Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Jan. 2017 - M 1 E1 17.7

25.01.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren als Nachbarn im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Einstellung der Bauarbeiten für die Errichtung einer Doppelhaushälfte durch die Beigeladenen.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 1702/37, die Beigeladenen Eigentümer des angrenzenden Grundstücks FlNr. 1702/36 (beide Gemarkung ...). Im Bebauungsplan „... Mühle“ der Gemeinde A. (Gemeinde) vom 13. Januar 2015 und der ersten Änderungsfassung vom 2. Juni 2016 ist für die beiden Grundstücke unter Nr. 1.3 der Festsetzungen durch Planzeichen als Bauweise „nur Doppelhaus zulässig“ festgesetzt. Nach Nr. 10 der textlichen Festsetzungen in diesem Bebauungsplan sind in diesem Fall einzelne Häuser „profilgleich zu errichten und in ihrer Gestaltung einander anzupassen, so dass der gestalterische Eindruck eines einzelnen Gebäudes entsteht (keine unterschiedlichen Fassaden, Fenster- oder Dachgestaltung)“. In der Plandarstellung zum Bebauungsplan sind an der östlichen Grundstücksgrenze der Beigeladenen (Parzelle-Nr. ...) und an der westlichen Grundstücksgrenze der Antragsteller (Parzelle-Nr. ...) jeweils eine Doppelhaushälfte anzubauen.

Sowohl die Antragsteller als auch die Beigeladenen beantragten im Genehmigungsfreistellungsverfahren am ... August (Antragsteller) und ... Oktober 2016 (Beigeladene) jeweils die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garagen (Antragsteller) bzw. mit Carport (Beigeladene). In den jeweils eingereichten Planunterlagen ist die Errichtung einer Doppelhaushälfte an der oben genannten westlichen bzw. östlichen Grundstücksgrenze dargestellt. Das Landratsamt Berchtesgadener Land (Landratsamt) teilte den Antragstellern und den Beigeladenen mit Schreiben vom 8. September (Antragsteller) und 20. Oktober 2016 (Beigeladene) mit, dass eine Planschrift von der Gemeinde an das Landratsamt weitergereicht worden sei und die Gemeinde nicht erklärt habe, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden solle. Die Beigeladenen zeigten dem Landratsamt am ... November 2016 den Baubeginn zum 21. November 2016 an.

Aufgrund eines Antrags der Antragsteller an das Landratsamt auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladenen vom ... Dezember 2016, den diese im Wesentlichen mit einer Verwendung von unzulässigem Baumaterial zur Gründung der Bodenplatte auf dem Grundstück der Beigeladenen begründeten, forderte das Land-ratsamt die Beigeladenen mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 auf, bis spätestens 9. Januar 2017 Bescheinigungen der ausführenden Firma vorzulegen, worin nachgewiesen werde, dass für ihr Bauvorhaben zugelassene Bauprodukte (z. B. Frostschutzkies) verwendet und die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt würden. Eine Entscheidung des Landratsamts über den Antrag der Antragsteller ist bislang nicht erfolgt.

Die Beigeladenen hatten dem Landratsamt bereits am ... Dezember 2016 ein Schreiben gleichen Datums der Baufirma „M.“ weitergeleitet, wonach vom 22. September bis 4. Oktober 2016 etwa 529 m³ Schotter („Wandkies aus Grube Werk ... in ...“) in einer Stärke von ca. 1,80 m lagenweise eingebaut und verdichtet worden seien. Am ... Januar 2017 übermittelten sie dem Landratsamt zwei Schreiben dieser Baufirma (jeweils vom ... Januar 2017), in denen ergänzend zum Schriftsatz vom ... Dezember 2017 bestätigt wurde, dass das gelieferte und eingebaute Material den gesetzlichen Bestimmungen entspreche und frostschutzsicher sei, ferner die norm- und plangerechte Errichtung der Bodenplatte. Auch die Vorgaben aus den genehmigten Eingabeplänen bezüglich Höhenlage und der Lage im Grundstück würden erfüllt.

Die Antragsteller stellten am ... Januar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung nach § 123 VwGO und beantragen,

den Antragsgegner zu verpflichten, die Einstellung der Bauarbeiten auf dem Grundstück FlNr. 1702/36 vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten vom 1. Dezember 2016 anzuordnen.

Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, es liege ein Anordnungsgrund vor, da das Fertigteilhaus der Beigeladenen in der 4. oder 5. Kalenderwoche 2017 errichtet werden solle. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus einer Verpflichtung des Antragsgegners zum bauaufsichtlichen Einschreiten, da dessen Ermessen wegen der Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme auf Null reduziert sei. Die auf dem Nachbargrundstück verwendeten Baumaterialien widersprächen Art. 15 BayBO. Dadurch werde es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Setzungsschäden an der Bodenplatte bei der Errichtung eines Hauses kommen und infolgedessen zu Schäden an der noch zu errichtenden Trenn- und Schallschutzfuge zwischen den Doppelhäusern, die sich auch auf die ebenfalls noch von den Antragstellern selbst zu errichtende Doppelhaushälfte auswirken und an deren Haus zu Schäden führen werde. Es sei den Antragstellern deshalb nicht möglich, eine Doppelhaushälfte - wie im Bebauungsplan vorgeschrieben - zu errichten, ohne dass es zu Schäden an ihrer Doppelhaushälfte kommen werde. Die Bodenplatte werde auch entgegen des Eingabeplans so weit von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt gebaut, dass eine Trenn- und Schallschutzfuge ohne Schimmelbildung nach den anerkannten Regeln der Baukunst nicht mehr möglich sei, da das Haus der Beigeladenen ohne ausreichende Wärmedämmung geplant sei und so auch ausgeführt werden solle. Dadurch drohten den Antragstellern Vermögensschäden. Dem Antrag lagen Schreiben an das Landratsamt vom ... und ... Dezember 2016 zur weiteren Begründung bei. Auf diese wird Bezug genommen. Insbesondere wird darin vorgetragen, die Oberkante des Rohbodens bei dem Bauvorhaben der Beigeladenen liege zu hoch, weshalb auf dem Nachbargrundstück ein ungenehmigter Schwarzbau entstehe. Ferner führen die Antragsteller in diesem Schreiben unter anderem aus, ein Experte für Bautechnik habe ihnen bestätigt, dass die verwendeten Platten keine Zulassung unter einer lastabtragenden Bodenplatte hätten, und diese zudem den vorgeschriebenen DIN-Normen nicht entsprächen.

Das Landratsamt beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt es aus, ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten stünde den Antragstellern nicht zu, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Landratsamtes als untere Bauaufsichtsbehörde bei der Prüfung bauaufsichtlichen Einschreitens. Das Ermessen sei dahingehend ausgeübt worden, dass die Beigeladenen aufgefordert worden seien, einen Nachweis über die rechtmäßige Verwendung von Baumaterialen zu erbringen. Es sei den Beigeladenen mitgeteilt worden, dass die Bauarbeiten eingestellt würden, wenn der Nachweis nicht fristgerecht erbracht würde. Das Ziel dieser Beibringungsaufforderung sei gewesen, herauszufinden, ob eine rechtmäßige Verwendung vorliege. Die Aufforderung sei geeignet und auch erforderlich. Eine sofortige Baueinstellung würde die Beigeladenen härter treffen als die Nachweispflicht. Die Aufforderung sei auch angemessen, da das Privatinteresse der Beigeladenen an der Möglichkeit der Nachweiserbringung innerhalb der festgesetzten Frist schwerer wiege als das öffentliche Interesse bzw. das Interesse des Nachbarn an einer sofortigen Baueinstellung.

Die Beigeladenen haben sich zum Eilantrag nicht geäußert.

Die Antragsteller haben mit Schreiben vom ... Januar 2017 ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, Thema des beantragten vorläufigen Rechtsschutzes sei nicht die ermessensfehlerfreie Interessenabwägung zwischen der Aufforderung zum rechtmäßigen Nachweis der verwendeten Baumaterialien und einer Baueinstellung, sondern die Aufrechterhaltung der Abwehrmöglichkeit der glaubhaft gemachten drohenden Gefahr von Schäden in einem Hauptsacheverfahren, die von den rechtswidrigen Bauausführungen und der Bebauung entgegen dem Eingabeplan der Beigeladenen ausgehe. Es könne kein legitimes Mittel sein, die Rechtmäßigkeit und Sicherheit eines Bauvorhabens festzustellen, indem von dem Bauherren eine Bestätigung über die fachgerechte Ausführung der bauausführenden Firma gebracht werde. Es gebe von einem Mitarbeiter der Firma der Beigeladenen eine gegenteilige Auskunft zu den Bestätigungen vom ... Januar 2017. Dies ergebe sich auch aus der eidesstattlichen Erklärung der Antragsteller vom ... Januar 2017, die dem Gericht vorliege.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag gemäß § 123 VwGO ist unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht - auch schon vor Klageerhebung - eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragsteller haben keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein solcher ließe sich im vorliegenden Fall nur aus einem Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten des Antragsgegners in Form der Einstellung der Baumaßnahmen auf dem Baugrundstück gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO ableiten. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden. Ein Anordnungsanspruch für die Antragsteller kann sich im vorliegenden Fall indes nur ergeben, wenn diese über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen hinaus einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten haben. Ein solcher Anordnungsanspruch des Nachbarn setzt voraus, dass das streitgegenständliche Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt (BayVGH, B. v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 12 m.w.N.). Eine derartige Nachbarrechtsverletzung wurde durch das Vorbringen der Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch ergibt sie sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen.

1. Aus einem etwaigen Verstoß gegen Art. 15 BayBO ergibt sich für die Antragsteller keine nachbarschützende Rechtsposition. Nach dieser Bestimmung dürfen Bauprodukte für die Errichtung, Änderung oder Instandhaltung baulicher Anlagen verwendet werden, wenn sie für den Verwendungszweck in bestimmter Weise zugelassen sind (Art. 15 Abs. 1 BayBO). Für nicht geregelte Bauprodukte wird bei Nachweis ihrer Verwendbarkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 BayBO, also bei Gewährleistung insbesondere der Bausicherheit, eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erteilt (Art. 16 Abs. 1 BayBO). Diese Regelungen und auch die weiteren, damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen nach Art. 17 ff. BayBO sind objektiv-rechtlicher Natur. Die Überwachung ihrer Einhaltung obliegt den Bauaufsichtsbehörden (Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Diese Bestimmungen vermitteln keine subjektiv-rechtlichen Ansprüche. Die Antragsteller können deshalb weder Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörden zur Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften fordern noch bei einem etwaigen Verstoß Anderer gegen solche Bestimmungen das Ergreifen bauaufsichtlicher Schritte nach Art. 75 f. BayBO verlangen, insbesondere nicht die von den Antragstellern begehrte Baueinstellung zum Bauvorhaben der Beigeladenen nach Art. 75 Abs. 1 BayBO.

2. Auch ein etwaiger Verstoß des nach Art. 58 BayBO freigestellten Bauvorhabens der Beigeladenen gegen Festsetzungen des Bebauungsplans „... Mühle“ hinsichtlich der Bauweise begründet keine nachbarschützende Rechtsstellung der Antragsteller.

2.1 Nach Nr. 1.3 der Festsetzungen durch Planzeichen in der ursprünglichen Fassung und auch in der Fassung der ersten Änderung dieses Bebauungsplans ist für die Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen als Bauweise die Errichtung eines Doppelhauses in offener Bauweise geregelt. Nach Nr. 10 der textlichen Festsetzungen sind in diesem Fall einzelne Häuser profilgleich zu errichten und in ihrer Gestaltung einander anzupassen, so dass der gestalterische Eindruck eines einzelnen Gebäudes entsteht. Bei dieser Festsetzung handelt es sich um eine Bestimmung zur Errichtung eines Doppelhauses in offener Bauweise im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12.98 - BverwGE 110, 355 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 19.3.2015 - 4 B 75.14 - ZfBR 2015, 702 - juris Rn. 6) ist ein Doppelhaus im Sinne dieser Vorschrift eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Das Erfordernis der baulichen Einheit ist nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Dem entspricht die oben genannte Festsetzung im Bebauungsplan.

2.2 Zwar ist nach der genannten Rechtsprechung eine solche Festsetzung nachbarschützend, was sich aus dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses ergibt: Weil und soweit der einzelne Eigentümer gemeinsam mit anderen - benachbarten - Eigentümern in der Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er grundsätzlich deren Beachtung auch im Verhältnis zu den anderen Eigentümern verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob der Plangeber einen Willen zur drittschützenden Wirkung dieser Festsetzung ausdrücklich zu erkennen gegeben hat. Der Grundstücksnachbar kann demnach verlangen, dass ein Anbau an die gemeinsame Grundstücksgrenze unter Beachtung der hierfür geltenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgt. Er kann also insbesondere verlangen, dass die angebaute Doppelhaushälfte bzw. das angebaute Gebäude der Hausgruppe nicht nur hinsichtlich der unmittelbar grenzständigen Gebäudeteile verträglich ist, sondern auch im Übrigen den Anforderungen an die notwendige Einheit der Hausform genügt.

Im vorliegenden Fall ist jedoch bereits zweifelhaft, ob das Bauvorhaben der Beigeladenen, dessen Errichtung derzeit durch Herstellung der Bodenplatte erfolgt, gegen diese Festsetzung verstößt. Bei einer nach Vortrag der Antragsteller zu erwartenden Trennungsfuge zwischen beiden Doppelhaushälften von „ca. 15,3 bis 16,3 cm“ ist das bei summarischer Prüfung nicht der Fall, da auch dann wohl noch dem Ziel der Festsetzung zur Herstellung einer einheitlichen, profilgleichen Erscheinungsform der Doppelhaushälften entsprochen wird. Doch selbst für den Fall, dass durch die Ausführung des Bauvorhabens der Beigeladenen diese Festsetzung nicht eingehalten wird, schützt diese unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsprechung Grundstücksnachbarn solcher Bauvorhaben nicht vor der Gefahr des Eintritts von Schäden an ihrem eigenen - gegebenenfalls noch zu errichtenden - Gebäude, sondern nur in Hinblick auf die städtebauliche Verträglichkeit der anzubauenden Gebäude und Gebäudeteile zur Herstellung der notwendigen Einheit der Hausform. Auch aus der Begründung zum Bebauungsplan lässt sich hinsichtlich der Bauweise, Baustruktur und der baulichen Gestaltung (Begründung zum Bebauungsplan „... Mühle“, S. 5 ff.) nichts Gegenteiliges entnehmen. Deshalb ist der Vortrag der Antragsteller, ihnen drohten bei Nichteinhaltung der Festsetzung „Doppelhaus in offener Bauweise“ Schäden an der eigenen, ebenfalls an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu errichtenden Doppelhaushälfte, in öffentlich-rechtlicher Hinsicht unbehelflich.

3. Aus diesen Gründen ist auch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 - juris Rn. 21 f., zur offenen Bauweise im unbeplanten Innenbereich) nicht erkennbar. Grundlage für das Recht eines Dritten, im Rahmen des öffentlichen Planungsrechts die Beachtung des Rücksichtnahmegebots verlangen zu können, ist im Fall der Zulässigkeit einer Bauweise als Doppelhaus der wechselseitige Verzicht der Grundstücksnachbarn auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, „erkauft“. Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreiten (BVerwG, U. v. 5.12.2013 a. a. O. Rn. 22). Diese Rücksichtnahmeverpflichtung umfasst jedoch nicht die Bewahrung des Rücksichtnahmeberechtigten vor jeglichen Vermögensschäden durch etwaige fehlerhafte Bauausführung von Bauvorhaben auf dem benachbarten Grundstück. Zur Klärung eines Ausgleichs solcher Vermögensschäden kann gegebenenfalls der Zivilrechtsweg beschritten werden, gegebenenfalls auch zur Erlangung vorbeugenden Rechtsschutzes zur Vermeidung einer Entstehung solcher Vermögensschäden.

4. Die Antragsteller haben gemäß § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich deshalb auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, ist es angemessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.