Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Feb. 2010 - 5 A 417/08

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2010:0223.5A417.08.0A
bei uns veröffentlicht am23.02.2010

Tatbestand

1

Der Kläger ist Polizeibeamter des Landes Sachsen-Anhalt und wendet sich gegen eine Inregressnahme aus dem Beamtenverhältnis.

2

Am 19.01.2007 gegen 12.15 Uhr befuhr der Kläger mit dem Dienstfahrzeug, VW-Transporter T4, amtliches Kennzeichen MD-…, in A-Stadt die O. Chaussee (Kreisverkehr) in Richtung W. Chaussee um andere Einsatzkräfte bei Sperrmaßnahmen abzulösen. Der Einsatz war notwendig, weil aufgrund des Sturmtiefs Kyrill mehrere Straßen im Stadtgebiet mit Hindernissen blockiert waren. Beim Einbiegen in die W. Chaussee umfuhr der Kläger die dort aufgestellte Absperrung und setzte die Fahrt sodann in der Straße fort. In der weiteren Folge kollidierte das Fahrzeug mit einer über der Fahrbahn herunterhängenden Stromleitung, so dass am Dienstfahrzeug Totalschaden bestand.

3

Mit Leistungsbescheid vom 17.09.2008 nahm die Beklagte den Kläger in Höhe des Schadens von zunächst 967.80 Euro nach § 78 Abs. 1 BG LSA (a. F.) in Regress. Er habe seine ihm obliegende Dienstpflicht nach § 54 BG LSA (a. F.), nämlich den Dienstherrn vor Schäden zu schützen, grob fahrlässig verletzt. Aufgrund der Unwetterlage habe der Beamte mit Hindernissen auf der Fahrbahn bzw. auch runterhängenden Überlandleitungen rechnen müssen. Zudem sei die Einfahrt der W. Chaussee abgesperrt gewesen. Aufgrund der Unwetterlage sei die gewählte Geschwindigkeit von ca. 50 km/h nicht angemessen gewesen. Der Zusammenstoß sei noch mit einer Geschwindigkeit von ca. 41 km/h geschehen.

4

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2008 als unbegründet zurück und vertiefte dabei die Begründung des Ausgangsbescheides.

5

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage, wendet sich der Kläger weiter gegen den Leistungsbescheid und ist der Auffassung, dass er den Unfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Nach dem Durchfahren der Absperrungen in der W. Chaussee habe er in Sichtweite keine weiteren Hindernisse sehen können. Mit herunterhängenden Stromleitungen habe er nicht gerechnet. Diese seien im Übrigen wegen der Sichtverhältnisse und dem mangelnden Kontrast zur asphaltierten Fahrbahn auch nicht erkennbar gewesen. Die Kollision sei völlig unerwartet gewesen. Die Geschwindigkeit sei auch nicht unangemessen gewesen, da er auf Sicht gefahren sei.

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Mit Änderungsbescheid vom 03.03.2009 erhöhte die Beklagte den Leistungsbescheid dahingehend, dass die Schadenshöhe nunmehr 1.641,16 Euro betrage.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2008 und der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.03.2009 in Höhe von 1.641,18 Euro aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und verteidigt die Leistungsbescheide und die darin vertretene Rechtsansicht zur groben Fahrlässigkeit.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Der streitbefangene Leistungsbescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides und des Änderungsbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14

Die Beklagte hat keinen Anspruch nach § 78 Abs. 1 Satz 1 BG LSA (a. F.) gegen den Kläger auf Ersatz des am Dienstfahrzeug verursachten Schadens. Der Kläger hat nicht grob fahrlässig seine ihm obliegende Pflicht verletzt, mit dem ihm anvertrauten Dienstfahrzeug sorgfältig umzugehen und damit den Dienstherrn vor Schaden zu bewahren (§§ 54 Satz 1, 56 Abs. 1 BG LSA).

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Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Handelnde die nach den Umständen gebotene Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Das ist etwa dann der Fall, wenn er einfachste, naheliegende Überlegungen nicht anstellt oder ein besonderer Leichtsinn an den Tag gelegt wird (OVG LSA, B. v. 24.09.1997, A 3 F 164/96).

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Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zur Überzeugung des Gerichts ergeben die Bewertung des Aktenmaterials und insbesondere die dort befindlichen Fotos und die Befragung des Klägers zum Unfallhergang sowie die Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung, dass der Kläger das Unfallgeschehen nicht grob fahrlässig im Sinne der Norm verursacht hat.

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Es mag zwar sein, dass der Kläger aufgrund der Unwetterlage mit Hindernissen insbesondere auf der Fahrbahn rechnen musste. Dabei wird es sich im Regelfall um umgestürzte Bäume, Äste, Bauelemente oder sonstige Hindernisse auf der Fahrbahn handeln. Vorliegend war die Unfallsituation jedoch eine gänzlich andere. Denn die Hochspannungsleitungen lagen nicht auf der Fahrbahn, sondern befanden sich heruntergestürzt in einer Höhe von ca. 1 bis 1,5 m über der Fahrbahn. Hiermit musste der Beamte trotz der Unwetterlage nicht im Sinne der Definition der groben Fahrlässigkeit rechnen. Unter den gegebenen Verhältnissen erscheint auch die gewählte Geschwindigkeit von annähernd 50 km/h nicht als zu schnell, ja leichtsinnig gewählt um eine grob fahrlässige Handlungsweise zu verursachen. Denn der Kläger wie auch der Zeuge gaben in der mündlichen Verhandlung an, dass die herunterhängenden Hochspannungsleitungen nicht zu sehen waren und man sich eher auf einen im weiteren Straßenverlauf wahrzunehmenden und quer zur Fahrbahn stehenden Kombi konzentriert habe. Jedoch bereits vor Erreichen dieses Fahrzeuges und dieses erkennbaren Hindernisses sei man völlig überraschend auf die Stromleitung geprallt.

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Dieses vom Kläger angegebene Unfallgeschehen bestätigt auch der in der mündlichen Verhandlung vom Gericht vernommene Zeuge L., welcher Beifahrer des Klägers zum Unfallzeitpunkt war. Der Zeuge war in der Lage, dem Gericht stimmig glaubhaft und nachvollziehbar die Unfallsituation zu schildern. Insbesondere konnte er dem Gericht anhand der vorgelegten und in der Akte befindlichen Lichtbildern widerspruchsfrei erklären, dass die Kollision mit der Stromleitung bereits vor dem als Hindernis zu erkennenden quer stehenden Fahrzeug geschah. Unter diesen Umständen scheint es auch dem Gericht nachvollziehbar, dass die herunterhängenden Überlandleitungen aufgrund der Sichtverhältnisse und der fehlenden kontrastmäßigen Abgrenzung zur asphaltierten Fahrbahn nicht erkennbar waren. Aufgrund dessen, dass auch sonstige Hindernisse, wie umgestürzte Bäume nicht im Unfallbereich erkennbar waren, ist dem Beamten nicht der Vorwurf einer überhöhten Geschwindigkeit zu machen. Denn sein Anliegen war es, die W. Chaussee zu durchfahren um zum eigentlichen Ablösestandort zu gelangen. Insbesondere weil der kürzeste Weg wegen umgestürzter Bäume gesperrt war, ist es nachvollziehbar, dass sich der Beamte vordringlich auf derartige Hindernisse eingerichtet hat. Mit Hindernissen - quasi in der Luft - musste er unter diesen Umständen nicht im Sinne der Definition der groben Fahrlässigkeit rechnen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert ist gem. § 52 Abs. 3 GKG in Höhe des abgeänderten Leistungsbescheides anzusetzen.


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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. Feb. 2010 - 5 A 417/08 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.