Verwaltungsgericht Minden Urteil, 17. Jan. 2014 - 6 K 2523/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist der Vater des am 12.3.1992 geborenen F. X. und einer im November 1994 geborenen Tochter. Nachdem F. bereits als Jugendlicher verschiedene ambulante und stationäre erzieherische Jugendhilfeleistungen der Beklagten erhalten hatte - wobei die Zusammenarbeit der Beklagten mit dem Kläger und der Kindesmutter ebenso wie das zwischenzeitliche Zusammenleben von F. mit seinen Eltern teilweise problematisch war - und im August 2010 eine dreijährige Ausbildung zum Koch begonnen hatte, bewilligte die Beklagte ihm gemäß seinen Anträgen vom 18.1. und 15.9.2011 für die Zeit vom 1.2.2011 bis zum 29.2.2012 Hilfe für einen jungen Volljährigen in der Form des betreuten Wohnens in einer eigenen Wohnung. Die von F. erbetene Unterstützung bei der Lebensführung in einer eigenen Wohnung wurde durch zwei Sozialarbeiter des Jugendamtes der Beklagten geleistet, die F. in seinem zweiten Hilfeantrag als eine große Hilfe beim Umgang mit amtlichen Papieren und bei der Haushaltsführung bezeichnete. Dadurch entstanden der Beklagten Kosten in Gestalt eines täglichen Pflegesatz von 55,94 €, eines täglichen Bekleidungsgeldes von 1,34 € und eines monatlichen Taschengeldes von zunächst 98,28 €, das sich ab Januar 2012 auf 100,98 € erhöhte. Diese Kosten wurden teilweise durch F. Ausbildungsnettovergütung gedeckt, und zwar bis September 2011 mit monatlich 359,21 € und ab Oktober 2011 mit monatlich 391,79 €.
3Mit zwei Schreiben vom 2.2.2011, deren Eingang der Kläger am 5.2.2011 bestätigte, teilte die Beklagte dem Kläger und der Kindesmutter die zum Monatsanfang begonnene Hilfe für ihren Sohn sowie ihre mögliche jeweilige eigene Kostenbeitragspflicht mit und klärte sie über die unterhaltsrechtlichen Folgen der Hilfeleistung auf. Gegenüber F. Mutter erließ die Beklagte am 4.7.2012 einen Kostenbeitragsbescheid.
4Nach wiederholtem Schriftwechsel der Beteiligten, in dessen Verlauf der Kläger zuletzt ein von der Beklagten abgelehntes Vergleichsangebot einer Kostenbeitragszahlung von 3.000 € unterbreitete, setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger mit Bescheid ebenfalls vom 4.7.2012 für die Zeit vom 5.2. bis zum 31.12.2011 folgende monatlichen Kostenbeiträge wegen der für F. geleisteten Hilfe fest: anteilig 608,57 € (= 710 € x 24/28) für Februar, 710 € für Juli, 525 € für September und im Übrigen jeweils 475 €, insgesamt 5.643,57 €. Dabei berücksichtigte die Beklagte beitragsmindernd die im Vergleich mit F. mindestens gleichrangige Unterhaltsberechtigung der Tochter gegenüber dem Kläger.
5Am 4.8.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er meint, bei der seinem Sohn erbrachten Hilfe der Beklagten habe es sich um keine kostenbeitragspflichtigen vollstationären Jugendhilfeleistungen gehandelt. Der Kläger behauptet, sein Sohn habe die Betreuungsleistungen nur grobmaschig erhalten. Etwa einmal im Monat hätten ihn zwei Sozialarbeiter des Jugendamtes in seiner mit Hilfe des Amtes angemieteten kleinen Wohnung besucht, und einmal wöchentlich habe er sich das Taschengeld im Jugendamt abgeholt. Der sonstige Kontakt seines Sohnes mit den Sozialarbeitern habe sich auf drei Hilfeplangespräche im Jugendamt beschränkt. Er bestreite den von den Sozialarbeitern behaupteten Umfang seiner Betreuung. Die Hilfe in einer „sonstigen betreuten Wohnform“ müsse aber lückenlos und durchgehend über Tag und Nacht geleistet werden, also von hoher Betreuungsintensität geprägt sein, um sie auf eine Stufe mit einer kostenbeitragspflichtigen vollstationären Vollzeitpflege oder intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung außerhalb des Elternhauses stellen zu können. Die geleistete Hilfe sei zudem nach Maßgabe des § 41 SGB VIII ungeeignet gewesen. Im Übrigen bestreite er die Höhe der angeblich ungedeckten Kosten. Der Tagespflegesatz sei nicht leistungsangemessen.
6Der Kläger beantragt,
7den Kostenbeitragsbescheid der Beklagten vom 4.7.2012 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie macht geltend, die Fachkräfte ihres Jugendamtes hätten ihr Auswahlermessen bei der Beantwortung der Frage, in welcher Weise der von ihnen erkannte Hilfebedarf F. gedeckt werden solle, rechtmäßig ausgeübt. Die Hilfe sei wegen der Vorgeschichte in der Familie und F. persönlicher Situation Anfang 2011 notwendig gewesen. Ohne unterstützende Jugendhilfe hätte die akute Gefahr bestanden, dass F. seine Ausbildung abgebrochen hätte und dass seine gesamte, damals defizitäre Persönlichkeitsentwicklung und Lebensführung gefährdet worden wäre. Die ihm geleistete Hilfe sei, auch wenn sie in seiner eigenen Wohnung erbracht worden sei, vollstationär gewesen, weil es sich um eine auf einem schlüssigen Konzept beruhende betreute Wohnform gehandelt habe, die ihn auf ein selbstständiges Leben habe vorbereiten sollen. Als Angebot mit der Zielsetzung, ein möglichst hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit des jungen Menschen zu erreichen, sei eine lückenlose und durchgehende Betreuung weder erforderlich noch pädagogisch angemessen. In welchem Umfang und mit welcher Intensität F. das mit dem Konzept verbundene Hilfeangebot letztlich angenommen habe, sei insoweit unerheblich. Abzustellen sei allein darauf, dass er die Betreuungsleistungen je nach Bedarf ständig habe nachfragen können; zum Umfang der konkreten Betreuungsleistungen machen die Beklagte und die beiden Sozialarbeiter, die für F. Betreuung zuständig waren, nähere Angaben. Die Beklagte ist der Auffassung, der geschützte Rahmen einer vollstationären Hilfegewährung sei als stabilisierender Faktor für den Hilfeerfolg erforderlich gewesen, weil F. sich bei seiner Verselbstständigung seinerzeit nicht auf die Unterstützung durch seine Eltern habe verlassen können. Die Betreuungsdichte von 1 : 8 bei 14 Betreuungsplätzen rechtfertige den durch eine Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes abgedeckten, in einer Leistungsvereinbarung festgeschriebenen Tagespflegesatz, in den sowohl der Lebensunterhalt des jungen Menschen als auch die Betreuungsleistungen einkalkuliert seien. Die vorgenommene monatsweise Berechnung des Kostenbeitrags für diese Hilfemaßnahme entspreche den im Urteil des OVG NRW vom 1.4.2011 - 12 A 1292/09 - aufgestellten Grundsätzen.
11Die Kammer hat zeitgleich mit dem vorliegenden Verfahren über die Klage von F. Mutter im Verfahren 6 K 2524/12 gegen den an sie gerichteten Kostenbeitragsbescheid verhandelt.
12Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 6 K 2524/12 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (fünf Hefte) verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die zulässige Anfechtungsklage, über die im Einverständnis der Beteiligten der Kammervorsitzende als Berichterstatter entscheidet (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO), ist unbegründet. Die Beklagte verlangt mit ihrem Bescheid vom 4.7.2012 für den Zeitraum vom 5.2. bis zum 31.12.2011 rechtmäßig einen Kostenbeitrag in der jeweils festgesetzten monatlichen Höhe. Sämtliches Vorbringen des Klägers bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellt die Rechtmäßigkeit der streitigen Kostenbeitragsfestsetzung nicht in Frage.
16Der - formell rechtmäßige - Bescheid vom 4.7.2012 hat seine Ermächtigungsgrundlage in den §§ 92 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 5, 91 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Nr. 5 Buchst. b SGB VIII. Danach erfolgt die (getrennte) Heranziehung der Elternteile zu den vollstationären Leistungen der Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII), die der Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34 SGB VIII) entspricht, durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird.
17Der Sohn des Klägers erhielt von der Beklagten im streitbefangenen Zeitraum zu Recht vollstationäre Leistungen nach § 41 SGB VIII. Die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfeleistung ist - nach dem seit Oktober 2005 geltenden Kostenbeitragsrecht ebenso wie nach der vorherigen Rechtslage - Voraussetzung für eine rechtmäßige Heranziehung zu einem Kostenbeitrag.
18Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29.4.1999 - 16 A 1224/97 -, FamRZ 2000, 293 = juris, und vom 6.6.2008 - 12 A 144/06 -, FamRZ 2008, 2314 = www.nrwe.de = juris, sowie Beschluss vom 14.1.2009 - 12 E 1693/08 -; Wiesner, SGB VIII, Komm., 4. Aufl. 2011, § 91 Rdnr. 13.
19Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. Nach § 41 Abs. 2 SGB VIII gelten für die Ausgestaltung der Hilfe u.a. die §§ 34 und 35a SGB VIII entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.
20Die dem Sohn des Klägers bewilligte Hilfe entsprach einer vollstationären Hilfe zur Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform i.S.d. § 34 SGB VIII. Zu den sonstigen betreuten Wohnformen gehört auch das betreute Einzelwohnen als eine Variante der Heimerziehung, die als Verselbstständigungsstufe gerade für junge Volljährige in besonderer Weise in Betracht kommt. Kennzeichnend für diese Hilfeform ist das Leben des hilfebedürftigen jungen Menschen in einer Einzelwohnung bei ständiger Erreichbarkeit eines außerhalb dieser Wohnung lebenden Betreuers, wobei die Betreuungsintensität - entgegen der Meinung des Klägers - keineswegs gleich hoch sein muss wie etwa bei einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung i.S.d. § 35 SGB VIII. Vielmehr unterscheidet sich die Hilfe zur Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform vor allem durch ihr geringeres Maß an Betreuung gerade von der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung.
21Vgl. Wiesner, a.a.O., § 34 Rdnr. 25; Struck/Trenczek, in: Münder u.a., FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 2, § 35 Rdnrn. 3 und 6.
22Der Sohn des Klägers hat antragsgemäß ein solches betreutes Einzelwohnen als Jugendhilfeleistung erhalten. Dass das betreute Einzelwohnen, wie es die Beklagte bei F. praktiziert hat, eine gängige Form der Hilfeleistung in einer sonstigen betreuten Wohnform darstellt, wird schon dadurch indiziert, dass der Beklagten bereits vor Jahren eine Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes nach § 45 SGB VIII für diese Art der Betreuungsleistung erteilt wurde. Diese Form der Hilfe ist namentlich gegenüber jungen Volljährigen wie dem Sohn des Klägers geprägt durch ihren Angebotscharakter, lässt also dem jungen Volljährigen bewusst ein gewisses Maß an Entscheidungsfreiheit, in welchem Umfang er die Hilfe für seine Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung tatsächlich in Anspruch nehmen will. Deshalb liegt es in der Natur der Sache, dass die Betreuungsintensität im betreuten Einzelwohnen zu verschiedenen Zeitabschnitten und je nach Bedarf tatsächlich sehr unterschiedlich ausfallen kann. Dies haben die Beklagte und die beiden für F. tätig gewesenen Mitarbeiter des Betreuten Wohnens in ihren Schriftsätzen zutreffend näher ausgeführt; die Kammer nimmt an Stelle näherer Darlegungen zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf jene Ausführungen Bezug. Demgemäß brauchte die Kammer den widerstreitenden Behauptungen der Beteiligten zu der Frage, in welchem Umfang der Sohn des Klägers die Hilfe der Beklagten tatsächlich in Anspruch genommen bzw. erhalten, auf seinem von § 41 SGB VIII gerade gewünschten Weg zur allmählichen Verselbstständigung als junger Volljähriger von dem das Hilfekonzept prägenden durchgängigen Angebot im Einzelnen Gebrauch gemacht hat, nicht weiter nachzugehen. Entscheidend ist allein die Bereitstellung eines vom Sohn des Klägers grundsätzlich ständig - zeitlich begrenzt lediglich durch die Dienstzeiten der Mitarbeiter der Beklagten - abrufbaren Betreuungsangebotes, um diesem Angebot unabhängig vom Umfang seiner Inanspruchnahme den Charakter einer vollstationären Hilfe i.S.d. §§ 34 und 91 Abs. 1 SGB VIII zusprechen zu können.
23Der Sachverhalt, der dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des VG Köln
24Urteil vom 6.5.2010 - 26 K 6023/09 -, www.nrwe.de = juris
25zu Grunde lag, unterscheidet sich wesentlich vom hier vorliegenden Sachverhalt und ist mit ihm schon deshalb nicht vergleichbar. In jenem Fall beliefen sich die von einem Betreuungsverein abgerechneten tatsächlichen Fachleistungsstunden auf monatlich höchstens 381,68 € bei einem Stundensatz von 72,70 €, was einem Betreuungsaufwand von nur etwa fünf Stunden im Monat entspricht. Die Beklagte hat dem Kläger jedoch Betreuungsleistungen nach einem ganz anderen Konzept erbracht, nämlich als ununterbrochen geltendes Angebot für einen demgemäß pauschal abgerechneten Tagespflegesatz von knapp 56 €. Damit ist der vorliegende Fall anders als der vom VG Köln beurteilte Sachverhalt, der in der Tat nur auf eine weitmaschige Betreuung des dortigen Hilfeempfängers schließen ließ, gerade dadurch gekennzeichnet, dass die Hilfeleistung der Beklagten prinzipiell ständig, lediglich beschränkt durch die Dienstzeiten der Mitarbeiter des Betreuten Wohnens, angeboten wurde.
26Die Hilfeleistung der Beklagten war voll- und nicht lediglich teilstationär oder ambulant. Eine Jugendhilfeleistung ist vollstationär, wenn sie über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erfolgt - eine teilstationäre Leistung wäre demgegenüber durch die regelmäßige Rückkehr des Hilfeempfängers ins Elternhaus für einen Teil des Tages und die Beibehaltung seines Lebensmittelpunktes dort gekennzeichnet - und daher die Gewährung von Unterkunft in die Leistung einbezogen ist.
27Vgl. Wiesner, a.a.O., § 91 Rdnr. 6; Schindler, in: Münder u.a., FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 91 Rdnrn. 4 und 12, unter Hinweis auf ähnliche Überlegungen des BVerwG im Urteil vom 12.12.2002 - 5 C 48.01 -, NJW 2003, 2399 = FEVS 54, 311.
28Dabei ist unbeachtlich, wie die Gewährung von Unterkunft außerhalb des Elternhauses konkret ausgestaltet ist. Sie kann z.B. - wie hier - in einer separaten Wohnung erfolgen, wobei wiederum unmaßgeblich ist, wer die Wohnung angemietet hat.
29Vgl. Schindler, a.a.O., Rdnr. 4.
30Von ambulanten Jugendhilfeleistungen unterscheiden sich die voll- und teilstationären Leistungen dadurch, dass sie sich nicht auf die Beratung oder eine therapeutische Arbeit beschränken.
31Vgl. Schindler, a.a.O., Rdnr. 12.
32Maßgebend für die Bejahung einer vollstationären Leistung durch Hilfe für einen jungen Volljährigen in einer sonstigen betreuten Wohnform ist im vorliegenden Fall nach alledem, dass F. während des streitbefangenen Zeitraums über Tag und Nacht außerhalb seines Elternhauses in einer unter maßgeblicher Beteiligung und Kontrolle des Jugendamtes angemieteten Wohnung lebte und dort ständig in erheblichem Umfang verschiedene, über eine bloß beratende Tätigkeit weit hinausgehende Betreuungsleistungen der Beklagten in Anspruch nehmen konnte.
33Diese Hilfeleistung für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung war rechtmäßig. Die Beklagte durfte sie als notwendig und geeignet ansehen.
34Ob eine Maßnahme notwendig und geeignet ist, bestimmt sich nach dem sozialpädagogischen Sachverstand des Jugendamtes und ist gerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Dem Jugendhilfeträger steht bei seiner Entscheidung über eine Hilfeleistung und ggf. die Art und Weise ihrer Gewährung ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2013 - 12 A 892/13 -, www.nrwe.de = juris; BayVGH, Beschluss vom 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 -, juris.
36Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit einer Jugendhilfemaßnahme handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des jungen Menschen und mehrerer Fachkräfte (vgl. § 36 SGB VIII), das nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten soll, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, FEVS 51, 152 = NDV-RD 2000, 4, und vom 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, NJW 2013, 1111 = NDV-RD 2013, 45; OVG NRW, Beschluss vom 11.10.2013 - 12 A 1590/13 -, m.w.N.; OVG Schleswig, Beschluss vom 4.7.2006 - 2 O 20/06 -, NJW 2007, 243 = NDV-RD 2006, 105; VG Minden, Urteile vom 15.11.2013 - 6 K 2198/13 - und vom 13.12.2013 - 6 K 1278/11 -.
38Nach dieser Maßgabe ist die Entscheidung der Beklagten über die Notwendigkeit und die Art der dem Sohn des Klägers im streitbefangenen Zeitraum bewilligten Hilfe rechtlich einwandfrei. Es ist fachlich gut vertretbar und nachvollziehbar, dass die Beklagte angesichts ihrer über mehrere Jahre hinweg gewonnenen Vorerfahrungen mit F. und seinen Eltern sowie mit früheren Hilfeleistungen einerseits einen vollstationären Betreuungsrahmen außerhalb des Elternhauses, andererseits aber auch größtmögliche persönliche Entwicklungsmöglichkeiten F. für erforderlich hielt. Diesen Vorüberlegungen wurde das bewilligte betreute Wohnen in einer eigenen Wohnung in besonderer Weise gerecht. Eine regelmäßige „Überwachung“ F. durch die Betreuer daraufhin, ob er alle getroffenen Vereinbarungen zum Wohnverhalten ausnahmslos einhielt - was der Kläger als notwendig bezeichnet -, war gegenüber F. als jungem Volljährigen gerade angesichts des angestrebten Ziels seiner Verselbstständigung aus fachlich gut vertretbarer Sicht nicht geboten. Ob der Kläger eine andere Vorstellung von einer geeigneten und notwendigen Hilfe für seinen Sohn hat, ist rechtlich ohne Belang.
39Gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hat die Beklagte den Kläger - als zusätzliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit ihres Kostenbeitragsbescheides - mit dem Schreiben vom 2.2.2011 inhaltlich ausreichend über die zivilrechtlichen Folgen einer öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragspflicht (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) aufgeklärt
40zu den Anforderungen vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 22.11 -, NJW 2013, 629 = NDV-RD 2013, 20 = JAmt 2013, 38; OVG NRW, Beschlüsse vom 26.6.2008 - 12 E 683/07 -, JAmt 2008, 547 = www.nrwe.de = juris, sowie vom 9.9.2010 ‑ 12 A 1567/09 - und vom 13.3.2012 - 12 A 1662/11 -, jew. www.nrwe.de = juris
41und ihm die Leistungsgewährung mitgeteilt. Das hat den Beginn der grundsätzlichen Kostenbeitragspflicht des Klägers am 5.2.2011, dem Tag, an dem das Schreiben vom 2.2.2011 entsprechend § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X als bekanntgegeben gilt
42vgl. VG Minden, Urteile vom 24.5.2013 - 6 K 1775/12 - und vom 19.7.2013 - 6 K 1305/13 -, jew. www.nrwe.de = juris, sowie vom 13.12.2013 - 6 K 522/11 -
43und dem Kläger ausweislich seines Antwortschreibens vom 5.2.2011 auch spätestens vorlag, zur Folge.
44Die Beklagte fordert für die Zeit vom 5.2. bis zum 31.12.2011 zu Recht einen Kostenbeitrag in der jeweils monatlich festgesetzten Höhe. Jeder dieser Beträge unterschreitet - nach Abzug der Eigenbeteiligung F. an der Kostendeckung in Höhe seines jeweils einsatzfähigen monatlichen Nettoeinkommens und des jeweils von seiner Mutter geschuldeten Kostenbeitrags (§ 94 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB VIII) - die noch ungedeckten tatsächlichen damaligen Aufwendungen der Beklagten (§ 94 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Schon in Monaten mit nur 30 Kalendertagen beliefen sich die Aufwendungen angesichts eines Tagespflegesatzes von 55,94 € und eines täglichen Bekleidungsgeldes von 1,34 € sowie des monatlichen Taschengeldes von 98,28 € (bzw. ab Januar 2012 von 100,98 €) insgesamt auf über 1.810 €, wovon nach Abzug der Eigenbeteiligung F. mit einem angerechneten Monatsbetrag von 359,21 € bzw. ab Oktober 2011 von 391,79 € jeweils weit mehr als 1.400 € ungedeckt blieben; für Februar 2011 blieb bei einer für (nur) 27 Tage in Rechnung gestellten Hilfeleistung im Wert von 1.646,18 € nach Abzug des Eigenbeitrags F. ein ungedeckter Aufwand von 1.286,97 €. Die festgesetzten Kostenbeiträge des Klägers und von F. Mutter erreichten zusammengerechnet jedoch in keinem der Monate Februar bis Dezember 2011 einen Betrag in Höhe des jeweils ungedeckten Aufwands der Beklagten; die Höchstsumme ihrer jeweiligen Kostenbeiträge betrug im März 1.185 €.
45Jede der drei Kostenpositionen (Tagespflegesatz, Bekleidungsgeld, Taschengeld) war der Höhe nach angemessen. Das gilt auch für den Tagespflegesatz. Die Beklagte hat mit ihrem Schriftsatz vom 8.1.2014 plausibel dargelegt, wie sich der Pflegesatz zusammensetzt. Die Berücksichtigung der Einzelpositionen, die in den Pflegesatz einfließen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Höhe der Personalkosten, die hier allein schon wegen des Personalschlüssels von 1 : 8 deutlich niedriger sind als die Personalkosten bei anderen stationären Maßnahmen, insbesondere Heimen, ist ohne weiteres angemessen angesichts des Umfangs und der Vielfalt der Aufgaben der Mitarbeiter des Betreuten Wohnens, was die den Kläger mitbetreuende Sozialarbeiterin Elsner in der mündlichen Verhandlung in Ergänzung des vorherigen schriftlichen Vorbringens der Beklagten nochmals ausführlich und überzeugend erläutert hat. Dass diese Kosten nur pauschalierend an Hand von Durchschnitts- und Erfahrungswerten kalkuliert werden können unabhängig davon, in welchem Umfang der einzelne Hilfeempfänger vom umfassenden Hilfeangebot tatsächlich Gebrauch macht, liegt in der Natur der Sache.
46Gegen die Berechnung des jeweiligen monatlichen Kostenbeitrags, bei der sich die Beklagte an der Rechtsprechung des OVG NRW orientiert hat
47vgl. zuletzt das zweite zum Az. 12 A 1292/09 ergangene Urteil vom 16.4.2013, www.nrwe.de = juris
48und u.a. die im Vergleich mit F. mindestens gleichrangige Unterhaltsberechtigung der Tochter des Klägers ihm gegenüber beitragsmindernd durch Zuordnung zu einer niedrigeren Einkommensgruppe berücksichtigt hat (§ 4 Abs. 1 der Kostenbeitragsverordnung), erhebt der Kläger keine Einwendungen.
49Nach alledem kann die Beklagte für den streitbefangenen Zeitraum insgesamt einen von ihr zutreffend aufaddierten Kostenbeitrag des Klägers von 5.643,57 € beanspruchen, davon für Februar 2011 zu Recht anteilig 608,57 € (= 710 € x 24/28).
50Ausführlich zum Erfordernis einer taggenauen Berechnung: VG Minden, Gerichtsbescheid vom 13.8.2012 - 6 K 1629/12 - und Urteil vom 19.4.2013 - 6 K 2743/10 -, jew. www.nrwe.de = juris.
51Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 1, Satz 2 Halbs. 1 VwGO, die Anordnungen zu ihrer vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 17. Jan. 2014 - 6 K 2523/12
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(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.
(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.
(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.
(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.
(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen.
(1) Der Träger einer Einrichtung, nach § 45a bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer
- 1.
eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine Jugendbildungseinrichtung, eine Jugendherberge oder ein Schullandheim betreibt, - 2.
ein Schülerheim betreibt, das landesgesetzlich der Schulaufsicht untersteht, - 3.
eine Einrichtung betreibt, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben für Kinder oder Jugendliche wahrnimmt, wenn für sie eine entsprechende gesetzliche Aufsicht besteht oder im Rahmen des Hotel- und Gaststättengewerbes der Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen dient.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn
- 1.
der Träger die für den Betrieb der Einrichtung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, - 2.
die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind und durch den Träger gewährleistet werden, - 3.
die gesellschaftliche und sprachliche Integration und ein gesundheitsförderliches Lebensumfeld in der Einrichtung unterstützt werden sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht erschwert werden sowie - 4.
zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden.
- 1.
in der Vergangenheit nachhaltig gegen seine Mitwirkungs- und Meldepflichten nach den §§ 46 und 47 verstoßen hat, - 2.
Personen entgegen eines behördlichen Beschäftigungsverbotes nach § 48 beschäftigt oder - 3.
wiederholt gegen behördliche Auflagen verstoßen hat.
(3) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem Antrag
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die Konzeption der Einrichtung vorzulegen, die auch Auskunft über Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie zur ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung in Bezug auf den Betrieb der Einrichtung gibt, sowie - 2.
im Hinblick auf die Eignung des Personals nachzuweisen, dass die Vorlage und Prüfung von aufgabenspezifischen Ausbildungsnachweisen sowie von Führungszeugnissen nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes sichergestellt sind; Führungszeugnisse sind von dem Träger der Einrichtung in regelmäßigen Abständen erneut anzufordern und zu prüfen.
(4) Die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und der Jugendlichen können nachträgliche Auflagen erteilt werden.
(5) Besteht für eine erlaubnispflichtige Einrichtung eine Aufsicht nach anderen Rechtsvorschriften, so hat die zuständige Behörde ihr Tätigwerden zuvor mit der anderen Behörde abzustimmen. Sie hat den Träger der Einrichtung rechtzeitig auf weitergehende Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften hinzuweisen.
(6) Sind in einer Einrichtung Mängel festgestellt worden, so soll die zuständige Behörde zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten zur Beseitigung der Mängel beraten. Wenn sich die Beseitigung der Mängel auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirken kann, so ist der Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, an der Beratung zu beteiligen. Werden festgestellte Mängel nicht behoben, so können dem Träger der Einrichtung Auflagen nach Absatz 4 Satz 2 erteilt werden. Wenn sich eine Auflage auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirkt, so entscheidet die zuständige Behörde nach Anhörung des Trägers der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, über die Erteilung der Auflage. Die Auflage ist nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den nach § 134 des Neunten Buches oder nach den §§ 75 bis 80 des Zwölften Buches getroffenen Vereinbarungen auszugestalten.
(7) Die Erlaubnis ist aufzuheben, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet und der Träger nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Sie kann aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für eine Erteilung nach Absatz 2 nicht oder nicht mehr vorliegen; Absatz 6 Satz 1 und 3 bleibt unberührt. Die Vorschriften zum Widerruf nach § 47 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 3 des Zehnten Buches bleiben unberührt. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis haben keine aufschiebende Wirkung.
(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.
(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.
(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Zu folgenden vollstationären Leistungen und vorläufigen Maßnahmen werden Kostenbeiträge erhoben:
- 1.
der Unterkunft junger Menschen in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3), - 2.
der Betreuung von Müttern oder Vätern und Kindern in gemeinsamen Wohnformen (§ 19), - 3.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen (§ 20), - 4.
der Unterstützung bei notwendiger Unterbringung junger Menschen zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21), - 5.
der Hilfe zur Erziehung - 6.
der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4), - 7.
der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 8.
der Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 5 und 6 genannten Leistungen entspricht (§ 41).
(2) Zu folgenden teilstationären Leistungen werden Kostenbeiträge erhoben:
- 1.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen nach § 20, - 2.
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 und anderen teilstationären Leistungen nach § 27, - 3.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Tageseinrichtungen und anderen teilstationären Einrichtungen nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 und - 4.
Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 2 und 3 genannten Leistungen entspricht (§ 41).
(3) Die Kosten umfassen auch die Aufwendungen für den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe.
(4) Verwaltungskosten bleiben außer Betracht.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen die Kosten der in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen unabhängig von der Erhebung eines Kostenbeitrags.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:
- 1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen, - 2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen, - 3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen, - 4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.
(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.
(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.
(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.
(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.
(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.
(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.
(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.
(6) (weggefallen)
(1) Ist die kostenbeitragspflichtige Person gegenüber anderen Personen nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im mindestens gleichen Rang wie dem untergebrachten jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zum Unterhalt verpflichtet und lebt sie mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt oder weist sie nach, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt, so ist sie
- 1.
bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 2 bis 6 je Unterhaltspflicht einer um zwei Stufen niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen, - 2.
bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 7 bis 18 je Unterhaltspflicht einer um eine Stufe niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen
(2) Würden die Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter trotz einer niedrigeren Einstufung nach Absatz 1 auf Grund der Höhe des Kostenbeitrags geschmälert, so ist der Kostenbeitrag entsprechend zu reduzieren. Lebt die kostenbeitragspflichtige Person nicht in einem Haushalt mit der Person, gegenüber der sie mindestens im gleichen Rang zum Unterhalt verpflichtet ist, findet eine Reduzierung nur statt, wenn die kostenbeitragspflichtige Person nachweist, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.