Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. Apr. 2018 - 4 A 522/17

bei uns veröffentlicht am17.04.2018

Tatbestand

1

Das Gericht nimmt hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung zunächst auf die Feststellungen in dem angefochtenen Bescheid vom 15.11.2016 Bezug und sieht insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylG von einer eigenen Darstellung ab. Ergänzend ist auszuführen: Die Rechtsbehelfsbelehrung enthielt einen Hinweis darauf, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein müsse. Eine Belehrung darüber, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden könne, erfolgte nicht. Der Bescheid wurde den Klägern ausweislich der hierzu erstellten Urkunde am 17.11.2016 zugestellt.

2

Am 06.06.2017 haben die Kläger Klage erhoben. Sie halten die Klage für fristgemäß, weil wegen fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung die Jahresfrist gelte. Die Formulierung, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein müsse, sei unrichtig. Insoweit haben die Kläger auf das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18.04.2017 (A 9 S 333/17) Bezug genommen. Im Übrigen meinen sie, dass ihnen wegen der vorgetragenen Verfolgung die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei.

3

Die Kläger beantragen,

4

den Bescheid des Bundesamtes vom 15.11.2016 hinsichtlich der Ziffer 2. aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

5

Die Beklagte beantragt,

6

die Klage abzuweisen.

7

Sie hält die Klage wegen Versäumung der Klagefrist für unzulässig und verweist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle vom 02.05.2017 (5 A 6/17 HAL).

8

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

9

Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.

10

Die Klage ist unzulässig. Die Kläger haben die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht eingehalten. Nach dieser Vorschrift muss die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. Diese Frist ist nicht gewahrt. Der Bescheid wurde den Klägern ausweislich der Zustellungsurkunde am 17.11.2016 im Wege der Ersatzzustellung zugestellt. Die Anforderungen an eine Zustellung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 180 ZPO wurden eingehalten. Die Klageerhebung am 06.06.2017 erfolgte weit nach Fristablauf.

11

Die Klagefrist verlängert sich nicht gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf ein Jahr. Die mit dem angefochtenen Bescheid verbundene Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne dieser Vorschrift.

12

Eine Belehrung über das Formerfordernis nach § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann, ist nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht erforderlich.

13

Der Hinweis darauf, dass die Klageschrift „in deutscher Sprache abgefasst“ sein müsse, führt nicht zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO.

14

Angaben in einer Rechtsbehelfsbelehrung, die von den in § 58 Abs. 1 VwGO genannten Mindestanforderungen nicht umfasst sind, können nur dann eine Unrichtigkeit i. S. des § 58 Abs. 2 VwGO begründen, wenn sie geeignet sind, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch davon abhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 – 4 C 2.01 -, DVBl. 2002, 1553).

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Aus der Formulierung, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein müsse, kommt jedenfalls das Erfordernis der deutschen Sprache zum Ausdruck. Dies ist im Hinblick auf § 55 VwGO i. V. m. § 184 Abs. 1 GVG zutreffend, weil die Gerichtssprache deutsch ist. Die Kammer teilt die Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 10.01.2018 – 13a B 17.31116 -, juris; ebenso: OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 16.11.2017 – 1 LA 68/17 -, juris; anders die von den Klägern zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, Urteil vom 18.04.2017 – A 9 S 333/17 -, NVwZ 2017, 1477), dass es sich bei der Verwendung des Begriffs „abgefasst“ nicht um einen irreführenden Zusatz handelt, der den Eindruck erwecken könnte, dass die Klage nur schriftlich, nicht aber zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann.

16

Zutreffend führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass der Begriff „abfassen“ nach seinem üblichen Sprachgebrauch nicht allein auf die schriftliche Form abzielt. Als Synonyme für den Begriff haben sowohl der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus einschlägigen Wörterbüchern Begriffe wie „aufschreiben“, „aufsetzen“, „niederschreiben“ und „formulieren“ genannt. Der Begriff des „Niederschreibens“ entspricht gerade der Formulierung „zur Niederschrift“, wie sie § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO in der im Zeitpunkt der Zustellung geltenden Fassung verwendetet hat. Der Begriff „formulieren“ weist keinen Bezug zur Schriftform auf. Unter Einbeziehung der angegebenen Synonyme kann der Begriff „abfassen“ so verstanden werden, dass ein bestimmter Tatsachenstoff vom bloßen Gedanken in eine sprachliche Formulierung transportiert wird und so nach außen dringen kann (BayVGH, Urteil vom 10.01.2018, a. a. O.). Aus dem Begriff geht nicht hervor, dass die sprachliche Formulierung (vom Betroffenen) auf ein Papierstück gebracht werden muss. Das wird auch in mehreren Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung deutlich. Zutreffend weist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) darauf hin, dass nach § 118 Abs. 2 Satz 3 und § 119 Abs. 2 Satz 6 VwGO ein Urteil „elektronisch abgefasst“ sein kann. In § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist davon die Rede, dass das Urteil „schriftlich abzufassen“ sei. Diese Formulierung wäre nicht sinnvoll, wenn sich bereits aus dem Begriff „abfassen“ die Schriftform ergäbe.

17

Im Übrigen geht aus der in der Rechtsbehelfsbelehrung verwendeten passiven Formulierung „abgefasst sein“ gerade nicht hervor, dass der Betroffene selbst für die Umsetzung der Gedanken auf das Schriftstück zu sorgen hat. Die gewählte Formulierung enthält hierzu keinerlei Aussage. Sofern der Betroffene fälschlicherweise davon ausgeht, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., a. a. O.), ergibt sich die Fehlvorstellung nicht aus der insoweit neutralen Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung, sondern aus der Unkenntnis über die Formerfordernisse nach der Verwaltungsgerichtsordnung. Über das Erfordernis, die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, braucht die Rechtsbehelfsbelehrung jedoch - wie bereits ausgeführt – nicht aufzuklären. Zutreffend weist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) darauf hin, dass sich der Betroffene nicht generell darauf verlassen kann, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung sämtliche Modalitäten für die Einlegung des Rechtsmittels genannt werden müssen.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 74 Klagefrist, Zurückweisung verspäteten Vorbringens, Verhandlung durch den abgelehnten Richter


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden; ist der Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Woche zu stellen (§ 34a Absatz 2 Sa

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde


(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. (2) Für di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 81


(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 S

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 118


(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen. (2) Über die Berichtigung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluß wird au

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 184


Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 119


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschlu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 55


§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der

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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt in erster Linie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter.
Der Kläger, ein im Jahr 1982 geborener togoischer Staatsangehöriger, reiste seinen Angaben zufolge am 07.06.2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 14.06.2016 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 21.06.2016 gab er an:
Bis zur Ausreise habe er in seinem eigenen Betrieb in der Tierzucht gearbeitet. Die Tierzucht habe er mit Hilfe einer Bekannten angefangen, die ihm auf der Grundlage eines Darlehensvertrags Geld geliehen habe. Die Kredite seien nur klein gewesen, damit die Rückzahlung für ihn einfacher gewesen sei. In der letzten Zeit habe er einen großen Betrag in Höhe von umgerechnet etwa 7400,-- EUR geliehen. Diesen Betrag habe er nicht zurückzahlen können und dies der Kreditgeberin auch mitgeteilt. Sie habe die Rückgabefrist verlängert. Aber auch diese Frist habe er nicht einhalten können. Beim zweiten Mal habe die Kreditgeberin nur noch das Kapital verlangt und auf die Zinsen verzichtet, wenn er das Geld innerhalb der nächsten Frist zurückgezahlt hätte. Aber auch dazu sei er nicht in der Lage gewesen. Sie habe ihn in der Zeit oft angerufen, um ihn an die Frist zu erinnern. Zehn Tage vor Fristablauf habe er Togo verlassen. Er wisse, dass es für ihn Gefängnis bedeutet hätte, wenn er den Kredit nicht fristgerecht zurückgezahlt hätte. Er vermute, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzugerufen hätte. Er habe gehört, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei. Er leide an chronischer Diabetes. Im Gefängnis wäre er an seiner Krankheit gestorben.
Die Erkrankung sei vor vier Jahren festgestellt worden. Der Arzt in Togo habe ihm gesagt, dass die Diabetes seine Sehprobleme auslöse. Der Allgemeinarzt habe ihn zu einem Diabetologen geschickt. Dieser habe Blutuntersuchungen gemacht. Als Behandlungen habe er Tabletten und Insulin zum Spritzen bekommen. Seine Mutter und Großmutter litten ebenfalls an Diabetes. Sie seien beim gleichen Arzt in Behandlung. Die Medikamente habe er mit nach Deutschland gebracht. Der Arzt auf dem Gelände des PHV [Patrick-Henry-Village, Ankunftszentrum Heidelberg] habe die Medikation umgestellt. Er habe ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen. Er, der Kläger, gehe davon aus, dass er in Togo nicht mehr lange gelebt hätte.
Mit Bescheid vom 23.06.2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, und drohte für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Togo an. Zudem befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18.07.2016 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.
Am 23.08.2016 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23.06.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Wegen der Versäumung der Klagefrist hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Gleichzeitig hat er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und wegen der Versäumung der Antragsfrist ebenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er vorgetragen, isoliert in einer Asylbewerberunterkunft weit entfernt von jedem Betreuer und jedem Dolmetscher zu leben und den Bescheid nicht verstanden zu haben. Die Rechtsmittelbelehrung sei fehlerhaft, weil er nicht darauf hingewiesen worden sei, dass er Klage und Antragstellung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vornehmen dürfe. Durch einen solchen Hinweis könnte die Schwelle für eine Klageerhebung erheblich gesenkt werden. Als Sprachunkundiger sei er nicht in der Lage, Briefe in deutscher Sprache an das Gericht zu übersenden.
Mit Beschluss vom 05.09.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Versäumung der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG abgelehnt. Die Rechtsmittelbelehrung des Bundesamts sei weder unterblieben noch unrichtig erteilt, insbesondere müsse sie nicht den Hinweis enthalten, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden könne. Dass der Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dem Asylbewerber sei es zuzumuten, dass er sich bei Eingang eines erkennbar amtlichen Schreibens umgehend und intensiv um eine rasche Aufklärung des Inhalts dieses Schreibens und gegebenenfalls um die Erhebung eines Rechtsbehelfs bemühe.
Mit Urteil vom 08.09.2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da sie nicht innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 AsylG erhoben worden sei. Es sei auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die genannte Frist einzuhalten. Zur Begründung wurde auf den im Eilverfahren ergangenen Beschluss verwiesen.
10 
Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 08.02.2017 - A 9 S 1940/16 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
11 
Mit Schriftsatz vom 16.02.2017 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht die Abänderung des Beschlusses vom 05.09.2016 nach § 80 Abs. 7 VwGO beantragt. Mit Beschluss vom 24.02.2017 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen.
12 
Der Kläger hat die Berufung rechtzeitig unter Bezugnahme auf sein Zulassungsvorbringen begründet und in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens auf das ärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 verwiesen. Dort heißt es, dass beim Kläger anamnestisch vor vier Jahren ein Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert worden sei. Die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Insulin müsse gekühlt gelagert werden, einen Kühlschrank besitze der Patient nicht, auch stehe ihm eine Kühlmöglichkeit im Umfeld nicht zur Verfügung. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren. Deswegen werde es für medizinisch indiziert gehalten, dass der Kläger in Deutschland bleibe.
13 
Der Kläger regt an, eine ergänzende Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Togo zu der Frage einzuholen, wieso es trotz der bisherigen Berichterstattung der Botschaft über die funktionierende Gesundheitsfürsorge in Togo dazu habe kommen können, dass die frühere Therapie in seinem Heimatland „unzureichend“ gewesen sei.
14 
Der Kläger beantragt sachdienlich,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. September 2016 - A 5 K 5074/16 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23.06.2016 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen,
16 
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 AufenthG zu gewähren,
17 
weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Zur Begründung trägt sie vor: Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sei nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO. Sie enthalte keinen Hinweis auf die Erforderlichkeit einer schriftlichen Klageerhebung; dies könne auch der Formulierung „abfassen“ nicht entnommen werden. Das Verwaltungsgericht Berlin habe in seinem Beschluss vom 15.12.2016 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Beschluss vom 20.10.2016) zutreffend festgestellt, selbst wenn die Bedeutung des Abfassens einer schriftlichen Niederlegung entspreche, sei der Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls nicht zu entnehmen, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Denn auch eine mündlich zur Niederschrift erhobene Klage werde von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (in deutscher Sprache) schriftlich abgefasst. Daraus ergebe sich, dass der Passus zur Abfassung in deutscher Sprache nicht auf die Schriftlichkeit oder Mündlichkeit der Klagerhebung abziele, sondern lediglich verdeutliche, dass die Klageerhebung (wie von § 55 VwGO i.V.m. § 184 GVG gefordert) in deutscher Sprache zu erfolgen habe. Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache werde auch nicht dadurch unrichtig, dass Eingaben in anderer Sprache ausnahmsweise dann fristwahrende Wirkung entfalten könnten, wenn sie einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthielten, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt. Denn für die Wirksamkeit der Klageerhebung komme es auch in dieser Konstellation darauf an, ob einer deutschen Formulierung die Einlegung des Rechtsbehelfs zu entnehmen sei. Die Anforderungen, die die Rechtsordnung hinsichtlich der wirksamen Einlegung von Rechtsbehelfen an Antragsteller stelle, seien nicht überspannt. Ausweislich der Niederschrift zu Anhörung vom 20.06.2016 verfüge der Kläger zumal über Deutschkenntnisse.
21 
Dem Senat liegen die Akte des Bundesamts sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 5 K 5074/16 und A 5 K 5102/16) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf diese Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist indes nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zu Unrecht hat es allerdings angenommen, dass die Klage bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (II.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (III.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (IV.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (V.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (VI.). Auch die Abschiebungsandrohung des Bundesamts ist nicht zu beanstanden (VII.).
I.
24 
Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden.
25 
Zwar ist die Klage beim Verwaltungsgericht erst am 23.08.2006 und damit nicht innerhalb der hier nach § 74 Abs. 1 2. Hs., § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG maßgeblichen Frist von einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts am 18.07.2016 eingegangen. Dies führt aber nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die einwöchige Klagefrist ist nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
26 
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist (Satz 1), bei dem Verwaltungsgericht aber auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (Satz 2), wird nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangt. Auch die vom Gesetz geforderte Belehrung „über den Rechtsbehelf“ schließt eine Belehrung über das mit § 81 Abs. 1 VwGO aufgestellte Formerfordernis nicht ein (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188, zum Formerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sowie vom 27.02.1976 - IV 74.74 -, NJW 1976, 1332).
27 
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urteile vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 21.03.2002 - 4 C 2.01 -, juris, jeweils m.w.N.; vgl. auch die Beschlüsse vom 03.03.2016 - 3 PKH 5.15 -, vom 31.08.2015 - 2 B 61.14 - und vom 16. 11.2012 - 1 WB 3.12 -, jeweils juris und m.w.N.). Versieht die Behörde die Belehrung mit nicht zwingenden Elementen, birgt dies das Risiko von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, die die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig machen können (vgl. Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 64; Kimmel, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 58 Rn. 20; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 58 Rn. 44).
28 
Die dem Bescheid des Bundesamts vom 23.06.2016 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung weist eine derartige Unrichtigkeit auf. Denn dort heißt es u.a., dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss. Mit dieser Formulierung ist die Rechtsbehelfsbelehrung geeignet, bei dem Betroffenen den - im Widerspruch zum Gesetz stehenden - Eindruck zu erwecken, dass die Klage gegen den Bundesamtsbescheid bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden muss und dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hat (für Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung auch VG Augsburg, Beschluss vom 03.12.2014 - Au 7 S 14.50321 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.06.2016 - 3a K 4187/15.A -, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A, juris; VG Hannover, Beschluss vom 15.09.2016 - 3 B 4870/16 -, juris; VG Meiningen, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 E 21517/16 Me -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15a L 3029/16.A -, juris; gegen Unrichtigkeit: VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.11.2016 - 14a L 2496/16.A -, juris; VG Berlin, Beschlüsse vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris, und vom 16.11.2016 - 6 L 1249.16A -, juris; VG Saarland, Urteil vom 19.12.2016 - 3 K 2501/16 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 AE 94/17 -, juris; der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.1990 - 9 B 506.89 -, juris, verhält sich zu dieser Frage nicht).
29 
Dabei geht der Senat davon aus, dass das - in der maßgeblichen deutschen Rechtsbehelfsbelehrung verwendete - Verb „abfassen“ jedenfalls nach dem überwiegenden Sprachgebrauch in dem Sinne verstanden wird, dass einer Erklärung eine schriftliche Form gegeben wird (vgl. jeweils zum Stichwort „abfassen“: http://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen; Duden, Das Synonymwörterbuch, 6. Aufl. 2014; https://www.openthesaurus.de/synonyme/abfassen). Dies belegen insbesondere die (dort) angegebenen Synonyme anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen. In vergleichbarer Weise gilt dies für das Verb „rédiger“, das in der dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung in französischer Sprache verwendet wird. Dieses wird allgemein als Synonym für „schreiben in oder nach einer bestimmten Form“, „schriftlich niederlegen“ o.Ä. verwendet (vgl. jeweils zum Stichwort „rédiger“: Pons, Le Petit Robert, 2015/2016; http://www.le-dictionnaire.com; http://www.larousse.fr/diction-naires/francais“).
30 
Teilweise wird allerdings eingewandt, dass der Rechtsbehelfsbelehrung selbst bei einer Lesart des Begriffs „abfassen“ im Sinne eines schriftlichen Niederlegens nicht entnommen werden könne, dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hätte (vgl. VG Berlin, Urteil vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris). Dies trifft insofern zu, als die Rechtsbehelfsbelehrung angesichts der passivischen Verwendung des Verbs in der Form des Partizips Perfekt bzw. Partizips 2 in Verbindung mit dem Hilfsverb „müssen“ („…muss…abgefasst sein.“) jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lässt, wer es ist, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen hat. Wenn indes daraus gefolgert wird, damit sei die - gesetzlich vorgesehene - Möglichkeit einer mündlich zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage eingeschlossen, da auch diese von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgefasst, nämlich zu Protokoll genommen werde (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Berlin, a.a.O.), greift dies nach Auffassung des Senats zu kurz. Dass der passivische Gebrauch des Verbs „abfassen“ formal logisch die Möglichkeit einer Klagerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, reicht für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, welche Vorstellungen die gegenständliche Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheids auslösen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nach ihrem Zweck und ihrem gesamten Inhalt ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richtet und dass sie deshalb - trotz der insgesamt passivischen Formulierung - erkennbar beschreibt, was dieser - in der kurzen Frist von einer Woche - zu tun bzw. zu veranlassen hat, um wirksam Klage zu erheben. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltungsgerichtsordnung dem Adressaten das Recht einräumt, zur Erfüllung der beschriebenen Anforderungen die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch zu nehmen, lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnehmen. Damit liegt die Annahme fern, dass ein Bescheidempfänger trotz des Wortlauts der Rechtsbehelfsbelehrung ernsthaft damit rechnen könnte, dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klage dadurch Genüge zu tun, dass er persönlich beim Verwaltungsgericht vorspricht und sein mündlich formuliertes Rechtsschutzbegehren vom dortigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle protokollieren lässt. Jedenfalls ist die gegenständliche Formulierung geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von einer Klagerhebung überhaupt oder von einer rechtzeitigen Klageerhebung abzuhalten. Es ist durchaus naheliegend, dass der Adressat davon ausgeht, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Dies steht indes in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach die Klage beim Verwaltungsgericht auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. Mit der Regelung soll dem Kläger der Rechtsschutz erleichtert werden, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen, etwa auch mangels hinreichender Kenntnis der deutschen Sprache, den Weg zum Gericht vorzieht (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 81 Rn. 10). Die vom Bundesamt gewählte Formulierung erschwert dem Betroffenen demgegenüber die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Denn es liegt nicht fern, dass sich der Betroffene selbst dem Erfordernis der schriftlichen Abfassung nicht gewachsen fühlt, er aber auch den Aufwand und die Kosten scheut, die mit einer Inanspruchnahme der Hilfe durch Rechtskundige verbunden sind, und deshalb von der Klagerhebung absieht (vgl. zu einer Rechtsbehelfsbelehrung, die den Eindruck erweckt, der Widerspruch könne nur schriftlich eingelegt werden BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 78, 57).
31 
Da es für die Unrichtigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO auf den „Empfängerhorizont“ ankommt, führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beklagte mit der gewählten Formulierung möglicherweise den Zweck verfolgt hat zu vermeiden, dass mit einer - entgegen § 55 VwGO in Verbindung mit § 184 Satz 1 GVG - nicht in deutscher Sprache erhobenen Klage Fristen versäumt werden.
32 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Hinweis auf die Notwendigkeit der Abfassung in deutscher Sprache zusätzlich deshalb irreführend ist, weil es bei der Erklärung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle regelmäßig genügt, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber - etwa durch konkludentes Verhalten mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke und die bruchstückhafte Verwendung deutschsprachiger Begriffe - noch hinreichend verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen (vgl. hierzu VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A -, juris Rn. 64).
33 
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist schließlich auch unerheblich, ob bzw. inwieweit der Kläger über Deutschkenntnisse verfügt und ob er tatsächlich wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes nicht fristgerecht erhoben hat. Nach der angeführten Rechtsprechung genügt es, wenn der unrichtige Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung generell geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren. Das Ob und das Wie der Belehrung sind nach § 58 VwGO streng formalisiert. Die Vorschrift macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.04.2009 - 3 C 23.08 -, BVerwGE 134, 41, vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 13.01.1971 - V C 53.70 -, BVerwGE 37, 85).
II.
34 
Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist für die Beurteilung des Begehrens des Klägers auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 04.11.2016 (BGBl. I S. 2460) geänderte Asylgesetz.
III.
35 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG.
36 
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
37 
Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. Senatsurteil vom 03.11.2016 - A 9 S 303/15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 -, juris Rn. 24 a.E.; BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55).
38 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
39 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 26 m.w.N.).
40 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z.B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
41 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
42 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss.
43 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
44 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes.
45 
Dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Togo einer als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG eingestuften Handlung nach § 3a Abs. 1 AsylG ausgesetzt war, hat er nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
46 
Der Kläger war aber auch nicht von einer solchen Verfolgung ernsthaft bedroht. Die von ihm geltend gemachte Befürchtung, in Haft genommen zu werden, knüpft bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht an einen flüchtlingsrechtlich erheblichen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3b AsylG an, sondern vielmehr allein an den Umstand, dass er sich seinen zivilrechtlichen Verpflichtungen aus einem Darlehnsvertrag entzogen hatte. Es fehlt an jedem Hinweis, dass die Auseinandersetzung mit der Darlehensgläubigerin ihren Grund in unverfügbaren Merkmalen des Klägers gehabt haben könnte. Auch nach deutschem Recht kommt im Rahmen des zivilprozessualen Vollstreckungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen der Erlass einer Haftanordnung gegen den Schuldner in Betracht (vgl. § 802g ZPO). Damit fehlt es schon an der notwendigen Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.2009, a.a.O.)
47 
Unabhängig davon hat der Senat auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens nicht die Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger im Zeitpunkt der Ausreise im Kontext der zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Inhaftierung durch die Polizei bzw. mit „Gefängnis“ zu rechnen hatte. Seine diesbezüglichen Angaben, er „vermute“, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzu gerufen hätte, er „habe gehört“, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei, erweisen sich insoweit als zu vage und zu unbestimmt, als dass ihnen Glauben geschenkt werden könnte. Hinreichend greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gläubigerin tatsächlich bevorstand, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Kreditgeberin, die der Kläger im Übrigen als „Bekannte“ bezeichnet hat, sich zunächst durchaus kulant gezeigt hatte, indem sie ihm, nachdem er das Darlehen nicht fristgerecht zurückgezahlt hatte, das Kapital stundete und die Zinsen sogar erließ. Der Senat vermag insbesondere angesichts der aus der Schilderung des Klägers deutlich werdenden Kompromissbereitschaft der Gläubigerin auch nicht nachzuvollziehen, weshalb sich der Kläger in dieser Situation nicht um eine weitere Stundung oder eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit bemühte, sondern es vorzog, noch vor Ablauf der ihm von der Gläubigerin eingeräumten weiteren Frist das Land zu verlassen. Zudem hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid - zu Recht und ohne dass sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren hierzu eingelassen hätte - darauf verwiesen, dass der Kläger bis dahin ein zuverlässiger Schuldner gewesen sei und die Gläubigerin im Falle einer Inhaftierung des Klägers ohnehin keine Aussicht auf eine (wenigstens teilweise) Rückzahlung des Darlehens gehabt hätte.
48 
Der Kläger muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht deswegen politische Verfolgung befürchten, weil er im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt hat. Bereits in der Vergangenheit hatte der Senat festgestellt, dass die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland und ein Auslandsaufenthalt für togoische Staatsangehörige keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgung in ihrem Heimatland begründen (vgl. Senatsurteile vom 25.03.2003 - A 9 S 1089/01 -, juris, und vom 20.04.2004 - A 9 S 849/03 -, juris). Daran hält der Senat auf der Grundlage der aktuellen und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel fest. Danach löst ein Asylantrag allein keine staatlichen Repressionen aus. Die Behörden sind in aller Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder deutschen Behörden noch togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Togo vom 16.08.2011 sowie Auskunft vom 28.09.2011 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen). Dem Auswärtigen Amt sind nicht einmal Fälle bekannt, in denen die Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation für einen in sein Heimatland zurückkehrenden Togoer nachteilige Folgen gehabt hätte. Es gibt in Togo zahlreiche, zum Teil sehr regierungskritische Menschenrechtsorganisationen, die hier unbehelligt tätig werden und die die Regierung, z.B. der für Menschenrechtsfragen zuständige Minister, als Gesprächspartner betrachtet (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.01.2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart). Diese Einschätzung wird durch die jüngere Rechtsprechung anderer Gerichte bestätigt (vgl. nur BayVGH, Beschluss vom 05.07.2013 - 9 B 12.30352 -, juris, und Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30382 -, juris, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.06.2008 - 4 L 338/05 -, juris).
IV.
49 
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil er nach seinen eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg mit dem Zug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Ungeachtet dessen liegen - wie unter III. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Asylberechtigung aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
V.
50 
Der Kläger hat auch nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in seiner Heimat ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht.
VI.
51 
Schließlich hat der Kläger auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre.
52 
Der Kläger, der an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt ist, hat insbesondere keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (BVerwG, Beschluss vom 23.07.2007 - 10 B 85.07 -, juris ; Urteile vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris , vom 29.07.1999 - 9 C 2.99 - juris , vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, juris und vom 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, juris ). Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O. [bei HIV und Aids]). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht zu erlangenden medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O.).
53 
Ob die Zahl der in Togo an Diabetes mellitus Typ 1 leidenden Personen so groß ist, dass dies die Qualifizierung als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG rechtfertigt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls lassen sich im vorliegenden Fall auch die weniger strengen Voraussetzungen der „erheblichen konkreten Gefahr“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung nicht feststellen.
54 
Danach muss die Gesundheitsgefahr erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.1999, a.a.O.). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17.03.2016 geänderten Fassung nachgezeichnet. Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
55 
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
56 
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9).
57 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen.
58 
Nach den Angaben des Klägers sowie dem im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 leidet der Kläger an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden.
59 
Nach den dem Senat vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Qualität der medizinischen Versorgung in der Republik Togo eingeschränkt. Jeder Arztbesuch muss sofort bezahlt werden, größere Eingriffe werden nur gegen Vorauskasse durchgeführt. Da weniger als 5 % der Bevölkerung krankenversichert sind, müssen die Kosten in der Regel privat getragen werden; das ist mangels ausreichender finanzieller Mittel für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 16.08.2011).
60 
In der Hauptstadt existieren mehrere private sowie staatliche Kliniken. Im Landesinneren gibt es für jede Region ein Regionalkrankenhaus sowie einige gute private Kliniken, die von Kirchen finanziert werden. Dort können überlebensnotwendige Eingriffe durchgeführt werden. Zahlreiche Gesundheitsvorsorgestellen, so genannte „Dispensaires“ (auch Medikamentenverkauf), bilden die erste Anlaufstelle auf dem Lande (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.).
61 
Die Versorgung mit Medikamenten ist in der Hauptstadt gewährleistet. Die Medikamente werden importiert und sind oft billiger als in Deutschland bzw. Frankreich. Prinzipiell können alle Medikamente innerhalb weniger Tage besorgt werden; in entlegenen Regionen kann es länger dauern. Der Erwerb hängt jedoch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Patienten ab und bedeutet für sie in der Regel eine hohe Belastung. Insbesondere in den nördlichen Landesteilen ist außerhalb der Städte eine Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nicht immer gegeben (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.). Weiter einschränkend wird berichtet, dass es oft zu Engpässen bei der Medikamentenversorgung kommt und es sehr lange dauern kann, bis die Medikamente geliefert werden. Auch ihre Lagerung entspricht oft nicht den Standards, und es kommt vor, dass abgelaufene Medikamente verkauft werden. Die WHO stellt zudem große Mängel bei der Qualitätskontrolle und der Bekämpfung des illegalen Verkaufs von Medikamenten fest (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Togo: Medizinische Versorgung, 16.07.2012).
62 
Obwohl es in Togo Ausbildungsstätten für medizinisches Personal gibt (Fakultät für Medizin und Arzneikunde, Schule für Krankenpflegerinnen und Hebammenschule), existieren große Personalengpässe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.).
63 
Allgemein kann gesagt werden, dass nahezu alle Medikamente und medizinischen Dienstleistungen in Togo erhältlich sind, wenn der/die Patientin in der Lage ist, die oft hohen Preise selber zu bezahlen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015).
64 
Die konkreten Erkenntnisse zur medizinischen Versorgung von Personen, die an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leiden, stellen sich wie folgt dar:
65 
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16.08.2011 kann Diabetes mellitus prinzipiell behandelt werden. Entsprechende Medikamente sind erhältlich, die erforderlichen Messgeräte vorhanden. Auch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé führt aus, dass insulinpflichtiger Diabetes mellitus in Togo gut behandelbar ist, eine Behandlung allerdings nur stattfindet, wenn der Patient die Kosten tragen kann (Auskunft vom 14.10.2015 an das Verwaltungsgericht Schwerin). In der oben genannten Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 16.07.2012 heißt es, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich sei. Problematisch seien jedoch die hohen Behandlungskosten, was dazu führe, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo einen ungenügenden Zugang zu Insulin habe. Zu den Behandlungskosten wird ausgeführt, ein Bericht der WHO und der Organisation Health Action International stellte fest, dass der tiefste Preis für 10 ml Insulin im Jahr 2008 in Togo 7.70 US-Dollar betrug. Pro Monat muss ein Diabetiker, der 10 ml Insulin, sechs Spritzen und einen Blut-Teststreifen braucht, mit Ausgaben von mindestens zehn US-Dollar rechnen. Das nationale Pro-Kopf-Bruttoeinkommen betrug im Jahr 2010 490 US-Dollar. Das bedeutet, dass ein Togolese im Durchschnitt mindestens 24,5 % seines Jahreseinkommens für die Behandlung von Diabetes aufwenden muss. Die sehr hohen Kosten für die Diabetes-Behandlung erklären auch den ungenügenden Zugang zu Insulin für Diabetiker in Togo. Der Bericht der International Diabetes Federation hebt hervor, dass in Togo 50 bis 75 % aller Diabetiker keinen Zugang zu Insulin haben, weil es zu teuer ist.
66 
Angesichts dieser Erkenntnislage verkennt der Senat nicht, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo aus finanziellen Gründen nur einen unzureichenden Zugang zu Insulin und damit zu einer ausreichenden medizinischen Behandlung ihrer Erkrankung haben (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.12.2013 - 7a K 5347/12.A -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 24.06.2008 - 7 A 1830/06 -, juris). Auf der Grundlage der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung durch das Bundesamt geht der Senat indes davon aus, dass der Kläger dieser Gruppe aufgrund in seinem Falle bestehender Besonderheiten nicht angehört. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass für den Kläger eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG deshalb besteht, weil ihm individuell aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen die notwendige Behandlung oder Medikation nicht zugänglich ist.
67 
Nach seinen Angaben beim Bundesamt war der Kläger, der seinen Wohnsitz vor der Ausreise in der Hauptstadt Lomé hatte, seit der Feststellung der Erkrankung im Jahr 2012 bis zur Ausreise im Jahr 2016 in Behandlung eines Diabetologen. Von diesem sei er auch mit Tabletten und Insulin zum Spritzen versorgt worden. Seine Mutter und Großmutter, die ebenfalls an Diabetes litten, seien beim gleichen Arzt in Behandlung gewesen. Angesichts dieser Darstellung sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm die vor der Ausreise aus Togo zugute gekommene fachärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nach der Rückkehr aus finanziellen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger dies weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat.
68 
Unabhängig davon kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der 34jährige arbeitsfähige Kläger, der seine wirtschaftliche Lage in Togo als „durchschnittlich“ bezeichnet hat, in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt - wie auch in der Vergangenheit - eigenständig sicherzustellen. Darüber hinaus verfügt er in Lomé über ein familiäres Umfeld: Seinen Angaben zufolge wohnen dort jedenfalls seine Mutter, seine Großmutter sowie seine Partnerin mit den gemeinsamen Kindern. Mit Blick auf die Erkenntnislage, wonach in Togo an die Stelle des Sozialstaats die Solidarität innerhalb der Großfamilie tritt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.10.2015 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen), kann der Kläger insoweit auch mit finanzieller Unterstützung rechnen (zur Einbeziehung einer möglichen Unterstützung durch Angehörige in die gerichtliche Gefahrenprognose vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 06.02.2012 - 10 B 3.12 -, juris, und vom 01.10.2001 - 1 B 185.01 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris). Mit in den Blick zu nehmen sein dürfte auch der Vater des Klägers. Auch wenn der Kläger bekundet hat, dass die Eltern seit langem getrennt leben und der Vater „zur Zeit“ nicht in Togo, sondern im Senegal lebt, hat er doch auch erklärt, mit diesem (wie auch mit seiner Mutter) von Zeit zu Zeit in telefonischem und in E-Mail-Kontakt zu stehen. Diesem Umstand kommt im vorliegenden Zusammenhang Bedeutung zu, weil der Vater nach den Bekundungen des Klägers in Togo als Arzt tätig war. Insoweit spricht einiges dafür, dass er in Togo jedenfalls über einschlägige Kontakte verfügt, was dem Kläger bei der Therapie seiner Diabetes-Erkrankung zugute kommen kann. Überdies kommt auch eine wirtschaftliche Unterstützung durch den Vater in Betracht, zumal der Kläger diesen nach seinen Angaben beim Bundesamt offenbar bislang nicht mit seiner wirtschaftlichen Situation konfrontiert hatte. Die pauschale Angabe des Klägers, er habe ihn „nicht gefragt, weil ich weiß, dass er daran nichts machen könnte“, vermag der Senat jedenfalls nicht nachzuvollziehen.
69 
Im Übrigen ist es dem Kläger unbenommen, vorbeugend für einen Insulinvorrat noch in Deutschland bzw. (über seine Familie) in Lomé zu sorgen, welcher geeignet ist, die Versorgung in der Phase nach der Ankunft im Heimatland sicherzustellen bzw. zu erleichtern.
70 
Vor diesem Hintergrund wird auch mit dem Vortrag des Klägers, zur Rückzahlung eines für die von ihm betriebene Viehzucht aufgenommenen Darlehens nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, nicht ernsthaft in Frage gestellt, dass dem Kläger die notwendige Behandlung oder Medikation zugänglich ist.
71 
Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger allerdings unter Vorlage des ärztlichen Attests des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 geltend gemacht, die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren.
72 
Indes werden mit dem Attest jedenfalls keine hinreichend aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die in Togo durchgeführte fachärztliche Behandlung der Diabetes-Erkrankung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente tatsachlich in einem Maße unzureichend war, dass dies die Prognose rechtfertigen könnte, dem Kläger drohe alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo eine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung.
73 
Die Ausführungen im Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. sind nicht geeignet, die oben beschriebene Erkenntnislage zur grundsätzlichen Verfügbarkeit der für eine zureichende Behandlung von Diabetes mellitus 1 erforderlichen Medikamente in Togo ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil Dr. T. die Quellen seiner Informationen über die Verhältnisse in Togo nicht offen legt. Dessen ungeachtet stimmen die oben aufgezeigten Erkenntnismittel im Kern darin überein, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich (nach der Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé ist die Erkrankung sogar „gut behandelbar“) ist und entsprechende Medikamente - zumal in der Hauptstadt Lomé - erhältlich sind. Vor diesem Hintergrund zeigt das Attest hinreichend substantiierte und greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von einem Diabetologen in der Hauptstadt Lomé durchgeführte Behandlung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente wirkungslos bzw. unzureichend gewesen sein soll, nicht auf. Solche Anhaltspunkte sind gerade auch auf der Grundlage der Bekundungen des Klägers beim Bundesamt zu der in Togo erfahrenen Behandlung nicht ersichtlich. Insbesondere hat er dort keinerlei Angaben gemacht, die darauf hindeuten, dass die - sich immerhin über einen Zeitraum von vier Jahren erstreckende - fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo seiner Beurteilung nach wirkungslos bzw. unzureichend, etwa zur Beseitigung bzw. Eindämmung der mit der Erkrankung einhergehenden Symptome nicht geeignet war. Auch hinsichtlich der Behandlung seiner Mutter und Großmutter hat er Entsprechendes nicht vorgetragen.
74 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Angabe im Attest, der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie - nach den Angaben des Klägers beim Bundesamt hat der Arzt auf dem Gelände des Ankunftszentrums die Medikation umgestellt, ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen - liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ein Untersuchungsbericht, anhand dessen diese Angaben nachvollzogen werden können, ist indes nicht vorgelegt worden. Unabhängig davon stellt allein der Umstand, dass beim Kläger bei seiner Ankunft in Deutschland (einmalig) ein Wert von 15 % HbA1c gemessen worden sein soll, keinen ausreichenden Beleg dafür dar, dass die fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo tatsächlich in einem rechtlich relevanten Ausmaß unzureichend war. Es ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger während seiner fachärztlichen Behandlung in Togo vergleichbar hohe Blutzuckerwerte aufgewiesen hat wie bei seiner Ankunft in Deutschland. Deutlich gegen diese Möglichkeit sprechen - wie dargelegt - die Angaben des Klägers zur fachärztlichen Behandlung durch einen Diabetologen in Lomé und fehlende Angaben zu Anhaltspunkten für eine etwaige Wirkungslosigkeit der über mehrere Jahre erfolgten fachärztlichen Behandlung und Medikation. Im Übrigen liegen keine hinreichenden Erkenntnisse dazu vor, ob der Kläger im Zeitraum vor und auf der Reise nach Deutschland überhaupt ausreichend mit Medikamenten versorgt war bzw. er die Vorgaben zur regelmäßigen Einnahme der Medikamente bzw. zum regelmäßigen Spritzen einhielt bzw. einhalten konnte. Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf die vorhandenen, im Kern übereinstimmenden Erkenntnismittel sieht der Senat keinen Anlass, auf die Anregung des Kläger-Vertreters eine ergänzende Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé einzuholen.
75 
Es ist danach nicht ersichtlich, dass Kläger sich nach der Rückkehr nicht wieder in die Behandlung seines Diabetologen begeben und dort mit diesem - auch unter Einbeziehung der dem Kläger in Deutschland ärztlicherseits vermittelten Informationen - die hinreichend wirksame Therapie seiner Erkrankung fortführen kann. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass davon auszugehen ist, dass er auf die Unterstützung seines früher in Togo als Arzt tätigen Vaters zurückgreifen kann.
76 
Bei einer Gesamtschau sämtlicher Umstände des Einzelfalls kann der Senat jedenfalls nicht mit der insoweit erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2011 - 10 B 1.11 -, juris) feststellen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die Diabetes-Erkrankung des Klägers in Togo wegen des geringeren Versorgungsstandards nicht verfügbar ist und dies zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Klägers führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo droht. Der Senat schließt zwar - gerade auch mit Blick auf den Umstand, dass nach seiner Ankunft in Deutschland die Medikation umgestellt wurde - nicht aus, dass die dem Kläger in Togo für seine Erkrankung zur Verfügung stehende Behandlung und Medikation nicht den heute in Deutschland geltenden und praktizierten Standards entspricht. Indes ist der Umstand, dass die medizinische Versorgung in Togo möglicherweise mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist, für sich genommen nicht geeignet, eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
VII.
77 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung - mit der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylG) auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerten Ausreisefrist - ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
VIII.
78 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
79 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
22 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist indes nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zu Unrecht hat es allerdings angenommen, dass die Klage bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (II.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (III.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (IV.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (V.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (VI.). Auch die Abschiebungsandrohung des Bundesamts ist nicht zu beanstanden (VII.).
I.
24 
Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden.
25 
Zwar ist die Klage beim Verwaltungsgericht erst am 23.08.2006 und damit nicht innerhalb der hier nach § 74 Abs. 1 2. Hs., § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG maßgeblichen Frist von einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts am 18.07.2016 eingegangen. Dies führt aber nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die einwöchige Klagefrist ist nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
26 
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist (Satz 1), bei dem Verwaltungsgericht aber auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (Satz 2), wird nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangt. Auch die vom Gesetz geforderte Belehrung „über den Rechtsbehelf“ schließt eine Belehrung über das mit § 81 Abs. 1 VwGO aufgestellte Formerfordernis nicht ein (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188, zum Formerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sowie vom 27.02.1976 - IV 74.74 -, NJW 1976, 1332).
27 
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urteile vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 21.03.2002 - 4 C 2.01 -, juris, jeweils m.w.N.; vgl. auch die Beschlüsse vom 03.03.2016 - 3 PKH 5.15 -, vom 31.08.2015 - 2 B 61.14 - und vom 16. 11.2012 - 1 WB 3.12 -, jeweils juris und m.w.N.). Versieht die Behörde die Belehrung mit nicht zwingenden Elementen, birgt dies das Risiko von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, die die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig machen können (vgl. Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 64; Kimmel, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 58 Rn. 20; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 58 Rn. 44).
28 
Die dem Bescheid des Bundesamts vom 23.06.2016 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung weist eine derartige Unrichtigkeit auf. Denn dort heißt es u.a., dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss. Mit dieser Formulierung ist die Rechtsbehelfsbelehrung geeignet, bei dem Betroffenen den - im Widerspruch zum Gesetz stehenden - Eindruck zu erwecken, dass die Klage gegen den Bundesamtsbescheid bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden muss und dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hat (für Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung auch VG Augsburg, Beschluss vom 03.12.2014 - Au 7 S 14.50321 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.06.2016 - 3a K 4187/15.A -, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A, juris; VG Hannover, Beschluss vom 15.09.2016 - 3 B 4870/16 -, juris; VG Meiningen, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 E 21517/16 Me -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15a L 3029/16.A -, juris; gegen Unrichtigkeit: VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.11.2016 - 14a L 2496/16.A -, juris; VG Berlin, Beschlüsse vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris, und vom 16.11.2016 - 6 L 1249.16A -, juris; VG Saarland, Urteil vom 19.12.2016 - 3 K 2501/16 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 AE 94/17 -, juris; der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.1990 - 9 B 506.89 -, juris, verhält sich zu dieser Frage nicht).
29 
Dabei geht der Senat davon aus, dass das - in der maßgeblichen deutschen Rechtsbehelfsbelehrung verwendete - Verb „abfassen“ jedenfalls nach dem überwiegenden Sprachgebrauch in dem Sinne verstanden wird, dass einer Erklärung eine schriftliche Form gegeben wird (vgl. jeweils zum Stichwort „abfassen“: http://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen; Duden, Das Synonymwörterbuch, 6. Aufl. 2014; https://www.openthesaurus.de/synonyme/abfassen). Dies belegen insbesondere die (dort) angegebenen Synonyme anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen. In vergleichbarer Weise gilt dies für das Verb „rédiger“, das in der dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung in französischer Sprache verwendet wird. Dieses wird allgemein als Synonym für „schreiben in oder nach einer bestimmten Form“, „schriftlich niederlegen“ o.Ä. verwendet (vgl. jeweils zum Stichwort „rédiger“: Pons, Le Petit Robert, 2015/2016; http://www.le-dictionnaire.com; http://www.larousse.fr/diction-naires/francais“).
30 
Teilweise wird allerdings eingewandt, dass der Rechtsbehelfsbelehrung selbst bei einer Lesart des Begriffs „abfassen“ im Sinne eines schriftlichen Niederlegens nicht entnommen werden könne, dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hätte (vgl. VG Berlin, Urteil vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris). Dies trifft insofern zu, als die Rechtsbehelfsbelehrung angesichts der passivischen Verwendung des Verbs in der Form des Partizips Perfekt bzw. Partizips 2 in Verbindung mit dem Hilfsverb „müssen“ („…muss…abgefasst sein.“) jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lässt, wer es ist, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen hat. Wenn indes daraus gefolgert wird, damit sei die - gesetzlich vorgesehene - Möglichkeit einer mündlich zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage eingeschlossen, da auch diese von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgefasst, nämlich zu Protokoll genommen werde (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Berlin, a.a.O.), greift dies nach Auffassung des Senats zu kurz. Dass der passivische Gebrauch des Verbs „abfassen“ formal logisch die Möglichkeit einer Klagerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, reicht für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, welche Vorstellungen die gegenständliche Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheids auslösen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nach ihrem Zweck und ihrem gesamten Inhalt ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richtet und dass sie deshalb - trotz der insgesamt passivischen Formulierung - erkennbar beschreibt, was dieser - in der kurzen Frist von einer Woche - zu tun bzw. zu veranlassen hat, um wirksam Klage zu erheben. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltungsgerichtsordnung dem Adressaten das Recht einräumt, zur Erfüllung der beschriebenen Anforderungen die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch zu nehmen, lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnehmen. Damit liegt die Annahme fern, dass ein Bescheidempfänger trotz des Wortlauts der Rechtsbehelfsbelehrung ernsthaft damit rechnen könnte, dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klage dadurch Genüge zu tun, dass er persönlich beim Verwaltungsgericht vorspricht und sein mündlich formuliertes Rechtsschutzbegehren vom dortigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle protokollieren lässt. Jedenfalls ist die gegenständliche Formulierung geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von einer Klagerhebung überhaupt oder von einer rechtzeitigen Klageerhebung abzuhalten. Es ist durchaus naheliegend, dass der Adressat davon ausgeht, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Dies steht indes in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach die Klage beim Verwaltungsgericht auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. Mit der Regelung soll dem Kläger der Rechtsschutz erleichtert werden, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen, etwa auch mangels hinreichender Kenntnis der deutschen Sprache, den Weg zum Gericht vorzieht (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 81 Rn. 10). Die vom Bundesamt gewählte Formulierung erschwert dem Betroffenen demgegenüber die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Denn es liegt nicht fern, dass sich der Betroffene selbst dem Erfordernis der schriftlichen Abfassung nicht gewachsen fühlt, er aber auch den Aufwand und die Kosten scheut, die mit einer Inanspruchnahme der Hilfe durch Rechtskundige verbunden sind, und deshalb von der Klagerhebung absieht (vgl. zu einer Rechtsbehelfsbelehrung, die den Eindruck erweckt, der Widerspruch könne nur schriftlich eingelegt werden BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 78, 57).
31 
Da es für die Unrichtigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO auf den „Empfängerhorizont“ ankommt, führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beklagte mit der gewählten Formulierung möglicherweise den Zweck verfolgt hat zu vermeiden, dass mit einer - entgegen § 55 VwGO in Verbindung mit § 184 Satz 1 GVG - nicht in deutscher Sprache erhobenen Klage Fristen versäumt werden.
32 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Hinweis auf die Notwendigkeit der Abfassung in deutscher Sprache zusätzlich deshalb irreführend ist, weil es bei der Erklärung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle regelmäßig genügt, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber - etwa durch konkludentes Verhalten mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke und die bruchstückhafte Verwendung deutschsprachiger Begriffe - noch hinreichend verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen (vgl. hierzu VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A -, juris Rn. 64).
33 
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist schließlich auch unerheblich, ob bzw. inwieweit der Kläger über Deutschkenntnisse verfügt und ob er tatsächlich wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes nicht fristgerecht erhoben hat. Nach der angeführten Rechtsprechung genügt es, wenn der unrichtige Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung generell geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren. Das Ob und das Wie der Belehrung sind nach § 58 VwGO streng formalisiert. Die Vorschrift macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.04.2009 - 3 C 23.08 -, BVerwGE 134, 41, vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 13.01.1971 - V C 53.70 -, BVerwGE 37, 85).
II.
34 
Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist für die Beurteilung des Begehrens des Klägers auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 04.11.2016 (BGBl. I S. 2460) geänderte Asylgesetz.
III.
35 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG.
36 
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
37 
Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. Senatsurteil vom 03.11.2016 - A 9 S 303/15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 -, juris Rn. 24 a.E.; BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55).
38 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
39 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 26 m.w.N.).
40 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z.B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
41 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
42 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss.
43 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
44 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes.
45 
Dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Togo einer als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG eingestuften Handlung nach § 3a Abs. 1 AsylG ausgesetzt war, hat er nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
46 
Der Kläger war aber auch nicht von einer solchen Verfolgung ernsthaft bedroht. Die von ihm geltend gemachte Befürchtung, in Haft genommen zu werden, knüpft bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht an einen flüchtlingsrechtlich erheblichen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3b AsylG an, sondern vielmehr allein an den Umstand, dass er sich seinen zivilrechtlichen Verpflichtungen aus einem Darlehnsvertrag entzogen hatte. Es fehlt an jedem Hinweis, dass die Auseinandersetzung mit der Darlehensgläubigerin ihren Grund in unverfügbaren Merkmalen des Klägers gehabt haben könnte. Auch nach deutschem Recht kommt im Rahmen des zivilprozessualen Vollstreckungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen der Erlass einer Haftanordnung gegen den Schuldner in Betracht (vgl. § 802g ZPO). Damit fehlt es schon an der notwendigen Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.2009, a.a.O.)
47 
Unabhängig davon hat der Senat auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens nicht die Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger im Zeitpunkt der Ausreise im Kontext der zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Inhaftierung durch die Polizei bzw. mit „Gefängnis“ zu rechnen hatte. Seine diesbezüglichen Angaben, er „vermute“, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzu gerufen hätte, er „habe gehört“, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei, erweisen sich insoweit als zu vage und zu unbestimmt, als dass ihnen Glauben geschenkt werden könnte. Hinreichend greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gläubigerin tatsächlich bevorstand, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Kreditgeberin, die der Kläger im Übrigen als „Bekannte“ bezeichnet hat, sich zunächst durchaus kulant gezeigt hatte, indem sie ihm, nachdem er das Darlehen nicht fristgerecht zurückgezahlt hatte, das Kapital stundete und die Zinsen sogar erließ. Der Senat vermag insbesondere angesichts der aus der Schilderung des Klägers deutlich werdenden Kompromissbereitschaft der Gläubigerin auch nicht nachzuvollziehen, weshalb sich der Kläger in dieser Situation nicht um eine weitere Stundung oder eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit bemühte, sondern es vorzog, noch vor Ablauf der ihm von der Gläubigerin eingeräumten weiteren Frist das Land zu verlassen. Zudem hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid - zu Recht und ohne dass sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren hierzu eingelassen hätte - darauf verwiesen, dass der Kläger bis dahin ein zuverlässiger Schuldner gewesen sei und die Gläubigerin im Falle einer Inhaftierung des Klägers ohnehin keine Aussicht auf eine (wenigstens teilweise) Rückzahlung des Darlehens gehabt hätte.
48 
Der Kläger muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht deswegen politische Verfolgung befürchten, weil er im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt hat. Bereits in der Vergangenheit hatte der Senat festgestellt, dass die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland und ein Auslandsaufenthalt für togoische Staatsangehörige keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgung in ihrem Heimatland begründen (vgl. Senatsurteile vom 25.03.2003 - A 9 S 1089/01 -, juris, und vom 20.04.2004 - A 9 S 849/03 -, juris). Daran hält der Senat auf der Grundlage der aktuellen und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel fest. Danach löst ein Asylantrag allein keine staatlichen Repressionen aus. Die Behörden sind in aller Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder deutschen Behörden noch togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Togo vom 16.08.2011 sowie Auskunft vom 28.09.2011 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen). Dem Auswärtigen Amt sind nicht einmal Fälle bekannt, in denen die Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation für einen in sein Heimatland zurückkehrenden Togoer nachteilige Folgen gehabt hätte. Es gibt in Togo zahlreiche, zum Teil sehr regierungskritische Menschenrechtsorganisationen, die hier unbehelligt tätig werden und die die Regierung, z.B. der für Menschenrechtsfragen zuständige Minister, als Gesprächspartner betrachtet (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.01.2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart). Diese Einschätzung wird durch die jüngere Rechtsprechung anderer Gerichte bestätigt (vgl. nur BayVGH, Beschluss vom 05.07.2013 - 9 B 12.30352 -, juris, und Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30382 -, juris, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.06.2008 - 4 L 338/05 -, juris).
IV.
49 
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil er nach seinen eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg mit dem Zug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Ungeachtet dessen liegen - wie unter III. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Asylberechtigung aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
V.
50 
Der Kläger hat auch nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in seiner Heimat ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht.
VI.
51 
Schließlich hat der Kläger auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre.
52 
Der Kläger, der an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt ist, hat insbesondere keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (BVerwG, Beschluss vom 23.07.2007 - 10 B 85.07 -, juris ; Urteile vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris , vom 29.07.1999 - 9 C 2.99 - juris , vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, juris und vom 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, juris ). Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O. [bei HIV und Aids]). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht zu erlangenden medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O.).
53 
Ob die Zahl der in Togo an Diabetes mellitus Typ 1 leidenden Personen so groß ist, dass dies die Qualifizierung als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG rechtfertigt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls lassen sich im vorliegenden Fall auch die weniger strengen Voraussetzungen der „erheblichen konkreten Gefahr“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung nicht feststellen.
54 
Danach muss die Gesundheitsgefahr erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.1999, a.a.O.). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17.03.2016 geänderten Fassung nachgezeichnet. Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
55 
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
56 
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9).
57 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen.
58 
Nach den Angaben des Klägers sowie dem im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 leidet der Kläger an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden.
59 
Nach den dem Senat vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Qualität der medizinischen Versorgung in der Republik Togo eingeschränkt. Jeder Arztbesuch muss sofort bezahlt werden, größere Eingriffe werden nur gegen Vorauskasse durchgeführt. Da weniger als 5 % der Bevölkerung krankenversichert sind, müssen die Kosten in der Regel privat getragen werden; das ist mangels ausreichender finanzieller Mittel für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 16.08.2011).
60 
In der Hauptstadt existieren mehrere private sowie staatliche Kliniken. Im Landesinneren gibt es für jede Region ein Regionalkrankenhaus sowie einige gute private Kliniken, die von Kirchen finanziert werden. Dort können überlebensnotwendige Eingriffe durchgeführt werden. Zahlreiche Gesundheitsvorsorgestellen, so genannte „Dispensaires“ (auch Medikamentenverkauf), bilden die erste Anlaufstelle auf dem Lande (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.).
61 
Die Versorgung mit Medikamenten ist in der Hauptstadt gewährleistet. Die Medikamente werden importiert und sind oft billiger als in Deutschland bzw. Frankreich. Prinzipiell können alle Medikamente innerhalb weniger Tage besorgt werden; in entlegenen Regionen kann es länger dauern. Der Erwerb hängt jedoch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Patienten ab und bedeutet für sie in der Regel eine hohe Belastung. Insbesondere in den nördlichen Landesteilen ist außerhalb der Städte eine Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nicht immer gegeben (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.). Weiter einschränkend wird berichtet, dass es oft zu Engpässen bei der Medikamentenversorgung kommt und es sehr lange dauern kann, bis die Medikamente geliefert werden. Auch ihre Lagerung entspricht oft nicht den Standards, und es kommt vor, dass abgelaufene Medikamente verkauft werden. Die WHO stellt zudem große Mängel bei der Qualitätskontrolle und der Bekämpfung des illegalen Verkaufs von Medikamenten fest (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Togo: Medizinische Versorgung, 16.07.2012).
62 
Obwohl es in Togo Ausbildungsstätten für medizinisches Personal gibt (Fakultät für Medizin und Arzneikunde, Schule für Krankenpflegerinnen und Hebammenschule), existieren große Personalengpässe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.).
63 
Allgemein kann gesagt werden, dass nahezu alle Medikamente und medizinischen Dienstleistungen in Togo erhältlich sind, wenn der/die Patientin in der Lage ist, die oft hohen Preise selber zu bezahlen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015).
64 
Die konkreten Erkenntnisse zur medizinischen Versorgung von Personen, die an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leiden, stellen sich wie folgt dar:
65 
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16.08.2011 kann Diabetes mellitus prinzipiell behandelt werden. Entsprechende Medikamente sind erhältlich, die erforderlichen Messgeräte vorhanden. Auch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé führt aus, dass insulinpflichtiger Diabetes mellitus in Togo gut behandelbar ist, eine Behandlung allerdings nur stattfindet, wenn der Patient die Kosten tragen kann (Auskunft vom 14.10.2015 an das Verwaltungsgericht Schwerin). In der oben genannten Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 16.07.2012 heißt es, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich sei. Problematisch seien jedoch die hohen Behandlungskosten, was dazu führe, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo einen ungenügenden Zugang zu Insulin habe. Zu den Behandlungskosten wird ausgeführt, ein Bericht der WHO und der Organisation Health Action International stellte fest, dass der tiefste Preis für 10 ml Insulin im Jahr 2008 in Togo 7.70 US-Dollar betrug. Pro Monat muss ein Diabetiker, der 10 ml Insulin, sechs Spritzen und einen Blut-Teststreifen braucht, mit Ausgaben von mindestens zehn US-Dollar rechnen. Das nationale Pro-Kopf-Bruttoeinkommen betrug im Jahr 2010 490 US-Dollar. Das bedeutet, dass ein Togolese im Durchschnitt mindestens 24,5 % seines Jahreseinkommens für die Behandlung von Diabetes aufwenden muss. Die sehr hohen Kosten für die Diabetes-Behandlung erklären auch den ungenügenden Zugang zu Insulin für Diabetiker in Togo. Der Bericht der International Diabetes Federation hebt hervor, dass in Togo 50 bis 75 % aller Diabetiker keinen Zugang zu Insulin haben, weil es zu teuer ist.
66 
Angesichts dieser Erkenntnislage verkennt der Senat nicht, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo aus finanziellen Gründen nur einen unzureichenden Zugang zu Insulin und damit zu einer ausreichenden medizinischen Behandlung ihrer Erkrankung haben (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.12.2013 - 7a K 5347/12.A -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 24.06.2008 - 7 A 1830/06 -, juris). Auf der Grundlage der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung durch das Bundesamt geht der Senat indes davon aus, dass der Kläger dieser Gruppe aufgrund in seinem Falle bestehender Besonderheiten nicht angehört. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass für den Kläger eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG deshalb besteht, weil ihm individuell aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen die notwendige Behandlung oder Medikation nicht zugänglich ist.
67 
Nach seinen Angaben beim Bundesamt war der Kläger, der seinen Wohnsitz vor der Ausreise in der Hauptstadt Lomé hatte, seit der Feststellung der Erkrankung im Jahr 2012 bis zur Ausreise im Jahr 2016 in Behandlung eines Diabetologen. Von diesem sei er auch mit Tabletten und Insulin zum Spritzen versorgt worden. Seine Mutter und Großmutter, die ebenfalls an Diabetes litten, seien beim gleichen Arzt in Behandlung gewesen. Angesichts dieser Darstellung sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm die vor der Ausreise aus Togo zugute gekommene fachärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nach der Rückkehr aus finanziellen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger dies weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat.
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Unabhängig davon kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der 34jährige arbeitsfähige Kläger, der seine wirtschaftliche Lage in Togo als „durchschnittlich“ bezeichnet hat, in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt - wie auch in der Vergangenheit - eigenständig sicherzustellen. Darüber hinaus verfügt er in Lomé über ein familiäres Umfeld: Seinen Angaben zufolge wohnen dort jedenfalls seine Mutter, seine Großmutter sowie seine Partnerin mit den gemeinsamen Kindern. Mit Blick auf die Erkenntnislage, wonach in Togo an die Stelle des Sozialstaats die Solidarität innerhalb der Großfamilie tritt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.10.2015 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen), kann der Kläger insoweit auch mit finanzieller Unterstützung rechnen (zur Einbeziehung einer möglichen Unterstützung durch Angehörige in die gerichtliche Gefahrenprognose vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 06.02.2012 - 10 B 3.12 -, juris, und vom 01.10.2001 - 1 B 185.01 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris). Mit in den Blick zu nehmen sein dürfte auch der Vater des Klägers. Auch wenn der Kläger bekundet hat, dass die Eltern seit langem getrennt leben und der Vater „zur Zeit“ nicht in Togo, sondern im Senegal lebt, hat er doch auch erklärt, mit diesem (wie auch mit seiner Mutter) von Zeit zu Zeit in telefonischem und in E-Mail-Kontakt zu stehen. Diesem Umstand kommt im vorliegenden Zusammenhang Bedeutung zu, weil der Vater nach den Bekundungen des Klägers in Togo als Arzt tätig war. Insoweit spricht einiges dafür, dass er in Togo jedenfalls über einschlägige Kontakte verfügt, was dem Kläger bei der Therapie seiner Diabetes-Erkrankung zugute kommen kann. Überdies kommt auch eine wirtschaftliche Unterstützung durch den Vater in Betracht, zumal der Kläger diesen nach seinen Angaben beim Bundesamt offenbar bislang nicht mit seiner wirtschaftlichen Situation konfrontiert hatte. Die pauschale Angabe des Klägers, er habe ihn „nicht gefragt, weil ich weiß, dass er daran nichts machen könnte“, vermag der Senat jedenfalls nicht nachzuvollziehen.
69 
Im Übrigen ist es dem Kläger unbenommen, vorbeugend für einen Insulinvorrat noch in Deutschland bzw. (über seine Familie) in Lomé zu sorgen, welcher geeignet ist, die Versorgung in der Phase nach der Ankunft im Heimatland sicherzustellen bzw. zu erleichtern.
70 
Vor diesem Hintergrund wird auch mit dem Vortrag des Klägers, zur Rückzahlung eines für die von ihm betriebene Viehzucht aufgenommenen Darlehens nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, nicht ernsthaft in Frage gestellt, dass dem Kläger die notwendige Behandlung oder Medikation zugänglich ist.
71 
Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger allerdings unter Vorlage des ärztlichen Attests des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 geltend gemacht, die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren.
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Indes werden mit dem Attest jedenfalls keine hinreichend aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die in Togo durchgeführte fachärztliche Behandlung der Diabetes-Erkrankung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente tatsachlich in einem Maße unzureichend war, dass dies die Prognose rechtfertigen könnte, dem Kläger drohe alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo eine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung.
73 
Die Ausführungen im Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. sind nicht geeignet, die oben beschriebene Erkenntnislage zur grundsätzlichen Verfügbarkeit der für eine zureichende Behandlung von Diabetes mellitus 1 erforderlichen Medikamente in Togo ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil Dr. T. die Quellen seiner Informationen über die Verhältnisse in Togo nicht offen legt. Dessen ungeachtet stimmen die oben aufgezeigten Erkenntnismittel im Kern darin überein, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich (nach der Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé ist die Erkrankung sogar „gut behandelbar“) ist und entsprechende Medikamente - zumal in der Hauptstadt Lomé - erhältlich sind. Vor diesem Hintergrund zeigt das Attest hinreichend substantiierte und greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von einem Diabetologen in der Hauptstadt Lomé durchgeführte Behandlung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente wirkungslos bzw. unzureichend gewesen sein soll, nicht auf. Solche Anhaltspunkte sind gerade auch auf der Grundlage der Bekundungen des Klägers beim Bundesamt zu der in Togo erfahrenen Behandlung nicht ersichtlich. Insbesondere hat er dort keinerlei Angaben gemacht, die darauf hindeuten, dass die - sich immerhin über einen Zeitraum von vier Jahren erstreckende - fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo seiner Beurteilung nach wirkungslos bzw. unzureichend, etwa zur Beseitigung bzw. Eindämmung der mit der Erkrankung einhergehenden Symptome nicht geeignet war. Auch hinsichtlich der Behandlung seiner Mutter und Großmutter hat er Entsprechendes nicht vorgetragen.
74 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Angabe im Attest, der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie - nach den Angaben des Klägers beim Bundesamt hat der Arzt auf dem Gelände des Ankunftszentrums die Medikation umgestellt, ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen - liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ein Untersuchungsbericht, anhand dessen diese Angaben nachvollzogen werden können, ist indes nicht vorgelegt worden. Unabhängig davon stellt allein der Umstand, dass beim Kläger bei seiner Ankunft in Deutschland (einmalig) ein Wert von 15 % HbA1c gemessen worden sein soll, keinen ausreichenden Beleg dafür dar, dass die fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo tatsächlich in einem rechtlich relevanten Ausmaß unzureichend war. Es ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger während seiner fachärztlichen Behandlung in Togo vergleichbar hohe Blutzuckerwerte aufgewiesen hat wie bei seiner Ankunft in Deutschland. Deutlich gegen diese Möglichkeit sprechen - wie dargelegt - die Angaben des Klägers zur fachärztlichen Behandlung durch einen Diabetologen in Lomé und fehlende Angaben zu Anhaltspunkten für eine etwaige Wirkungslosigkeit der über mehrere Jahre erfolgten fachärztlichen Behandlung und Medikation. Im Übrigen liegen keine hinreichenden Erkenntnisse dazu vor, ob der Kläger im Zeitraum vor und auf der Reise nach Deutschland überhaupt ausreichend mit Medikamenten versorgt war bzw. er die Vorgaben zur regelmäßigen Einnahme der Medikamente bzw. zum regelmäßigen Spritzen einhielt bzw. einhalten konnte. Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf die vorhandenen, im Kern übereinstimmenden Erkenntnismittel sieht der Senat keinen Anlass, auf die Anregung des Kläger-Vertreters eine ergänzende Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé einzuholen.
75 
Es ist danach nicht ersichtlich, dass Kläger sich nach der Rückkehr nicht wieder in die Behandlung seines Diabetologen begeben und dort mit diesem - auch unter Einbeziehung der dem Kläger in Deutschland ärztlicherseits vermittelten Informationen - die hinreichend wirksame Therapie seiner Erkrankung fortführen kann. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass davon auszugehen ist, dass er auf die Unterstützung seines früher in Togo als Arzt tätigen Vaters zurückgreifen kann.
76 
Bei einer Gesamtschau sämtlicher Umstände des Einzelfalls kann der Senat jedenfalls nicht mit der insoweit erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2011 - 10 B 1.11 -, juris) feststellen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die Diabetes-Erkrankung des Klägers in Togo wegen des geringeren Versorgungsstandards nicht verfügbar ist und dies zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Klägers führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo droht. Der Senat schließt zwar - gerade auch mit Blick auf den Umstand, dass nach seiner Ankunft in Deutschland die Medikation umgestellt wurde - nicht aus, dass die dem Kläger in Togo für seine Erkrankung zur Verfügung stehende Behandlung und Medikation nicht den heute in Deutschland geltenden und praktizierten Standards entspricht. Indes ist der Umstand, dass die medizinische Versorgung in Togo möglicherweise mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist, für sich genommen nicht geeignet, eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
VII.
77 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung - mit der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylG) auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerten Ausreisefrist - ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
VIII.
78 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
79 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der am 1. Januar 1998 in Kunar geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10. April 2017, mit dem sein Asylantrag vom 20. Mai 2016 abgelehnt wurde.

Ausweislich der Postzustellungsurkunde erfolgte die Zustellung des Bescheids am 12. April 2017. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrunglautet folgendermaßen:

„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem

Verwaltungsgericht Regensburg

Haid Platz 1

93047 Regensburg

erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend. Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. …“

Am 4. Mai 2017 erhob der Kläger hiergegen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zur Niederschrift unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen Klage. Wegen einer eventuell verspäteten Klageerhebung wies er darauf hin, dass er im letzten Monat erkrankt gewesen sei und nicht habe kommen können. Dies könne der Leiter seiner Gemeinschaftsunterkunft bestätigen. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Beklagte entgegnete, es sei nicht belegt, dass der Kläger gesundheitlich außerstande gewesen wäre, rechtzeitig Klage einzureichen, und beantragte Klageabweisung.

Nach Anhörung des Klägers wurde die Klage mit Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Juni 2017 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Klage sei nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) erhoben worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 18.4.2017 – A 9 S 333/17 – NVwZ 2017, 1477) sei auch nicht davon auszugehen, dass die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO seien nicht glaubhaft gemacht worden.

Auf Antrag des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. August 2017 (13a ZB 17.30882) die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob die Formulierung, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein müsse, zur Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung:führe, zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung verweist der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 18.4.2017 a.a.O.) darauf, dass die Rechtsbehelfsbelehrung:unrichtig und die Klage damit nicht verfristet sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Juni 2017 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Es wird ausgeführt, eine Rechtsbehelfsbelehrung:sei zwar unrichtig im Sinn von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie einen irreführenden Hinweis aufweise, der generell geeignet sei, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig und in der richtigen Form einzulegen. Mit dem Verwaltungsgericht Schleswig (GB v. 2.6.2017 – 13 A 142/17 – juris), dem Verwaltungsgericht Berlin (U.v. 24.1.2017 – 21 K 346.16 A – juris) und dem Verwaltungsgericht Karlsruhe (U.v. 13.6.2017 – A 5 K 2523/17- juris) werde davon ausgegangen, dass die Formulierung „in deutscher Sprache abgefasst“ kein Hinweis auf die Erforderlichkeit einer schriftlichen Klageerhebung sei und insbesondere die mündliche Klageerhebung zur Niederschrift nicht ausschließe. Auch die Definition im Duden beschränke sich nicht auf die Schriftlichkeit, sondern lasse die Form offen. Aus der passivischen Formulierung ergebe sich ebenfalls nicht, dass der Kläger selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Da der Kläger vorliegend den Weg der Klageerhebung zur Niederschrift gewählt habe, sei auch er gerade nicht vom Erfordernis einer schriftlichen Klageerhebung ausgegangen.

Auf die gerichtliche Anfrage vom 13. November 2017 hin haben sich die Parteien mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil die Klagefrist versäumt worden war.

Nach § 74 Abs. 1 AsylG muss die Klage innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden, wobei die Frist gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nur zu laufen beginnt, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.

Schon nach seiner eigenen Aussage hat der Kläger hier nicht innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist Klage erhoben. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Bescheid des Bundesamts vom 10. April 2017 wurde ihm ausweislich der Postzustellungsurkunde am 12. April 2017 zugestellt. Damit war die Klagefrist bereits abgelaufen, als er am 4. Mai 2017 beim Verwaltungsgericht Regensburg zur Niederschrift Klage erhoben hat.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO berufen. Danach ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Bescheids zulässig, wenn die Belehrung unrichtig erteilt ist. Das ist hier nicht der Fall. Eine Rechtsmittelbelehrungist dann in diesem Sinn fehlerhaft, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend erforderlichen Angaben nicht enthält, diese unrichtig wiedergibt oder wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Entscheidend ist, welcher Eindruck bei einem (objektiven) Leser erweckt wird (stRspr., siehe nur BVerwG, B.v. 3.3.2016 – 3 PKH 5.15 – juris mit Verweis auf B.v. 31.8.2015 – 2 B 61.14 – NVwZ 2015, 1699; B.v. 16.11.2012 – 1 WB 3.12 – juris; U.v. 21.3.2002 – 4 C 2.01 – BayVBl 2002, 678). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Rechtsmittelbelehrungdes angefochtenen Bescheids genügt den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO. Als Rechtsbehelf ist richtig die Klage angegeben, die beim Verwaltungsgericht Regensburg binnen zwei Wochen einzureichen ist.

Allerdings beschränkt sich die Belehrung nicht auf diese gesetzlich notwendigen Vorgaben. Unter anderem ist zusätzlich angeführt, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss. Es ist zwar als solches nicht schädlich, auf Modalitäten der Rechtsmitteleinlegung hinzuweisen, über die nicht zwingend belehrt werden muss. Solche Hinweise dürfen aber – wie dargelegt – nicht unrichtig oder irreführend, d.h. geeignet sein, bei dem Betroffenen einen Irrtum hervorzurufen.

Einen solchen unrichtigen oder irreführenden Zusatz, der zu einer Unrichtigkeit im Sinn von § 58 Abs. 2 VwGO führen würde, enthält die vorliegende Rechtsbehelfsbelehrung:nicht. Zunächst ist der Hinweis auf das Erfordernis der deutschen Sprache nicht unrichtig, sondern gibt die Rechtslage zutreffend wieder. Nach § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Auch die zweite Variante – Irreführung – liegt hier nicht vor. Die Formulierung „in deutscher Sprache abgefasst“ erweckt nicht den Eindruck, dass der Betroffene die Klage zwingend selbst in schriftlicher Form einreichen müsste, obwohl sie nach § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (wie hier OVG SH, B.v. 16.11.2017 – 1 LA 68/17 – juris, in dem bereits die grundsätzliche Bedeutung der Frage verneint wird; VG Augsburg, U.v. 10.8.2017 – Au 3 K 16.32597 – juris; VG Karlsruhe, GB v. 13.6.2017 – A 5 K 2523/17 – juris; VG Schleswig, GB v. 2.6.2017 – 13 A 142/17 – juris; VG Berlin, U.v. 24.1.2017 – 21 K 346.16 A – juris).

Das ergibt sich zunächst schon aus der Bedeutung des Verbs „abfassen“ in der deutschen Sprache, die nicht allein auf eine schriftliche Form abzielt. Nach Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen, abgerufen am 5.1.2018) wird unter „abfassen“ verstanden, dass einem vorgegebenen, nicht allzu umfangreichen Stoff die entsprechende sprachliche Form gegeben wird. Als Synonyme werden dort genannt anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen und (gehoben) niederlegen. Anders ausgedrückt bedeutet „abfassen“ somit, dass ein bestimmter Tatsachenstoff vom bloßen Gedanken in eine sprachliche Formulierung transportiert wird und so nach außen dringen kann. Über eine bestimmte Form ist damit noch nichts ausgesagt. Auch wenn die im Duden angeführten Synonyme in der Mehrzahl auf eine Verschriftlichung hindeuten, werden darüber hinaus andere Möglichkeiten genannt, wie etwa „formulieren“. Hinzu kommt, dass ein mit der deutschen Sprache, geschweige denn mit Fragen der semantischen Bedeutung und Auslegung einzelner Begriffe nicht vertrauter Ausländer sein Augenmerk zwangsläufig zuerst nicht auf die Form, sondern auf die Klageerhebung in deutscher Sprache richten wird. Sein originäres Problem wird die Frage sein, wie er dieses Erfordernis bewerkstelligen kann. In ähnlicher Weise argumentiert auch das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (B.v. 16.11.2017 – 1 LA 68/17 – juris), wenn es feststellt, dass eventuelle Unklarheiten nicht durch die Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung:, sondern durch das mangelnde Sprachverständnis verursacht wären.

Zum gleichen Ergebnis führt eine Auslegung in Orientierung an der Verwendung und Bedeutung des Begriffs „abfassen“ durch den Gesetzgeber. Wie bei der juristischen Auslegung, etwa der Frage, was unter „schriftlich“ zu verstehen ist, allgemein üblich, muss auch hier an der Gesetzesformulierung („abfassen“) angesetzt werden. Diesen Begriff verwendet die Verwaltungsgerichtsordnung an mehreren Stellen, etwa in den §§ 117 ff. VwGO. Die gesetzlichen Formulierungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber selbst unter „abfassen“ nicht nur die Schriftform im Sinn von § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vom Kläger eigenhändig unterschriebenes Schriftstück, siehe Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 81 Rn. 3) versteht, sondern auch die elektronische Form oder die Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO). So wird zum Beispiel in § 118 und § 119 Abs. 2 VwGO davon gesprochen, dass ein Urteil „elektronisch abgefasst“ ist. In § 117 Abs. 1 VwGO wird bestimmt, dass das Urteil „schriftlich abzufassen“ ist. Die Anfügung des Adverbs „schriftlich“ würde sich hier erübrigen, wenn sich das Schriftformerfordernis schon allein aus dem Wort „abfassen“ ergäbe. Diese Gesetzesformulierungen finden sich ähnlich lautend auch in weiteren Verfahrensordnungen.

Ein weiterer Grund dafür, dass hier keine Irreführung vorliegt, ist in der passivischen Formulierung „abgefasst“ zu sehen. Aus der Verwendung des Passivs wird deutlich, dass die Regelung nicht auf den Betroffenen zugeschnitten ist, der hier zwingend selbst tätig werden müsste. Er kann vielmehr auch andere Personen für sich tätig werden lassen, sei es einen Bevollmächtigten, sei es den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, bei dem er zur Niederschrift Klage erhebt.

Gerade im Fall des Klägers wird deutlich, dass der Zusatz keine Irreführung hervorgerufen hat. Er hat die Klage eben nicht schriftlich, sondern gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben. Auch die verspätete Klageerhebung begründete er damit, dass er wegen einer Erkrankung nicht (zu Gericht) habe kommen können. Das zeigt zweifelsfrei, dass der Kläger die Rechtsbehelfsbelehrung:nicht in dem Sinn (miss-)verstanden hat, er müsse selbst schriftlich Klage erheben.

Letztendlich geht wohl auch das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 5.2.1990 – 9 B 506.89 – NJW 1990, 3103) nicht davon aus, dass der Zusatz missverständlich wäre. Im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag führt es nämlich aus, wer bewusst entgegen der ausdrücklichen Angabe in der Rechtsmittelbelehrung, dass eine einzulegende Klage in deutscher Sprache abgefasst sein müsse, eine Klageschrift in einer fremden Sprache einreiche, handle nicht „ohne Verschulden“. Auch wenn dort der Schwerpunkt darauf lag, ob eine Klageerhebung in einer anderen als der deutschen Sprache zu einem Verschulden im Sinn von § 60 VwGO führt, lässt sich dieser Entscheidung dennoch entnehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls die Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:gemäß § 58 Abs. 2 VwGO nicht in Frage gestellt hat.

Der gegenteiligen Meinung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 18.4.2017 – A 9 S 333/17 – NVwZ 2017, 1477) wird aus den genannten Gründen nicht gefolgt. Insbesondere ergibt sich weder aus dem Duden für das Verb „abfassen“ das zwingende Erfordernis einer schriftlichen Form, noch ist ersichtlich, weshalb sich der Formulierung bei einer Betrachtung aus der Sicht des Adressaten entnehmen lassen sollte, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen hätte. Wenn sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem darauf stützt, der Rechtsbehelfsbelehrung:ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Betroffene nach der Verwaltungsgerichtsordnung auch die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch nehmen könne, ist dem entgegenzuhalten, dass dies auch bei einer vollständig „richtigen“ Rechtsbehelfsbelehrung:(ohne den streitgegenständlichen Zusatz) nicht der Fall ist. Darüber hinaus kann sich der Betroffene auch nicht generell darauf verlassen, dass in der Rechtsmittelbelehrungsämtliche Modalitäten für die Einlegung des Rechtsmittels genannt werden (BVerwG, B.v. 31.8.2015 – 2 B 61.14 – NVwZ 2015, 1699).

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Auffassung vertreten, der Kläger habe innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 VwGO hierfür keine Gründe glaubhaft gemacht. Zwar hat er sich darauf berufen, erkrankt gewesen zu sein und deshalb nicht zu Gericht habe kommen zu können. Allerdings führt eine Erkrankung nicht zwangsläufig zu einem Entschuldigungsgrund. Dies könnte nur der Fall sein, wenn sie so schwer war, dass der von ihr betroffene Verfahrensbeteiligte nicht bloß unfähig war, selbst zu handeln, sondern auch außerstande war, einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen und im gebotenen Umfange zu informieren (BVerwG, B.v. 27.9.1993 – 4 NB 35.93 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 185). Vorliegend hat der Kläger aber weder gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht, dass ihm – wie schon vom Verwaltungsgericht dargelegt – eine schriftliche Klageerhebung nicht möglich gewesen wäre, noch dass er außerstande gewesen sein sollte, einen Bevollmächtigten zu beauftragen.

Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung:, dass eine Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichterin - vom 12. September 2017 sowie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

1

Der 1993 oder 1997 geborene Kläger aus Somalia wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags und die Anordnung seiner Abschiebung nach Schweden. Er reiste zunächst nach Schweden ein, sodann nach Deutschland, wo er am 15.11.2016 einen Asylantrag stellte. Ein Übernahmeersuchen der Beklagten wurde von der schwedischen Behörde (Migrationsverket) am 13.01.2017 akzeptiert. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.02.2017 den Asylantrag ab, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote bestehen und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Schweden an. Die Aufforderung des Klägers, den Bescheid wegen Ablaufs der Überstellungsfrist aufzuheben, lehnt die Beklagte ab. Seine am 15.08.2017 eingegangene Klage hat das Verwaltungsgericht (Einzelrichterin der 5. Kammer) mit Gerichtsbescheid vom 12.09.2017 als unzulässig abgewiesen, da die einwöchige Klagefrist nicht gewahrt worden sei. Die dem Bescheid vom 24.02.2017 beigefügte Rechtsmittelbelehrung sei korrekt, insbesondere sei die Formulierung, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein müsse, nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass die Klage schriftlich erhoben werden müsse. Sie schließe insbesondere eine Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht aus. Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache sei richtig.

2

Der Kläger erstrebt die Zulassung der Berufung. Er meint, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, da das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bislang noch nicht über die Rechtsfrage entschieden habe, ob eine Rechtsmittelbelehrung mit der Formulierung, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein muss, im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig ist.

II.

3

1. Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Erfolgsaussichten hat (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).

4

2. Der fristgerecht gestellte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Frage, ob die in der Rechtsbehelfsbelehrung zum Bescheid der Beklagten vom 24.02.2017 enthaltene Formulierung, wonach die Klage „… in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss, im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig ist, ist nicht grundsatzbedeutsam (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Sie bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren, da sich ihre Beantwortung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Das wird auch durch das in der Begründung des Zulassungsantrags in Bezug genommene Urteil des VGH Mannheim vom 18.04.2017 (A 9 S 333/17, NVwZ 2017, 1477) nicht in Frage gestellt.

5

2.1 Die Rechtsbehelfsbelehrung wurde richtig erteilt.

6

Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO muss über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem er anzubringen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt werden. Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt worden.

7

Soweit die Rechtsbehelfsbelehrung auch auf das Erfordernis der Klageerhebung „in deutscher Sprache“ hinweist, ist auch dies richtig (vgl. § 55 VwGO, § 184 GVG).

8

Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, wonach die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann, ist nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht erforderlich; dies entspricht gefestigter Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 13.12.1978, 6 C 77.78, BVerwGE 57, 188 [bei Juris Rn. 22]; vgl. Meissner/Schenk, in: Schoch u. a., VwGO, 2016, § 58 Rn. 43 m. w. N.). Dazu gehört auch eine Angabe dazu, wie die Klage „abgefasst“ sein muss, denn sie betrifft das - nach § 58 Abs. 1 VwGO gesetzlich nicht geforderte - Formerfordernis einer Klageerhebung. Das begründet keine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung.

9

2.2 Angaben in einer Rechtsbehelfsbelehrung, die von den oben genannten Mindestanforderungen gemäß § 58 Abs. 1 VwGOnicht umfasst sind, können nur dann zu einer Unrichtigkeit i. S. d. § 58 Abs. 2 VwGO führen, wenn siegeeignet sind, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch davon abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Das ist in der Rechtsprechung geklärt (BVerwG, Urt. v. 21.03.2002, 4 C 2.01, DVBl. 2002, 1553 [zu einer „Vielzahl“ von Informationen in der Belehrung], BVerwG, Beschl. v. 03.03.2016, 3 PKH 5.15, Juris [zu einem irreführenden Zusatz], BVerwG, Beschl. v. 16.11.2012, 1 WB 3.12, NZWehrR 2013, 168 [bei Juris Rn. 14: zu einem Zusatz zu der Stelle, bei der die Beschwerde eingelegt werden kann]; vgl. dazu auch Meissner/Schenk, a.a.O., Rn. 44).

10

Der hier verwendeten Formulierung, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein muss, fehlt eine Eignung im o. g. Sinne.

11

2.2.1 Hinsichtlich der (semantischen) Bedeutung des Wortes „abfassen“ fehlt schon die Möglichkeit, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen. Das Verb „abfassen“ bringt nur zum Ausdruck, dass die Klage ausformuliert erhoben werden muss. Indem die Rechtsbehelfsbelehrung die passive Form verwendet, ist für den objektiven Empfängerhorizont erkennbar, dass die Ausformulierung nicht nur durch den Kläger selbst (oder dessen Anwalt) erfolgen muss. Eine Klage ist auch dann (in deutscher Sprache) „abgefasst“, wenn dies in Form einer Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle geschieht. Die Klageerhebung zur Niederschrift ist eine Unterform der schriftlichen Klageerhebung. Eine Niederschrift dokumentiert das persönlich erklärte Rechtsschutzbegehren des Klägers, das von dem Urkundsbeamten pflichtgemäß entgegenzunehmen und schriftlich zu fixieren ist. Insoweit genügt die Unterschrift des Urkundsbeamten. Mit Abschluss des Protokolls über die Niederschrift ist die Klage erhoben und damit rechtshängig (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch u. a., VwGO, 2016, § 81 Rn. 10).

12

2.2.2 Selbst wenn man - dem (im Zulassungsantrag zitierten) Urteil des VGH Mannheim vom 18.04.2017 (a.a.O., bei Juris Rn. 30) folgend - annehmen wollte, dass der objektive Empfängerhorizont eines Bescheidempfängers „… abgefasst“ sprachlich im Sinne einer selbst veranlassten (eigenhändigen) Klageerhebung verstehen werde, würde der Bescheidempfänger dadurch nicht von einer Klageerhebung überhaupt oder einer rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten. Dafür genügt allein ein fehlender Hinweis auf die nach § 81 Abs. 1 VwGO zulässige Alternative einer Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht.

13

Ob die Annahme, wegen des unterbliebenen Hinweises auf die Möglichkeit einer Klageerhebung zur Niederschrift werde „die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise erschwert (VGH Mannheim, a.a.O. bei Juris Rn. 30) zutrifft, kann offen bleiben, weil eine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung (erst) dann anzunehmen ist, wenn sie geeignet ist, den Betroffenen von einer Einlegung des Rechtsbehelfs abzuhalten (BVerwG, Urt. v. 21.03.2002, a.a.O.). Dafür ist mehr erforderlich als eine bloße Erschwernis der Rechtsverfolgung, zumal dann, wenn eine solche (unterstellte) Erschwernis in zumutbarer Weise überwindbar ist.

14

Bei den hier in Betracht kommenden Alternativen - schriftliche Klageerhebung oder Klageerhebung zur Niederschrift - ist überdies fraglich, ob die zweite Alternative überhaupt eine „Erschwernis“ der Rechtsverfolgung bewirkt. Um eine Klage zur Niederschrift zu erheben, müsste sich der Rechtsschutzsuchende zum Gerichtsort begeben und dort die Rechtsantragsstelle aufsuchen. Dies mag erklären, dass diese Vorgehensweise in der (asylrechtlichen) Praxis (sehr) selten vorkommt. Die Erwägung, dass sich ein Rechtsschutzsuchender bestimmten, in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten (zusätzlichen) Anforderungen „nicht gewachsen“ fühlen und sich so davon abhalten lassen könnte, eine an sich gewünschte Klage zu erheben, bezieht sich auf ganz andere Konstellationen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.01.1971, V C 53.70, VerwRSpr 1972, 121/122 [fehlerhafter Hinweis auf das Erfordernis eines Klageantrags] sowie BVerwGE 3, 273/274 [fehlerhafte Hinweise zum Einlegungsort und zur Klagebegründung]). Vorliegend geht es nicht um den Fall falscher oder „erschwerender“ Zusätze in der Rechtsbehelfsbelehrung, sondern um einen unterbliebenen Hinweis auf eine Variante der Einlegung einer - ansonsten in der Rechtsbehelfsbelehrung korrekt behandelten - Klage. Auch ein nicht deutschsprachiger Kläger kann eine evtl. erforderliche Hilfe beim „Abfassen“ seiner Klage bei einer „eigenhändigen“ Klageerhebung ebenso gut erlangen, wie es im Falle einer Klageerhebung durch Niederschrift der Fall wäre.

15

Soweit Unklarheiten über die formgerechte Klageerhebung dadurch entstehen, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist und deshalb nicht darauf kommt, dass er die Klage auch zur Niederschrift „abfassen“ kann, wäre dies nicht durch die Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung verursacht, sondern durch das mangelnde Sprachverständnis des Klägers. In Asylverfahren kann der Kläger dem unter Zuhilfenahme der Beklagten abhelfen. Diese ist verpflichtet, ihn „in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann“ über das Verfahren und - insbesondere - über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung zu informieren (§ 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG), wie dies zu Beginn des Verfahrens bereits geschehen ist (vgl. Bl. 11 ff. der Verwaltungsvorgänge) und auch nach Erlass des Bescheides vom 24.02.2017 - auch innerhalb der Wochenfrist - noch möglich bleibt. Dafür genügt eine einfache Nachfrage. Unabhängig davon ist es (zumindest) fernliegend, dass allein eine fehlende Angabe dazu, dass eine Klage auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten „abgefasst“ werden kann, geeignet ist, den Kläger davon abzuhalten, die Klage rechtzeitig und in der richtigen Form einzulegen. Das wäre nur denkbar, wenn eine Klageerhebung zur Niederschrift typischerweise die näher liegende oder einfachere Form der Klageerhebung wäre. Das ist nicht der Fall und - zudem - lebensfremd.

16

3. Der Zulassungsantrag war nach alledem abzulehnen.

17

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt in erster Linie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter.
Der Kläger, ein im Jahr 1982 geborener togoischer Staatsangehöriger, reiste seinen Angaben zufolge am 07.06.2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 14.06.2016 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 21.06.2016 gab er an:
Bis zur Ausreise habe er in seinem eigenen Betrieb in der Tierzucht gearbeitet. Die Tierzucht habe er mit Hilfe einer Bekannten angefangen, die ihm auf der Grundlage eines Darlehensvertrags Geld geliehen habe. Die Kredite seien nur klein gewesen, damit die Rückzahlung für ihn einfacher gewesen sei. In der letzten Zeit habe er einen großen Betrag in Höhe von umgerechnet etwa 7400,-- EUR geliehen. Diesen Betrag habe er nicht zurückzahlen können und dies der Kreditgeberin auch mitgeteilt. Sie habe die Rückgabefrist verlängert. Aber auch diese Frist habe er nicht einhalten können. Beim zweiten Mal habe die Kreditgeberin nur noch das Kapital verlangt und auf die Zinsen verzichtet, wenn er das Geld innerhalb der nächsten Frist zurückgezahlt hätte. Aber auch dazu sei er nicht in der Lage gewesen. Sie habe ihn in der Zeit oft angerufen, um ihn an die Frist zu erinnern. Zehn Tage vor Fristablauf habe er Togo verlassen. Er wisse, dass es für ihn Gefängnis bedeutet hätte, wenn er den Kredit nicht fristgerecht zurückgezahlt hätte. Er vermute, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzugerufen hätte. Er habe gehört, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei. Er leide an chronischer Diabetes. Im Gefängnis wäre er an seiner Krankheit gestorben.
Die Erkrankung sei vor vier Jahren festgestellt worden. Der Arzt in Togo habe ihm gesagt, dass die Diabetes seine Sehprobleme auslöse. Der Allgemeinarzt habe ihn zu einem Diabetologen geschickt. Dieser habe Blutuntersuchungen gemacht. Als Behandlungen habe er Tabletten und Insulin zum Spritzen bekommen. Seine Mutter und Großmutter litten ebenfalls an Diabetes. Sie seien beim gleichen Arzt in Behandlung. Die Medikamente habe er mit nach Deutschland gebracht. Der Arzt auf dem Gelände des PHV [Patrick-Henry-Village, Ankunftszentrum Heidelberg] habe die Medikation umgestellt. Er habe ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen. Er, der Kläger, gehe davon aus, dass er in Togo nicht mehr lange gelebt hätte.
Mit Bescheid vom 23.06.2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, und drohte für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Togo an. Zudem befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18.07.2016 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.
Am 23.08.2016 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23.06.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Wegen der Versäumung der Klagefrist hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Gleichzeitig hat er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und wegen der Versäumung der Antragsfrist ebenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er vorgetragen, isoliert in einer Asylbewerberunterkunft weit entfernt von jedem Betreuer und jedem Dolmetscher zu leben und den Bescheid nicht verstanden zu haben. Die Rechtsmittelbelehrung sei fehlerhaft, weil er nicht darauf hingewiesen worden sei, dass er Klage und Antragstellung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vornehmen dürfe. Durch einen solchen Hinweis könnte die Schwelle für eine Klageerhebung erheblich gesenkt werden. Als Sprachunkundiger sei er nicht in der Lage, Briefe in deutscher Sprache an das Gericht zu übersenden.
Mit Beschluss vom 05.09.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Versäumung der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG abgelehnt. Die Rechtsmittelbelehrung des Bundesamts sei weder unterblieben noch unrichtig erteilt, insbesondere müsse sie nicht den Hinweis enthalten, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden könne. Dass der Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Dem Asylbewerber sei es zuzumuten, dass er sich bei Eingang eines erkennbar amtlichen Schreibens umgehend und intensiv um eine rasche Aufklärung des Inhalts dieses Schreibens und gegebenenfalls um die Erhebung eines Rechtsbehelfs bemühe.
Mit Urteil vom 08.09.2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da sie nicht innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 AsylG erhoben worden sei. Es sei auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die genannte Frist einzuhalten. Zur Begründung wurde auf den im Eilverfahren ergangenen Beschluss verwiesen.
10 
Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 08.02.2017 - A 9 S 1940/16 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
11 
Mit Schriftsatz vom 16.02.2017 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht die Abänderung des Beschlusses vom 05.09.2016 nach § 80 Abs. 7 VwGO beantragt. Mit Beschluss vom 24.02.2017 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen.
12 
Der Kläger hat die Berufung rechtzeitig unter Bezugnahme auf sein Zulassungsvorbringen begründet und in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens auf das ärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 verwiesen. Dort heißt es, dass beim Kläger anamnestisch vor vier Jahren ein Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert worden sei. Die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Insulin müsse gekühlt gelagert werden, einen Kühlschrank besitze der Patient nicht, auch stehe ihm eine Kühlmöglichkeit im Umfeld nicht zur Verfügung. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren. Deswegen werde es für medizinisch indiziert gehalten, dass der Kläger in Deutschland bleibe.
13 
Der Kläger regt an, eine ergänzende Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Togo zu der Frage einzuholen, wieso es trotz der bisherigen Berichterstattung der Botschaft über die funktionierende Gesundheitsfürsorge in Togo dazu habe kommen können, dass die frühere Therapie in seinem Heimatland „unzureichend“ gewesen sei.
14 
Der Kläger beantragt sachdienlich,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. September 2016 - A 5 K 5074/16 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23.06.2016 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen,
16 
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 AufenthG zu gewähren,
17 
weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Zur Begründung trägt sie vor: Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sei nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO. Sie enthalte keinen Hinweis auf die Erforderlichkeit einer schriftlichen Klageerhebung; dies könne auch der Formulierung „abfassen“ nicht entnommen werden. Das Verwaltungsgericht Berlin habe in seinem Beschluss vom 15.12.2016 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Beschluss vom 20.10.2016) zutreffend festgestellt, selbst wenn die Bedeutung des Abfassens einer schriftlichen Niederlegung entspreche, sei der Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls nicht zu entnehmen, dass der Betreffende selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Denn auch eine mündlich zur Niederschrift erhobene Klage werde von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (in deutscher Sprache) schriftlich abgefasst. Daraus ergebe sich, dass der Passus zur Abfassung in deutscher Sprache nicht auf die Schriftlichkeit oder Mündlichkeit der Klagerhebung abziele, sondern lediglich verdeutliche, dass die Klageerhebung (wie von § 55 VwGO i.V.m. § 184 GVG gefordert) in deutscher Sprache zu erfolgen habe. Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache werde auch nicht dadurch unrichtig, dass Eingaben in anderer Sprache ausnahmsweise dann fristwahrende Wirkung entfalten könnten, wenn sie einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthielten, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt. Denn für die Wirksamkeit der Klageerhebung komme es auch in dieser Konstellation darauf an, ob einer deutschen Formulierung die Einlegung des Rechtsbehelfs zu entnehmen sei. Die Anforderungen, die die Rechtsordnung hinsichtlich der wirksamen Einlegung von Rechtsbehelfen an Antragsteller stelle, seien nicht überspannt. Ausweislich der Niederschrift zu Anhörung vom 20.06.2016 verfüge der Kläger zumal über Deutschkenntnisse.
21 
Dem Senat liegen die Akte des Bundesamts sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 5 K 5074/16 und A 5 K 5102/16) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf diese Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist indes nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zu Unrecht hat es allerdings angenommen, dass die Klage bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (II.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (III.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (IV.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (V.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (VI.). Auch die Abschiebungsandrohung des Bundesamts ist nicht zu beanstanden (VII.).
I.
24 
Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden.
25 
Zwar ist die Klage beim Verwaltungsgericht erst am 23.08.2006 und damit nicht innerhalb der hier nach § 74 Abs. 1 2. Hs., § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG maßgeblichen Frist von einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts am 18.07.2016 eingegangen. Dies führt aber nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die einwöchige Klagefrist ist nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
26 
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist (Satz 1), bei dem Verwaltungsgericht aber auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (Satz 2), wird nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangt. Auch die vom Gesetz geforderte Belehrung „über den Rechtsbehelf“ schließt eine Belehrung über das mit § 81 Abs. 1 VwGO aufgestellte Formerfordernis nicht ein (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188, zum Formerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sowie vom 27.02.1976 - IV 74.74 -, NJW 1976, 1332).
27 
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urteile vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 21.03.2002 - 4 C 2.01 -, juris, jeweils m.w.N.; vgl. auch die Beschlüsse vom 03.03.2016 - 3 PKH 5.15 -, vom 31.08.2015 - 2 B 61.14 - und vom 16. 11.2012 - 1 WB 3.12 -, jeweils juris und m.w.N.). Versieht die Behörde die Belehrung mit nicht zwingenden Elementen, birgt dies das Risiko von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, die die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig machen können (vgl. Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 64; Kimmel, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 58 Rn. 20; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 58 Rn. 44).
28 
Die dem Bescheid des Bundesamts vom 23.06.2016 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung weist eine derartige Unrichtigkeit auf. Denn dort heißt es u.a., dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss. Mit dieser Formulierung ist die Rechtsbehelfsbelehrung geeignet, bei dem Betroffenen den - im Widerspruch zum Gesetz stehenden - Eindruck zu erwecken, dass die Klage gegen den Bundesamtsbescheid bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden muss und dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hat (für Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung auch VG Augsburg, Beschluss vom 03.12.2014 - Au 7 S 14.50321 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.06.2016 - 3a K 4187/15.A -, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A, juris; VG Hannover, Beschluss vom 15.09.2016 - 3 B 4870/16 -, juris; VG Meiningen, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 E 21517/16 Me -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15a L 3029/16.A -, juris; gegen Unrichtigkeit: VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.11.2016 - 14a L 2496/16.A -, juris; VG Berlin, Beschlüsse vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris, und vom 16.11.2016 - 6 L 1249.16A -, juris; VG Saarland, Urteil vom 19.12.2016 - 3 K 2501/16 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 AE 94/17 -, juris; der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.1990 - 9 B 506.89 -, juris, verhält sich zu dieser Frage nicht).
29 
Dabei geht der Senat davon aus, dass das - in der maßgeblichen deutschen Rechtsbehelfsbelehrung verwendete - Verb „abfassen“ jedenfalls nach dem überwiegenden Sprachgebrauch in dem Sinne verstanden wird, dass einer Erklärung eine schriftliche Form gegeben wird (vgl. jeweils zum Stichwort „abfassen“: http://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen; Duden, Das Synonymwörterbuch, 6. Aufl. 2014; https://www.openthesaurus.de/synonyme/abfassen). Dies belegen insbesondere die (dort) angegebenen Synonyme anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen. In vergleichbarer Weise gilt dies für das Verb „rédiger“, das in der dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung in französischer Sprache verwendet wird. Dieses wird allgemein als Synonym für „schreiben in oder nach einer bestimmten Form“, „schriftlich niederlegen“ o.Ä. verwendet (vgl. jeweils zum Stichwort „rédiger“: Pons, Le Petit Robert, 2015/2016; http://www.le-dictionnaire.com; http://www.larousse.fr/diction-naires/francais“).
30 
Teilweise wird allerdings eingewandt, dass der Rechtsbehelfsbelehrung selbst bei einer Lesart des Begriffs „abfassen“ im Sinne eines schriftlichen Niederlegens nicht entnommen werden könne, dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hätte (vgl. VG Berlin, Urteil vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris). Dies trifft insofern zu, als die Rechtsbehelfsbelehrung angesichts der passivischen Verwendung des Verbs in der Form des Partizips Perfekt bzw. Partizips 2 in Verbindung mit dem Hilfsverb „müssen“ („…muss…abgefasst sein.“) jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lässt, wer es ist, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen hat. Wenn indes daraus gefolgert wird, damit sei die - gesetzlich vorgesehene - Möglichkeit einer mündlich zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage eingeschlossen, da auch diese von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgefasst, nämlich zu Protokoll genommen werde (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Berlin, a.a.O.), greift dies nach Auffassung des Senats zu kurz. Dass der passivische Gebrauch des Verbs „abfassen“ formal logisch die Möglichkeit einer Klagerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, reicht für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, welche Vorstellungen die gegenständliche Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheids auslösen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nach ihrem Zweck und ihrem gesamten Inhalt ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richtet und dass sie deshalb - trotz der insgesamt passivischen Formulierung - erkennbar beschreibt, was dieser - in der kurzen Frist von einer Woche - zu tun bzw. zu veranlassen hat, um wirksam Klage zu erheben. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltungsgerichtsordnung dem Adressaten das Recht einräumt, zur Erfüllung der beschriebenen Anforderungen die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch zu nehmen, lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnehmen. Damit liegt die Annahme fern, dass ein Bescheidempfänger trotz des Wortlauts der Rechtsbehelfsbelehrung ernsthaft damit rechnen könnte, dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klage dadurch Genüge zu tun, dass er persönlich beim Verwaltungsgericht vorspricht und sein mündlich formuliertes Rechtsschutzbegehren vom dortigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle protokollieren lässt. Jedenfalls ist die gegenständliche Formulierung geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von einer Klagerhebung überhaupt oder von einer rechtzeitigen Klageerhebung abzuhalten. Es ist durchaus naheliegend, dass der Adressat davon ausgeht, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Dies steht indes in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach die Klage beim Verwaltungsgericht auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. Mit der Regelung soll dem Kläger der Rechtsschutz erleichtert werden, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen, etwa auch mangels hinreichender Kenntnis der deutschen Sprache, den Weg zum Gericht vorzieht (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 81 Rn. 10). Die vom Bundesamt gewählte Formulierung erschwert dem Betroffenen demgegenüber die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Denn es liegt nicht fern, dass sich der Betroffene selbst dem Erfordernis der schriftlichen Abfassung nicht gewachsen fühlt, er aber auch den Aufwand und die Kosten scheut, die mit einer Inanspruchnahme der Hilfe durch Rechtskundige verbunden sind, und deshalb von der Klagerhebung absieht (vgl. zu einer Rechtsbehelfsbelehrung, die den Eindruck erweckt, der Widerspruch könne nur schriftlich eingelegt werden BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 78, 57).
31 
Da es für die Unrichtigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO auf den „Empfängerhorizont“ ankommt, führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beklagte mit der gewählten Formulierung möglicherweise den Zweck verfolgt hat zu vermeiden, dass mit einer - entgegen § 55 VwGO in Verbindung mit § 184 Satz 1 GVG - nicht in deutscher Sprache erhobenen Klage Fristen versäumt werden.
32 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Hinweis auf die Notwendigkeit der Abfassung in deutscher Sprache zusätzlich deshalb irreführend ist, weil es bei der Erklärung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle regelmäßig genügt, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber - etwa durch konkludentes Verhalten mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke und die bruchstückhafte Verwendung deutschsprachiger Begriffe - noch hinreichend verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen (vgl. hierzu VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A -, juris Rn. 64).
33 
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist schließlich auch unerheblich, ob bzw. inwieweit der Kläger über Deutschkenntnisse verfügt und ob er tatsächlich wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes nicht fristgerecht erhoben hat. Nach der angeführten Rechtsprechung genügt es, wenn der unrichtige Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung generell geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren. Das Ob und das Wie der Belehrung sind nach § 58 VwGO streng formalisiert. Die Vorschrift macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.04.2009 - 3 C 23.08 -, BVerwGE 134, 41, vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 13.01.1971 - V C 53.70 -, BVerwGE 37, 85).
II.
34 
Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist für die Beurteilung des Begehrens des Klägers auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 04.11.2016 (BGBl. I S. 2460) geänderte Asylgesetz.
III.
35 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG.
36 
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
37 
Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. Senatsurteil vom 03.11.2016 - A 9 S 303/15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 -, juris Rn. 24 a.E.; BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55).
38 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
39 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 26 m.w.N.).
40 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z.B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
41 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
42 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss.
43 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
44 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes.
45 
Dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Togo einer als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG eingestuften Handlung nach § 3a Abs. 1 AsylG ausgesetzt war, hat er nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
46 
Der Kläger war aber auch nicht von einer solchen Verfolgung ernsthaft bedroht. Die von ihm geltend gemachte Befürchtung, in Haft genommen zu werden, knüpft bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht an einen flüchtlingsrechtlich erheblichen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3b AsylG an, sondern vielmehr allein an den Umstand, dass er sich seinen zivilrechtlichen Verpflichtungen aus einem Darlehnsvertrag entzogen hatte. Es fehlt an jedem Hinweis, dass die Auseinandersetzung mit der Darlehensgläubigerin ihren Grund in unverfügbaren Merkmalen des Klägers gehabt haben könnte. Auch nach deutschem Recht kommt im Rahmen des zivilprozessualen Vollstreckungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen der Erlass einer Haftanordnung gegen den Schuldner in Betracht (vgl. § 802g ZPO). Damit fehlt es schon an der notwendigen Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.2009, a.a.O.)
47 
Unabhängig davon hat der Senat auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens nicht die Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger im Zeitpunkt der Ausreise im Kontext der zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Inhaftierung durch die Polizei bzw. mit „Gefängnis“ zu rechnen hatte. Seine diesbezüglichen Angaben, er „vermute“, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzu gerufen hätte, er „habe gehört“, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei, erweisen sich insoweit als zu vage und zu unbestimmt, als dass ihnen Glauben geschenkt werden könnte. Hinreichend greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gläubigerin tatsächlich bevorstand, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Kreditgeberin, die der Kläger im Übrigen als „Bekannte“ bezeichnet hat, sich zunächst durchaus kulant gezeigt hatte, indem sie ihm, nachdem er das Darlehen nicht fristgerecht zurückgezahlt hatte, das Kapital stundete und die Zinsen sogar erließ. Der Senat vermag insbesondere angesichts der aus der Schilderung des Klägers deutlich werdenden Kompromissbereitschaft der Gläubigerin auch nicht nachzuvollziehen, weshalb sich der Kläger in dieser Situation nicht um eine weitere Stundung oder eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit bemühte, sondern es vorzog, noch vor Ablauf der ihm von der Gläubigerin eingeräumten weiteren Frist das Land zu verlassen. Zudem hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid - zu Recht und ohne dass sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren hierzu eingelassen hätte - darauf verwiesen, dass der Kläger bis dahin ein zuverlässiger Schuldner gewesen sei und die Gläubigerin im Falle einer Inhaftierung des Klägers ohnehin keine Aussicht auf eine (wenigstens teilweise) Rückzahlung des Darlehens gehabt hätte.
48 
Der Kläger muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht deswegen politische Verfolgung befürchten, weil er im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt hat. Bereits in der Vergangenheit hatte der Senat festgestellt, dass die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland und ein Auslandsaufenthalt für togoische Staatsangehörige keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgung in ihrem Heimatland begründen (vgl. Senatsurteile vom 25.03.2003 - A 9 S 1089/01 -, juris, und vom 20.04.2004 - A 9 S 849/03 -, juris). Daran hält der Senat auf der Grundlage der aktuellen und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel fest. Danach löst ein Asylantrag allein keine staatlichen Repressionen aus. Die Behörden sind in aller Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder deutschen Behörden noch togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Togo vom 16.08.2011 sowie Auskunft vom 28.09.2011 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen). Dem Auswärtigen Amt sind nicht einmal Fälle bekannt, in denen die Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation für einen in sein Heimatland zurückkehrenden Togoer nachteilige Folgen gehabt hätte. Es gibt in Togo zahlreiche, zum Teil sehr regierungskritische Menschenrechtsorganisationen, die hier unbehelligt tätig werden und die die Regierung, z.B. der für Menschenrechtsfragen zuständige Minister, als Gesprächspartner betrachtet (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.01.2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart). Diese Einschätzung wird durch die jüngere Rechtsprechung anderer Gerichte bestätigt (vgl. nur BayVGH, Beschluss vom 05.07.2013 - 9 B 12.30352 -, juris, und Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30382 -, juris, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.06.2008 - 4 L 338/05 -, juris).
IV.
49 
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil er nach seinen eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg mit dem Zug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Ungeachtet dessen liegen - wie unter III. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Asylberechtigung aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
V.
50 
Der Kläger hat auch nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in seiner Heimat ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht.
VI.
51 
Schließlich hat der Kläger auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre.
52 
Der Kläger, der an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt ist, hat insbesondere keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (BVerwG, Beschluss vom 23.07.2007 - 10 B 85.07 -, juris ; Urteile vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris , vom 29.07.1999 - 9 C 2.99 - juris , vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, juris und vom 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, juris ). Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O. [bei HIV und Aids]). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht zu erlangenden medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O.).
53 
Ob die Zahl der in Togo an Diabetes mellitus Typ 1 leidenden Personen so groß ist, dass dies die Qualifizierung als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG rechtfertigt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls lassen sich im vorliegenden Fall auch die weniger strengen Voraussetzungen der „erheblichen konkreten Gefahr“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung nicht feststellen.
54 
Danach muss die Gesundheitsgefahr erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.1999, a.a.O.). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17.03.2016 geänderten Fassung nachgezeichnet. Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
55 
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
56 
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9).
57 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen.
58 
Nach den Angaben des Klägers sowie dem im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 leidet der Kläger an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden.
59 
Nach den dem Senat vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Qualität der medizinischen Versorgung in der Republik Togo eingeschränkt. Jeder Arztbesuch muss sofort bezahlt werden, größere Eingriffe werden nur gegen Vorauskasse durchgeführt. Da weniger als 5 % der Bevölkerung krankenversichert sind, müssen die Kosten in der Regel privat getragen werden; das ist mangels ausreichender finanzieller Mittel für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 16.08.2011).
60 
In der Hauptstadt existieren mehrere private sowie staatliche Kliniken. Im Landesinneren gibt es für jede Region ein Regionalkrankenhaus sowie einige gute private Kliniken, die von Kirchen finanziert werden. Dort können überlebensnotwendige Eingriffe durchgeführt werden. Zahlreiche Gesundheitsvorsorgestellen, so genannte „Dispensaires“ (auch Medikamentenverkauf), bilden die erste Anlaufstelle auf dem Lande (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.).
61 
Die Versorgung mit Medikamenten ist in der Hauptstadt gewährleistet. Die Medikamente werden importiert und sind oft billiger als in Deutschland bzw. Frankreich. Prinzipiell können alle Medikamente innerhalb weniger Tage besorgt werden; in entlegenen Regionen kann es länger dauern. Der Erwerb hängt jedoch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Patienten ab und bedeutet für sie in der Regel eine hohe Belastung. Insbesondere in den nördlichen Landesteilen ist außerhalb der Städte eine Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nicht immer gegeben (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.). Weiter einschränkend wird berichtet, dass es oft zu Engpässen bei der Medikamentenversorgung kommt und es sehr lange dauern kann, bis die Medikamente geliefert werden. Auch ihre Lagerung entspricht oft nicht den Standards, und es kommt vor, dass abgelaufene Medikamente verkauft werden. Die WHO stellt zudem große Mängel bei der Qualitätskontrolle und der Bekämpfung des illegalen Verkaufs von Medikamenten fest (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Togo: Medizinische Versorgung, 16.07.2012).
62 
Obwohl es in Togo Ausbildungsstätten für medizinisches Personal gibt (Fakultät für Medizin und Arzneikunde, Schule für Krankenpflegerinnen und Hebammenschule), existieren große Personalengpässe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.).
63 
Allgemein kann gesagt werden, dass nahezu alle Medikamente und medizinischen Dienstleistungen in Togo erhältlich sind, wenn der/die Patientin in der Lage ist, die oft hohen Preise selber zu bezahlen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015).
64 
Die konkreten Erkenntnisse zur medizinischen Versorgung von Personen, die an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leiden, stellen sich wie folgt dar:
65 
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16.08.2011 kann Diabetes mellitus prinzipiell behandelt werden. Entsprechende Medikamente sind erhältlich, die erforderlichen Messgeräte vorhanden. Auch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé führt aus, dass insulinpflichtiger Diabetes mellitus in Togo gut behandelbar ist, eine Behandlung allerdings nur stattfindet, wenn der Patient die Kosten tragen kann (Auskunft vom 14.10.2015 an das Verwaltungsgericht Schwerin). In der oben genannten Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 16.07.2012 heißt es, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich sei. Problematisch seien jedoch die hohen Behandlungskosten, was dazu führe, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo einen ungenügenden Zugang zu Insulin habe. Zu den Behandlungskosten wird ausgeführt, ein Bericht der WHO und der Organisation Health Action International stellte fest, dass der tiefste Preis für 10 ml Insulin im Jahr 2008 in Togo 7.70 US-Dollar betrug. Pro Monat muss ein Diabetiker, der 10 ml Insulin, sechs Spritzen und einen Blut-Teststreifen braucht, mit Ausgaben von mindestens zehn US-Dollar rechnen. Das nationale Pro-Kopf-Bruttoeinkommen betrug im Jahr 2010 490 US-Dollar. Das bedeutet, dass ein Togolese im Durchschnitt mindestens 24,5 % seines Jahreseinkommens für die Behandlung von Diabetes aufwenden muss. Die sehr hohen Kosten für die Diabetes-Behandlung erklären auch den ungenügenden Zugang zu Insulin für Diabetiker in Togo. Der Bericht der International Diabetes Federation hebt hervor, dass in Togo 50 bis 75 % aller Diabetiker keinen Zugang zu Insulin haben, weil es zu teuer ist.
66 
Angesichts dieser Erkenntnislage verkennt der Senat nicht, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo aus finanziellen Gründen nur einen unzureichenden Zugang zu Insulin und damit zu einer ausreichenden medizinischen Behandlung ihrer Erkrankung haben (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.12.2013 - 7a K 5347/12.A -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 24.06.2008 - 7 A 1830/06 -, juris). Auf der Grundlage der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung durch das Bundesamt geht der Senat indes davon aus, dass der Kläger dieser Gruppe aufgrund in seinem Falle bestehender Besonderheiten nicht angehört. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass für den Kläger eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG deshalb besteht, weil ihm individuell aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen die notwendige Behandlung oder Medikation nicht zugänglich ist.
67 
Nach seinen Angaben beim Bundesamt war der Kläger, der seinen Wohnsitz vor der Ausreise in der Hauptstadt Lomé hatte, seit der Feststellung der Erkrankung im Jahr 2012 bis zur Ausreise im Jahr 2016 in Behandlung eines Diabetologen. Von diesem sei er auch mit Tabletten und Insulin zum Spritzen versorgt worden. Seine Mutter und Großmutter, die ebenfalls an Diabetes litten, seien beim gleichen Arzt in Behandlung gewesen. Angesichts dieser Darstellung sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm die vor der Ausreise aus Togo zugute gekommene fachärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nach der Rückkehr aus finanziellen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger dies weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat.
68 
Unabhängig davon kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der 34jährige arbeitsfähige Kläger, der seine wirtschaftliche Lage in Togo als „durchschnittlich“ bezeichnet hat, in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt - wie auch in der Vergangenheit - eigenständig sicherzustellen. Darüber hinaus verfügt er in Lomé über ein familiäres Umfeld: Seinen Angaben zufolge wohnen dort jedenfalls seine Mutter, seine Großmutter sowie seine Partnerin mit den gemeinsamen Kindern. Mit Blick auf die Erkenntnislage, wonach in Togo an die Stelle des Sozialstaats die Solidarität innerhalb der Großfamilie tritt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.10.2015 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen), kann der Kläger insoweit auch mit finanzieller Unterstützung rechnen (zur Einbeziehung einer möglichen Unterstützung durch Angehörige in die gerichtliche Gefahrenprognose vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 06.02.2012 - 10 B 3.12 -, juris, und vom 01.10.2001 - 1 B 185.01 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris). Mit in den Blick zu nehmen sein dürfte auch der Vater des Klägers. Auch wenn der Kläger bekundet hat, dass die Eltern seit langem getrennt leben und der Vater „zur Zeit“ nicht in Togo, sondern im Senegal lebt, hat er doch auch erklärt, mit diesem (wie auch mit seiner Mutter) von Zeit zu Zeit in telefonischem und in E-Mail-Kontakt zu stehen. Diesem Umstand kommt im vorliegenden Zusammenhang Bedeutung zu, weil der Vater nach den Bekundungen des Klägers in Togo als Arzt tätig war. Insoweit spricht einiges dafür, dass er in Togo jedenfalls über einschlägige Kontakte verfügt, was dem Kläger bei der Therapie seiner Diabetes-Erkrankung zugute kommen kann. Überdies kommt auch eine wirtschaftliche Unterstützung durch den Vater in Betracht, zumal der Kläger diesen nach seinen Angaben beim Bundesamt offenbar bislang nicht mit seiner wirtschaftlichen Situation konfrontiert hatte. Die pauschale Angabe des Klägers, er habe ihn „nicht gefragt, weil ich weiß, dass er daran nichts machen könnte“, vermag der Senat jedenfalls nicht nachzuvollziehen.
69 
Im Übrigen ist es dem Kläger unbenommen, vorbeugend für einen Insulinvorrat noch in Deutschland bzw. (über seine Familie) in Lomé zu sorgen, welcher geeignet ist, die Versorgung in der Phase nach der Ankunft im Heimatland sicherzustellen bzw. zu erleichtern.
70 
Vor diesem Hintergrund wird auch mit dem Vortrag des Klägers, zur Rückzahlung eines für die von ihm betriebene Viehzucht aufgenommenen Darlehens nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, nicht ernsthaft in Frage gestellt, dass dem Kläger die notwendige Behandlung oder Medikation zugänglich ist.
71 
Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger allerdings unter Vorlage des ärztlichen Attests des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 geltend gemacht, die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren.
72 
Indes werden mit dem Attest jedenfalls keine hinreichend aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die in Togo durchgeführte fachärztliche Behandlung der Diabetes-Erkrankung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente tatsachlich in einem Maße unzureichend war, dass dies die Prognose rechtfertigen könnte, dem Kläger drohe alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo eine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung.
73 
Die Ausführungen im Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. sind nicht geeignet, die oben beschriebene Erkenntnislage zur grundsätzlichen Verfügbarkeit der für eine zureichende Behandlung von Diabetes mellitus 1 erforderlichen Medikamente in Togo ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil Dr. T. die Quellen seiner Informationen über die Verhältnisse in Togo nicht offen legt. Dessen ungeachtet stimmen die oben aufgezeigten Erkenntnismittel im Kern darin überein, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich (nach der Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé ist die Erkrankung sogar „gut behandelbar“) ist und entsprechende Medikamente - zumal in der Hauptstadt Lomé - erhältlich sind. Vor diesem Hintergrund zeigt das Attest hinreichend substantiierte und greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von einem Diabetologen in der Hauptstadt Lomé durchgeführte Behandlung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente wirkungslos bzw. unzureichend gewesen sein soll, nicht auf. Solche Anhaltspunkte sind gerade auch auf der Grundlage der Bekundungen des Klägers beim Bundesamt zu der in Togo erfahrenen Behandlung nicht ersichtlich. Insbesondere hat er dort keinerlei Angaben gemacht, die darauf hindeuten, dass die - sich immerhin über einen Zeitraum von vier Jahren erstreckende - fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo seiner Beurteilung nach wirkungslos bzw. unzureichend, etwa zur Beseitigung bzw. Eindämmung der mit der Erkrankung einhergehenden Symptome nicht geeignet war. Auch hinsichtlich der Behandlung seiner Mutter und Großmutter hat er Entsprechendes nicht vorgetragen.
74 
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Angabe im Attest, der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie - nach den Angaben des Klägers beim Bundesamt hat der Arzt auf dem Gelände des Ankunftszentrums die Medikation umgestellt, ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen - liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ein Untersuchungsbericht, anhand dessen diese Angaben nachvollzogen werden können, ist indes nicht vorgelegt worden. Unabhängig davon stellt allein der Umstand, dass beim Kläger bei seiner Ankunft in Deutschland (einmalig) ein Wert von 15 % HbA1c gemessen worden sein soll, keinen ausreichenden Beleg dafür dar, dass die fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo tatsächlich in einem rechtlich relevanten Ausmaß unzureichend war. Es ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger während seiner fachärztlichen Behandlung in Togo vergleichbar hohe Blutzuckerwerte aufgewiesen hat wie bei seiner Ankunft in Deutschland. Deutlich gegen diese Möglichkeit sprechen - wie dargelegt - die Angaben des Klägers zur fachärztlichen Behandlung durch einen Diabetologen in Lomé und fehlende Angaben zu Anhaltspunkten für eine etwaige Wirkungslosigkeit der über mehrere Jahre erfolgten fachärztlichen Behandlung und Medikation. Im Übrigen liegen keine hinreichenden Erkenntnisse dazu vor, ob der Kläger im Zeitraum vor und auf der Reise nach Deutschland überhaupt ausreichend mit Medikamenten versorgt war bzw. er die Vorgaben zur regelmäßigen Einnahme der Medikamente bzw. zum regelmäßigen Spritzen einhielt bzw. einhalten konnte. Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf die vorhandenen, im Kern übereinstimmenden Erkenntnismittel sieht der Senat keinen Anlass, auf die Anregung des Kläger-Vertreters eine ergänzende Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé einzuholen.
75 
Es ist danach nicht ersichtlich, dass Kläger sich nach der Rückkehr nicht wieder in die Behandlung seines Diabetologen begeben und dort mit diesem - auch unter Einbeziehung der dem Kläger in Deutschland ärztlicherseits vermittelten Informationen - die hinreichend wirksame Therapie seiner Erkrankung fortführen kann. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass davon auszugehen ist, dass er auf die Unterstützung seines früher in Togo als Arzt tätigen Vaters zurückgreifen kann.
76 
Bei einer Gesamtschau sämtlicher Umstände des Einzelfalls kann der Senat jedenfalls nicht mit der insoweit erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2011 - 10 B 1.11 -, juris) feststellen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die Diabetes-Erkrankung des Klägers in Togo wegen des geringeren Versorgungsstandards nicht verfügbar ist und dies zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Klägers führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo droht. Der Senat schließt zwar - gerade auch mit Blick auf den Umstand, dass nach seiner Ankunft in Deutschland die Medikation umgestellt wurde - nicht aus, dass die dem Kläger in Togo für seine Erkrankung zur Verfügung stehende Behandlung und Medikation nicht den heute in Deutschland geltenden und praktizierten Standards entspricht. Indes ist der Umstand, dass die medizinische Versorgung in Togo möglicherweise mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist, für sich genommen nicht geeignet, eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
VII.
77 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung - mit der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylG) auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerten Ausreisefrist - ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
VIII.
78 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
79 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
22 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist indes nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zu Unrecht hat es allerdings angenommen, dass die Klage bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (II.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (III.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (IV.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (V.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (VI.). Auch die Abschiebungsandrohung des Bundesamts ist nicht zu beanstanden (VII.).
I.
24 
Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden.
25 
Zwar ist die Klage beim Verwaltungsgericht erst am 23.08.2006 und damit nicht innerhalb der hier nach § 74 Abs. 1 2. Hs., § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG maßgeblichen Frist von einer Woche nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamts am 18.07.2016 eingegangen. Dies führt aber nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Denn die einwöchige Klagefrist ist nicht in Gang gesetzt worden. Es fehlt an der hierfür gemäß § 58 Abs. 1 VwGO erforderlichen ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wurde unrichtig erteilt, so dass die Klageerhebung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe zulässig war. Diese Frist ist gewahrt.
26 
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, nach dem die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist (Satz 1), bei dem Verwaltungsgericht aber auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (Satz 2), wird nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangt. Auch die vom Gesetz geforderte Belehrung „über den Rechtsbehelf“ schließt eine Belehrung über das mit § 81 Abs. 1 VwGO aufgestellte Formerfordernis nicht ein (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188, zum Formerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sowie vom 27.02.1976 - IV 74.74 -, NJW 1976, 1332).
27 
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO ist, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urteile vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 21.03.2002 - 4 C 2.01 -, juris, jeweils m.w.N.; vgl. auch die Beschlüsse vom 03.03.2016 - 3 PKH 5.15 -, vom 31.08.2015 - 2 B 61.14 - und vom 16. 11.2012 - 1 WB 3.12 -, jeweils juris und m.w.N.). Versieht die Behörde die Belehrung mit nicht zwingenden Elementen, birgt dies das Risiko von Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten, die die Rechtsbehelfsbelehrung insgesamt unrichtig machen können (vgl. Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 64; Kimmel, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 58 Rn. 20; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 58 Rn. 44).
28 
Die dem Bescheid des Bundesamts vom 23.06.2016 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung weist eine derartige Unrichtigkeit auf. Denn dort heißt es u.a., dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss. Mit dieser Formulierung ist die Rechtsbehelfsbelehrung geeignet, bei dem Betroffenen den - im Widerspruch zum Gesetz stehenden - Eindruck zu erwecken, dass die Klage gegen den Bundesamtsbescheid bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden muss und dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hat (für Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung auch VG Augsburg, Beschluss vom 03.12.2014 - Au 7 S 14.50321 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.06.2016 - 3a K 4187/15.A -, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A, juris; VG Hannover, Beschluss vom 15.09.2016 - 3 B 4870/16 -, juris; VG Meiningen, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 E 21517/16 Me -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.01.2017 - 15a L 3029/16.A -, juris; gegen Unrichtigkeit: VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.11.2016 - 14a L 2496/16.A -, juris; VG Berlin, Beschlüsse vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris, und vom 16.11.2016 - 6 L 1249.16A -, juris; VG Saarland, Urteil vom 19.12.2016 - 3 K 2501/16 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 11.01.2017 - 4 AE 94/17 -, juris; der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.1990 - 9 B 506.89 -, juris, verhält sich zu dieser Frage nicht).
29 
Dabei geht der Senat davon aus, dass das - in der maßgeblichen deutschen Rechtsbehelfsbelehrung verwendete - Verb „abfassen“ jedenfalls nach dem überwiegenden Sprachgebrauch in dem Sinne verstanden wird, dass einer Erklärung eine schriftliche Form gegeben wird (vgl. jeweils zum Stichwort „abfassen“: http://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen; Duden, Das Synonymwörterbuch, 6. Aufl. 2014; https://www.openthesaurus.de/synonyme/abfassen). Dies belegen insbesondere die (dort) angegebenen Synonyme anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen. In vergleichbarer Weise gilt dies für das Verb „rédiger“, das in der dem streitgegenständlichen Bescheid zusätzlich beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung in französischer Sprache verwendet wird. Dieses wird allgemein als Synonym für „schreiben in oder nach einer bestimmten Form“, „schriftlich niederlegen“ o.Ä. verwendet (vgl. jeweils zum Stichwort „rédiger“: Pons, Le Petit Robert, 2015/2016; http://www.le-dictionnaire.com; http://www.larousse.fr/diction-naires/francais“).
30 
Teilweise wird allerdings eingewandt, dass der Rechtsbehelfsbelehrung selbst bei einer Lesart des Begriffs „abfassen“ im Sinne eines schriftlichen Niederlegens nicht entnommen werden könne, dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hätte (vgl. VG Berlin, Urteil vom 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris). Dies trifft insofern zu, als die Rechtsbehelfsbelehrung angesichts der passivischen Verwendung des Verbs in der Form des Partizips Perfekt bzw. Partizips 2 in Verbindung mit dem Hilfsverb „müssen“ („…muss…abgefasst sein.“) jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lässt, wer es ist, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen hat. Wenn indes daraus gefolgert wird, damit sei die - gesetzlich vorgesehene - Möglichkeit einer mündlich zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage eingeschlossen, da auch diese von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgefasst, nämlich zu Protokoll genommen werde (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2016 - 15 B 5090/16 -, juris; VG Berlin, a.a.O.), greift dies nach Auffassung des Senats zu kurz. Dass der passivische Gebrauch des Verbs „abfassen“ formal logisch die Möglichkeit einer Klagerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, reicht für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, welche Vorstellungen die gegenständliche Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheids auslösen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung nach ihrem Zweck und ihrem gesamten Inhalt ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richtet und dass sie deshalb - trotz der insgesamt passivischen Formulierung - erkennbar beschreibt, was dieser - in der kurzen Frist von einer Woche - zu tun bzw. zu veranlassen hat, um wirksam Klage zu erheben. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltungsgerichtsordnung dem Adressaten das Recht einräumt, zur Erfüllung der beschriebenen Anforderungen die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch zu nehmen, lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung nicht entnehmen. Damit liegt die Annahme fern, dass ein Bescheidempfänger trotz des Wortlauts der Rechtsbehelfsbelehrung ernsthaft damit rechnen könnte, dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klage dadurch Genüge zu tun, dass er persönlich beim Verwaltungsgericht vorspricht und sein mündlich formuliertes Rechtsschutzbegehren vom dortigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle protokollieren lässt. Jedenfalls ist die gegenständliche Formulierung geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von einer Klagerhebung überhaupt oder von einer rechtzeitigen Klageerhebung abzuhalten. Es ist durchaus naheliegend, dass der Adressat davon ausgeht, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Dies steht indes in Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach die Klage beim Verwaltungsgericht auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. Mit der Regelung soll dem Kläger der Rechtsschutz erleichtert werden, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen, etwa auch mangels hinreichender Kenntnis der deutschen Sprache, den Weg zum Gericht vorzieht (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 81 Rn. 10). Die vom Bundesamt gewählte Formulierung erschwert dem Betroffenen demgegenüber die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Denn es liegt nicht fern, dass sich der Betroffene selbst dem Erfordernis der schriftlichen Abfassung nicht gewachsen fühlt, er aber auch den Aufwand und die Kosten scheut, die mit einer Inanspruchnahme der Hilfe durch Rechtskundige verbunden sind, und deshalb von der Klagerhebung absieht (vgl. zu einer Rechtsbehelfsbelehrung, die den Eindruck erweckt, der Widerspruch könne nur schriftlich eingelegt werden BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 78, 57).
31 
Da es für die Unrichtigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO auf den „Empfängerhorizont“ ankommt, führt es auch zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beklagte mit der gewählten Formulierung möglicherweise den Zweck verfolgt hat zu vermeiden, dass mit einer - entgegen § 55 VwGO in Verbindung mit § 184 Satz 1 GVG - nicht in deutscher Sprache erhobenen Klage Fristen versäumt werden.
32 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Hinweis auf die Notwendigkeit der Abfassung in deutscher Sprache zusätzlich deshalb irreführend ist, weil es bei der Erklärung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle regelmäßig genügt, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber - etwa durch konkludentes Verhalten mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke und die bruchstückhafte Verwendung deutschsprachiger Begriffe - noch hinreichend verständlich zu erkennen gibt, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen (vgl. hierzu VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28.06.2016 - 22 K 4119/15.A -, juris Rn. 64).
33 
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist schließlich auch unerheblich, ob bzw. inwieweit der Kläger über Deutschkenntnisse verfügt und ob er tatsächlich wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes nicht fristgerecht erhoben hat. Nach der angeführten Rechtsprechung genügt es, wenn der unrichtige Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung generell geeignet ist, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren. Das Ob und das Wie der Belehrung sind nach § 58 VwGO streng formalisiert. Die Vorschrift macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.04.2009 - 3 C 23.08 -, BVerwGE 134, 41, vom 13.12.1978, a.a.O., und vom 13.01.1971 - V C 53.70 -, BVerwGE 37, 85).
II.
34 
Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist für die Beurteilung des Begehrens des Klägers auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 04.11.2016 (BGBl. I S. 2460) geänderte Asylgesetz.
III.
35 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG.
36 
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
37 
Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. Senatsurteil vom 03.11.2016 - A 9 S 303/15 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 -, juris Rn. 24 a.E.; BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55).
38 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
39 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 26 m.w.N.).
40 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z.B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
41 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
42 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss.
43 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014, a.a.O., juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen (Senatsurteil vom 03.11.2016, a.a.O.).
44 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Herkunftslandes.
45 
Dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Togo einer als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG eingestuften Handlung nach § 3a Abs. 1 AsylG ausgesetzt war, hat er nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
46 
Der Kläger war aber auch nicht von einer solchen Verfolgung ernsthaft bedroht. Die von ihm geltend gemachte Befürchtung, in Haft genommen zu werden, knüpft bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht an einen flüchtlingsrechtlich erheblichen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3b AsylG an, sondern vielmehr allein an den Umstand, dass er sich seinen zivilrechtlichen Verpflichtungen aus einem Darlehnsvertrag entzogen hatte. Es fehlt an jedem Hinweis, dass die Auseinandersetzung mit der Darlehensgläubigerin ihren Grund in unverfügbaren Merkmalen des Klägers gehabt haben könnte. Auch nach deutschem Recht kommt im Rahmen des zivilprozessualen Vollstreckungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen der Erlass einer Haftanordnung gegen den Schuldner in Betracht (vgl. § 802g ZPO). Damit fehlt es schon an der notwendigen Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.2009, a.a.O.)
47 
Unabhängig davon hat der Senat auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens nicht die Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger im Zeitpunkt der Ausreise im Kontext der zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Inhaftierung durch die Polizei bzw. mit „Gefängnis“ zu rechnen hatte. Seine diesbezüglichen Angaben, er „vermute“, dass die Kreditgeberin zu dem nächsten Treffen die Polizei hinzu gerufen hätte, er „habe gehört“, dass dies bei zwei anderen Kunden so passiert sei, erweisen sich insoweit als zu vage und zu unbestimmt, als dass ihnen Glauben geschenkt werden könnte. Hinreichend greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen durch die Gläubigerin tatsächlich bevorstand, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Kreditgeberin, die der Kläger im Übrigen als „Bekannte“ bezeichnet hat, sich zunächst durchaus kulant gezeigt hatte, indem sie ihm, nachdem er das Darlehen nicht fristgerecht zurückgezahlt hatte, das Kapital stundete und die Zinsen sogar erließ. Der Senat vermag insbesondere angesichts der aus der Schilderung des Klägers deutlich werdenden Kompromissbereitschaft der Gläubigerin auch nicht nachzuvollziehen, weshalb sich der Kläger in dieser Situation nicht um eine weitere Stundung oder eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit bemühte, sondern es vorzog, noch vor Ablauf der ihm von der Gläubigerin eingeräumten weiteren Frist das Land zu verlassen. Zudem hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid - zu Recht und ohne dass sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren hierzu eingelassen hätte - darauf verwiesen, dass der Kläger bis dahin ein zuverlässiger Schuldner gewesen sei und die Gläubigerin im Falle einer Inhaftierung des Klägers ohnehin keine Aussicht auf eine (wenigstens teilweise) Rückzahlung des Darlehens gehabt hätte.
48 
Der Kläger muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht deswegen politische Verfolgung befürchten, weil er im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt hat. Bereits in der Vergangenheit hatte der Senat festgestellt, dass die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland und ein Auslandsaufenthalt für togoische Staatsangehörige keine beachtlich wahrscheinliche Verfolgung in ihrem Heimatland begründen (vgl. Senatsurteile vom 25.03.2003 - A 9 S 1089/01 -, juris, und vom 20.04.2004 - A 9 S 849/03 -, juris). Daran hält der Senat auf der Grundlage der aktuellen und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel fest. Danach löst ein Asylantrag allein keine staatlichen Repressionen aus. Die Behörden sind in aller Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder deutschen Behörden noch togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Togo vom 16.08.2011 sowie Auskunft vom 28.09.2011 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen). Dem Auswärtigen Amt sind nicht einmal Fälle bekannt, in denen die Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation für einen in sein Heimatland zurückkehrenden Togoer nachteilige Folgen gehabt hätte. Es gibt in Togo zahlreiche, zum Teil sehr regierungskritische Menschenrechtsorganisationen, die hier unbehelligt tätig werden und die die Regierung, z.B. der für Menschenrechtsfragen zuständige Minister, als Gesprächspartner betrachtet (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.01.2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart). Diese Einschätzung wird durch die jüngere Rechtsprechung anderer Gerichte bestätigt (vgl. nur BayVGH, Beschluss vom 05.07.2013 - 9 B 12.30352 -, juris, und Urteil vom 16.05.2013 - 9 B 12.30382 -, juris, m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.06.2008 - 4 L 338/05 -, juris).
IV.
49 
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG liegen schon deshalb nicht vor, weil er nach seinen eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg mit dem Zug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Ungeachtet dessen liegen - wie unter III. dargelegt - die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Asylberechtigung aus denselben Gründen nicht vor, die einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstehen.
V.
50 
Der Kläger hat auch nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in seiner Heimat ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht.
VI.
51 
Schließlich hat der Kläger auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre.
52 
Der Kläger, der an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt ist, hat insbesondere keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (BVerwG, Beschluss vom 23.07.2007 - 10 B 85.07 -, juris ; Urteile vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris , vom 29.07.1999 - 9 C 2.99 - juris , vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, juris und vom 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, juris ). Ein strengerer Maßstab gilt in Krankheitsfällen ausnahmsweise dann, wenn zielstaatsbezogene Verschlimmerungen von Krankheiten als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG zu qualifizieren sind. Dies kommt bei Erkrankungen nur in Betracht, wenn es um eine große Anzahl Betroffener im Zielstaat geht und deshalb ein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 AufenthG besteht (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O. [bei HIV und Aids]). In solchen Fällen kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nur dann gewährt werden, wenn im Abschiebezielstaat für den Ausländer (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall) landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht zu erlangenden medizinischen Versorgung zu erwarten ist, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O.).
53 
Ob die Zahl der in Togo an Diabetes mellitus Typ 1 leidenden Personen so groß ist, dass dies die Qualifizierung als allgemeine Gefahr oder Gruppengefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG rechtfertigt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls lassen sich im vorliegenden Fall auch die weniger strengen Voraussetzungen der „erheblichen konkreten Gefahr“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung nicht feststellen.
54 
Danach muss die Gesundheitsgefahr erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.1999, a.a.O.). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17.03.2016 geänderten Fassung nachgezeichnet. Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
55 
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
56 
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9).
57 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen.
58 
Nach den Angaben des Klägers sowie dem im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 leidet der Kläger an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 1. Nach wie vor bestehe die medizinische Indikation zur Therapie mit Insulin und diese müsse auch dauerhaft durchgeführt werden.
59 
Nach den dem Senat vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Qualität der medizinischen Versorgung in der Republik Togo eingeschränkt. Jeder Arztbesuch muss sofort bezahlt werden, größere Eingriffe werden nur gegen Vorauskasse durchgeführt. Da weniger als 5 % der Bevölkerung krankenversichert sind, müssen die Kosten in der Regel privat getragen werden; das ist mangels ausreichender finanzieller Mittel für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 16.08.2011).
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In der Hauptstadt existieren mehrere private sowie staatliche Kliniken. Im Landesinneren gibt es für jede Region ein Regionalkrankenhaus sowie einige gute private Kliniken, die von Kirchen finanziert werden. Dort können überlebensnotwendige Eingriffe durchgeführt werden. Zahlreiche Gesundheitsvorsorgestellen, so genannte „Dispensaires“ (auch Medikamentenverkauf), bilden die erste Anlaufstelle auf dem Lande (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.).
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Die Versorgung mit Medikamenten ist in der Hauptstadt gewährleistet. Die Medikamente werden importiert und sind oft billiger als in Deutschland bzw. Frankreich. Prinzipiell können alle Medikamente innerhalb weniger Tage besorgt werden; in entlegenen Regionen kann es länger dauern. Der Erwerb hängt jedoch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Patienten ab und bedeutet für sie in der Regel eine hohe Belastung. Insbesondere in den nördlichen Landesteilen ist außerhalb der Städte eine Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nicht immer gegeben (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.). Weiter einschränkend wird berichtet, dass es oft zu Engpässen bei der Medikamentenversorgung kommt und es sehr lange dauern kann, bis die Medikamente geliefert werden. Auch ihre Lagerung entspricht oft nicht den Standards, und es kommt vor, dass abgelaufene Medikamente verkauft werden. Die WHO stellt zudem große Mängel bei der Qualitätskontrolle und der Bekämpfung des illegalen Verkaufs von Medikamenten fest (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Togo: Medizinische Versorgung, 16.07.2012).
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Obwohl es in Togo Ausbildungsstätten für medizinisches Personal gibt (Fakultät für Medizin und Arzneikunde, Schule für Krankenpflegerinnen und Hebammenschule), existieren große Personalengpässe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.).
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Allgemein kann gesagt werden, dass nahezu alle Medikamente und medizinischen Dienstleistungen in Togo erhältlich sind, wenn der/die Patientin in der Lage ist, die oft hohen Preise selber zu bezahlen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Togo“, 20.07.2015).
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Die konkreten Erkenntnisse zur medizinischen Versorgung von Personen, die an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leiden, stellen sich wie folgt dar:
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Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16.08.2011 kann Diabetes mellitus prinzipiell behandelt werden. Entsprechende Medikamente sind erhältlich, die erforderlichen Messgeräte vorhanden. Auch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lomé führt aus, dass insulinpflichtiger Diabetes mellitus in Togo gut behandelbar ist, eine Behandlung allerdings nur stattfindet, wenn der Patient die Kosten tragen kann (Auskunft vom 14.10.2015 an das Verwaltungsgericht Schwerin). In der oben genannten Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 16.07.2012 heißt es, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich sei. Problematisch seien jedoch die hohen Behandlungskosten, was dazu führe, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo einen ungenügenden Zugang zu Insulin habe. Zu den Behandlungskosten wird ausgeführt, ein Bericht der WHO und der Organisation Health Action International stellte fest, dass der tiefste Preis für 10 ml Insulin im Jahr 2008 in Togo 7.70 US-Dollar betrug. Pro Monat muss ein Diabetiker, der 10 ml Insulin, sechs Spritzen und einen Blut-Teststreifen braucht, mit Ausgaben von mindestens zehn US-Dollar rechnen. Das nationale Pro-Kopf-Bruttoeinkommen betrug im Jahr 2010 490 US-Dollar. Das bedeutet, dass ein Togolese im Durchschnitt mindestens 24,5 % seines Jahreseinkommens für die Behandlung von Diabetes aufwenden muss. Die sehr hohen Kosten für die Diabetes-Behandlung erklären auch den ungenügenden Zugang zu Insulin für Diabetiker in Togo. Der Bericht der International Diabetes Federation hebt hervor, dass in Togo 50 bis 75 % aller Diabetiker keinen Zugang zu Insulin haben, weil es zu teuer ist.
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Angesichts dieser Erkenntnislage verkennt der Senat nicht, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo aus finanziellen Gründen nur einen unzureichenden Zugang zu Insulin und damit zu einer ausreichenden medizinischen Behandlung ihrer Erkrankung haben (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.12.2013 - 7a K 5347/12.A -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 24.06.2008 - 7 A 1830/06 -, juris). Auf der Grundlage der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung durch das Bundesamt geht der Senat indes davon aus, dass der Kläger dieser Gruppe aufgrund in seinem Falle bestehender Besonderheiten nicht angehört. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass für den Kläger eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG deshalb besteht, weil ihm individuell aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen die notwendige Behandlung oder Medikation nicht zugänglich ist.
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Nach seinen Angaben beim Bundesamt war der Kläger, der seinen Wohnsitz vor der Ausreise in der Hauptstadt Lomé hatte, seit der Feststellung der Erkrankung im Jahr 2012 bis zur Ausreise im Jahr 2016 in Behandlung eines Diabetologen. Von diesem sei er auch mit Tabletten und Insulin zum Spritzen versorgt worden. Seine Mutter und Großmutter, die ebenfalls an Diabetes litten, seien beim gleichen Arzt in Behandlung gewesen. Angesichts dieser Darstellung sind keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm die vor der Ausreise aus Togo zugute gekommene fachärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten nach der Rückkehr aus finanziellen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger dies weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat.
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Unabhängig davon kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der 34jährige arbeitsfähige Kläger, der seine wirtschaftliche Lage in Togo als „durchschnittlich“ bezeichnet hat, in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt - wie auch in der Vergangenheit - eigenständig sicherzustellen. Darüber hinaus verfügt er in Lomé über ein familiäres Umfeld: Seinen Angaben zufolge wohnen dort jedenfalls seine Mutter, seine Großmutter sowie seine Partnerin mit den gemeinsamen Kindern. Mit Blick auf die Erkenntnislage, wonach in Togo an die Stelle des Sozialstaats die Solidarität innerhalb der Großfamilie tritt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.10.2015 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen), kann der Kläger insoweit auch mit finanzieller Unterstützung rechnen (zur Einbeziehung einer möglichen Unterstützung durch Angehörige in die gerichtliche Gefahrenprognose vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 06.02.2012 - 10 B 3.12 -, juris, und vom 01.10.2001 - 1 B 185.01 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris). Mit in den Blick zu nehmen sein dürfte auch der Vater des Klägers. Auch wenn der Kläger bekundet hat, dass die Eltern seit langem getrennt leben und der Vater „zur Zeit“ nicht in Togo, sondern im Senegal lebt, hat er doch auch erklärt, mit diesem (wie auch mit seiner Mutter) von Zeit zu Zeit in telefonischem und in E-Mail-Kontakt zu stehen. Diesem Umstand kommt im vorliegenden Zusammenhang Bedeutung zu, weil der Vater nach den Bekundungen des Klägers in Togo als Arzt tätig war. Insoweit spricht einiges dafür, dass er in Togo jedenfalls über einschlägige Kontakte verfügt, was dem Kläger bei der Therapie seiner Diabetes-Erkrankung zugute kommen kann. Überdies kommt auch eine wirtschaftliche Unterstützung durch den Vater in Betracht, zumal der Kläger diesen nach seinen Angaben beim Bundesamt offenbar bislang nicht mit seiner wirtschaftlichen Situation konfrontiert hatte. Die pauschale Angabe des Klägers, er habe ihn „nicht gefragt, weil ich weiß, dass er daran nichts machen könnte“, vermag der Senat jedenfalls nicht nachzuvollziehen.
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Im Übrigen ist es dem Kläger unbenommen, vorbeugend für einen Insulinvorrat noch in Deutschland bzw. (über seine Familie) in Lomé zu sorgen, welcher geeignet ist, die Versorgung in der Phase nach der Ankunft im Heimatland sicherzustellen bzw. zu erleichtern.
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Vor diesem Hintergrund wird auch mit dem Vortrag des Klägers, zur Rückzahlung eines für die von ihm betriebene Viehzucht aufgenommenen Darlehens nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, nicht ernsthaft in Frage gestellt, dass dem Kläger die notwendige Behandlung oder Medikation zugänglich ist.
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Erstmals im Berufungsverfahren hat der Kläger allerdings unter Vorlage des ärztlichen Attests des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. vom 16.01.2017 geltend gemacht, die Therapie bisher in seinem Heimatland sei unzureichend gewesen. Die Versorgung mit Insulin könne dort nicht regelmäßig und ausreichend sichergestellt werden. Im Universitätsklinikum Heidelberg sei festgestellt worden, dass die bisherige Therapie in Togo absolut wirkungslos gewesen und eine neue Therapie begonnen worden sei. Der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ohne die Therapie liege die Lebenserwartung des Klägers bei max. 5 Jahren.
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Indes werden mit dem Attest jedenfalls keine hinreichend aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die in Togo durchgeführte fachärztliche Behandlung der Diabetes-Erkrankung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente tatsachlich in einem Maße unzureichend war, dass dies die Prognose rechtfertigen könnte, dem Kläger drohe alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo eine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung.
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Die Ausführungen im Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. T. sind nicht geeignet, die oben beschriebene Erkenntnislage zur grundsätzlichen Verfügbarkeit der für eine zureichende Behandlung von Diabetes mellitus 1 erforderlichen Medikamente in Togo ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil Dr. T. die Quellen seiner Informationen über die Verhältnisse in Togo nicht offen legt. Dessen ungeachtet stimmen die oben aufgezeigten Erkenntnismittel im Kern darin überein, dass die Behandlung von Diabetes mellitus in Togo generell möglich (nach der Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé ist die Erkrankung sogar „gut behandelbar“) ist und entsprechende Medikamente - zumal in der Hauptstadt Lomé - erhältlich sind. Vor diesem Hintergrund zeigt das Attest hinreichend substantiierte und greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die von einem Diabetologen in der Hauptstadt Lomé durchgeführte Behandlung des Klägers einschließlich der verordneten Medikamente wirkungslos bzw. unzureichend gewesen sein soll, nicht auf. Solche Anhaltspunkte sind gerade auch auf der Grundlage der Bekundungen des Klägers beim Bundesamt zu der in Togo erfahrenen Behandlung nicht ersichtlich. Insbesondere hat er dort keinerlei Angaben gemacht, die darauf hindeuten, dass die - sich immerhin über einen Zeitraum von vier Jahren erstreckende - fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo seiner Beurteilung nach wirkungslos bzw. unzureichend, etwa zur Beseitigung bzw. Eindämmung der mit der Erkrankung einhergehenden Symptome nicht geeignet war. Auch hinsichtlich der Behandlung seiner Mutter und Großmutter hat er Entsprechendes nicht vorgetragen.
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Etwas anderes folgt auch nicht aus der Angabe im Attest, der Kläger habe bei seiner Ankunft in Deutschland ein HbA1c von 15 % gehabt, nach Umstellung der Therapie - nach den Angaben des Klägers beim Bundesamt hat der Arzt auf dem Gelände des Ankunftszentrums die Medikation umgestellt, ihm anderes Insulin gegeben, andere Anweisungen zum Spritzen - liege der Wert erfreulicherweise bei 8 %. Ein Untersuchungsbericht, anhand dessen diese Angaben nachvollzogen werden können, ist indes nicht vorgelegt worden. Unabhängig davon stellt allein der Umstand, dass beim Kläger bei seiner Ankunft in Deutschland (einmalig) ein Wert von 15 % HbA1c gemessen worden sein soll, keinen ausreichenden Beleg dafür dar, dass die fachärztliche Behandlung und Medikation in Togo tatsächlich in einem rechtlich relevanten Ausmaß unzureichend war. Es ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger während seiner fachärztlichen Behandlung in Togo vergleichbar hohe Blutzuckerwerte aufgewiesen hat wie bei seiner Ankunft in Deutschland. Deutlich gegen diese Möglichkeit sprechen - wie dargelegt - die Angaben des Klägers zur fachärztlichen Behandlung durch einen Diabetologen in Lomé und fehlende Angaben zu Anhaltspunkten für eine etwaige Wirkungslosigkeit der über mehrere Jahre erfolgten fachärztlichen Behandlung und Medikation. Im Übrigen liegen keine hinreichenden Erkenntnisse dazu vor, ob der Kläger im Zeitraum vor und auf der Reise nach Deutschland überhaupt ausreichend mit Medikamenten versorgt war bzw. er die Vorgaben zur regelmäßigen Einnahme der Medikamente bzw. zum regelmäßigen Spritzen einhielt bzw. einhalten konnte. Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf die vorhandenen, im Kern übereinstimmenden Erkenntnismittel sieht der Senat keinen Anlass, auf die Anregung des Kläger-Vertreters eine ergänzende Auskunft der deutschen Botschaft in Lomé einzuholen.
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Es ist danach nicht ersichtlich, dass Kläger sich nach der Rückkehr nicht wieder in die Behandlung seines Diabetologen begeben und dort mit diesem - auch unter Einbeziehung der dem Kläger in Deutschland ärztlicherseits vermittelten Informationen - die hinreichend wirksame Therapie seiner Erkrankung fortführen kann. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass davon auszugehen ist, dass er auf die Unterstützung seines früher in Togo als Arzt tätigen Vaters zurückgreifen kann.
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Bei einer Gesamtschau sämtlicher Umstände des Einzelfalls kann der Senat jedenfalls nicht mit der insoweit erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2011 - 10 B 1.11 -, juris) feststellen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die Diabetes-Erkrankung des Klägers in Togo wegen des geringeren Versorgungsstandards nicht verfügbar ist und dies zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Klägers führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach seiner Rückkehr nach Togo droht. Der Senat schließt zwar - gerade auch mit Blick auf den Umstand, dass nach seiner Ankunft in Deutschland die Medikation umgestellt wurde - nicht aus, dass die dem Kläger in Togo für seine Erkrankung zur Verfügung stehende Behandlung und Medikation nicht den heute in Deutschland geltenden und praktizierten Standards entspricht. Indes ist der Umstand, dass die medizinische Versorgung in Togo möglicherweise mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist, für sich genommen nicht geeignet, eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
VII.
77 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung - mit der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylG) auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerten Ausreisefrist - ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
VIII.
78 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
79 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen.

(2) Über die Berichtigung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.