Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 1.851 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ihre Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer.

Die Antragstellerin ist mit ihren zwei Geschwistern Miteigentümerin einer Wohnung im Anwesen ...-Straße 11 in ... Dass die Wohnung im Miteigentum der Antragstellerin und ihrer beiden Geschwister steht, wurde der Antragsgegnerin mit Schreiben des Vaters der Antragstellerin vom 12. Juli 2010 mitgeteilt und gleichzeitig erklärt, dass eine schriftliche Vereinbarung über die Überlassung an den Bruder nicht bestehe. Im Zeitraum Februar 2006 bis Oktober 2013 war die Antragstellerin nicht mit ihrer Hauptwohnung in o.g. Anwesen gemeldet. Die Wohnung wurde in diesem Zeitraum nach insoweit unbestrittenen Feststellungen der Antragsgegnerin wie folgt genutzt:

- Februar 2006 bis August 2006: Überlassung an den Vater der Antragstellerin ohne Vergütung.

- September 2006 bis August 2008: Überlassung an den miteigentumsberechtigten Bruder der Antragstellerin als Hauptwohnung ohne Vergütung.

- September 2008 bis August 2009: Überlassung an den miteigentumsberechtigten Bruder der Antragstellerin als Nebenwohnung ohne Vergütung.

- September 2009 bis Dezember 2011: Überlassung an den miteigentumsberechtigten Bruder der Antragstellerin als Hauptwohnung ohne Vergütung.

- Januar 2012: keine Nutzung

- Februar 2012 bis Oktober 2013: Überlassung an die miteigentumsberechtigte Schwester der Antragstellerin als Hauptwohnung ohne Vergütung.

- Ab Mitte Oktober 2013: Nutzung der Wohnung durch die Antragstellerin als Hauptwohnung.

Die Antragsgegnerin erhebt eine Zweitwohnungsteuer aufgrund ihrer Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer vom ... Dezember 2006 (Zweitwohnungsteuersatzung -ZwStS-).

Für die Zeiträume Februar 2006 bis August 2006 und September 2008 bis August 2009 wurde bereits der Bruder der Antragstellerin mit Bescheid vom ... November 2010, geändert durch Bescheid vom ... Juni 2012 als Gesamtschuldner für die volle Zweitwohnungsteuer in Anspruch genommen, nachdem der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. August 2008 dessen Miteigentümerstellung mitgeteilt wurde.

Nach vorheriger Anhörung veranlagte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Bescheid vom ... Juni 2013 zur Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2006 ab 1. September 2006 in Höhe von 263 Euro, für das Jahr 2007 in Höhe von 790 Euro, für das Jahr 2008 bis 31. August 2008 in Höhe von 601 Euro, für das Jahr 2009 ab 1. September 2009 in Höhe von 300 Euro, für das Jahr 2010, 2011 und 2013 jeweils in Höhe von 902 Euro und für das Jahr 2012 in Höhe von 940 Euro als Gesamtschuldnerin. Es wurde festgesetzt, dass die für das Jahr 2013 festgesetzte Steuer in Höhe von 902 Euro auch für die Folgejahre gilt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass jedem Eigentümer grundsätzlich ein Verfügungsrecht obliege, so dass für Zeiträume, in denen eine Wohnung nicht als Hauptwohnung genutzt werde, Zweitwohnungsteuerpflicht bestehe. Mitinhaber könnten auch dann zur Zweitwohnungsteuer herangezogen werden, wenn ein Inhaber die Wohnung als Hauptwohnung nutze. In derartigen Konstellationen, in denen nicht alle Mitinhaber zweitwohnungsteuerpflichtig seien, sei bei der Ermittlung der Steuerhöhe aus Billigkeitsgründen die Nettokaltmiete nach der Anzahl der Wohnungsinhaber aufgeteilt worden.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin durch Schreiben ihres bevollmächtigten Vaters vom 1. Juli 2013 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Verfügungsrecht jedenfalls dann nicht bestehe, wenn die Überlassung an den Miteigentümer mit den für ein Mietverhältnis üblichen Maßgaben erfolgt sei, die dem Nutzer ein ausschließliches Verfügungsrecht an der Wohnung einräumten. So sei es vorliegend. Von September 2006 bis Dezember 2011 sei die Wohnung mit Ausnahme des Zeitraums September 2008 bis August 2009 vom Bruder der Antragstellerin, seit Januar 2012 von ihrer Schwester als Hauptwohnung genutzt worden. Ein Nutzungsrecht der Geschwister sei ausgeschlossen gewesen. Dem Schreiben waren zwei Vereinbarungen beigefügt, datiert vom 6. September 2009 bzw. vom 18. Dezember 2011, in denen die unentgeltliche Überlassung der Wohnung an den Bruder bzw. die Schwester der Antragstellerin geregelt sind.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2013 wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Zweitwohnungsteuerbescheids abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Zweifel an der formellen oder materiellen Rechtmäßigkeit des Zweitwohnungsteuerbescheides nicht ersichtlich seien. Die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch die Miteigentümer sei nicht ausschlaggebend. Entscheidend für das Innehaben sei die Möglichkeit der Nutzung mit dem Recht, über die Verwendung der Wohnung entscheiden zu können. Dieses Verfügungsrecht sei nicht durch die vorgelegten Vereinbarungen ausgeschlossen. Bei Verträgen zwischen Angehörigen sei es geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen strenge Anforderungen zu stellen. Die steuerliche Anerkennung setze eine ernsthafte, klare und eindeutige Vereinbarung voraus, die vor Beginn des Leistungsaustausches in rechtswirksamer Weise abgeschlossen und entsprechend des Vereinbarten durchgeführt werden. Sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung müssten dem zwischen Fremden üblichen entsprechen. Diese Kriterien seien auf die Aufwandsbesteuerung, hier die Zweitwohnungsteuer, anwendbar. Die Vereinbarung vom 6. September 2009 sei nicht vor Beginn des Leistungsaustausches vom 1. September 2006 abgeschlossen worden. Die Gestaltung halte auch nicht einem Drittvergleich stand. Es fehle an einer klaren und eindeutig vereinbarten Miete, die als Gegenleistung zur Gebrauchsüberlassung zu zahlen wäre. Ein derartiger Vertrag mit fremden Dritten wäre zwar grundsätzlich möglich, entspräche jedoch nicht der Regel, wäre ungewöhnlich und ein reiner Gefälligkeitsdienst. Ein Vertrag ohne festgelegte Miete würde üblicherweise nicht mit einem Fremden abgeschlossen. Die rechtliche Verfügungsgewalt sei daher nicht in zweitwohnungsteuerrechtlich relevanter Weise abgegeben worden. Auch eine unbillige Härte sei nicht anzunehmen.

Mit Widerspruchsbescheid der Regierung ... vom ... Dezember 2013 wurde der Widerspruch der Antragstellerin zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Dezember 2013 hat die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Abgabenbescheid vom ... Juni 2013 in Form des Widerspruchsbescheids der Regierung ... aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre. In 2013 hätte deshalb keine Steuer für die Jahre bis einschließlich 2008 mehr festgesetzt werden können. Auf Art 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b cc) KAG könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Mit dieser Bestimmung solle ausschließlich erreicht werden, dass in Fällen, in denen bei Entstehung der Steuer deren Höhe nicht genau zu beziffern sei, hinausgeschoben werde. Solche tatsächlichen Gründe lägen nicht vor. Auf die Unkenntnis von anspruchsbegründenden Tatsachen komme es nicht an. Im Übrigen seien die Eigentumsverhältnisse bereits 2008 erklärt worden. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2008 belege, dass sie von mehreren Eigentümern Kenntnis gehabt habe, wenn auch die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse nicht völlig korrekt dargestellt worden seien. Sie habe daher spätestens ab 2008 die Möglichkeit gehabt, Miteigentümer in Anspruch zu nehmen. Es sei unstreitig, dass die betroffene Wohnung nicht mehreren oder allen Miteigentümern zeitgleich zur Verfügung gestanden habe; sie habe auch nur ein Schlafzimmer. Trotzdem wolle die Antragsgegnerin aus der bloßen Tatsache des Miteigentums eine Verfügungsbefugnis konstruieren, die durch eine Vereinbarung ausgeschlossen gewesen sein müsste, an deren Inhalt ungerechtfertigte Anforderungen gestellt würden. Die Beteiligten hätten eine Vereinbarung und Bestätigung vorgelegt, nach der die Wohnung nur von einem Miteigentümer bewohnt worden sei. Diese Vereinbarung sei von den Beteiligten später erneuert und ausführlicher formuliert worden. Damit würden aber nur die tatsächlichen Verhältnisse bestätigt. Maßgeblich sei, dass sich die Beteiligten nachvollziehbar über die ausschließliche Nutzung durch einen Miteigentümer einig gewesen seien. Sie hätten diese Einigung ergänzt durch die Vereinbarung gesetzlicher Kündigungsfristen etc., die einem üblichen Mietverhältnis entsprächen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin solle diese nicht genügen, weil kein Mietzins bezahlt werde. Dies entspreche in keiner Weise dem Zweck der Zweitwohnungsteuer. In keinem Fall könne von einem Miteigentümer Zweitwohnungsteuer erhoben werden, der sowohl rechtlich als auch tatsächlich daran gehindert sei, sein Miteigentum selbst zu bewohnen.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin erneut, die Vollziehung des Abgabenbescheids bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens auszusetzen. Mit Schreiben vom 9. Januar 2014 teilte die Antragsgegnerin hierzu mit, dass sie, nachdem keine neuen Argumente vorgebracht worden seien, an ihrer ablehnenden Entscheidung vom ... August 2013 festhalte. Bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts werde von Beitreibungsmaßnahmen abgesehen. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass weiterhin Säumniszuschläge anfielen.

Mit Änderungsbescheid vom ... Januar 2014 wurde die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2013 ab 1. November 2013 sowie für das Jahr 2014 und Folgejahre auf Null Euro festgesetzt, nachdem die Antragstellerin zum 17. Oktober 2013 die Wohnung als Hauptwohnung angemeldet hatte.

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2014 hat die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. Dezember 2013 anzuordnen.

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Die Antragsgegnerin habe die Aussetzung der Vollziehung im Schreiben vom 9. Januar 2014 abgelehnt.

Mit Schreiben vom 24. Januar 2014 hat die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bescheid sei rechtmäßig. Entscheidendes Merkmal für die Zweitwohnungsteuerpflicht sei das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung zur persönlichen Lebensführung bzw. zur Lebensführung von Familienangehörigen. Die Hauptwohnung der Antragstellerin habe sich im Besteuerungszeitraum in der ...-Gasse 7 in ... sowie in der ...str. 13 und ...str. 15 in ... befunden. Darüber hinaus sei die Antragstellerin Miteigentümerin einer Wohnung in der ...-Str. 11 in .... Dadurch sei der steuerbegründende Tatbestand des Innehabens erfüllt. Durch die Verträge vom 6. September 2009 und 18. Dezember 2011 sei das Verfügungsrecht der Antragstellerin zweitwohnungsteuerrechtlich nicht ausgeschlossen worden. Diese genügten nicht den Anforderungen einer steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen Familienangehörigen. Mit Schreiben vom 7. Februar 2011 sei angegeben worden, dass der Vater bzw. der Bruder der Antragstellerin die Wohnung ohne Vereinbarung genutzt habe. Die dem Schreiben beigefügte Bestätigung/Vereinbarung vom 31. Januar 2011 habe dies lediglich bestätigt. Erstmals mit Schreiben vom 1. Juli 2013 seien Vereinbarungen bzgl. der Wohnraumüberlassung der Eigentümer vorgelegt worden. Die auf den 6. September 2009 datierte Vereinbarung stehe im Widerspruch zu den vorherigen Ausführungen. Zu der Vereinbarung, datiert auf den 18. Dezember 2011, habe es im Schreiben vom 18. Juli 2012 ebenfalls keine Ausführungen gegeben. Vielmehr werde in dem Schreiben vorgebracht, dass die Nutzungen der Bestätigung vom 31. Januar 2011 entsprächen und darüber hinaus gehende Nutzungsvereinbarungen von der Rechtsprechung nicht gefordert würden. Erst nachdem die Regierung ... den Widerspruch zurückgewiesen habe, seien die Vereinbarungen der Eigentümer vorgelegt worden. Aus diesen Gründen bestünden Zweifel, ob die Vereinbarungen schon vor Beginn des Leistungsaustausches abgeschlossen worden seien. Weiterhin seien die Vereinbarungen inhaltlich insbesondere bzgl. der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung im Hinblick auf den Fremdvergleich unüblich. Dass die Antragstellerin die Wohnung nicht selbst bewohnt und auch keinen Schlüssel zu dieser gehabt habe, führe nicht dazu, dass sie das Verfügungsrecht in zweitwohnungsteuerrechtlich erheblicher Weise abgegeben hätte. Auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch die Antragstellerin komme es nicht an. Entscheidend sei die Nutzungsmöglichkeit und das Recht, über die Verwendung der Wohnung entscheiden zu können. Mit dem auf dem Eigentumsrecht basierenden Verfügungsrecht habe die Antragstellerin jederzeit die tatsächliche Verfügungsgewalt von den anderen Miteigentümern einfordern können. Sie habe ihr Verfügungsrecht dahingehend ausgeübt, ihrem Bruder bzw. ihrer Schwester zu deren persönlicher Lebensführung zu überlassen. Dass die Miteigentümer teilweise mit Hauptwohnung gemeldet gewesen seien, habe auf die Zweitwohnungsteuerpflicht der Antragstellerin keinen Einfluss. Die Festsetzungsverjährung für die Jahre 2006 bis 2008 sei nicht eingetreten. Die Frist beginne erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Berechnung möglich sei. Abgabeschuldner seien verpflichtet, das Innehaben einer Zweitwohnung anzuzeigen. Werde dieser Anzeigepflicht nicht genügt, beginne die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die Antragsgegnerin von der Erfüllung des Tatbestands erfahre bzw. ohne besondere Schwierigkeiten den Sachverhalt selbst feststellen könne. Nach Ansicht des VG München sei dies sogar erst nach Eingang der vollständig ausgefüllten Zweitwohnungsteuererklärung der Fall, da erst ab diesem Zeitpunkt die Berechnungsgrundlagen bekannt seien. Mit Schreiben vom 18. August 2008 sei vom Vater der Antragstellerin lediglich erklärt worden, dass die Wohnung von seinem Sohn bewohnt werde und dieser Miteigentümer sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Hinweise gegeben, dass andere Personen Miteigentümer sein könnten und wurden infolge des Schreibens vom 20. Oktober 2008 auch nicht mitgeteilt. Erst im Jahr 2010 habe die Antragsgegnerin erstmals Kenntnis erlangt, dass die Antragstellerin die Wohnung als Miteigentümerin innehabe und einem anderen unentgeltlich überlasse.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Soweit sich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf die Zeiträume bezieht, für die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom ... Januar 2014 die Zweitwohnungsteuer auf Null festgesetzt hat, ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Im Übrigen ist der Antrag zulässig. Er ist insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO statthaft, da die grundsätzlich mit der Klage verbundene aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO im vorliegenden Fall der Anforderung einer öffentlichen Abgabe kraft Gesetzes entfällt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 1. Juli und 19. Dezember 2013 den nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde gestellt. Die Antragsgegnerin hat die Aussetzungsanträge mit Bescheiden vom ... August 2013 und ... Januar 2014 abgelehnt.

Zwar hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom ... Januar 2014 die Vollstreckung bis zur Entscheidung des Gerichts ausgesetzt. Dadurch ist jedoch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entfallen. Denn bei einem - hier vorliegenden - bloßen Vollstreckungsaufschub fallen weiterhin Säumniszuschläge nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b) dd) Kommunalabgabengesetz -KAG- i. V. m. § 240 Abgabenordnung -AO- an. Anders ist dies im Fall der Aussetzung der Vollziehung, da auch der Anfall von Säumniszuschlägen als Vollziehung gilt (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Stand: Dezember 2013, § 240 AO Rn. 23 f.). Nur durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wäre der Antragsteller vor dem Anfall weiterer Säumniszuschläge geschützt.

2. Der insoweit zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist unbegründet.

Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Dies ist in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung bestehen weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zweitwohnungsteuerbescheides vom ... Juni 2013 noch Anhaltspunkte für eine unbillige Härte der Vollziehung.

a) Rechtsgrundlage für die Steuererhebung durch die Antragsgegnerin ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der ... vom ... Dezember 2006. Hinsichtlich der Gültigkeit der Zweitwohnungsteuersatzung bestehen weder Bedenken noch wurden Einwände vorgetragen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht haben diese in mehreren Entscheidungen nicht beanstandet (BayVGH, B.v. 17.3.2009 - 4 CS 09.25 - juris; B.v. 15.10.2009 - 4 ZB 09.521 - juris; B.v. 28.9.2009 - 4 ZB 09.923 - juris; BVerfG, B.v. 17.2.2010 - 1 BvR 2664/09 - BayVBl 2010, 535 ff.).

b) Die Antragstellerin ist auf der Grundlage der Zweitwohnungsteuersatzung der Antragsgegnerin zu Recht zur Zweitwohnungsteuer herangezogen worden.

Ein steuerbarer Gegenstand gemäß §§ 1, 2 Abs. 1, Abs. 2 ZwStS liegt vor, da die Antragstellerin eine Zweitwohnung (...-Str. 11) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin während des Zeitraums vom Februar 2006 bis Oktober 2013 neben ihren Hauptwohnungen ...-Gasse 7 in ... sowie in der ...str. 13 und ...str. 15 in ... inne hatte.

Die Wohnung in der ...-Str. 11 ist auch als Zweitwohnung der Antragstellerin im Sinne des § 2 Abs. 2 ZwStS einzustufen. Zweitwohnung ist nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ZwStS jede Wohnung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat.

Für das Merkmal des Innehabens kommt es auf die tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis an. Ausreichend ist, dass die Wohnung für den Zweck der Selbstnutzung oder Nutzung für Familienangehörige bereitgehalten wird. Auf ein tatsächliches Bewohnen kommt es nicht an (BayVGH, U.v. 10.12.2008 - 4 BV 07.1980 - juris Rn. 20).

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin der Wohnung in der ...-Str. 11 im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Ihr steht damit das aus der Miteigentümerstellung herrührende Verfügungs- und Nutzungsrecht zu, ohne dass dieses Recht dinglich, etwa durch Bestellung eines Nießbrauchsrechts, beschränkt oder ausgeschlossen wäre. Der von der Antragstellerin vorgetragene Umstand, dass sie selbst während des Veranlagungszeitraums die Wohnung nicht bewohnte, sondern dort der Vater, der Bruder bzw. die Schwester alleine wohnte und eine gemeinsame Nutzung aufgrund der Räumlichkeiten nicht möglich wäre, ist nicht geeignet, das Merkmal des Innehabens der Wohnung durch die Antragstellerin zu verneinen. Denn die Antragstellerin hat von ihrem aus der Miteigentümerstellung herrührenden Verfügungs- und Nutzungsrecht im Zeitraum von Februar 2006 bis Oktober 2013 vorliegend in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie die Wohnung einem Familienangehörigen zu dessen persönlicher Lebensführung überlassen hat. Die Nutzung durch einen Familienangehörigen ist für das Innehaben einer Wohnung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 ZwStS aber ausreichend.

Auf die Frage, ob die Antragstellerin ihren Familienangehörigen die Wohnung rein tatsächlich oder aufgrund einer schuldrechtlichen vertraglichen Vereinbarung unentgeltlich überlassen hat, kommt es nicht an. Denn auch durch eine vertragliche Vereinbarung zur unentgeltlichen Überlassung hätte sich die Antragstellerin ihrer Verfügungsmacht nicht in zweitwohnungsteuerrechtlich erheblicher Weise begeben:

Grundsätzlich dürfen zwar auch Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander in einer für sie steuerlich möglichst günstigen Weise regeln. Die steuerliche Anerkennung von Vertragsvereinbarungen setzt aber eine ernsthafte, klare und eindeutige Vereinbarung voraus, die vor Beginn des Leistungsaustausches in rechtswirksamer Weise abgeschlossen wurde und entsprechend des Vereinbarten auch durchgeführt wird. Sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (BFH, U.v. 31.7.2007 - IX R 8/07 - BHF/NV 2008, 350 unter Hinweis auf § 85, § 88 AO). Dieser sogenannte Fremdvergleich findet auch im Rahmen der Besteuerung nach der Zweitwohnungsteuersatzung Anwendung (BayVGH, U.v. 5.8.2011 - 4 BV 10.1509 - juris Rn. 21).

Diesen Kriterien werden vertragliche Vereinbarungen, die eine unentgeltliche Überlassung ohne Gegenleistung vorsehen, nicht gerecht. Sie halten insbesondere einem Fremdvergleich nicht stand, da die Überlassung einer Wohnung an einen fremden Dritten ohne Vereinbarung eines Mietzinses unüblich wäre. Derartige vertragliche Vereinbarungen schließen daher das Verfügungs- und Nutzungsrecht nicht in zweitwohnungsteuerrechtlich erheblicher Weise aus. Die auf den 6. September 2009 datierte Vereinbarung wurde im vorliegenden Fall darüber hinaus erst nach Beginn des Leistungsaustauschs abgeschlossen. Zudem bestehen Zweifel, ob die Vereinbarung tatsächlich zu dem angegebenen Datum abgeschlossen wurde, nachdem mit Schreiben vom 12. Juli 2010 und 7. Februar 2011 zunächst mitgeteilt wurde, dass die Nutzung durch den Vater und den Bruder der Antragstellerin gerade ohne Vereinbarung erfolgt sei.

Anders wäre der Fall nur dann zu beurteilen, wenn die Antragstellerin die Wohnung als reine Kapitalanlage vorgehalten hätte. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1995 - 8 C 40/93 - BVerwGE 99, 303) darf nur der konsumtive Aufwand Gegenstand der Besteuerung sein. Deshalb scheiden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die diesen Zwecken nicht dienen, sondern von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobilienbesitzes - also ausschließlich zur Einkommenserzielung - gehalten werden. Vorliegend hat die Antragstellerin jedoch, obwohl sie berechtigt gewesen wäre, die Früchte aus ihrem Miteigentumsanteil zu ziehen, die Wohnung unentgeltlich einem Familienangehörigen zu dessen persönlicher Lebensführung überlassen und damit gerade konsumtiven Aufwand getrieben. Die Wohnung diente somit nicht der Einkommenserzielung.

Der Heranziehung der Antragstellerin zur Zweitwohnungsteuer steht auch nicht entgegen, dass die Zweitwohnung im steuerbaren Zeitraum von ihren Angehörigen zum Teil als Hauptwohnung genutzt wurde. Eine Zweitwohnungsteuer kann auch dann anfallen, wenn die verfahrensgegenständliche Wohnung bei einer Personenmehrheit von Eigentümern und Nutzungsberechtigten von einem der Wohnungsinhaber als Hauptwohnung genutzt wird (BayVGH, U.v. 5.8.2011 - 4 BV 10.1509 - juris).

c) Die Steuer ist auch der Höhe nach gegenüber der Antragstellerin als Schuldnerin richtig festgesetzt worden (§§ 3 bis 6 ZwStS). Einwände wurden diesbezüglich seitens der Antragstellerin auch nicht vorgebracht. Der Besteuerungszeitraum und das Ende der Steuerpflicht entspricht § 6 Abs. 1, Abs. 3 ZwStS. Zeiten, in denen einer der anderen Miteigentümer die Wohnung als Hauptwohnung genutzt hat, wurden zugunsten der Antragstellerin durch den Ansatz einer um 1/3 niedrigeren Quadratmeterzahl mindernd berücksichtigt.

d) Gegen die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer kann nach summarischer Prüfung keine Festsetzungsverjährung eingewandt werden. Die Festsetzungsfrist ist - auch für die Jahre 2006 bis 2008 - noch nicht abgelaufen.

Die Festsetzungsfrist beträgt im Kommunalabgabenrecht vier Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG, § 169 Abs. 2 Satz 1 AO). Im Regelfall beginnt sie zwar mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Abgabe entstanden ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) KAG, § 170 Abs. 1 AO). Der Anlauf der Festsetzungsfrist wurde jedoch nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) KAG, erster Spiegelstrich, gehemmt. Die Vorschrift sieht vor, dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG i. V. m. §§ 170 ff. AO (vgl. B.v. 28.7.1999 - 23 ZB 99.1553 - juris Rn. 4; U.v. 4.3.1988 - 23 ZB 99.1553 - BayVBl 1989, 17) beginnt die Festsetzungsfrist erst mit dem Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Abgabegläubiger von der Erfüllung des Tatbestandes erfährt, spätestens mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem er ohne besondere Schwierigkeiten den Sachverhalt selbst feststellen kann.

Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin vorliegend entgegen ihrer Verpflichtung nach § 8 Abs. 1 ZwStS nicht angezeigt, dass sie Inhaberin einer Zweitwohnung in der...-Str. 11 ist. Die Antragsgegnerin hat nach Aktenlage hiervon erst im Jahr 2010 aufgrund des Schreibens des Vaters der Antragstellerin vom 12. Juli 2010 Kenntnis erlangt. Eine Kenntnis der Antragsgegnerin von der Miteigentümerstellung der Antragstellerin bereits im Jahr 2008 aufgrund des Schreibens vom 18. August 2008 kann nicht angenommen werden. Darin wurde lediglich mitgeteilt, dass der Bruder der Antragstellerin Miteigentümer ist. Auf ein hierauf ergangenes Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2008, aus dem hervorgeht, dass die Antragsgegnerin nunmehr von der Miteigentümerschaft des Vaters und des Bruders der Antragstellerin ausgeht, erfolgte keine Klarstellung der wahren Eigentumsverhältnisse. Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, aufgrund der Mitteilung der Miteigentümerstellung des Bruders der Antragstellerin nachzuforschen, ob es neben den angegebenen noch weitere Miteigentümer der Wohnung gibt. Hierfür bestanden keine Anhaltspunkte. Im Übrigen soll gerade die Anzeigepflicht verwaltungsaufwändige Nachforschungen vermeiden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 3.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 30.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen. Danach beträgt der Streitwert 1/4 des für das Hauptsachverfahren anzunehmenden Streitwertes in Höhe von 7.404 Euro.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Feb. 2014 - M 10 S 14.153

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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zweitwohnungsteuerpflicht eines Beamten mit Residenzpflicht in der Landeshauptstadt München.

I.

2

Der Beschwerdeführer ist Vollzugsbeamter der Polizei. Er ist ledig und in X. mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet. Dort lebt er bei seiner Mutter. In München befindet sich die Dienststelle des Beschwerdeführers. Durch Anordnung seines Dienstherrn wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, im Bereich des Münchner Verkehrsverbundes einen Wohnsitz zu begründen. Seit Dezember 1998 hat der Beschwerdeführer eine Nebenwohnung in München angemeldet.

3

Die Stadt München erließ mit Inkrafttreten zum 1. Februar 2006 eine "Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Landeshauptstadt München (Zweitwohnungsteuersatzung -ZwStS-)". Diese regelt auszugsweise:

4

§ 1 Steuergegenstand

5

Die Landeshauptstadt München erhebt eine Zweitwohnungsteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet.

6

§ 2 Begriff der Zweitwohnung

7

(1) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die melderechtlich als Nebenwohnung erfasst ist. (…)

8

(2) Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die melderechtlich als Nebenwohnung erfasst ist. Zweitwohnung ist weiterhin jede Wohnung im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. (…)

9

(3) Als Zweitwohnungen gelten nicht,

10

(…)

11

3. Wohnungen, die verheiratete und nicht dauernd getrennt lebende Personen aus beruflichen Gründen in der Landeshauptstadt München innehaben, wenn sich die Hauptwohnung der Eheleute außerhalb der Landeshauptstadt München befindet. (…)

12

§ 8 Anzeigepflicht

13

(1) Wer Inhaber einer Zweitwohnung ist bzw. wird oder eine Zweitwohnung aufgibt, hat dies der Landeshauptstadt München innerhalb eines Monats schriftlich anzuzeigen. Die Anmeldung oder Abmeldung von Personen nach dem Bayerischen Meldegesetz gilt als Anzeige im Sinne dieser Vorschrift.

14

(2) Die Inhaber einer Zweitwohnung sind verpflichtet, der Landeshauptstadt München für die Höhe der Steuer maßgebliche Veränderungen unverzüglich zu melden und über den Umfang dieser Veränderungen auf Verlangen - auch unter Vorlage entsprechender Unterlagen - Auskunft zu erteilen.

15

(…)

16

§ 10 Mitwirkungspflichten

17

Die Mitwirkungspflichten Dritter, insbesondere desjenigen, der dem Steuerpflichtigen die Wohnung überlassen oder ihm die Nutzung gestattet hat - z.B. des Vermieters, des Eigentümers des Grundstücks oder der Wohnung oder des Hausverwalters nach §§ 20 ff. des Wohnungseigentumsgesetzes - ergeben sich aus § 93 AO.

18

Das bayerische Kommunalabgabengesetz (Bay-KAG) bestimmt auszugsweise:

19

Art. 13 Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung

20

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

21

(…)

22

3. aus dem Dritten Teil - Allgemeine Verfahrensvorschriften -

23

a) über die Verfahrensgrundsätze:

24

(…) §§ 85 bis 93, (…) §§ 97, 98, § 99 mit der Maßgabe, dass im Kurbeitragsrecht von einer vorhergehenden Verständigung des Betroffenen abgesehen werden kann, § 101 Abs. 1, §§ 102 bis 109 (…)

25

Das bayerische Gesetz über das Meldewesen (Meldegesetz vom 8. Dezember 2006, GVBl 2006, S. 990 - Bay-MeldeG -), bestimmt zur Meldepflicht bei mehreren Wohnungen auszugsweise Folgendes:

26

Art. 15 Mehrere Wohnungen

27

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

28

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Auf Antrag eines Einwohners, der in einer Einrichtung für behinderte Menschen untergebracht ist, bleibt die Wohnung nach Satz 3 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres seine Hauptwohnung. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt. Kann der Wohnungsstatus eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners nach den Sätzen 2 und 5 nicht zweifelsfrei bestimmt werden, ist die Hauptwohnung die Wohnung nach Satz 1.

29

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners.

30

(4) Der Einwohner hat bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen er hat und welche seine Hauptwohnung ist. Er hat der Meldebehörde der neuen Hauptwohnung jede Änderung der Hauptwohnung mitzuteilen.

31

Art. 28 Datenübermittlungen an andere Behörden oder sonstige öffentliche Stellen

32

(1) Die Meldebehörde darf einer anderen Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle im Inland aus dem Melderegister folgende Daten von Einwohnern übermitteln, soweit dies zur Erfüllung von in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist:

33

1. Familiennamen,

34

2. frühere Namen,

35

3. Vornamen,

36

(…)

37

10. gegenwärtige und frühere Anschriften, Haupt- und Nebenwohnung, bei Zuzug aus dem Ausland auch die letzte frühere Anschrift im Inland,

38

11. Tag des Ein- und Auszugs,

39

(…)

40

Die Stadt München setzte mit Bescheid vom 26. Juni 2007 Zweitwohnung-steuer gegen den Beschwerdeführer für 2006 in Höhe von 199 €, für die Folgejahre in Höhe von 282 € fest. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.

41

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte die Zulassung der Berufung ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestünden nicht. Auf die berufliche Veranlassung dürfe bei der Prüfung der Steuerpflicht nach der Zweitwohnungsteuer nicht abgestellt werden, deshalb sei es rechtlich unerheblich, ob der Beschwerdeführer durch eine Residenzpflicht zur Anmietung einer Wohnung in München gezwungen sei. Entscheide der Beschwerdeführer sich, seinen Lebensmittelpunkt an einem anderen Ort als dem Ort der Dienstpflicht beizubehalten, so entstehe ihm ein Aufwand, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfes hinausgehe. Die steuerrechtlichen Konsequenzen aus dieser Entscheidung müsse der Beschwerdeführer dann tragen. Mangels substantiierter Darlegung der beanstandeten Verwaltungspraxis könne auch das durch den Beschwerdeführer angenommene Vollzugsdefizit nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens besonderer Schwierigkeiten zur Zulassung der Berufung führen.

II.

42

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG.

43

Der allgemeine Gleichheitssatz werde durch das bei der Zweitwohnungsteuer der Stadt München bestehende Vollzugsdefizit verletzt. Die Stadt führe weder bei einer Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz, noch bei der Abmeldung eines Nebenwohnsitzes Kontrollen durch. Der Gleichheitssatz werde durch eine Regelung des steuerrechtlichen Erhebungsverfahrens, die die Herstellung der Gleichheit im Belastungserfolg prinzipiell verfehle, verletzt. Art. 6 Abs. 1 GG werde dadurch verletzt, dass die Zweitwohnungsteuer festgesetzt werde, obwohl der Beschwerdeführer von seinem Dienstherrn durch Anordnung einer Residenzpflicht gezwungen werde, die Münchner Wohnung aus dienstlichen Gründen zu halten. Es werde hierdurch das Recht des Beschwerdeführers beeinträchtigt, mit seiner Mutter - und damit seiner engsten Familie - zusammen zu leben.

III.

44

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu den Anforderungen an eine Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer, zu der Reichweite des Schutzes der Familie sowie zu den Voraussetzungen für die Annahme eines strukturellen Defizits bei der Steuererhebung sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

45

1. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen des Vorliegens eines Erhebungsdefizits bei der Zweitwohnungsteuer kann nicht festgestellt werden (a). Die Erhebung der Zweitwohnungsteuer verstößt auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil für den Beschwerdeführer eine Residenzpflicht am Ort der Zweitwohnung besteht (b).

46

a) Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Nach dem Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug begründet die in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel im Zusammenwirken mit der zu vollziehenden materiellen Steuernorm deren Verfassungswidrigkeit. Strukturell gegenläufig wirken sich Erhebungsregelungen gegenüber einem Besteuerungstatbestand aus, wenn sie dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Die Frage, ob der Gesetzgeber von ihm erstrebte Ziele - im Steuerrecht die Erzielung von Einnahmen, gegebenenfalls auch Lenkung - faktisch erreicht, ist rechtsstaatlich allein noch nicht entscheidend. Vollzugsmängel, wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, führen allein noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm (vgl. BVerfGE 84, 239 <272>; 110, 94 <112 f.>).

47

Einen solchen Widerspruch zwischen dem normativen Befehl, der Zweitwohnungsteuerpflicht bei dem Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München, und den Regeln über die Festsetzung und Erhebung der Steuer hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht aufgezeigt. Sollte die Erhebung der Zweitwohnungsteuer, wie er geltend macht, bei einem Notar trotz Vorliegens der steuerrechtlichen Voraussetzungen unterblieben sein, so kann daraus mangels weitergehender Anhaltspunkte nicht auf ein strukturell bedingtes Erhebungsdefizit geschlossen werden. Ein Widerspruch zwischen der normierten Steuerpflicht und den Regeln über die Festsetzung und Erhebung der Zweitwohnungsteuer ergibt sich auch nicht aus den maßgeblichen Rechtsvorschriften. So sieht die Steuersatzung neben der reinen Deklarationspflicht des Steuerpflichtigen in § 8 ZwStS weitere Möglichkeiten vor, auch gegen seinen Willen an die erforderlichen Informationen über die Steuerpflicht zu gelangen, und ermöglicht damit Ermittlungs- und Verifikationsbemühungen des Steuergläubigers. Weiterhin ist die formelle Anknüpfung der Zweitwohnungsteuerpflicht an die Meldung eines Nebenwohnsitzes nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS auch durch die Möglichkeit der Erlangung von Daten der Meldebehörde abgesichert (vgl. Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Bay-MeldeG). § 10 ZwStS verweist darüber hinaus auf die Mitwirkungspflicht Dritter im Besteuerungsverfahren nach § 93 AO und die Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden nach § 97 AO; darunter kann auch ein Mietvertrag fallen.

48

Unschädlich in diesem Zusammenhang ist, dass Wohnräume mit Rücksicht auf den Grundrechtsschutz der Wohnung aus Art. 13 GG nach § 99 Abs. 1 Satz 3 AO gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden dürfen. Für die Ermittlung der Zweitwohnungsteuerpflicht wird diese Möglichkeit der Sachverhaltsermittlung - wie im Steuerrecht generell - zumeist nicht greifen (vgl. Brockmeyer, in: Klein, AO, 10. Auflage, 2009, § 99 Rn. 7). Diese Art der Ermittlung vor Ort wäre im Übrigen ohnehin kaum zur Abgrenzung der Hauptwohnung von einer Nebenwohnung geeignet, da das Überwiegen des Aufenthalts an einer von mehreren Wohnungen in aller Regel durch Inaugenscheinnahme der Wohnungen nicht festgestellt werden kann. Ein strukturelles Erhebungsdefizit lassen die Reglungen über die Erhebung der Zweitwohnungsteuer in der Landeshauptstadt München auch mit Rücksicht hierauf jedenfalls nicht erkennen.

49

b) Die Anordnung einer Residenzpflicht für Beamte begründet für die dadurch betroffenen Zweitwohnungsteuerpflichtigen keine gleichheitswidrige Belastung gegenüber jenen Steuerpflichtigen, die keiner solchen Pflicht unterliegen, da die Aufwandsteuer unabhängig von dem Grund und Anlass für den betriebenen Aufwand erhoben wird.

50

Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit treffen. Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre die Erhebung einer Steuer, die nicht an die Entstehung des Einkommens, sondern an dessen Verwendung anknüpft, nicht praktikabel, wenn in jedem Fall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müsste. Ausschlag gebendes Merkmal der Aufwandsteuer ist deshalb der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert und welchen Zwecken er des Näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>). Das Innehaben einer Zweitwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfGE 65, 325 <348>; 114, 316 <334>). Eine solche Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Zweitwohnung selbst bewohnt. Unerheblich für die Einordnung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG ist, dass das Innehaben der Zweitwohnung durch eine Berufsausübung veranlasst wurde und nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts als Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung abzuziehen ist (vgl. BVerfGE 114, 316 <334>).

51

Diese in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärten Grundsätze zum verfassungsrechtlichen Aufwandsbegriff machen deutlich, dass Belastungsgrund für den steuerbaren Aufwand allein der im Konsum bestimmter Güter zum Ausdruck kommende äußere Eindruck einer besonderen Leistungsfähigkeit ist, ohne Rücksicht auf den persönlichen Anlass, den Grund oder das Motiv für den betriebenen Aufwand.

52

2. Der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Bereich der Familie wird durch die Residenzpflicht des Beschwerdeführers am Ort der Zweitwohnung nicht verletzt.

53

a) Art. 6 Abs. 1 GG enthält über die Garantie der Institute von Ehe und Familie hinaus einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot, vgl. BVerfGE 76, 1 <72>; 99, 216 <232>; 114, 316 <333>).

54

In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 (BVerfGE 114, 316) waren kommunale Zweitwohnungsteuersatzungen wegen einer Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden. Gegenstand der Ausgangsverfahren jener Entscheidung war jeweils die Belastung eines erwerbsbedingt begründeten weiteren Haushalts eines Ehegatten mit Zweitwohnungsteuer. Nach den dort maßgeblichen melderechtlichen Vorschriften, auf die die jeweiligen Steuersatzungen für die Bestimmung der Zweitwohnung verwiesen hatten, war zwar generell bei mehreren Wohnungen die vorwiegend bewohnte Wohnung als die Hauptwohnung anzusehen. Im Fall von - nicht dauernd getrennt lebenden - Ehegatten wurde jedoch abweichend von diesem Grundsatz die von der Familie vorwiegend benutzte Wohnung zur Hauptwohnung bestimmt. Dadurch war es ausgeschlossen, die Wohnung am Ort der Beschäftigung des Ehegatten trotz deren vorwiegender Nutzung als Hauptwohnsitz zu betrachten und damit der Belastung durch die Zweitwohnungsteuer am Ort der Beschäftigung zu entgehen. Durch diese Schlechterstellung verheirateter Personen gegenüber nicht verheirateten wurde das eheliche Zusammenleben in verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Weise belastet (vgl. BVerfGE 114, 316 <335 ff.>).

55

Eine solcherart benachteiligende Wirkung des Melderechts auf die Familie liegt im Streitfall indes nicht vor. Auf den vorwiegend noch bei seiner Mutter lebenden Beschwerdeführer sind keine anderen Vorschriften über die Bestimmung der Hauptwohnung bei einem Bewohnen mehrerer Wohnungen anwendbar als dies für andere Personen, die in mehreren Wohnungen wohnen, der Fall ist. Das durch die Steuersatzung in Bezug genommene Melderecht stellt für volljährige Kinder diskriminierungsfrei darauf ab, welche Wohnung vorwiegend benutzt wird. Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers sieht das Melderecht keine Regelung für den - unverheirateten - Beschwerdeführer vor, wonach die Hauptwohnung eine andere Wohnung als die vorwiegend benutzte Wohnung sei (vgl. Art. 15 Bay-MeldeG)

56

b) Die Zweitwohnungsteuer verletzt Art. 6 Abs. 1 GG hier auch nicht, soweit das Grundrecht den Staat als Freiheitsrecht verpflichtet, Eingriffe in die Familie zu unterlassen.

57

Art. 6 Abs. 1 GG berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, müssen aber mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen (vgl. BVerfGE 80, 81 <92>).

58

Einen Eingriff in den Schutzbereich der Familie stellen alle staatlichen Maßnahmen dar, die Ehe und Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 6, 55 <76>; 55, 114 <126 f.>; 81, 1 <6>). Benachteiligungen, die nur in bestimmten Fällen als unbeabsichtigte Nebenfolge einer im Übrigen verfassungsgemäßen Regelung vorkommen, kann der Eingriffscharakter fehlen, solange sich die Maßnahmen nicht als wirtschaftlich einschneidend darstellen (vgl. BVerfGE 6, 55 <77>; 15, 328 <335>; 23, 74 <84>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Dezember 1991 - 1 BvR 1477/90 -, NJW 1992, S. 1093).

59

Die Zweitwohnungsteuer greift auch im Fall der Residenzpflicht des Steuerpflichtigen am Ort der Zweitwohnung nicht in den grundrechtlich geschützten Bereich der Familie ein. Sie belastet zwar den Aufwand für das Innehaben einer nicht vorwiegend benutzten Wohnung eines erwerbsbedingt und wegen einer beamtenrechtlichen Residenzpflicht auswärts tätigen Kindes, das vorwiegend in einer Erstwohnung bei Familienangehörigen wohnt. Diese Besteuerung des für die Zweitwohnung getätigten Aufwands trifft aber weder typischerweise noch sonst in besonderer Weise Familien, sondern in grundsätzlich gleicher Weise alle Personen, die mehrere Wohnsitze innehaben, gleich aus welchem Grund sie den Zweitwohnsitz wählen. Die Zweitwohnungsteuer entfaltet auch keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung der Familie über die Gestaltung ihres Zusammenlebens, sondern vermag lediglich mittelbar durch die zusätzliche finanzielle Belastung für das Innehaben eines auswärtigen Wohnsitzes auf die Entscheidung der Familienmitglieder über ihr Wohnverhalten Einfluss zu nehmen. Jedenfalls solange die Höhe der Zweitwohnungsteuer - wie hier - mit neun Prozent der Kaltmiete keine so erhebliche Belastung begründet, dass sie unabhängig vom Einzelfall einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung über den vorwiegenden Aufenthalt erwarten lässt, entfaltet sie auch keine eingriffsgleiche Wirkung in Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2008 - 1 BvR 3269/07 -, NVwZ-RR 2008, S. 723 <724>).

60

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

61

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.