Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 04. Dez. 2012 - 5 K 936/12.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2012:1204.5K936.12.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am04.12.2012

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Vereinbarungen von Teilzeit mit den Mitarbeitern J. O., Dr. S. B., I. A., U. O., C. K., I. B. und T. von B. vom 27. Juni 2012, 21. Juni 2012, 15. Juni 2012, 27. April 2012, 6. Februar 2012 bzw. 29. August 2011 das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG verletzt haben.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Mitbestimmungspflichtigkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit von Arbeitnehmern.

2

Auf Bitte des Antragstellers, ihm alle Anträge zur Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit als mitbestimmungspflichtig zur Zustimmung vorzulegen, teilte der Beteiligte mit Schreiben vom 7. März 2012 mit, dass unter Berücksichtigung der Systematik der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen beabsichtigte Ablehnungen von Arbeitszeitreduktionen und vorgesehene Arbeitszeiterhöhungen, nicht aber Arbeitszeitreduzierungen dem Personalrat zur Zustimmung zu unterbreiten seien. Er werde stattgebende Anträge auf Teilzeitbeschäftigung dem Antragsteller weiterhin nur zur Kenntnisnahme vorlegen. In dieser Weise ist der Beteiligte auch in der Folgezeit in mehreren Fällen verfahren.

3

Mit am 20. Juli 2012 gestelltem Antrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, jede Änderung der Wochenarbeitszeit auf arbeitsvertraglicher Basis unterfalle nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG seiner Mitbestimmung, also auch die Arbeitszeitreduzierung, hinsichtlich der dem Dienststellenleiter Handlungsspielräume eingeräumt seien. Die Vorschrift des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 LPersVG, die zur Mitbestimmung bei der Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitbeschäftigung verpflichte, beschränke nicht das Mitbestimmungsrecht über die Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Ohne die Regelung des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 LPersVG würde die Ablehnung eines Teilzeitantrags ebenfalls von Nr. 8 dieser Vorschrift erfasst werden. Der Personalrat sei im Sinne einer umfassenden Beteiligung bei Teilzeitvereinbarungen und deren Versagung auch im kollektiven Sinne gefordert.

4

Der Antragsteller beantragt,

5

festzustellen, dass die Vereinbarungen von Teilzeit mit den Mitarbeitern J. O., Dr. S. B., I. A., U. O., C. K., I. B. und T. van B. das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG verletzt haben.

6

Der Beteiligte beantragt,

7

den Antrag abzulehnen.

8

Er ist der Ansicht, die Stattgabe eines Teilzeitantrags unterliege nicht der Mitbestimmungspflicht, insbesondere nicht nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG. Aus dem ausdrücklich normierten Mitbestimmungstatbestand der Ablehnung eines Teilzeitarbeitsantrags sei der Schluss zu ziehen, dass die Genehmigung eines solchen Antrags von der Mitbestimmung frei sei, zumal der Personalrat bei den Folgeentscheidungen wie Änderung der Dienstpläne oder Neueinstellungen mitzubestimmen habe. Jedenfalls in einem Krankenhaus würde die Mitbestimmung der Personalvertretung zu einer nicht sachgerechten Zeitverzögerung führen. Eine Mitbestimmung scheide auch aus, weil die Dienststelle insoweit allein ihren gesetzlichen und tarifvertraglichen Verpflichtungen ohne eigene Wertungsspielräume nachkomme. § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG habe allein die freie Gestaltung der Arbeitszeit zum Gegenstand.

9

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

II.

10

Der Antrag hat Erfolg.

11

Er ist zulässig. Ihm fehlt es insbesondere nicht an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Hierfür ist es ausreichend, wenn der Rechtsstreit eine Rechtsfrage betrifft, die sich allgemein in der Dienststelle gestellt hat oder mit einiger Wahrscheinlichkeit erneut stellen kann. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Losgelöst von den konkreten hier zur Entscheidung gestellten 7 Beschäftigungsverhältnissen geht es um die grundsätzliche Klärung zwischen den Beteiligten, ob die Bewilligung bzw. Verlängerung von Teilzeitbeschäftigung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 des Landespersonalvertretungsgesetzes Rheinland-Pfalz – LPersVG – unterliegt.

12

Der Antrag ist auch begründet. Die Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zur Teilzeitarbeit (oder wie hier in zwei Fällen die Fortführung der Teilzeitarbeit) stellt eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit im Sinne von § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG dar und bedarf der Mitbestimmung durch den Personalrat. Nach Wortlaut, Aufbau sowie Sinn und Zweck besteht zwischen den Mitbestimmungstatbeständen in Nr. 8 und Nr. 9 von § 78 Abs. 2 Satz 1 LPersVG kein die Annahme einer ausschließenden Alternativität rechtfertigender Zusammenhang (so auch OVG NRW, Beschluss vom 9.12.1994 – 1 A 2005/92.PVL –, PersR 1995, 304 und juris, Rn. 13 zu einer vergleichbaren Gesetzeslage; VG Bremen, Beschluss vom 31.1.2008 – P K 283/07.PVL –, juris, Rn. 16 ff.).

13

Nach Wortlaut und Aufbau stehen die beiden (gemeinsam mit dem LPersVG 1992 für Arbeitnehmer eingeführten) Mitbestimmungstatbestände über die Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und die Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitbeschäftigung in § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 und 9 LPersVG nebeneinander. Sie beziehen sich inhaltlich auf unterschiedliche Sachverhalte, so dass ein Konkurrenzverhältnis nicht anzunehmen ist. Im einen Fall geht es um die Änderung eines Arbeitsvertrags durch positives Handeln der Dienststelle, im anderen Fall um die Ablehnung der von einem Beschäftigten gewünschten Änderung eines bestehenden Arbeitsvertrags. Von daher stehen die beiden Mitbestimmungstatbestände nebeneinander und ergänzen sich (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Wortlaut und Stellung der beiden Tatbestände auch im Verhältnis zueinander lassen eine Verdrängung des allgemeineren Mitbestimmungstatbestands der Nr. 8 durch den speziellen Tatbestand der Nr. 9 nicht als zwingend erscheinen. Angesichts der einzeln normierten Mitbestimmungstatbestände ist es nicht gerechtfertigt, eine insbesondere nicht im Gesetzeswortlaut angelegte Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LPersVG anzunehmen.

14

Ebenso wenig verlangen Sinn und Zweck der genannten Mitbestimmungstatbestände eine ausschließende Alternativitätsfeststellung zwischen ihnen. Im Falle der Ablehnung eines Teilzeitantrags ist insbesondere der Rechtskreis des betroffenen Mitarbeiters berührt. Der Personalrat hat im Rahmen der Mitbestimmung zu prüfen, ob die Dienststellenleitung die geltenden Gesetze und Tarifverträge beachtet und bei ihrer Interessenabwägung die Belange des Arbeitnehmers ausreichend berücksichtigt hat. Bei dem Mitbestimmungstatbestand des § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 LPersVG im Zusammenhang mit der Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung stehen die rechtlich geschützten Belange der übrigen Arbeitnehmer der Dienststelle im Vordergrund, die durch die Arbeitszeitreduzierung zusätzlich belastet werden, etwa durch Arbeitsverdichtung, die als solche nicht zwangsläufig Beteiligungsrechte begründen (vgl. zu den Wirkungen BAG, Beschluss vom 25.1.2005 – 1 ABR 59/03 –, BAGE 113, 206 und juris, Rn. 47; BVerwG, Beschluss vom 12.6.2001 – 6 P 11/00 –, BVerwGE 114, 308 und juris, Rn. 17 zur Umwandlung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz; VG Bremen, a.a.O., juris, Rn. 20, 34). Solche Belastungen münden zudem nicht zwangsläufig in mitbestimmungspflichtige Folgemaßnahmen, die im Übrigen nur losgelöst von der vorhergehenden Arbeitszeitverkürzung mitbestimmungsrechtlich gewürdigt werden könnten. Die Frage der gleichmäßigen Bewilligung von Teilzeitarbeit lässt eine Beteiligung des Personalrats auch bei der Stattgabe von Teilzeitanträgen zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle sachgerecht erscheinen (vgl. VB Bremen, a.a.O., juris, Rn. 33 unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Diesen Belangen kann nicht allein durch Information der Personalvertretung über erfolgte Teilzeitreduzierungen hinreichend Rechnung getragen werden.

15

Diesem im Kern vom Wortlaut der gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände getragenen Ergebnis vermag der Beteiligte nicht die Besonderheiten eines Krankenhausbetriebs und die häufige Kurzfristigkeit von Teilzeitgesuchen (etwa wegen plötzlich eingetretener Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen), die eine zeitnahe Verbescheidung der Anträge erforderlich machen, entgegensetzen. Hält das Landespersonalvertretungsgesetz keine speziellen Regelungen für den Krankenhausbereich bereit, gelten die allgemeinen Verfahrensregelungen für Mitbestimmungsverfahren, insbesondere die nach § 74 LPersVG. Hier sind für dringende Fälle Sonder(fristen)regelungen normiert (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 3 und 5, Abs. 6 LPersVG), die eine zeitlich gestraffte Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens oder vorläufige Maßnahmen seitens der Dienststellenleitung ermöglichen. Dass diese gänzlich unzureichend sein sollen, den Besonderheiten eines Krankenhausbetriebs Rechnung zu tragen, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen ist mehr als zweifelhaft, ob gesetzliche Frist- und Verfahrensvorgaben für ein Mitbestimmungsverfahren rechtlich geeignet sein können, den Geltungsbereich eines Mitbestimmungstatbestands zu verkürzen.

16

Schließlich greift in den zur Entscheidung gestellten sieben Fällen der Teilzeitbeschäftigung auch kein gesetzlicher oder tariflicher Vorbehalt nach § 73 Abs. 1 LPersVG. Ein solcher besteht danach nur, wenn eine abschließende gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung gegeben ist, die einen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum ausschließt. Das bedeutet, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen die Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats einschränken, sofern sie für die Dienststelle gelten und die an sich mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst abschließend und zwingend regeln und damit der Zuständigkeit des Dienststellenleiters entziehen (vgl. OVG RP, Urteil vom 7.3.1995 – 5 A 13107/94 –, AS 26, 167, 168 f.; BVerwG, Beschluss vom 19.5.1992 – 6 P 5/90 –, PersR 1992, 361 und juris, Rn. 13). Auch in Fällen, in denen Beschäftigte gegebenenfalls arbeitsrechtliche Ansprüche auf Teilzeitregelungen geltend machen können, ist die Mitbestimmung indes nicht ausgeschlossen. In den hier relevanten Regelungen nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz und § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. a TV-L können Teilzeitgesuche abgelehnt werden, soweit betriebliche bzw. dienstliche Gründe entgegenstehen. Bei der Prüfung des Widerspruchs zu betrieblichen oder dienstlichen Belangen sind viele Umstände zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um Bewertungsentscheidungen, die unterschiedlich vorgenommen werden und mit erheblichen Auslegungsschwierigkeiten verbunden sein können. Dem Dienststellenleiter verbleibt damit ein gewisser Entscheidungsspielraum, der den Vorbehalt des § 73 Abs. 1 LPersVG entfallen lässt (vgl. VG Bremen, a.a.O., juris, Rn. 35 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27.8.2008 – 6 P 3/08 –, PersR 2008, 500 Rn. 25). Dies gilt erst Recht für den Fall einer Teilzeitreduzierung nach § 8 Abs. 2 TV-L. Die Annahme eines gesetzlichen oder tariflichen Vorbehalts ist auch nicht unter dem Einwand des Beteiligten geboten, in seiner Dienststelle sei ein Teilzeitantrag bislang noch in keinem Fall unter Verweis auf entgegenstehende dienstliche Gründe abgelehnt worden.

17

Eine Kostenentscheidung entfällt, weil nach § 121 Abs. 2 LPersVG i.V.m. §§ 80 Abs. 1, 2a ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben werden und in dem objektiv ausgestalteten Beschlussverfahren für den Ersatz der außergerichtlichen Kosten entsprechend dem Umkehrschluss aus § 12 a ArbGG kein Raum ist.

18

Die Gegenstandswertfestsetzung beruht auf §§ 22, 23 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 04. Dez. 2012 - 5 K 936/12.MZ

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 04. Dez. 2012 - 5 K 936/12.MZ

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 04. Dez. 2012 - 5 K 936/12.MZ zitiert 6 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 23 Allgemeine Wertvorschrift


(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder de

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 2 Kostenfreiheit


(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlich

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 80 Grundsatz


(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung. (2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus d

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 22 Grundsatz


(1) In derselben Angelegenheit werden die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet. (2) Der Wert beträgt in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen Euro, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Ange

Referenzen

(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) In derselben Angelegenheit werden die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet.

(2) Der Wert beträgt in derselben Angelegenheit höchstens 30 Millionen Euro, soweit durch Gesetz kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen wegen verschiedener Gegenstände Auftraggeber, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Millionen Euro, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Millionen Euro.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.