbraucherschutz gewährleistet. Auch wenn bei der Nachkontrolle am … keine ungekennzeichneten Lebensmittel mehr vorgefunden worden seien und auch die Formblätter für die Eigenkontrolle vorhanden gewesen seien, diene der Bescheid dazu, dies auch für die Zukunft sicherzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte - auch im Verfahren M 18 K 18.1889 - sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19. März 2018 (M 18 K 18.1889) ist unbegründet.

Ein Antrag nach § 80 Absatz 5 S. 1 Var. 2 VwGO ist begründet, wenn das Suspensivinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse des Staates und der Bürger überwiegt. Dabei ist nach Aktenlage eine summarische Prüfung der Hauptsache vorzunehmen. Sollte der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg haben, überwiegt regelmäßig das Suspensivinteresse des Antragstellers. Ergibt die Prüfung jedoch, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich unbegründet ist, überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse des Antraggegners (BVerwG, B.v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 juris Rn. 3). Weitere abwägungsrelevante Interessen und Rechtsgüter können auch in die Bewertung mit einfließen.

Die Sofortvollzugsanordnung in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheides genügt den formellen Voraussetzungen der Begründung in § 80 Abs. 3 VwGO. Das besondere Interesse, das eine Sofortvollzugsanordnung rechtfertigt, wurde auf den konkreten Einzelfall bezogen und unter Berücksichtigung der entgegenstehenden Rechtspositionen und Interessen des Antragstellers aufgeführt.

Die Interessenabwägung des Gerichts ergibt nach summarischer Prüfung der Hauptsache, dass das Vollzugsinteresse des Antragsgegners und der Allgemeinheit das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt. Ein Erfolg der Hauptsacheklage ist als gering einzuschätzen.

Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist voraussichtlich rechtmäßig. Nach Art. 54 Abs. 1, Abs. 2a der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 (im Folgenden: KontrollV) trifft die zuständige Behörde bei Feststellung eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft, darunter Gesundheitsschutz- oder andere Maßnahmen, die als notwendig erachtet werden, um die Sicherheit von Futtermitteln oder Lebensmitteln oder die Einhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrecht (…) zu gewährleisten. Unstreitig handelt es sich bei dem Antragsteller um einen Lebensmittelunternehmer nach Art. 1, Art. 2 Abs. 2 HygieneVO i.V.m. Art. 3 Nr. 2 und 3 BasisVO.

Ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften liegt nach summarischer Prüfung zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vor. Nach Art. 5 HygieneVO haben Lebensmittelunternehmer ein oder mehrere ständige Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten. Die genaueren HACCP-Grundsätze werden in Art. 5 Abs. 2 der Hygieneverordnung aufgezählt.

Nach dem Vorbringen des Antraggegners war bei der Nachkontrolle am … eine dem gesetzlichen Umfang entsprechende betriebliche Eigenkontrolle vom Antragsteller noch nicht eingerichtet. Bereits in den Betriebskontrollen vom … dem … dem … und dem … wurde festgestellt, dass ein betriebliches Eigenkontrollsystem nicht bzw. nicht in ausreichendem Umfang vorhanden ist. Bei der Betriebskontrolle vom … wurde im Mängelbericht ausdrücklich dargestellt, welche Mindestanforderungen an ein solches System zu stellen sind und vor Ort besprochen, dass sich die betriebliche Eigenkontrolle an den Leitlinien für Gemeinschaftsverpflegung orientieren solle. In der Kontrolle vom … wurde festgehalten, dass eine betriebliche Eigenkontrolle nicht existiere. Erneut wurde auf die Mindestangaben sowie auf die Leitlinie für Gemeinschaftsverpflegungen hingewiesen und diese Leitlinien auch am 25. Januar 2018 an den Antragsteller verschickt. Nach den Angaben des Antragstellers im Anhörungsschreiben vom 28. Februar 2018 und dem Antragsschriftsatz vom 16. April 2018 wurde erklärt, dass ein System der betrieblichen Eigenkontrolle vorliegt.

Bezüglich der Reinigungspläne sowie Temperaturkontrollen liegt schon länger ein Kontrollsystem vor, was der zuständige Veterinär in internen Besprechungen bestätigte. Aus dem Schreiben vom 28. Februar 2018 ergibt sich, dass der Antragsteller seit der Mängelrüge vom 25. Januar 2018 auch die Punkte Wareneingangskontrolle, produktbezogene Prüfung, Schädlingsbekämpfung, Personalschulung in ein betriebliches Eigenkontrollsystem aufgenommen hat. Seit wann die in dem Schreiben aufgezählten Maßnahmen durchgeführt werden, kann dem Schreiben nicht genau entnommen werden. Außer bei den Punkten Reinigung und Temperaturkontrolle ist jedoch auch anhand früherer Mängelberichte davon auszugehen, dass erst nach dem 25. Januar 2018 die Einrichtung eines betrieblichen Eigenkontrollsystems diesbezüglich erfolgt ist. Das Gericht sieht angesichts der Zielsetzung des Gesetzes eine dauerhafte betriebliche Eigenkontrolle zum Verbraucherschutz einzuführen, wegen der sich aus den früheren Betriebskontrollen ergebende schwankenden Aufrechterhaltung des zu diesen Zeitpunkt eingeführten betrieblichen Eigenkontrollsystems bei der Reinigung und den Temperaturkontrollen einen Verstoß als gegeben an. Die in unregelmäßigen Abständen auftretenden Mängel (fehlende Reinigung, Frostbrand an eingefrorenen Lebensmitteln, Lebensmittel, die keiner Wareneingangsliste zugeordnet werden können, …) offenbarten auch eine gewisse Ineffektivität des eingerichteten Systems bzw. fehlenden Nachhaltigkeit der Kontrolle der Einhaltung des im betrieblichen Eigenkontrollsystem vorgegebenen Aufgabenspektrums in der Vergangenheit.

Spätestens seit dem 2. Februar 2017 fand eine ausreichende, aktenkundige Beratung des Antragstellers durch das Landratsamt zu den Mindesterfordernissen eines betrieblichen Eigenkontrollsystems statt. Eine Umsetzung und Erweiterung des bestehenden Systems wurde bis zur nächsten lebensmittelrechtlichen Kontrolle am … jedoch nicht vorgenommen. Das Gericht geht daher nach summarischer Prüfung der nach Aktenlage ermittelbaren Kontrollsysteme des Antragstellers davon aus, dass zwar ein Grundsystem eingerichtet war (Reinigungs- und Temperaturkontrollen), das jedoch dem Umfang nach nicht den HACCP-Grundsätzen genügte und nicht konsequent umgesetzt wurde.

Die in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids festgelegte Maßnahme wurde ermessensfehlerfrei getroffen und ist auch verhältnismäßig. Die Ermessensausübung des Antragstellers in seinem Bescheid begegnet keinen Bedenken. Die jahrelang fehlende bzw. unzureichende Einrichtung eines betrieblichen Eigenkontrollsystems kann zu ernsthaften Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Gästegruppen des Antragstellers führen. Durch das Ansteigen der Mängel sowohl in der Anzahl als auch in der Intensität im Laufe der Zeit ergibt sich, dass das teilweise eingerichtete Kontrollsystem nicht in ausreichendem Maße funktionierte und die Korrekturmaßnahmen, falls sie überhaupt angelegt wurden, nicht ausreichend waren. Nach Art. 54 Abs. 1 Satz 2 KontrollVO hat die Behörde bei Anordnung der Maßnahme zu berücksichtigen, welche Art des Verstoßes vorliegt und wie sich das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße gezeigt hat. Bezüglich der Art des Verstoßes ist festzustellen, dass ein Verstoß gegen die Einrichtung eines ausreichenden betrieblichen Eigenkontrollsystems aufgrund der umfassenden Wirkung auf die Verzehrfähigkeit der hergestellten Produkte keinen leichten Verstoß darstellt. Weiter ist festzuhalten, dass die betriebliche Eigenkontrolle seit dem Kontrollbeginn im Jahr 2009 in fast jeder lebensmittelrechtlichen Kontrolle bemängelt wurde und wohl ein Großteil der anderen Mängel darauf zurückzuführen ist, dass ein solches Eigenkontrollsystem zum Teil fehlte bzw. nicht nachhaltig durchgeführt wurde. Das Verhalten des Antragstellers bei Mängeln zeigt auf, dass kleine, leicht behebbare Mängel stets zeitnah und effektiv abgestellt worden sind. Eine gute Kooperation mit dem Antragsgegner liegt diesbezüglich vor. Allerdings ist auch festzuhalten, dass bezüglich der System- und der Dokumentationsmängel, die ggf. eine größere Veränderung im Betriebsablauf erfordern könnten, eine Umsetzung trotz der wenigstens seit dem 2. Februar 2017 bestehender Belehrung, nicht erfolgte. Von daher sieht es das Gericht als ermessensgerecht an, dass die Einrichtung und dauerhafte Aufrechterhaltung eines betrieblichen Eigenkontrollsystems in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet wurde.

Auch die Verhältnismäßigkeit ist gegeben. Der Antragsteller zielt mit seinem Vortrag letztlich darauf ab, dass die Anordnung der Ziff. 1 im streitgegenständlichen Bescheid wegen der von ihm bereits berichteten Umstellung auf ein umfangreiches betriebliches Eigenkontrollsystem nicht erforderlich gewesen sei. Nachdem die Einrichtung erst nach zwei ausführlichen und mehreren kurzen aufeinanderfolgenden lebensmittelrechtlichen Mängelberichten diesbezüglich erfolgte und in Anbetracht der Tatsache, dass der Antragsteller systemische Mängelbeseitigungen in der Vergangenheit nur unzureichend und nicht dauerhaft vornahm, ist kein milderes, jedoch gleich effektives Mittel wie die zwangsgeldbewährte Anordnung in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids zu erkennen.

Es liegt auch ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BasisVO vor. Nach Art. 18 Abs. 1 BasisVO ist die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln in allen Produktionsverarbeitungs- und Vertriebsstufen sicherzustellen. Nach Abs. 2 Satz 1 müssen die Lebensmittelunternehmer in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel (…) erhalten haben. Sie richten hierzu Systeme oder Verfahren ein, mit denen diese Informationen den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitgeteilt werden kann.

Zum Zeitpunkt des 28. Februar 2018 war ein solches System jedenfalls noch nicht vollumfänglich eingerichtet. Der Antragsteller trug hierzu vor, dass er seinen Metzger gebeten habe, bei zukünftigen Lieferungen genauere Informationen auf den Rechnungen und Lieferscheinen anzugeben, um die Rückverfolgbarkeit des selbst hergestellten Rindfleischs und der Wurstwaren sicherzustellen. Die ungekennzeichneten Rindfleischprodukte wurden aus dem für die Verpflegung der Gäste vorgesehenen Bereich entfernt, was die lebensmittelrechtliche Kontrolle am … … … bestätigte. Nach den Angaben in der Antragsschrift könne eine Dokumentation aufgrund der am Hof verfügbaren Daten über die einzelnen Rinder jederzeit erfolgen.

In der Vergangenheit wurden bei diversen Betriebskontrollen jedoch festgestellt, dass wiederholt ungekennzeichnete Lebensmittel in den Kühlvorrichtungen für die Gemeinschaftsverpflegung oder in der Küche aufgefunden wurden. Eine Rückverfolgung über die Vorlage von Lieferscheinen und Rechnungen zu einzelnen Tieren des Hofes konnte vom Antragsteller nicht belegt werden. Wie eine zukünftige Kennzeichnung der Lebensmittel und das System zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit durch alle Produktionsstufen (auch der Schlachtung und nach Wareneingang) sichergestellt wird, wurde vom Antragsteller nicht vorgetragen oder glaubhaft gemacht. Die reinen Angaben, dass die Rückverfolgbarkeit nun sichergestellt sei und der Antragsteller mit dem Metzger gesprochen habe, machen den fehlenden Verstoß zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht glaubhaft.

Auch bezüglich Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden. Hierbei ist bezüglich Ziff. 2 unstrittig, dass ein System zur lückenlosen Rückverfolgung nicht eingerichtet gewesen war, was angesichts der ohne Kennzeichnung eingefrorenen Fleischwaren offensichtlich ist. Die Verhältnismäßigkeit der Anordnung in Ziff. 2 steht nach summarischer Prüfung der Hauptsache nicht in Frage. Hierzu nimmt das Gericht auf die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Ziffer 1, die parallel gesehen werden können, Bezug.

Der Zwangsgeldandrohung in Ziff. 4 stehen keine Bedenken entgegen.

Für das Überwiegen des Vollzugsinteresses spricht auch, dass den durch die Anordnung gesicherten Rechtsgüter, namentlich Leben und Gesundheit der Gäste des Antragstellers, ein weit höherer Wert in der Abwägung beizumessen ist, als die entgegenstehenden Interessen des Antragstellers bis zur Entscheidung in der Hauptsache das bisherige, von der Antragsgegnerin als lückenhaft angesehene, Kontrollsystem beizubehalten.

Die Kostenverteilung erfolgte nach § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.