Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Feb. 2015 - M 18 E 14.5018

09.02.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nach seinen Angaben am ... 1998 geborene, aus Eritrea stammende Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin am ... November 2014 vorläufig in Schutzgewahrsam genommen und im Haus ... der Aufnahmeeinrichtung ... untergebracht.

Nach einem mit Hilfe eines Dolmetschers geführten Gespräch mit Fachkräften der Antragsgegnerin zur Altersfeststellung des Antragstellers am ... November 2014 kamen diese zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nicht mehr minderjährig sei. Die Inobhutnahme wurde daher am gleichen Tage beendet. Dies wurde dem Antragsteller mitgeteilt. Sein Geburtsdatum wurde fiktiv auf den ... 1995 festgesetzt.

Der Sozialdienst der ... bat am ... November und ... November 2014 die Antragsgegnerin um nochmalige Überprüfung des Alters, da der Antragsteller den Dolmetscher in dem Gespräch am ... November 2011 nicht richtig verstanden und in einem mit einem anderen Dolmetscher in seiner Muttersprache geführten Gespräch seine Minderjährigkeit bestätigt habe. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit der Begründung ab, dass der Antragsteller in den jeweiligen Gesprächen widersprüchliche Angaben gemacht habe.

Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung wurde bei dem Antragsteller eine ansteckende Hepatitis B festgestellt.

Mit Telefax vom 7. November 2014 erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den die Inobhutnahme beendenden Bescheid der Antragsgegnerin vom ... November 2011 (Az: M 18 K 14.5019) und beantragte ferner,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller bis zur endgültigen Klärung seines Alters im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei unzulässigerweise ohne medizinische Untersuchung für volljährig geschätzt worden. Durch die Unterbringung in einer Erwachseneneinrichtung sei eine Kindeswohlgefährdung zu besorgen.

Die Antragsgegnerin wies im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. Januar 2015 darauf hin, dass der Antragsteller aus der ... entwichen oder durch die Regierung von Oberbayern weiter verteilt worden sei. Er befinde sich damit nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich. Im Übrigen sei das Alterseinschätzungsverfahren der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden und entspreche den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter.

Auf Anfrage des Gerichts vom 22. Januar 2015 teilte der Bevollmächtige des Antragstellers mit Schreiben vom 29. Januar 2015 mit, dass ihm der Aufenthalt des Antragstellers nicht bekannt sei.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015,

den Antrag abzulehnen.

Sie verwies auf das Vorbringen in der noch anhängigen Hauptsache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte aus diesem Verfahren, dem Verfahren M 18 K 14.5019 sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, da der Antragsteller nicht entsprechend § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß bezeichnet ist.

Nach dieser Vorschrift muss die Klage - und entsprechend ein Antrag nach § 123 VwGO - die Parteien und den Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens enthalten. Neben dem Namen des Antragstellers setzt ein ordnungsgemäßer Antrag auch die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift voraus (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999, 1 C 24/97). Dies ist die Anschrift, unter der der Antragsteller tatsächlich zu erreichen ist.

Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ist auch dann nicht entbehrlich, wenn ein Antragsteller durch einen Bevollmächtigten vertreten ist, an den Zustellungen bewirkt werden können (Eyermann, VwGO, 13. Auflage, § 82, RdNr. 3).

Vorliegend ist der Antragsteller aus der Einrichtung entwichen. Sein Bevollmächtigter hat mitgeteilt, dass auch ihm sein Aufenthaltsort nicht bekannt ist. Auf die Aufforderung, eine ladungsfähige Anschrift des Antragstellers beizubringen, konnte daher verzichtet werden. Dafür, dass die ladungsfähige Anschrift ausnahmsweise entbehrlich sein sollte, gibt es keine Anhaltspunkte, zumal das Antragsbegehren abhängig ist vom tatsächlichen Aufenthalt des Antragstellers.

Mangels aktueller ladungsfähiger Anschrift des Antragstellers ist der Antrag im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts unvollständig und als unzulässig abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 82


(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Wid

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(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.